Güterzüge Emschertalbahn

#1 von Ulrich Radtke , 22.09.2021 01:43

Im Sommer hatte ich angekündigt noch etwas zu den Güterwagen auf der Emschertalbahn im Bereich Castrop zu schreiben.
Nun zu meinen Erinnerungen. An der Emschertalbahn lagen mehrere Zechen und Kokereien. Da waren dann natürlich die Wagen für den Transport von Kohle und Koks in der großen Überzahl. Lange Züge mit leeren Wagen im Eingang, und volle im Ausgang. Meistens waren es reine bauartgleiche Ganzzüge, zweiachsige und vierachsige ; aber da gab es Züge, die hatten in der Regel immer dieselbe! Wagenanzahl. Also manche Züge hatten immer zB 15 vierachsige Fad Großraumwagen, oder immer 16, oder immer 17, oder 24, oder 32. Das sind so die Zahlen, die ich immer an bestimmten Tagen zu bestimmten Zeiten in Erinnerung hatte. Aber mir entzog sich, warum das so war, musste wohl was, mit dem Fahrziel zu tun gehabt haben.
Nur mal als Beispiel dazu: In der Nähe in Dortmund-Mengede wurde das Knepper-Kraftwerk immer mit 24 Wagen bedient, weil von Mengede bis zum Kraftwerk immer in zwei Abteilungen a 12 Wagen hinter der Baureihe 44 gefahren wurde. Falls mal eine 50 da war, dann musste die dreimal mit 8 Wagen fahren; die Steigung liess nicht mehr zu.
Interessant in Castrop war aber immer ein Güterzug am Nachmittag in Richtung Herne! Da liefen vor dem Ganzzug an der Zugspitze oft ein paar Einzelwagen verschiedener Baureihen mit verschiedener Beladung! ZB Kesselwagen, Von-Haus-zu-Haus-Wagen, Wagen mit Grubenstempel.
Nun, was in Castrop noch interessant war, das waren die Züge mit Kohle von der Zeche Erin für die Kokerei Graf Schwerin (Anschlussbahnhof Bövinghausen). Die fuhren mehrmals am Tag und zwar in der Regel immer mit 18 beladenen Fc-Wagen. Das waren 750 Tonnen und Grenzlast für die Baureihe 50, denn zwischen Castrop und Bövinghausen war eine starke Steigung.
Diese 18 Wagen standen in Castrop immer am Ausfahrsignal in Richtung Herne, damit genug Anlauf genommen werden konnte, um den Berg nach Bövinghausen zu schaffen. Und gelegentlich blieb der Zug dann doch hängen, rollte wieder runter, und bis in die Einfahrt aus Herne, und wieder los. Das war was zum Hören!
Bis Ende der 60.Jahre (da gab es in Bövinghausen noch einen Wasserkran) fuhr auch öfters eine 94 diese Züge. Aber gelegentlich kam war auch eine 44 vor dem Zug, die konnte es ruhiger angehen.
Nicht zu vergessen bis Anfang der 60.Jahre fuhr da noch eine 55 , die hatte nur 12 Wagen dran, und wir standen da oft am Zaun des Schulhofes. Aber wenn ich da eine 55 sah, dann wusste ich schon: 12 Wagen!
Die Kokerei lief bis Mai 1975, und da waren dann auch oft 216 oder 290 vor diesen Zügen.
Doch der schwerste hier planmäßige Zug war der ALSDORFER. Das war ein Zug mit Mischkohle aus dem Aachener Revier. Die Kokerei gehörte zum 'Eschweiler Verein' wie auch die Zeche Erin. Die anderen Zechen in der Nähe gehörten zur RAG. Auch das ist ein Grund, warum die Kohlen da scheinbar hin und her gefahren wurden. Jeder hatte seine eigene Kohlen, und Kohlen gab es ja in verschiedenen Sorten, und der Koks musste aus verschiedenen oft aus verschiedenen Sorten zusammengebacken werden, um bestimmten Anforderungen zu genügen.
