[silz_essen]

Hallo Österreich-Fans,

ich habe am Wochenende bei einer Tauschbörse recht günstig einen uralten Liliput Schnellzugwagen erstanden. Er ist nicht ganz unähnlich den deutschen Schnellzugwagen der Bauartgruppe29. Markant finde ich die beiden Toiletten in Wagenmitte.
Zu genau diesem Fahrzeug habe ich ein paar Fragen.
Zunächst zum Vorbild:
1) Wann wurde das Vorbild gebaut, und wie lange ist es bei der BBÖ/ÖBB eingesetzt worden? Bei Liliput gehe ich erst einmal nicht davon aus, daß es sich um ein Phantasiemodell handelt.
2) Beschriftet ist der Wagen als Bauart "ABah". Die Hauptgattungszeichen "AB" ist dabei zielmlich offenischtlich, aber was bedeuten in Österreich die Nebengattungszeichen "a" und "h"? Gibt es eine schöne Webseite, wo man ggf. auch andere Gattungszeichen entschlüsseln kann? Googlen hat da nichts wirklich passendes zu Tage befördert.
3) Beschriftet ist das Modell als BB Österreich. Kann man aus dieser Kennzeichnung und dem obigen "ABah" auf die Epoche schließen, sprich ist das noch Vorkriegszeit oder ist das frühe Nachkriegszeit? NEM 801A spricht davon, daß 1956 BBÖ in ÖBB umbenannt wurde.
3) NEM801A erwähnt österreichische Bauartgruppen (heißen die dort auch so?) N28 und (N?)36 In welche Gruppierung würde der Wagen dann eingeordnet? Beim Vergleich mit deutschen Wagen, würde ich ihn in die Gruppe N28 einordnen. Aber wofür stehen "N" und die "28" (Bau-/Entwicklungsjahr?) ?
Und nun zum Modell:
4) Nach der Beschriftung und dem Drehzapfenabstand zu urteilen, ist das Modell im Maßstab 1:90 gehalten. Richtig? Oder ist der Wagen 1:87 und nur die Drehgestelle zu weit nach innen versetzt? Eine Angabe der Länge über Puffer ist auf dem Wagen nicht zu entdecken. Wie groß ist die LüP im Original?
5) Die Drehgestelle sehen preußischen Regeldrehgestellen nicht unähnlich, wirken aber im Vergleich zum sonstigen Wagen recht klein. War der Achsstand wirklich so kurz? Oder sind das die richtigen Drehgestelle, oder wurden die von Liliput von einem anderen Modell "recycled"? Was wären dann die richtigen Drehgestelle?

Fragen über Fragen zu einem an sonsten doch recht schön gemachten, wenn auch zugegebener Maßen recht betagten Modell. Vielleicht kann ja hier der eine oder andere helfen. Schon einmal vielen Dank dafür im Voraus.

Gruß
Martin

[Fritz Steinhäufl]

Hallo Martin !

