Glück auf zusammen!
Wie der Thementitel es erahnen läßt, geht es hier um Schwerindustrie, also um alles rund um Stahlherstellung- und Verarbeitung, sowie Kohle- und Koksgewinnung.
Ich plane schon seit Jahren eine entsprechende Anlage und habe mir nun fest vorgenommen, loszulegen.
Auch wenn mir im Hinblick auf die Größe des ganzen schon etwa schummrig wird, zeigen einige Forumsteilnehmer ja doch, da es geht.
Ich möchte nur einmal an „Ein kleines Stahlwerk“, „Montan“ oder auch die Anlagen der „2 Franks“ erinnern.
Da –zumindest bei mir- immer wieder Probleme und Fragen auftauchen, würde ich mich freuen, wenn man sich in diesem Thread entsprechend austauschen würde.
Vielleicht meldet sich ja auch einmal jemand, der wirklich Ahnung von den Abläufen im Stahlwerk/Hochofen hat.
Ich hatte an anderer Stelle bereits einmal versucht, mein Halbwissen zum Thema Stahlwerk zusammen zu fassen und stelle den Beitrag noch einmal ein.
Einige meiner Fragen konnten mittlerweile zum Teil beantwortet werden.
Für Rückmeldungen jeder Art bin ich dennoch dankbar.
Was ich auch noch anbieten kann, ist ein recht ordentlicher Fundus an alten und aktuellen Fotos.
So, das wäre es erst einmal.
Viel Spaß und Glück auf!
Jürgen
Da ich selbst schon seit Jahren den Bau einer Hochofen- und Stahlwerksanlage plane (Betonung liegt –leider- auf „plane“ habe ich mich durch entsprechende Lektüre und mehrfache Besuche bei HKM und Thyssen-Krupp sowie diverser stillgelegter Anlagen versucht, etwas schlau zu machen.
Wenn ich nicht alles falsch verstanden habe, läuft es in etwa so ab:
(an dieser Stelle sollte man sich einmal auf der Seite von HKM im Downloadbereich die Pläne des Werkes `runterladen)
Das Roheisen wird nach dem Abstich in offene Pfannen und/oder Torpedopfannenwagen geleitet und von dort aus zum Stahlwerk verbracht.
Bei HKM (Hüttenwerke Krupp Mannesmann) in Duisburg muß dafür eine Strecke von etwa 200 – 400 –m zurückgelegt werden.
Anders als uns Walther`s weismachen will (und wie es für Modellbauer auch praktischer wäre), befinden sich die weiteren Gebäudekomponenten und –komplexe auch nicht schön in einer Reihe nebeneinander, sondern mehr oder weniger auf einem Haufen, sprich in einer riesigen Halle.
Dieser Hallenkomplex ist etwa 250 Meter lang und etwa 145 Meter breit! Hier könnte also auch ein mittleres Fußballstadion untergebracht werden.
Die Pfannen-/Torpedowagen werden nun in die Mischerhalle eingebracht. In dieser befindet sich sogleich links des Gleises die Roheisenumfüllgrube, eine etwa 20 Meter lange Vertiefung im Boden, rechtwinklig zum Gleis. Darin läuft ein Vehikel, in dem sich eine leere Pfanne befindet, in den hinte-ren Teil. Wird nun das Roheisen aus dem Torpedo in die leere Pfanne gefüllt, fährt das Vehikel nach hinten, wo die Pfanne herausgehoben wird.
Sie befindet sich jetzt im Bereich der Roheisenentschwefelung: 3 Stände in die die gefüllten Pfannen gesetzt werden. Ein schwenkbarer Deckel senkt sich von hinten über die Pfanne und mit einer Blaslanze wird das Roheisen nochmal aufgemischt. Die sich hierbei bildende Schlacke wird „nach hinten hin mechanisch abgezogen“ (wie das geht weiß ich auch nicht).
Hinter diesen Ständen wird die Schlacke in Schlackepfannen aufgefangen und aus der Halle gefahren.
Parallel zum Gleis befinden sich die beiden Roheisenmischer, in die das Roheisen zur Pufferung eingefüllt wird. Ich habe einmal gelesen, dass es früher üblich war, im Stahlwerk nicht am Sonntag zu arbeiten, so daß das immer neuanfallende Roheisen „zwischengelagert“ werden mußte, bis es am Montag weiterging. Naja.
In Verlängerung der Mischerhalle befindet sich die Konverterhalle (man kann prima von vorne bis hinten durchgucken).
