Moin und Servus nach Bayern, werter Herr Kollege,
die Frage sollte schon etwas spezieller sein, um welches Betriebsjahr sich dein Interesse begründet?
Die Pflicht, unbesetzte Schutzwagen in einem Zug mitführen zu müssen wurde etwa 1934 aufgegeben, weil die Beherrschung der Dampfkraft bis dahin als sicher galt und die Wahrscheinlichkeit von Auffahrunfällen auch als extrem gering eingeschätzt wurde.
Schutzwagen waren unbesetzte Wagen, meistens aber nicht immer auch Pack- und/oder Postwagen aber auch gedeckte Güterwagen oder unbesetzte, für das "Publikum" verschlossene Personenwagen.
Betriebspersonale durften in Schutzwagen mitfahren, sie waren der möglichen Gefahren unterwiesen worden.
Ein Schutzwagen sollte zur Gefahrenabwehr die Personenwagen von der Lokomotive trennen.
Im Falle von Betriebsunfällen, gerieten die Lokomotive und meistens der erste oder die beiden ersten Wagen in Mitleidenschaft, so daß diese dann als Schutzwagen dienen sollten. Jede Eisenbahnverwaltung hatte da ihre eigenen Vorschriften, sie konnten regional unterschiedlich sein.
Local Bahnen galten als Sekundärbahnen und waren sehr oft den privaten Bahnen gleichgestellt aber es gab abweichende Betriebsreglements und Vorschriften, welche beachtet werden mußten.
Localbahnen waren in Bayern niedriger als Sekundärbahnen (Nebenbahnen) kategorisiert und waren nicht selten auch in öffentlicher Trägerschaft eines Landkreises oder einer größeren kreisfreien Gemeinde oder wie Privatbahnen durch Actien Gesellschaften finanziert.
Auch in Bayern gab es mehrere Verstaatlichungswellen, so daß lukrative Localbahnen in die staatliche Trägerschaft übergingen.
Entscheidend bei Localbahnen war oft deren Zweck weswegen sie gebaut wurden?
Der Profit durch den Güterverkehr stand meistens an erster Stelle. Aber auch rein touristische Bahnen wurden gebaut, wo der Güterverkehr eine untergeordnete Rolle spielte.
Die "klassischsten" Zugarten waren gemischte Züge, in denen Frachtgüter aber auch Personen transportiert wurden.
Bei gemischten Zügen unterscheidet man zwischen PmG und GmP.
PmG = Personenzug mit Güterbeförderung
Bei dieser Zugart hat der Personenverkehr Vorrang.
Güterwagen werden zwar hinter der Lok befördert aber dann erst am Zielort abgehängt, überführungswagen auch am Zugschluß beigestellt oder am Bahnsteig zurückgelassen. Um Rangiertätigkeiten kümmert sich das örtliche Personal der betreffenden Bahnstationen.
GmP = Güterzug mit Personenbeförderung
Bei dieser Zugart hat der Güterverkehr Vorrang.
Güterwagen werden von der Lokomotive wegrangiert und aufgenommen, nach dem die mitgeführten Personenwagen am Bahnsteig abgestellt wurden. Rangiert wurde auf den anderen Gleisen der Bahnstation.
Nach dem Abschluß der Rangiertätigkeiten wurden die Personenwagen am Zugende angekuppelt und die Reise fortgesetzt.
3. Klasse Wagen waren üblich, Wagen 4. Klasse eher selten.
2. Klasse Wagen in Ausnahmesituationen.
Durchgangs- oder Perronwagen waren auf Localbahnen sehr verbreitet es gab aber auch, ähnlich wie in Preußen, Abteilwagen.
Als typische Lokomotiven sind Tenderloks mit einer bis drei gekuppelten Achsen verwendet worden.
Für schwere Güterzüge auch Schlepptendermaschinen bis vier gekuppelten Achsen.
Local Bahnen waren aber oftmals finanziell eher minderbemittelt, so hielt sich der Wageneinsatz eher in Grenzen, was die Wagen der betreffenden Bahngesellschaft anbetraf.
Je nach verhandeltem Abkommen mit der Staatsbahn mußten Güterwagen an den Endstationen der Localbahn umgeladen werden.
Bei der Lübeck Büchener Eisenbahn LBE verrichteten ab 1882 zwei bayerische zweifach gekuppelte Tenderloks ihren Dienst in der preußischen Provinz von Schleswig–Holstein zwischen Lübeck und Travemünde. Auf Grund eines Bedienfehlers explodierte 1888 eine dieser Loks vor Pöppendorf und die Lok und der erste Wagen erlitten Totalschaden. Der Bahnverkehr war über Monate geschwächt, da man keine Reserveloks hatte.
Mit einer Lok können an einem Tag maximal 4 Fahrten ( je zwei Hin- und Rückfahrten) stattfinden (Streckenlänge bis 44 Km), fällt die Lok aus, können keine Fahrten abgewickelt werden.
Ich habe in meiner Ausführung mal angenommen, du würdest dich mit der Epoche I vor 1910 befassen.
Die Berechnung des Lokbedarfs hat überdies auch in anderen Epochen Gültigkeit.
Je Lok wird ein Wartungzuschlag von 20 % angenommen, dieser beinhaltet alle fristgerechten Untsuchungen und Reperaturen.
Die Maschinenkennzahl liegt somit bei 1,2.
Für Bahnstrecken bis 6 deutsche Meilen (ca. 7,5 km) können 4 Fahrten stattfinden was eine Zahl von 0,25 ergibt.
Zwischen 6 Meilen (ca. 44 Km) und 15 Meilen (ca. 112,5 Km) können nur 2 Fahrten stattfinden, was eine Zahl von 0,5 ergibt.
Zum Ermitteln des Lokbedarfes werden die Zahlen multipliziert:
1,2 x 0,25 x stattfindende Zugfahrten (Hin und Zurück = 2 Fahrten) = Lokbedarf
Bei Nachkommastellen wird auf die nächst höhere Vorkommastelle aufgerundet.
Beispiel bei 6 Fahrten bis 6 Meilen (ca. 44 Km):
1,2 x 0,25 x 6 = 1,8 aufgerundet 2
1,8 Loks geht nicht also rundet man auf 2 Loks auf.
Im Falle eines Ausfalls einer Maschine, wie bei der LBE, reduziert sich die maximale Anzahl der Zugfahrten auf vier mit nur einer Lok.
Hätte man eine Reservelok, bräuchte man die Fahrten nicht zu reduzieren.
Die Reservelok könnte Rangiertätigkeiten ausüben, stünde also nicht sinnlos im Lokschuppen herum.
Ideal wäre somit drei Loks.