Das Liliput Modell des N28ers ist kein Fantasieprodukt, es hat aber doch schon konstruktiv einige Jahrzehnte am Buckel.
Das Vorbild wurde 1931 in 10 Exemplaren als ABah 19301-310 gebaut und in Dienst gestellt.
Das Nebengattungszeichen "a" bedeutet, dass es sich um einen Vierachser handelt. Wegen des günstigeren Verhältnisses von Eigengewicht zu Sitzplatzzahl wurden in Österreich noch sehr lange 3achsige Reisezugwagen im Schnellzugsdienst verwendet, besonders auf gebirgigen Strecken. Das "h" weist auf die Ausrüstung auch mit elektrischer Heizung hin. Eine Webseite zu diesem Thema weiß ich leider auch nicht. Ich kann nur 2 Bücher empfehlen :
1) Rabl/Stockklausner: Österreichische Personenwaggons, Verlag Slezak, Wien, 1983 und 2004.
2) Reinthaler/Heless: Reisezugwagen österreichischer Eisenbahnen, Alba-Verlag, 2006.
Beide vielleicht nicht ganz billig, aber auf jeden Fall ihr Geld wert !
Die Bezeichnung "BBÖ" war sowohl in der Zwischenkriegszeit als auch nach dem 2. Weltkrieg bis 1953 in Gebrauch. "ABah" gab es nur in der Zwischenkriegszeit bis zum Anschluß Österreichs, also für diesen Wagen 1931 - 1938. Danach wurden die Österreichischen Bundesbahnen der Deutschen Reichsbahn einverleibt, und natürlich auch die Bezeichnungen entsprechend geändert. Von 1945 bis 1953 wurden die Bezeichnungen der Deutschen Reichsbahn weiter verwendet. Seit 1953 gibt es die Bezeichnung "ÖBB" und bei allen Fahrzeugen neue Reihenbezeichnungen. Die NEM 801A drückt dies etwas unklar aus und nimmt 1956, das Jahr der Aufhebung der 3. Klasse, als Beginn der Unterepoche 3c (sonst hätte man für 1953 - 1956 eine weitere Unterepoche einführen müssen). Durch den Entfall der 3. Klasse ergab sich 1956 natürlich bei den Reisezugwagen ein geändertes Nummernschema (meist wurde die 2. Klasse zur 1. und die 3. Klasse zur 2.; somit dieser Wagen zum A4üh), also hat die NEMK 801A doch recht.
"N28" bezieht sich auf das Neubauprogramm 1928, das "N" wird auch manchmal als "Normierung" oder "Normalien" gedeutet. Zu den Reisezugwagen nach den BBÖ-Normalien von 1928 gehörten weiters folgende Vierachser :
5 Stück ABCah (später AB4üh)
30 Stück BCa(h) (später ebenfalls AB4üh)
150 Stück Ca(h) (später B4üh)
10 Stück Gepäckwagen Dah
6 Stück Postwagen Fah
sowie folgende Zweiachser :
300 Stück C (später Bi; mit offenen Plattformen und im Gegensatz zu den etwa zeitgleich entstandenen deutschen Donnerbüchsen sehr großen Fenstern)
15 Stück Gepäckwagen Dpg
10 Stück Postwagen Fkg
Die 4achsigen Wagen hatten bis auf den Gepäckwagen alle die selben Hauptabmessungen. In den 60er Jahren erfolgte derr Einbau von Übersetzfenstern. Von allen Gattungen gab es auch noch Wagen mit UIC-Beschriftung (ab 1968). Die letzten Exemplare waren in untergeordneten Diensten noch bis in die 80er Jahre im Einsatz, am Schluß in "Jaffa"-Lackierung (blutorange/elfenbein).
Da ich das Modell hier nicht zur Hand habe, kann ich zum Maßstab nichts sagen. Die wichtigsten Vorbildmaße sind :
Länge über Puffer : 21.020 mm
Drehzapfenabstand : 14.500 mm
DG-Achsstand : 2.500 mm
Die Drehgestelle sind nach Normierung N28, eine Weiterentwicklung der KkStB-Drehgestelle nach Normierung Ia und weiter If (1917). Also eine durch und durch österreichische Konstruktion. Der 4achsige Spantenwagen von Klein-Modellbahn hat übrigens Drehgestelle If, umgerüstet auf Rollenlager. Liliput hat das Drehgestell damals schon richtig nachgebildet.
Ich glaube, die meisten Fragen zu dem Wagen habe ich so einigermaßen beantwortet. Wenn Du noch mehr wissen möchtest, ich schaue immer wieder hier in dieses Forum rein.

Gruß vom Fritz

[silz_essen]

Hallo Fritz,

besten Dank für die umfangreiche und sehr informative Antwort. Damit sind meine Fragen alle beantwortet.

Wie schön, daß dieses Forum inzwischen so groß geworden ist. Da findet sich immer ein Experte, der einem weiterhelfen kann.

Gruß
Martin

[Volker Stuckenholz]

Hallo Jungs,

übrigens fehlen die N28er Wagen der BBÖ noch immer als zeitgemässes Modell. Ich wünsche sie mir schon länger.

Es muss auch nicht aus Göppingen sein.....

Grüße

Volker

[Fritz Steinhäufl]

Hallo Volker !

Wünscht Du Dir lieber die 2achsigen oder die 4achsigen N28er Reisezugwagen ? Oder am Ende gar alle beide ?

Gruß vom Fritz,

der sich freut, auch hier Modellbahner gefunden zu haben, die sich für Modelle nach österreichischen Vorbildern interessieren !

[Volker Stuckenholz]

Guten Morgen Fritz,

ich wünsche mir bevorzugt die Vierachser, damit ich endlich Reisezüge der Epoche 2 vorbildgerecht bilden kann. Reichsbahnwagen aus dieser Zeit gibt es ja genug, auch bayerische Länderbahnwagen, die auf Strecken der damaligen Alpen- und Donaugaue liefen.

Für diese Schnellzüge habe ich bereits eine 310er (DRB 16) eine 214 (DRB 12) sowie eine 03.10 in Stromlinienverkleidung. Natürlich wünsche ich mir ebenfalls endlich eine E 18.2 in Ursprungsausführung, die stärkste Ellok der damligen Zeit.

Freuen würde ich mich sicher auch über die 2-achsigen N28er. Schliesslich erwarten wir von Roco bald eine passende 93er.

Grüße

Volker

[kkstb-fan]

Zitat von Fritz Steinhäufl

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Hallo Volker !

Wünscht Du Dir lieber die 2achsigen oder die 4achsigen N28er Reisezugwagen ? Oder am Ende gar alle beide ?

Gruß vom Fritz,

der sich freut, auch hier Modellbahner gefunden zu haben, die sich für Modelle nach österreichischen Vorbildern interessieren !

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Nach langem suchen bin ich über diesen Thread gestolpert, ist mir bei meiner Such nach Österreichischen Wagen auch

sehr behilflich.

LG CHRIS