Von der hinteren Seite der Halle her werden an Kränen Schütten mit Schrott herangefahren.
Die Zulieferung erfolgt von außen. Der Schrott wird, wie Frank schon mitteilte, zur Kühlung benötigt und dient weniger dem Recyclen. Je nach gewünschter Stahlart wird hier der Schrott wohl auch nach Größe und Beschaffenheit vorsortiert.
Nachdem der Schrott in den Konverter gekippt wird, schwenkt dieser ein wenig hin und her, um alles zu verteilen. Weitere Zuschlagstoffe folgen über direkte Eingabe (also ohne Pfannen oder Schütten).
Jetzt bringt der Deckenkran auch endlich aus der Mischerhalle eine Pfanne entschwefeltes Roheisen und kippt es in den Konverter. Was sich dann abspielt ist unbeschreiblich. Der gesamte Bereich des Konverters wird in riesige Flammen eigehüllt, die bis zur Decke hochschlagen. So blöd es klingt, man fragt sich wirklich, ob so etwas aus Brandschutzgründen wirklich erlaubt ist und wie das Material das aushält.
(By the way: Natürlich gibt es in der Halle ein Rauchverbot.)
Dann werden zwei riesige Schutztore vor den Konverter gefahren und die Sauerstofflanze senkt sich.
Wenn sie zu blasen beginnt, verwandelt sich wieder alles in eine Feuerhölle und es regnet „Hütten-flöhe“. Durch den eingeblasenen Sauerstoff wird der restliche Kohlenstoff im Roheisen (fast) ver-brannt und wir haben es nun mit Stahl zu tun.
Das Beeindruckende ist dabei, dass es keine weitere Wärmezugabe gibt, die heftigen Reaktionen also alleine durch die Vermengung von Roheisen, Schrott und Sauerstoff hervorgerufen werden.
Nach dem etwa 20 minütigen Blasvorgang wird die Lanze wieder nach oben gezogen und die beiden Schutztore fahren zur Seite. Nun wird der Konverter nach vorne gekippt, bis der Stahl durch ein an der Vorderseite befindliches Abstichloch ausfließen kann. Hierbei wird er von entsprechenden Pfannen aufgefangen. Diese befinden sich auf einem speziellen Gleis, das sich rechtwinklig zur Konverterbühne direkt unter den Konverter selbst befindet.
Diese Pfannen verschwinden sodann in den Hallenbereich, der hinter den Konvertern liegt. Dies ist auch in dem entsprechend Bausatz von Walthers gut zu erkennen. Danach kippt der Konverter in die entgegengesetzte Richtung, also nach hinten, und gießt über die Hauptöffnung die noch im Konverter befindliche Schlacke ab.
Diese, die im Gegensatz zur Hochofenschlacke weniger brauchbar ist, wird dann aus der Halle gefahren.
Da es bei dem Entleeren immer wieder vorkommt, das Schlacke und/oder Stahl an den Pfannen vorbeispritzen, ist noch ein Radlader damit beschäftigt, den Bereich unterhalb der Konverter freizuhalten. Das Interessante daran ist, dass die Räder des Radladers zum Schutz vor der Hitze mit einer Art Kettenhemd versehen sind.
Hinter den Konverter, wohin nun der Stall verbracht wurde, befindet sich der Bereich der Sekundärmetallurgie.
Hier wird nun dem Stahl der letzte Schliff verpasst. Abhängig von den entsprechenden Wünschen des Auftraggebers erfolgt nun die letzte Bearbeitung des Rohstahls. Besonders beeindruckend ist hierbei die Vakuum-Behandlung. Hierbei wird die Pfanne mit Inhalt in einem großen „Kübel“ hinabgelassen, der sich im Boden befindet. Sodann fährt ein Riesentrum mit einem entsprechenden Deckel darüber und verschließt die Anlage. Wenn diese Behandlung beendet ist, kann endlich etwas mit dem Stahl angefangen werden. Er wird nun über Kräne zum Gießbetrieb gebracht.
Dort fällt vor allem eine Art Drehturm auf, der zwei Stahlpfannen gleichzeitig aufnehmen kann.
Durch den Boden der Pfannen, die entsprechende Öffnungen aufweisen, gelangt der Rohstahl sodann in einer Art Wanne, die sich oberhalb der jeweiligen Stränge der Stranggußanlage befindet.
