Ein Nachmittag auf der 194 091

#1 von 118Fan , 29.07.2022 23:15


Hallo zusammen,

nachdem die Geschichte nun über 40 Jahre her ist, genau gesagt, am 17.04.1982, denke ich, kann ich das hier gefahrlos veröffentlichen. Falls doch nicht, bitte sagen, dann lösche ich das wieder.

Einigen hier im Forum ist sicher die Geislinger Steige ein Begriff. Jene Steilstrecke mit durchschnittlich 22,5%o, die aus dem Filstal auf die Hochfläche der Schwäbischen Alb führt, sehr enge Bögen hat und auf der ein ungekuppelter (!!) Nachschiebebetrieb erfolgt. Da die Vorschrift besagt, "ungekuppelt bis V/max 60 km/h" und die Steige wegen der engen Bögen eh nur mit 70 km/h befahren werden darf, hat man auf das Kuppeln verzichtet und schiebt eben ungekuppelt nach.
Reisezüge halten bzw. hielten hierzu gelegentlich außerplanmäßig in Geislingen/Steige an, dies war in jenen Tagen der (F)D 713 und der (F)D 265 "Mozart", aber auch, und der wohl doch noch am öftesten, der D 263 "Orient Express".
An jenem 17.04.1982 war es jedoch dem Güterverkehr vorbehalten, nachgeschoben zu werden.
Ich war an jenem Tag aber nicht alleine, sondern Fotokumpel Bernd S. war mit von der Partie, als wir nach Geislingen radelten und unsere Warteposition einnahmen, um auf einen der Schublokführer zu warten und zu fragen, ob wir mit durften. Am Wochenende kam das gelegentlich vor, dass ein Meister sich über das Interesse der Jugend freute. Ich war damals 16, mein Fotokumpel ein oder sogar zwei Jahre jünger.
Man möge mir bitte verzeihen, dass ich die Bilder noch nicht final bearbeitet habe, aber das wollte ich einfach mal so zeigen.
Was alles so geschah, wie das damals (wie heute mit geringen Änderungen wohl mit der BR 185 auch noch) ablief (bzw. abläuft), will ich nachfolgend einmal zeigen:


Aufmerksame Leser meiner Beiträge wissen es vielleicht, aber im Laufe meiner Analogfotografie gab es nur vier, maximal fünf Filme, die ich in schwarzweiß fertigte. Jener war der erste damals!
Wir sehen hier die 193 013, eine unbekannte und hinten die 194 091, das alte Märklinmodell. Leider sollte es auf der 193er nicht klappen! Ja, damals waren samstags ZWEI Schubloks im Einsatz und zwei weitere (die eine in der Mitte und die zweite weiter hinten an einem Stutzen) standen bereit.
Ganz gut lassen sich hier die Unterschiede zwischen 193 und 194 erkennen und studieren.




Tja, gemäß dem Sprichtwort "Die letzten werden die ersten sein" stand die 194 091 in Geislingen West dann VOR der 193 013, aber auch auf diesem Bild lassen sich der eine oder andere Unterschied erkennen zwischen den beiden Baureihen. Aus der 194 091 schaut Fotokumpel Bernd heraus (falls das Bild nicht ok geht, bitte sagen, dann entferne ich es wieder).




Man erinnert sich: Seinerzeit gab es eine neue Art der Vielfachsteuerung im Versuch mit zwei nicht regulär mit Vielfachsteuerung ausgestatteten 140ern, die vordere war, so ich mich recht erinnere, die 140 214.
Eben dieser Güterzug (war glaube ich auch immer der selbe) fährt nun in Geislingen West in das eigens für den Schubbetrieb errichtete mittlere Gleis herein. Zugnummern habe ich damals nicht notiert, wohl aber das Gewicht des nachzuschiebenden Zuges: 1350 Tonnen!




Nachdem der Zug vollständig eingefahren und zum Stehen gekommen war, näherte sich die Schublok dem Zug und fuhr an das Ende heran.
Was nun begann, vor allem akustisch seinerzeit mit der 194er, war durch nichts zu toppen! Da man sehr langsam anfuhr, war das Vibrieren der Tatzlagermotoren besonders lange zu hören und alles, was nicht niet- und nagelfest war, schepperte mit!




Wir sind nun vom dem mittleren Gleis wieder auf das reguläre Streckengleis gewechselt und befinden uns am Beginn des sogenannten Hufeisens.




Da der Blick aus dem wesentlichen Fenster platzmäßig ein wenig beschränkt war, ist es mit viel schwarz versehen. Aber wir sind im letzten Teil des Hufeisens und durch die Bäume erkennt man die beiden blaubeigen 140er als Zugloks.




Durchfahrt durch Geislingen/Steige (wie man sieht). Rätsel gibt mir der Zug im Gleis 3 auf, das für gewöhnlich haltenden Reisezügen Richtung Stuttgart dient.
War der "Mozart" an diesem 17.04.1982 ausnahmsweise auf Gleis 3 eingefahren? Hat er gehalten? Hat er außerplanmäßig Schub bekommen? So dicht, wie manche Leute an dem Zug stehen, KANN er nicht durchgefahren sein!




Mitten auf der Steige, bei km 63,8




Noch ein Stück weiter bei der steilen Stützwand. Da geht es ganz ordentlich runter, fallen möchte ich es nicht!




Es ist vollbracht! Nach 8 km Schubfahrt ist der Bahnhof Amstetten (Württ) erreicht und die 194 091 löst sich einfach vom Zug, bremst und bleibt stehen.




Die Talfahrt, hier im Einschnitt unterhalb von Amstetten mit der B10-Brücke, ermöglicht dann schöne freie Ausblicke über den unverwechselbaren Vorbau der 194 091.




