um es direkt zu sagen – mein Anliegen ist nicht zwingend auf eine Adaption ins Modell aus. Vielmehr geht es um ein Hinterfragen entsprechender Betriebsabläufe (siehe unten). das Thema richtet sich an all jene, die sich auch für Industriebetriebe aus den Zeiten der Industrialisierung interessieren. Viele dieser kleinen Betriebe sind heute in Vergessenheit geraten, doch tauchen sie ab und an mal wieder aus ihrem Dornröschenschlaf auf. So auch ein kleines und scheinbar längst vergessenes Stahlwerk in der Ortschaft Kräwinklerbrücke, dereinst idyllisch im Tal der Wupper gelegen. Hier einmal ein Luftbild des vergleichsweise kleinen Betriebes: http://www.wupperindustrie.de/kraewibilder10.html
In diesem Stahlwerk, welches dem Bau einer Talsperre zu Beginn der 1970er Jahre zum Opfer fiel, wurden Meißel-, Stempel- und Schnittstähle, aber auch Gesenke oder Drehstähle hergestellt. Ein uns gut bekannter Modellbau-Anbieter nahm unlängst die ehemalige Werkhalle in sein Programm auf, und so bin ich auf den Betrieb Urbach & Co aufmerksam geworden. Leider findet man nicht allzu viele Informationen, weshalb ich das Thema einfach mal hier bringen wollte. Mich interessiert, welche Betriebsabläufe in solch einem kleinen Werk stattgefunden haben. Da wir es in diesem speziellen Fall sogar mit einem eigenen Gleisanschluss zu tun haben, würde mich besonders interessieren, welche Materialien angeliefert wurden, um die o.g. Endprodukte herstellen zu können. Dazu interessiert mich dann auch der Wagenpark, also quasi was wurde wie an- und abtransportiert. Hintergrund des Interesses an einer scheinbar trivialen Sache ist der, dass die heutigen Stahlwerke ja nun ganz anders funktionieren – anders, weil moderner, komplexer und freilich viel größer.
Vielleicht kann ja der eine oder andere von Euch was dazu sagen. Ich fände das sehr interessant.
Einstweilen beste Grüße, Christian Hoppmann
Liebe Grüße Christian
"Solange es Schlachthäuser gibt, wird es auch Schlachtfelder geben." (Tolstoi)
Zunächst vermute ich, daß es sich nicht um ein Stahlwerk im klassischen Sinne handelt, aber das ist schon die erste Spekulation
Variante 1: Der Betrieb hat eine eigene Stahlerzeugung, zum Beispiel einen Puddelofen. Dann wird Roheisen angeliefert, als Masseleisen in offenen Wagen.
Variante 2: Der Betrieb bezieht fertigen Stahl als Halbzeug. Dann werden verschiedene Stahlsorten angeliefert, zum Beispiel in Brammen- oder Stangenform, vielleicht auch als gegossener Rohling.
In beiden Fällen wird jede Menge Energie benötigt, um das Material zu schmelzen oder gießfähig oder schmiedbar zu machen. Also O-Wagen mit Steinkohle oder Koks.
Dann wird hinter den Mauern kräftig geheizt, vielleicht geschmolzen, geglüht und gehämmert was das Zeug hält. Die Fertigprodukte werden dann je nach Größe verpackt. Werkzeuge, wie Drehstähle, dürften in handlichen Kisten landen, also Kandidaten für G-Wagen. Sofern größere Sonderteile produziert werden, würde ich eine Spezialkiste auf einem Flach- oder gar Tiefladewagen erwarten. Dazu müsste man herausfinden, wie das Lieferangebot der Fabrik tatsächlich aussah.
gerade heute nachmittag kam in N24 ein kurzer Beitrag über die Herstellung von Zimmermanns-Hämmern, speziell auch das Schmieden der Köpfe.
Schau doch einfach mal im Archiv bei N24 (http://mediencenter.n24.de/), als Suchbegriff Gießerei eingeben, und "Zangenmacher und Glockengießer" auswählen. Der Anfang der Sendung ist direkt der Bericht über das Schmieden von Zangen. Der dritte Bericht zeigt das Herstellen einer Gussglocke.
Wenn ich das Gesehene mal auf einen Eisenbahntransportauftrag ummünzen darf: - Anlieferung der Stahlstangen auf Flachwagen oder Rungenwagen (R-Typen) - Anlieferung von Werkzeugen und Anlagen für den Betrieb in geschlossenen Güterwagen, Schiebewandwagen oder Rungenwagen (G-, H- oder R-Typen) - Anlieferung von Hilfs- und Schmierstoffen in Gebinden auf Palette, verladen in geschlossenen Güterwagen oder Schiebewandwagen (G- oder H-Typen) - Anlieferung von Heizmaterial für die Öfen (Öl im Kesselwagen = Z-Type bzw. Kohle im offenen Güterwagen oder Selbstentlader Type Om oder Ot) - Abfuhr von Stanzabfällen mit offenen Güterwagen (keine Selbstentlader, wegen des Verhakens der Abfallstücke) (O-Typen) - Abfuhr der fertigen Zangen oder Hämmer verpackt in Kartons oder Kisten, die als Stückgut in geschlossene Güterwagen oder Schiebewandwagen verladen werden (G- oder H-Typen)
Ich habe jetzt nur mal die Gattungstypen für die Epoche 3 dahingesetzt, da in neuerer Zeit doch mehr mit dem individuellen Lastesel (auch LKW genannt) transportiert wird. In Epoche 2 wäre das ähnlich, nur eben der Verzicht auf die Schiebewandwagen notwendig.
