Hallo,
auch ich würde sagen, dass der LKW auf dem Foto ein Mercedes-Benz NG ("Neue Generation") ist.
Zum Vorbild:
1973 wurde diese LKW-Baureihe bei Mercedes eingeführt. Man unterscheidet zwischen erster Bauserie NG73 und dem Facelift von 1980, dem NG80. Grobe Unterscheidungsmerkmale: NG73 mit Chromspange im Kühlergrill, NG80 ohne Chromspange - NG73 mit schmalen Kotflügeln, NG80 mit breiten Kotflügeln - NG73 graue Außenspiegelgehäuse aus Blech, NG80 schwarze aus Kunststoff. Darüber hinaus haben die meisten NG80 einen sogenannten Luftansaugstutzen hinten an der Kabine, da der NG80 in den meisten Versionen auf Turbolader umgestellt wurde.
Abgelöst wurde die NG-Baureihe 1988 vom Mercedes SK ("Schwere Klasse"), der wiederum eine starke Überarbeitung des NG ist. Man kann deutlich die Verwandtschaft der Kabinen beider Bauserien beim Vergleich erkennen (grob: NG mit Stufe in der unteren Seitenfensterlinie, beim SK steigt diese Linie schräg nach hinten an). Den SK wiederum gibt es als SK88 und SK94 (Facelift 1994 - vor allem erkennbar am neu gestalteten Kühlergrill). 1996 wurde diese Baureihe schließlich vom komplett neu entwickelten Mercedes Actros abgelöst.
Zurück zum NG: diesen gab es mit unterschiedlichen Kabinen
1.) kurze Kabine (ab 1973), wie der LKW auf dem Bild
2.) Schlafkabine (ab 1973/74)
3.) mittellange Kabine (ab 1977)
4.) Großraumfahrerhaus (ab 1979/80; ab NG80)
Das Besondere des Großraumfahrerhauses ab NG80 ist, dass es vor allem breiter ist (2,44m) als die drei anderen Kabinen, die rund 2,30m in der Breite messen. Legendär waren die neuen V8-Turbomotoren mit damals sagenhaften 375 PS beim 1638, 1938, 2238 und 2638, die mit dem Großraumfahrerhaus kamen. In späterer Ausbaustufe (1985) wurden hier bis 435 PS erreicht (1644-2644). Absolutes Topmodell war zudem die Allrad-Schwerlastzugmaschine 3850 AS mit Turbo-V10-Zylinder und rund 500 PS.
Modelle in 1:87:
Spritzguß-Großserienmodelle des NG aus Kunststoff gab es in H0, wie bereits teilweise erwähnt, von Herpa, Kibri, Preiser, Roco, Roskopf und Wiking.
1.) Herpa setzte das kurze FH und das Großraum-FH um. Die Modelle waren bei Herpa nach Volvo F10/12 und Ford Transconti/Berliet TR mit die ersten LKW-Typen, daher sind die Kabinen noch nicht kippbar ausgeführt (Ausnahme: späteres Herpa-Modell, ca. 1987, des Mercedes NG 2235 mit Luftfederungsfahrgestell: hier ist die Großraumkabine kippbar). Die Herpa-Kabinen sind brauchbar umgesetzt, wenn auch nicht perfekt.
2. Kibri brachte den NG sehr früh, erste Modelle erschienen 1976 mit kurzem FH und Schlafkabinen FH. Diese erste Serie ist eher stilisiert dargestellt. Der oben verlinkte Bausatz 10010 scheint noch mit dieser alten Kabine ausgestattet zu sein. Ca. 1986 legte Kibri nach und brachte völlig überarbeitete Kabinen der kurzen Variante und der Schlafkabine. Diese Kabinen sind m.E. die besten NG-Interpretationen im Maßstab 1:87. Leider wurden diese schönen Kabinen teilweise noch auf die alten Fahrgetelle (Sattelzugmaschinen 2- und 3-achsig, Motorwagen 2-achsig) gesetzt, bei denen Abstriche in der Vorbildkonformität gemacht werden müssen. Später kam von Kibri eine vorbildgerecht kippbare Großraum-Kabine des NG als komplette Neuentwicklung mit sehr schönen Fahrgestellen.