Ich habe sie immer "Horrorkurve" genannt, die recht enge Rechtskurve (bergab betrachtet) vor der steilen Stützwand, weil ich mir immer ausgemalt habe, was wohl passiert, wenn man aus dieser Kurve, etwa wegen überhöhter Geschwindigkeit, fliegt.
Aber natürlich ging immer alles gut, alle drei Rahmenteile der 194er entwickelten da zwar ein gewisses Eigenleben, aber dank der eingeschalteten E-Bremse hielten wir konstant die Geschwindigkeit.



Es ging gleich weiter in Geislingen durchfahrend nach Geislingen West. Freude!! Noch eine zweite Schubmitfahrt, Klasse.
Auf dem Mittelgleis wartete schon die 194 192 auf uns, um Hilfe auf die Alb zu bekommen. Diese Lok existiert ja heute noch beim Bayerischen Eisenbahnmuseum.
Der Zug war mit 980 Tonnen knapp über der Grenze dessen, was die 194er bei freier Durchfahrt ab Geislingen West ohne Schub gepackt hätte: 970 Tonnen.




Auch hier wieder am Güterzug dran, kann es gleich losgehen. Kurioserweise ist ein Reisezugwagen mitten in den Güterzug gepackt. Soweit ich mich erinnere, war das einer der jugoslawischen Staatsbahn (JZ). Der könnte übrigens, der Mannheimer 194 192 (damals) wegen, der Dg 61215 gewesen sein, Angabe aber ohne Gewähr.




Mitten im Hufeisen, fast der ganze Zug!



Fast am Ende der langgezogenen Rechtskurve gibt es eine Stelle, die man nicht verpassen darf, wenn man als Fotograf den ganzen Zug aufs Bild bekommen möchte.
Das ist hier der Fall. Wer genau hinsieht, erkennt vor einem Gebüsch gerade noch die 194 192.

An dieser Stelle habe ich damals die Session beendet. Alles weitere war ja wie zuvor auch beim Güterzug mit den beiden 140ern.
Ich hoffe, mein Einblick in den Schubbetrieb mit der 194 vor 40 Jahren ist ein wenig gelungen.
Nochmals bitte ich um Entschuldigung für die nicht final bearbeiteten Bilder, das hätte zu lange gedauert und erfolgt sicher irgendwann einmal.

Es grüßt

118Fan


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Und für alle, die mir schlechte Motive vorwerfen: Für mich ist das Motiv die Lok bzw. der Zug

Grüße

Stefan


 
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zuletzt bearbeitet 30.07.2022 | Top

RE: Ein Nachmittag auf der 194 091

#2 von Harald , 29.07.2022 23:20

Hallo Stefan,

ich sehe leider keine Fotos oder gibt es keine.....?

LG Harald

Oh....jetzt sind sie da .......Vielen Dank !


 
Harald
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zuletzt bearbeitet 29.07.2022 | Top

RE: Ein Nachmittag auf der 194 091

#3 von 118Fan , 29.07.2022 23:21

Gemach, gemach,
nu sind sie da!!


Ehemals überzeugter Analogfotograf, der diese Art der Fotografie schätzte und nun das digitale ebenso zu schätzen weiß.

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Grüße

Stefan


 
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RE: Ein Nachmittag auf der 194 091

#4 von Olli 66 , 29.07.2022 23:33

Hey Stefan,

das sind sehr schöne Aufnahmen.

In Geislingen war ich seinerzeit auch noch kurz bevor die 94er abgezogen wurden.😀


Liebe Grüße
Olli
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RE: Ein Nachmittag auf der 194 091

#5 von järnvägsfotograf , 30.07.2022 08:40

Ein interessanter Bericht mit gewohnt tollen Bildern - Danke dafür !


Viele Grüße
Siegfried


 
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RE: Ein Nachmittag auf der 194 091

#6 von KlausZ , 30.07.2022 10:57

Vielen Dank für Bilder und Text

Klaus


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RE: Ein Nachmittag auf der 194 091

#7 von E16-06 , 30.07.2022 14:04

Hallo Stefan,
ein schöner Bericht, und noch schönere Bilder.
Und dass die Bilder s/w sind, das hat auch irgendwie einen ganz besonderen Charme.

Vor der 194 192 bin ich letzt erst gestanden.
Ist schon eine tolle Baureihe.

Danke fürs Einstellen der Bilder.

Grüße,
Stephan


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RE: Ein Nachmittag auf der 194 091

#8 von Varg , 30.07.2022 14:25

Zitat von E16-06 im Beitrag #7

Und dass die Bilder s/w sind, das hat auch irgendwie einen ganz besonderen Charme.



Schwarz/Weiß Fotografie ist für mich eine eigenständige Form der Kunst, die weit über das reine, farbgetreue Abbilden der Wirklichkeit hinausgeht
und
mal abgesehen von Akt-Fotografie eignete sich absolut nichts dermaßen gut für diese Form der abbildenden Kunst, als das Thema Bahn, besonders Dampfbahn.

Ich habe bis zum Ende der Analog-Fotografie intensiv mit S/W gearbeitet, weis durchaus die Vorzüge der Digitalfotografie zu schätzen,
aber
und hier ist wieder die Parallele, auch wenn Dampflokomotiven und Analogfotografie "unpraktischer" sind, ich traure Beiden nach.....

Ansonsten : Toller, informativer Bericht und ausdrucksvoll bebildert !
Danke dafür !

Gruß
Varg


Märklin HO und beim Hobby auch mal Fünfe gerade sein lassen. Vorsätzlicher Nicht-Nietenzähler.


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