Diese Wanne dient zur Pufferung, wenn die beiden großen Pfannen ausgetauscht werden müssen. Hierbei kann der Turm mit den Pfannen gedreht werden, so dass stets eine Pfanne den Stahl an die Anlage abgibt, während auf der gegenüberliegenden Seite ein Austausch der leeren gegen eine neue volle Pfanne erfolgt.
(Dieser Bereich befindet sich übrigens hinter der Entschwefelungsanlage.)
Bei HKM gibt es zwei unterschiedliche Stranggußanlagen, es werden sowohl Brammen als auch Rundstähle gegossen.
Diese werden sodann über zum Teil sehr interessante Förderungssysteme aus der Halle geschafft und letztlich weiter transportiert.
HKM verfügt selbst nicht, anders als das Thyssen Krupp Werk im Norden Stadt Duisburg, über ein Walzwerk. Dort könnten die Brammen beispielsweise, noch erhitzt, zu langen Blechen gewalzt wer-den.
Diese werden dann zu Coils aufgewickelt und in anderen Bereichen, beispielsweise im "Bochumer Verein" oder bei Hoesch in Dortmund oberflächenbehandelt, bevor sie an die Kunden, meist Auto-mobilhersteller, weitergegeben werden.
So, das wäre nach meinem jetzigen Kenntnisstand einmal ein kleiner Abriss über die Geschehnisse in einem Stahlwerk. Ich hoffe, dass ich nicht zu viele Fehler eingebaut habe. Ich hätte meinen Text auch gerne mit einigen Fotos aufgelockert, doch muss ich dazu zunächst einmal üben, Bilder hochzuladen. Bei entsprechendem Interesse kann ich aber gerne ein paar aussagekräftige Aufnahmen per E-Mail weiterleiten.
Auch wenn ich nun hoffe, die Abläufe halbwegs verstanden zu haben, sind auch bei mir noch einige Restfragen verblieben, die mich bislang auch immer wieder daran hinderten, mich endlich einmal an die Modellbauarbeit zu machen.
Vielleicht ist ja ein wirklicher Fachmann im Forum vertreten, der meine Unklarheiten beseitigen kann.
Im Einzelnen interessiert mich folgendes:
1. Wird auch das Roheisen, das über Roheisenpfannen in die Stahlwerkshalle gelangt, zunächst über die Umfüllgrube an die Entschwefelungsanlage weitergegeben oder erfolgt eine Zwischenlagerung in den Mischern?
2. Werden die Mischer abwechselnd befüllt und weisen daher stets in etwa die gleiche Menge Inhalt auf, oder dient einer der Mischer nur zur Sicherheit, falls der andere ausfällt?
3. Irgendwo in der Halle befinden sich auch so genannte Pfannenvorwärmstände. Weiß zufällig jemand, wo diese sind?
4. Auf einem meiner Fotos habe ich eine Einrichtung entdeckt, bei der leere Pfannen auf die Seite gelegt und weiterbehandelt werden. Weiß jemand vielleicht, in welchem Bereich dies der Fall ist?
5. Wie bereits oben beschrieben, verfügen die Pfannen, die in den Gießturm gestellt werden, über Bodenöffnungen. Demzufolge muss an irgendeiner Stelle der Stahl in diese Gießpfannen gelangt sein. Geschieht dies bereits beim Abstich der Konverter?
6. Im Anschluss zu Frage fünf: Wie viel unterschiedliche Roheisen- und Rohstahlpfannen gibt es überhaupt? Handelt es sich stets um ein und dasselbe Modell? Soweit ich weiß, bietet der Modellbau lediglich die klassischen Pfannen von Märklin und Trix an. Man könnte sich alternativ bei Walthers noch amerikanische Pfannen besorgen oder, wie auch auf amerikanischen Seiten beschrieben, selber welche basteln. (Zu diesem Zwecke hebe ich bereits seit Jahren die Döschen meiner Magentabletten zur Verzweiflung meiner Gattin auf.)
7. Hat jemand einen Überblick darüber, wie viele und welche Kräne in den Hallen zum Einsatz kommen, bzw. ob es in allen Bereichen die gleichen sind?
8. Ist es üblich, daß 2 oder mehr Kräne auf unterschiedlichen Höhen eingesetzt werden?
9. Heutzutage sind die Stahlwerke ja allesamt steril eingehaust, also mit Trapez- und Wellble-chen verkleidet. Da mein Werk aus der Epoche III stammen soll suche ich Fotos von Stahl-werken aus dieser Zeit. Insbesondere interessiert mich der architektonische Aufbau und die Art des verwandten Baumaterials. Vielleicht weiß ja jemand etwas.