Nun, der ASLDORFER war was besonderes! Nichts mit 18 Wagen, sondern oft über 50 volle Wagen, also über 2000 Tonnen den Berg rauf nach Bövinghausen. Eine Berg und Tal Bahn gab/gibt es ja an mehreren Stellen im Ruhrgebiet, es sind die Bergschäden durch den Bergbau. Brücken und Damme und Gleise wurden/werden da öfters mal neu verlegt. Und so gibt es für bestimmte Strecken HALTEVERBOTE für schwere Züge!
Aber nach Bövinghausen hoch, das war/ist eine richtige' lange Steigung. Und so gab es für den ALSDORFER eine Vorschrift! Er durfte in Wanne-Eickel erst ausfahren, wenn eine Durchfahrt bis Bövinghausen ohne Halt gewährleistet werden konnte! Vor diesem Zug waren dann meistens zwei 44 , manchmal aber auch ersatzweise eine Oberhausener 50 (oft Wannentenderlok) oder eine 216. Manchmal hatte er aber vorne nur eine 44 und hinten schob eine 290 nach.
Nun , ab Wanne-Eickel hieß es dann zügig ohne Halt bis Herne zu kommen, und dann bis Castrop an die 80km auf dem Tacho zu haben! Das war auch was zu hören!
Und da muss ich erwähnen, die letzte Fahrt des ALSDORFERS war eben Ende Mai 1975. Und da waren in Castrop Gleisbauarbeiten. Das Personenzugdurchfahrgleis in Castrop Fahrtrichtung Herne war gesperrt. Und so passierte, was nichts passieren durfte! Wegen eines verspäteten 515 aus Dortmund, der den Fahrweg des ALSDORFERS kreuzte, mussten die beiden 44 mit ihrem Zug vor dem Einfahrsignal Castrop anhalten! In voller Fahrt kam er ja aus Richtung Herne und war dann ab dem Einfahrvorsignal Castrop pfeifend unterwegs. Aber da ging nichts, es musste angehalten werden. Und da standen eine Menge Fotografen an der Strecke, die wollten ja zum letzten Mal diesen Volldampfzug aufnehmen.
Nun, die Loks rollten aus, und standen mit abblasenden Sicherheitsventilen am Signal.
Dann sprang der Lokführer der Vorspannlok von der Lok, ging zum Streckenfernsprecher am Signal und... Ach , der arme Stellwerker, der musste sich was anhören!!! Nach fünf Minuten surrte der ETA vorbei, aber wie jetzt mit dem ALSDORFER dort den Berg hoch. Ich war damals mit einem Bekannten dort mit Fahrrädern hin. Nun, wir haben die Abfahrt nach dem Dampfkochen fotografiert und waren dann weit vor dem Zug in Bövinghausen! Der fuhr tatsächlich in Schrittgeschwindigkeit OHNE SCHLEUDERN den Berg hoch! Beachtliche Leistung! Was für Könner da am Regler und an der Feuerbüchse!
Aber und zu 'verirrte' sich auch mal eine Rheiner Öllok auf die Strecke. Ich erinnere mich an die 042'113 , die mit einigen vierachsige Flachwagen da mal bergwärts Richtung Dortmund fuhr. Mit viel Krach und langsam, weil sich der Lokführer wohl arg verschätzt hatte auf diesem Berg.
Nun, nach dem Dampfaus 1977 der 44 waren 216, 261, 290 und ab 1978 auch die 221 mit der Kohlenabfuhr der Zeche Erin beschäftigt bis zur Stillegung . Zuletzt war dann nur noch gelegentlich ein 365 oder 290 von Herne aus mit ein paar wenigen Güterwagen bis Bövinghausen unterwegs.