Ich hoffe, es ist die Information, die Du gesucht hast.
Gruß, Heinz
Tried to reduce to the max Ich weiß, nicht immer einfach, aber einfach kann ja jeder. Was noch fehlt? "Ein Sack voll Zeit"
Zitat von StahlbahnZunächst vermute ich, daß es sich nicht um ein Stahlwerk im klassischen Sinne handelt, aber das ist schon die erste Spekulation
Dem stimme ich zu. Eisenhammer wäre wohl die korrekte Bezeichnung, allerdings nannte sich der Betrieb tatsächlich Stahlwerk.
Zitat von StahlbahnVariante 1: Der Betrieb hat eine eigene Stahlerzeugung, zum Beispiel einen Puddelofen. Dann wird Roheisen angeliefert, als Masseleisen in offenen Wagen.
Trifft dann wohl eher nicht zu.
Zitat von StahlbahnVariante 2: Der Betrieb bezieht fertigen Stahl als Halbzeug. Dann werden verschiedene Stahlsorten angeliefert, zum Beispiel in Brammen- oder Stangenform, vielleicht auch als gegossener Rohling.
An die Anlieferung von Brammen dachte ich auch, was auch den großen Bockkran vor der Werkhalle erklären dürfte. Dazu hätte ich eine Anschlussfrage: Der Bockkran (sieht man das auf dem Bild) befand sich vor der Halle. Entladung der Flachwagen ist somit klar. Wie aber transportierte man die schweren Brammen innerhalb des Werkgeländes/der Hallen???
Zitat von StahlbahnDazu müsste man herausfinden, wie das Lieferangebot der Fabrik tatsächlich aussah.
Meißel-, Stempel- und Schnittstähle, aber auch Gesenke oder Drehstähle. Zumindest konnte ich nur das herausfinden.
Dankende Grüße, Christian
Liebe Grüße Christian
"Solange es Schlachthäuser gibt, wird es auch Schlachtfelder geben." (Tolstoi)
gerade heute nachmittag kam in N24 ein kurzer Beitrag über die Herstellung von Zimmermanns-Hämmern, speziell auch das Schmieden der Köpfe.
Schau doch einfach mal im Archiv bei N24 (http://mediencenter.n24.de/), als Suchbegriff Gießerei eingeben, und "Zangenmacher und Glockengießer" auswählen. Der Anfang der Sendung ist direkt der Bericht über das Schmieden von Zangen. Der dritte Bericht zeigt das Herstellen einer Gussglocke.
Wenn ich das Gesehene mal auf einen Eisenbahntransportauftrag ummünzen darf: - Anlieferung der Stahlstangen auf Flachwagen oder Rungenwagen (R-Typen) - Anlieferung von Werkzeugen und Anlagen für den Betrieb in geschlossenen Güterwagen, Schiebewandwagen oder Rungenwagen (G-, H- oder R-Typen) - Anlieferung von Hilfs- und Schmierstoffen in Gebinden auf Palette, verladen in geschlossenen Güterwagen oder Schiebewandwagen (G- oder H-Typen) - Anlieferung von Heizmaterial für die Öfen (Öl im Kesselwagen = Z-Type bzw. Kohle im offenen Güterwagen oder Selbstentlader Type Om oder Ot) - Abfuhr von Stanzabfällen mit offenen Güterwagen (keine Selbstentlader, wegen des Verhakens der Abfallstücke) (O-Typen) - Abfuhr der fertigen Zangen oder Hämmer verpackt in Kartons oder Kisten, die als Stückgut in geschlossene Güterwagen oder Schiebewandwagen verladen werden (G- oder H-Typen)
Ich habe jetzt nur mal die Gattungstypen für die Epoche 3 dahingesetzt, da in neuerer Zeit doch mehr mit dem individuellen Lastesel (auch LKW genannt) transportiert wird. In Epoche 2 wäre das ähnlich, nur eben der Verzicht auf die Schiebewandwagen notwendig.
Ich hoffe, es ist die Information, die Du gesucht hast.
Gruß, Heinz
Sitze leider noch im Büro, aber den Bericht schaue ich mir noch an. Ansonsten ist Deine Beschreibung ja schon ziemlich detailliert. Vielen Dank dafür!