3. Preiser setzte ebenso die kurze Kabine und das Schlafkabinen-FH um. Die Modelle sind durchaus schön gemacht. Die Schlafkabine ist sehr schön umgesetzt, das kurze FH ist etwas zu lang im Bereich hinter den Türen dargestellt. Dafür sind die Preiser-Fahrgestelle das beste, was in 1:87 hier zu bekommen ist.
4. Von Roco kam die kurze Kabine, die recht simmig dargestellt ist.
5. Roskopf setzte als einziger Hersteller das mittellange FH um. Vor allem wirkt die Kabine leider zu schmal. (Gewiss setzte Roskopf damals bevorzugt Modelle nach Schweizer Vorbild um, und in der Schweiz galten in den 1980er Jahren noch Vorschriften, bei denen eine Fahrzeugbreite für LKW von max. 2,30m vorgeschrieben war. Hier konnte Mercedes mit den 2,30 m breiten Kabinen den Markt bedienen, indem schmalere bzw. in der Breite eingezogene Kotflügel eingebaut wurden. Auf Fotos von Schweizer NG´s sieht man deutlich, dass die Kotflügel mit der Kabine seitlich abschließen, während z.B. für in Deutschland und restlichem Europa zugelassene Fahrzeuge breitere, überstehende Kotflügel verbaut wurden, da hier damals LKW 2,50 m breit sein durften. Die Kabinen an sich waren also immer gleich breit; es wäre ja schließlich für Mercedes wirtschaftlich unsinnig gewesen, extra für den Schweizer Markt eine schmale Kabine aufzulegen. Roskopf hat dies damals m.E. im Modell mißinterpretiert und die komplette Kabine schmaler dargestellt.)
6. Wiking bietet den NG seit 1975 als Schlafkabine und seit 1976 als kurze Kabine an. 1983/84 kam das Großraum-FH dazu. Obwohl noch im Wiking-typischen Maßstab 1:90 gehalten, sind die Proportionen der Modelle sehr gut umgesetzt. Leider sind die Wiking-Fahrgestelle nicht so detailliert. Für Umbauer lohnt aufgrund der schönen Kabinen dennoch ein Blick auf diese Wiking-Modelle, da sie gebraucht mitunter günstig zu bekommen sind und sich durch Basteleien und Verfeinerungen einiges aus ihnen herausholen lässt. Wiking verklebte die NG-Kabinen in den meisten Fällen sogar NICHT mit dem Fahrgestell; über den Kühlergrill (vorne) und einer Stecknase (FH-Rückwand) sind diese auf das Fahrgestell gesteckt/geklemmt und lassen sich allermeist schadensfrei vom Fahrgestell lösen, wenn man sie nach oben hin wegzieht. Durch leichtes Hebeln lassen sich die Kabinen dann abziehen.
Mein 1:87er NG-Kabinen-Ranking sieht so aus:
Platz 1: neuere Kibri-Kabinen in den Varianten kurz, Schlafkabine und Großraum. Aber erwähnt werden muß: Abstriche, wie beschrieben, teilweise bei den Fahrgestellen!
Platz 2: NG von Roco, kurze Kabine
Platz 3: NG von Preiser, die Schlafkabine ist besser getroffen als die kurze
Platz 4: NG von Wiking, denn die Kabinen sind von den Proportionen her wirklich gut gemacht
Platz 5: NG von Herpa, kurz und Großraum. Die Großraum-Kabine wirkt dabei stimmiger als die kurze
Platz 6: NG mittellang von Roskopf, Kabine zu schmal.
Platz 7: alte Kibri-Versionen kurz und Schlafkabine - auch durch Umbauten sind diese nur schwer "zu retten".
Zu den Aufbauten des LKW auf Bild würde ich fast meinen, dass der verlinkte Kibri-Bausatz 10010 nahezu perfekt nutzbar zu sein scheint. Hier würde ich die alte Kibri-Kabine austauschen gegen eine bessere Version.
Gruß