Hallo zusammen,
das
bin ich! Meine Gattung lautet KBD4i, also schmalspuriger 4-achsiger Personenwagen mit Gepäckabteil und offenen Übergangsbühnen. Ich sah nicht immer so aus!
Ich erblickte das Licht der Eisenbahnwelt ab 1964 als BPw4yg zusammen mit mehreren Geschwistern der Bauarten B4yg und AByg in Baugröße H0. Gebaut und konstruiert hat mich die Nürnberger Firma Trix. Wir wurden gebaut für das Trix Express – System. 1969 verließen wir das Regal und wurden von einem jungen Familienvater erworben, der seinen beiden heranwachsenden Söhnen (damals 5 und 2 Jahre alt) eine Modelleisenbahn kaufte. Er klebte mir und einem anderen Kollegen an einem Ende eine Bügelkupplung an und verpasste uns Radsätze mit niedrigeren Spurkränzen, so dass wir auf Fleischmann Schienen fahren konnten. Ja - gezogen wurden wir von einer nagelneuen Märklin Hamo 216 (kostete damals stolze 39 DM!) und einer P8 38 mit Wannentender für 48 DM ebenfalls von Märklin Hamo.
Er baute eine Modellbahnplatte auf, die in der Eigentumswohnung der Familie genau auf das Stockbett des jüngeren Bruders Gerhard (unten natürlich) passte. Als dann die Weihnachtszeit kam, durften am Heilig Abend die Jungs nicht mehr in ihr Zimmer, bis die Bahn rollte.
Bild Anlagenplatte. Im Hintergrund Gerhard
Bild Anlage: Die beiden Brüder
Die Bahn, das waren wir Umbauwagen, das waren dann Eilzugwagen der Firma Liliput und ein Güterzug aus Wagen von Liliput, Märklin und Fleischmann. International, nicht? Aber genau mit solchen Zügen war der Papa der Jungs regelmäßig als Pendler zur Arbeit unterwegs. So machten wir den Jungs und ihrem Papa mehrere Jahre Freude während der Weihnachtszeit. Der Fuhrpark wuchs an, es kam z. B. eine Fleischmann 01 dazu, eine Fleischmann V60, die sich die Jungs erspart hatten, und noch ein paar andere Loks und Wagen. Der Papa durfte nach Absprache mit den anderen Hausbewohnern im Gemeinschaftskellerraum des 6-Familien-Hauses eine Anlage bauen, eine Anlage auf über 8qm in 6 Segmenten, was bei einem späteren Umzug recht vorteilhaft war. Gestaltet war sie u.a. nach Motiven der Schwarzwaldbahn. 4 Ringstrecken - mit allen Schikanen! Ein zentraler Hauptbahnhof mit kleinem Bw und abzweigender Nebenbahn, eine 2-gleisige Hauptbahn (für jeden Junge eine Fahrrichtung) mit Fleischmann Streckenblock, so dass je Richtung 3 Züge unterwegs sein konnten, sowie einen nochmaliger kleiner Bahnhof, wo die „Schnauferlstrecke“ abzweigte – Domäne der „Schwarzen Anna“ und einem Fleischmann Nebenbahnzug . Die Hauptbahn gewann in mehreren Kehren an Höhe, paradierte ca. 40 cm oberhalb der kleinen Stadt und des Bahnhofs diesem entlang, überquerte die Bahnhofsausfahrt mit einer hohen Bogenbrücke, durchquerte den kleinen Bahnhof und verlor über eine Gleiswendel wieder ihre Höhe und kehrte zum Bahnhof auf Ebene 0 zurück. Ein recht durchdachtes Konzept, das wir Jungs in späteren Jahren prinzipiell nicht aufgaben, sondern noch mit einer weiteren Ebene und einem Schattenbahnhof erweiterten.