Liebe Grüße Christian
"Solange es Schlachthäuser gibt, wird es auch Schlachtfelder geben." (Tolstoi)
Zitat von Barmer BergbahnAn die Anlieferung von Brammen dachte ich auch, was auch den großen Bockkran vor der Werkhalle erklären dürfte. Dazu hätte ich eine Anschlussfrage: Der Bockkran (sieht man das auf dem Bild) befand sich vor der Halle. Entladung der Flachwagen ist somit klar. Wie aber transportierte man die schweren Brammen innerhalb des Werkgeländes/der Hallen?
Sackkarre, Bollerwagen, Palettenwagen, flache Karre mit Vollgummirädern oder so - bei Bramme dachte ich nicht an die zig-Tonnen schweren Teile, wie man sie heute kennt, sondern kleinere Blöcke. Wenn es aber Erzeugnisse sein sollen, die man OBI-Regal finden könnte (Drehstahl), dann reichen Barren bzw Masseln aus, die sind nicht so schwer. Dem Kran würde ich dann einen Elektromagneten gönnen - in der Hoffnung auf ferromagnetischen Stahl
Habe noch ein paar tolle Fotos gefunden. Ein bisl scrollen ist allerdings erforderlich... Etwas unterhalb der Mitte finden sich Fotos des Bahnhofs Kräwinklerbrücke und eben auch vom Stahlwerk Urbach & Co.
Moin nach meinen Recherchen ging es hauptsächlich um Werkzeuge, die dort hergestellt wurden, anfangs ohne eigenen Bahnanschluss. Ich gehe davon aus, Carl Urbach war ein Hammerwerk, welches Rohstahl veredelt bzw weiterverarbeitet hat. In diesem Bereich ist das Bergische Land heute noch stark und hat eine uralte Tradition. Später konnten Stücke bis zu 6 Tonnen bearbeitet werden, daher der eigene Gleisanschluss und Kran. Und man wollte seine Produkte auch nicht weiter auf der öffentlichen Bahnstation verladen. Während WK 2 wurden auch Rüstungsgüter fabriziert.
in der MIBA 11/92 gab es mal einen Bericht über den Bahnhof Krähwinklerbrücke. Einen Modell-Gleisplan mitsamt des Stahlwerk-Anschlusses findet sich auch in dem Heft 55 Modellbahn-Gleispläne von Michael Meinhold, allerding ohne alzuviel Begleittext und weiteren Informationen. Ob der Originalbericht ausführlicher ausfällt, kann ich nicht sagen, da ich das Heft (bzw. die DVD) nicht besitze, aber vielleicht weiß ja jemand mehr?
Grüße
Matthias
Niemals eine Möchtegern-Dampflok ohne funktionierende Schieberstange und Treibstangen-Fangbügel auf meiner Anlage!
vielen Dank für den Hinweis auf die Miba. Es ist schon recht erstaunlich, was sich in den diversen Modellbahnzeitschriften so alles finden lässt. Man müsste tatsächlich mal so etwas wie ein Stichwortverzeichnis anlegen (wenn man die Hefte denn alle besäße) und so ein richtiges Archiv anlegen. Wenn ich in dem Zusammenhang nur daran denke, was ich in letzter Zeit alles an Themen rund um den "Ruhrpott" zusammengetragen habe, wovon ich zuvor gar nicht wusste, dass es dieses Material überhaupt gibt...
Liebe Grüße Christian
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ein Stahlwerk muss nicht immer direkt einen Hochofen haben, sogenannte Ministahlwerke, Eisenhütten oder Schmieden haben im bergischen Land Tradition.
Durchaus sind kleine Öfen ala Puddelofen denkbar ( wie Frank schon anbrachte ), oder auch mit kleinen Bessemer Birnen und später kleinen Konvertern ( in der 10t Klasse, also klein ). Ein mir noch bekanntes vorhandenenes Stahlwerk, ist Carl Grossmann in Solingen-Wald, habe fast 5 Jahre nebenan gewohnt, liegt mitten im malerischen Ortsteil und hat z.B. keinen Gleisanschluss. Hier wird Stahl mit kleinen Elektro Lichtbogenöfen geschmolzen. Auch ein kleiner Konverter ist vorhanden.
Ca. 500m Luftlinie ist direkt eine Giesserei, VS-Guss ( ex Walder Schlüsselfabrik), hier wird mit Induktionsöfen und Temperöfen gearbeitet.
In beiden genannten Beispielen erfolgt An-und Abfuhr der Betriebsmittel und Endprodukte per LKW.
Allgemein zum Transport, Brammen und Knüppel können durchaus auch per LKW transportiert werden, Heißtransport auf der Straße gibt es auch, siehe Stahlwerke Krefeld.
muss mich jetzt wirklich mal bei allen Beteiligten des Thread bedanken. Schritt für Schritt bekommt man eine Menge an Informationen zusammen, die so vorher einfach nicht vorhanden waren. Das sind dann die Momente, in denen ich das Forum so schätze. Dann kann ich auch den x-ten "Wann kommen eigentlich die Neuheiten 20XY?"-Tread schnell vergessen.
VIELEN DANK AN EUCH!
Beste Grüße, Christian
Liebe Grüße Christian
"Solange es Schlachthäuser gibt, wird es auch Schlachtfelder geben." (Tolstoi)