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RE: Güterzüge Emschertalbahn

#2 von Remo Suriani , 22.09.2021 15:32

Hallo,

Zitat von Ulrich Radtke im Beitrag #1
aber da gab es Züge, die hatten in der Regel immer dieselbe! Wagenanzahl. Also manche Züge hatten immer z. 15 vierachsige Fad Großraumwagen, oder immer 16, oder immer 17, oder 24, oder 32. Das sind so die Zahlen, die ich immer an bestimmten Tagen zu bestimmten Zeiten in Erinnerung hatte. Aber mir entzog sich, warum das so war, musste wohl was, mit dem Fahrziel zu tun gehabt haben.


Also 24 Wagen kann ich zumindest als Standard bestätigen. Dies ist die Standard-Länge für den Kohleverkehr innerhalb des Ruhrgebiets bis zum bitteren Ende gewesen. Ich weiß nicht, ob sogar heute noch welche für Prosper in der Länge fahren, aber bei den Zechen war das üblich. Zum Ende wurden die mit Wagenzuglast mit 2000t und 350m Zuglänge bestellt. Wobei man zumindest mit den modernen Falns 183 "nur" 301m braucht und von der Tonnage auch 25 Wagen gehen würde. Die RAG hat später ja immer auch Lokentwicklungen nach eigenen Anforderungen getrieben, so ist die Länge der G1206 durch die Länge der Schiebebühne der Hauptwerkstatt in Gladbeck begründet. Vermutlich ist 2000t eine Anforderung für die Dieselloks gewesen (und vielleicht schon aus der Zeit der 44 entwickelt).

Vermutlich hat sich diese Länge/Last als Maximum das noch gut händelbar war.

Viel war da sicher Standardisierung, so dass man die Parks im Kreuzung und Quer der Zechen und Empfänger leichter disponieren konnte, wenn man nicht für jede Route andere Zuglängen braucht.
Wobei es auch relativ oft mal zum Aussetzen von Schadwagen kommt, dann sind sie auch mal kürzer. Oder es wurden doch mal die 25 Wagen ausgenutzt, wenn man den ausgesetzten Wagen in Stand gesetzt hat und wieder in den Umlauf bringen will.

Teilweise gab es auch Doppelparks" als Leerzüge. Das waren dann halt 48 Wagen mit 700m.

Langläufer zu Kraftwerken können dann schon einmal abweichen, je nach Bedarf des Kraftwerks, der Grenzlasten auf der Strecke usw.


Viele Grüße
Dirk

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silv1971 und duke1 haben sich bedankt!
 
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RE: Güterzüge Emschertalbahn

#3 von E17 , 22.09.2021 17:02

Hallo Ulrich,

die Beschreibung erinnert mich an meine Kindheit und an Beobachtungen der schweren Kohlenzüge an der "Rennbahn"
und auch an der Bahnschranke "Cottenburgstrasse" Züge hörte man schon obwohl diese noch nicht zu sehen waren,
diese Bergfahrt blieb in Erinnerung an mein Kindheit in Castrop (1953-1960).
Gibt es von Deiner Beschreibung auch Bilder?


Gruß aus dem Westerwald

Hans-Georg


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RE: Güterzüge Emschertalbahn

#4 von Ulrich Radtke , 22.09.2021 19:14

Hallo und Danke für die Antworten.
Nun mit meinen Bildern und anderen Sachen mit Thema Eisenbahn hatte ich vor ein paar Jahren beim vorletzten Umzug mal wirklich Pech. Da hatte jemand 'gedacht', in den Kisten wäre ALTPAPIER (zB Buchfahrpläne vom Bw Gelsenkirchen Bismark von Anfang der 70. Jahre), und "da gibt's doch jedes Jahr neue". Und in der gleichen Kiste waren die Dias zu den Zügen!
Zu dieser mehr als TRAURIGEN Erinnerung aber noch eine LUSTIGE Sache zu Emschertalbahngüterzügen. Da die Zechen ja auch Sonntags leere Wagen bekamen, geschah folgende Geschichte: Der Organist der Lutherkirche hatte die Angewohnheit während der Predigt mal schnell zum Kiosk am Bahnübergang an der Dortmunder Straße zu laufen, um eine bekannte Sonntagszeitung zu kaufen. Da ging er immer über die Fußgängerbrücke am Brückenweg. Aber die Brücke war mal wegen Bauarbeiten gesperrt, so dass er den Bahnübergang an der Dortmunder Straße benutzen musste. Doch auf dem Rückweg war die Schranke nicht nur zu, sondern ein langer Güterzug mit Leerwagen für die Zeche Erin stand drauf! Der wartete auf Einfahrt in den Güterbahnhof , und das dauerte etwas. Nun, die Predigt war zu Ende, aber von der Orgel kam kein Ton!
GLÜCK AUF


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RE: Güterzüge Emschertalbahn