Die schwarze Anna, Jahrzehnte später. Auch hier war irgendwann der Motor durchgeschmort und die Lok mutierte zum Bastel-Versuchsträger (viele Lackschichten und Beschriftungsvarianten) und zur Spiellok, die man gerne schieben darf (im Gegensatz zu den angetriebenen Loks)
Zwei Besonderheiten gab es auf der Anlage:
1. Elloks gab es nicht – wir hatten keine Oberleitung.
2. Da es ein für alle zugänglicher Raum war, konnte kein Rollmaterial auf der Anlage verbleiben, die Loks waren in der Wohnung in einem selbstgebauten Glaskasten (Vitrine), die Wagen in ebenfalls selbstgebauten „Wagenkästen“ beheimatet. Bei jeder Spielsession war dann zu überlegen, was nehmen wir mit zur Anlage und wer fährt womit. Meistens konnten sie sich verständigen…
Der Fuhrpark wuchs nach und nach an, es gab für die Hauptstrecke 2 Fleischmann 221, irgendwann eine Märklin 18, und eine 003, eine 50, eine 55, eine 64 (alles Fleischmann). Mit dem Ausbau der Anlage wuchs auch der Fuhrpark mit Fahrzeugen von Märklin Hamo, Liliput, Fleischmann, Kleinbahn ziemlich an. Paradezüge waren 1972/1973 zwei Schnellzüge mit „Langen“ Schnellzugwagen von Liliput und der 01 oder der 003 und ein Schnellzug von Fleischmann / Röwa mit der 221. Wir Umbauwagen rutschten da bald etwas ins Hintertreffen. Inzwischen gab es auch ein paar Fleischmann 3yg – Wagen, die vom Maßstab her zu uns gar nicht passten… Und als dann 1975 / 1976 die Jungs einen Zug aus maßstäblichen Roco Umbauwagen anschafften, durften wir unser Quartier nur noch recht selten verlassen. Überhaupt, fingen die Jungs an aufzurüsten mit den günstigen Fahrzeugen von Roco. 215, Donnerbüchsen, Hechte, Silberlinge, und andere. 1976 gab es eine Zäsur, als der Papa mit drei Roco Elloks (118, 144 und 144.5) die Elektrotraktion einführte, und Zug um Zug ausbaute. Die Jungs sparten sich zwei Roco 169 und eine Roco 110 zusammen. Alibimäßig wurde die „Schnauferlstrecke“ mit Sommerfeld - Einfachoberleitung überspannt, statt der „Schwarzen Anna“ mit ihrem bayrisch-preußischen Nebenbahnzug verkehrte nun dort die 169. In den besten Zeiten fuhr dort eine 140 mit einem kurzen Güterzug. Wegen den engen Radien (kleinster Fleischmann Radius) waren dort nur 2-Achser zugelassen. Die Hauptbahn blieb stets ohne Oberleitung. Mittlerweile kam noch ein dritter Junge hinzu, der natürlich auch mit dem Modellbahnvirus zu infizieren war (was aus heutiger Sicht sehr nachhaltig war – hingegen der Älteste hatte sich irgendwann von der Modellbahn ganz abgewendet).
Mit der Neuheitenflut der 70er und 80er Jahre konnten die Jungs immer mehr umsetzen, was sie oft in den Bergen sahen oder auf Fahrten Richtung Stuttgart erlebten: Die ÖBB der 70-/80er Jahre und die damals aktuelle DB. Einen TEE oder gar eine 103 gab es jedoch nie. Stattdessen eine 1044 mit Eurofima Wagen nach dem Vorbild des „Transalpin“ Zürich – Wien.
1978 setzte sich Gerhard in den Kopf, dass eine Schmalspurbahn toll wäre – doch auf der Anlage gab es da überhaupt keinen Platz dazu! Er ersparte sich für 99 DM eine Liliput 2095 Diesellok (die Bemo V51 gab es noch nicht)– und vom eigenen Erleben kannte er eher die Bregenzerwaldbahn als das – nur im Güterverkehr betriebene „Öchsle“ und kaufte einem Klassenkameraden ein paar gebrauchte Schienen von Arnold Rapido ab – und so wurde dann auf dem Esszimmertisch rangiert…
Zu Weihnachten bekam er in einer konzertierten Aktion von Onkel und Papa einen Liliput H0e Schienenkreis mit Ausweiche und eine Garnitur Bemo Personenwagen dazu.
Was das mit mir zu tun hat? Langsam, langsam! Die Schmalspurerei gefiel Gerhard ganz gut, er träumte von einer eigenen kleinen Zimmeranlage auf dem Schrank nur in H0e. Diese kam aber nie über das Stadium einer Grundplatte mit aufskizzierter Landschaft hinaus…
Entwurf einer – von mehreren Urlauben inspirierten- Modellbahn: Übergabebahnhof Schruns zwischen der Montafonerbahn und der Schmalspurbahn der VIW (Vorarlberger Illwerke) H0 / H0e
Leider quittierte die 2095 den Dauerbetrieb irgendwann mit einem Kurzschluss im Motor und damit war die Schmalspur erstmal tot. Mangels Triebfahrzeug! Die 2095 wanderte auf einem Schmalspurtransporter zu den E- Loks in die Vitrine. Gerhard baute nun aus Messingblech mit Bemo – Feingußteilen nach einem Vorbild der Schmalspurbahn Gera – Wuitz-Mumsdorf auf einem Fahrwerk einer Piko 65.10 in N eine - eigentlich meterspurige- 4fach gekuppelte Dampflok ( 99 5912) nach einem Bild aus einem Bildband und den Maßen des Obermayer-Buch „Deutsche Dampfloks“ . Die war recht robust und lief auch ganz gut. Vor- und Nachlaufachsen wurden entfernt. Aus dem Nachläufer entstand mit etwas Messingblech ein Schneepflug…
Schneepflug
Nur leider – gab auch sie irgendwann mit einem verschmorten Motor auf. Tja. Das war das Ende, oder? Ja – das „oder“ ist richtig. Der Papa brachte 1984
aus der Kur eine Liliput Zillertalbahn in H0e mit und die Bahn wurde neu belebt.
Mittlerweile war die Familie umgezogen in ein Eigenheim und es war rasch klar, dass der Hobbyraum die vergrößerte Bahn beherbergen würde. Und dazu gehörte auch das Einbauen einer Schmalspurstrecke. Diese wurde großzügig z. T. auf der Trasse der früheren Nebenstrecke gebaut. 1984 erwarb Gerhard bei Völkner Elektronic eine N – Straßenbahn für kleines Geld und überlegte, ob man da nicht was draus bauen könnte: Ein Kollege von mir, ein AByg mußte Abschied von der Regelspur nehmen und spendete seine Seitenwände für einen Triebwagen nach dem Vorbild der MEG (Mittelbadische Eisenbahn). Reste von ihm habe ich erst gesehen…
Gehäuserest AByg
Da sich dieser VT gut bewährte (er zog 3-4 Bemo Wagen die Steigung hoch) baute Gerhard auf derselben Fahrzeugbasis eine Heeresfeldbahn Diesellok. Diese sollte einen funktionierenden Stangenantrieb bekommen, was aber mit den Kunststoff - Treibstangen der Revell 50 und selber gefeilten Blindwellen aus Holz nicht ging. Also blieben es aufgeklebte Attrappen. Ein größerer Fuhrpark verlangte nach mehr Wagen. Nun ging es mir an den Kragen. Gerhard nahm auch mich von den Gleisen und zerteilte mich. Mein Gepäckabteil wurde nun (mit Dach aus Messingblech und Bemo Übergangsbühnen (Ersatzteile)) auf dem Fahrwerk eines Roco N Flachwagens zu einem KBD4i, meine andere Hälfte auf dem Fahrwerk eines Roco N Eaos zu einem KB4i. Nun gab es zwei schmalspurige Personenzüge. 1987 kam noch die aus einem Bausatz entstandene V22 hinzu, die dank guter Fahreigenschaften zur besten H0e – Lok avancierte.