#5 von Ulrich Radtke , 22.09.2021 19:15

Hallo und Danke für die Antworten.
Nun mit meinen Bildern und anderen Sachen mit Thema Eisenbahn hatte ich vor ein paar Jahren beim vorletzten Umzug mal wirklich Pech. Da hatte jemand 'gedacht', in den Kisten wäre ALTPAPIER (zB Buchfahrpläne vom Bw Gelsenkirchen Bismark von Anfang der 70. Jahre), und "da gibt's doch jedes Jahr neue". Und in der gleichen Kiste waren die Dias zu den Zügen!
Zu dieser mehr als TRAURIGEN Erinnerung aber noch eine LUSTIGE Sache zu Emschertalbahngüterzügen. Da die Zechen ja auch Sonntags leere Wagen bekamen, geschah folgende Geschichte: Der Organist der Lutherkirche hatte die Angewohnheit während der Predigt mal schnell zum Kiosk am Bahnübergang an der Dortmunder Straße zu laufen, um eine bekannte Sonntagszeitung zu kaufen. Da ging er immer über die Fußgängerbrücke am Brückenweg. Aber die Brücke war mal wegen Bauarbeiten gesperrt, so dass er den Bahnübergang an der Dortmunder Straße benutzen musste. Doch auf dem Rückweg war die Schranke nicht nur zu, sondern ein langer Güterzug mit Leerwagen für die Zeche Erin stand drauf! Der wartete auf Einfahrt in den Güterbahnhof , und das dauerte etwas. Nun, die Predigt war zu Ende, aber von der Orgel kam kein Ton!
GLÜCK AUF

Wäre doch mal ein Vorbild für eine Szene auf der Modelleisenbahn!


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RE: Güterzüge Emschertalbahn

#6 von Ulrich Radtke , 05.10.2022 18:24

Guten Abend

Grade fiel mir noch etwas ein zum Thema GÜTERZÜGE.
Bei den Besuchen so mancher Modellbahn sieht man ja oft Güterzüge, die ihre Kreise drehen.
Manche Anlagen hatten ja auch ein Kohlenbergwerk zum Thema. Also da eigentlich hauptsächlich leere Wagenzüge hin, volle raus. Man könnte ja da zum Beispiel einen leeren Zug in die eine Richtung kreisen lassen bis er unter einem Kohlenbunker verschwindet, und einen vollen Zug in die andere Richtung aus dem Kohlenbunker herauskommend.

Oder man lässt die leeren Züge immer linksrum und die vollen Züge immer rechtsrum kreisen.
Aber zum Beispiel volle Kohlenzüge in beide Richtungen? JA!!!

Das war im Ruhrgebiet nichts besonderes, wenn volle Kohlenzüge in beiden Richtungen etwa an einem Bahnübergang zu sehen waren! Grade wenn an einer Zeche eine Kokerei angeschlossen war, dann war diese Zeche auch Empfangstation für volle Kohlenzüge! Es war Kohle zum Mischen für die Kokereien um eine bestimmte Koksqualität zu erreichen!
Auch mit anderen sichtbaren Wagenladungen gab und gibt es das; etwa Coils oder Brammen.

Mit Kesselwagen oder geschlossenen Güterwagen ist es ja nicht so ein großes Problem, Züge kreisen zu lassen, um vorbildlichen Verkehr darzustellen.

Oder jetzt hier einfach noch etwas zum Thema sichtbare Wagenladungen. Vor ein paar Jahren (als es noch Laderampen auch an kleineren Bahnhöfen gab) habe ich einen vierachsigen Rungenwagen gesehen, der mir allerlei verschiedenen landwirtschaftlichen Geräten sowie einem großen und einem kleinen Traktor beladen war. Ein Landwirt hatte seinen Betrieb ausgegeben und dieser Güterwagen hatte als Ziel Kroatien. Natürlich hatten das gesamte Ladegut Gebrauchsspuren, also keinen schönen neuen Traktor. Da meine Bildersammlung bei einem Umzug mal verloren ging, kann ich leider hier kein Bild dieses beladenen Rungenwagens einstellen; aber wir haben ja ein Kopfkino für gealterte Sachen.

GLÜCK AUF


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