V22 und ich
Die Jahre vergingen, Gerhard verließ das Haus und die Eisenbahn und wir staubten ein. Irgendwann nach seiner Familiengründung zündete der Modellbahnfunke bei ihm wieder. Seine erste „neue“ Schmalspurlok war die Tssd von Bemo. Es erwachte auch wieder Interesse an den vorhandenen Fahrzeugen, das leider uns Fahrzeuge aus der ersten Phase zunächst nicht einbezog… Mittlerweile hatte Gerhard Ersatzteile (Zahnräder, Motor, Kuppelstangen) für die 2095 nach langen Jahren besorgt und diese fuhr wieder! Großes Erfolgserlebnis.
Hier die Heeresfeldbahnlok mit dem Versuch, die nächste Generation für die Modellbahn zu begeistern (das gelang nicht nachhaltig)
In der neuen Mietwohnung gab es einen trockenen Kellerraum, in dem rasch eine Modellbahn entstand, Normalspur inzwischen digital. Der letzte Umzug in ein eigenes Heim war modellbahnerisch ein Neuanfang. Die bis auf die Landschaft technisch fertige MoBa passte nirgends rein und musste bis auf die Grundplatte abgebaut werden, da blutete ein Herz…
Als sich Gerhard einen Neuanfang überlegte, führte dies zu einer größeren Fahrzeugbereinigung. Er hatte sich einige Jahre mit dem Trainsimulator und österreichischen Fahrzeugen und Strecken beschäftigt, so dass sich der Schwerpunkt etwas verschoben hatte.
1. Bauabschnitt Anlage ab 2004
Deutsch-österreichisches Grenzgebiet war nun der Fokus, und da passte weder die aktuelle Bahn noch die württembergische Schmalspur so recht dazu. Mittlerweile gab es ja die Mariazellerbahn von Roco und Liliput und ein deutlich größeres Angebot an Österreichischer Schmalspur, so dass er sich von dem Thema Württembergische Schmalspurbahn trennte. Leider – denkt er aus heutiger Sicht. Denn er hatte auch so tolle Bemo - Dampfloks wie die württembergische Tssd oder die VIK gehabt.
Der letzte Württemberger Mohikaner: Schienenreinigungswagen (Roco N) mit Bemo Gehäuse
Gesagt, getan. Mit vielen anderen Fahrzeugen landete ich bei einem Second-Hand – Moba – Händler. Gerhard baute sich einen neuen Bestand aus aktuelleren ÖBB – Fahrzeugen auf, die Personenwagen gab es inzwischen im grün der Bregenzerwaldbahn, die 2095 in besserer Ausführung von Stängl.
Veräußerung von Fahrzeugen
Gerhard sah mich danach immer wieder auf der Börse liegen. Und irgendwann nahm er mich wieder mit. Ich war schließlich das einzige der schmalspurigen Eigenbaufahrzeuge (da gab es noch eine Reihe weiterer Güter- und Personenwagen in H0 und H0e), das noch übriggeblieben war. Und so bin ich wieder da. Ich pass eigentlich auch gut zu den Roco H0e Personenwagen, aber ich weiß nicht, was Gerhard noch mit mir vorhat. Ich hab mich gefreut, als ich dieses Weihnachten meine inzwischen hochbetagten Geschwister Umbauwagen wieder treffen durfte, die Gerhard für ein Fotoshooting ausgeliehen hatte!
So. Das war meine Geschichte. Die Geschichte von etwa 50 Jahren Modellbahnbau, die immer noch weitergeht.
Viele Grüße
Euer KBD4i