RE: Schleiferumschaltung beim Roco Velaro D

#1 von persus , 24.03.2020 09:28

Hallo zusammen.

Aktuell beschäftige ich mich mit der Schleiferumschaltung. Zuvor habe ich mich noch nie mit einer Schleiferumschaltung beschäftigt. Also habe mir mal angeschaut, wie Roco die Schleiferumschaltung beim Velaro D umgesetzt hat. Und ich muss sagen, ich bin sehr überrascht. Jetzt bin mir nicht mehr sicher, ob ich das richtig analysiert habe. Denn diese Art der Umsetzung wirft bei mir zu viele Fragen auf. Hier der Schaltplan von dem, was ich da vorgefunden habe (bzw. glaube, vorgefunden zu haben).



Kurz mal erläutert:
- Kpwr ist ein bistabiles Relais. Es handelt sich um ein Panasonic TQ2-L-6V.
- SWpwr ist eine einfache Kurzschlussschaltung. Man kann damit die Schleiferumschaltung ein- und ausschalten.
- Rechts im Schaltplan sind die Anschlüsse von den beiden Steuerwagen.
- Links im Schaltplan werden dann vom Relais die beiden Leitungen TrackLeft und TrackRight zum Decoder geführt.

An dieser Umsetzung überraschen mich gleich mehrere Dinge. Diese würde ich gerne diskutieren.

- Am offensichtlichsten und zugleich überraschendsten ist die Tatsache, dass das Relais über die Motorleitungen gesteuert wird. Die Relaisspule ist zum Motor parallel geschaltet. Sie hat einen eigenen Widerstand und sie ist, wie der Motor selbst auch, eine Induktivität. Beeinflusst das nicht die Fahreigenschaften? Beeinflusst es nicht auch die Lastregelung?

Die Schleiferumschaltung reagiert in dieser Schaltung nur auf das Fahrtsignal. Sprich, wenn ich in der Zentrale (bsp. MS2) nur die Richtung wechsle, passiert im Relais erst einmal nichts. Erst, wenn der Zug losfährt, dann schaltet das Relais um. Wenn das Relais schaltet, dann wird für einen kurzen Augenblick ein stromloser Zustand erreicht. Nämlich in der Zeit, in der die mittigen Relaiskontakte zwischen den beiden äußeren Releiaskontakten hängen. Wie kann das funktionieren? Braucht es da nicht eine Pufferung?

- Zudem wird der Motor bekanntlich mit Pulsweitenmodulation angesteuert. Sprich, anstatt die Spannungsamplitude zu modulieren, wie im analogen Betrieb, wird im digitalen Betrieb bei voller Spannung die Dauer des Impulses moduliert. Jetzt ist das Relais ein 6V-Relais mit einer Toleranz bis zu 150% laut Datenblatt. Sprich, die Spule verkraftet eine Spannung von bis zu 9V. Können aber am Motor nicht 12V anliegen? Bei voller geschwindigkeit liegt also eine Dauerspannung von 12V am Relais an? Ist das in Ordnung?

- Apropos Pulsweitenmodulation. Es scheint offenbar so zu sein, dass der kürzeste Impuls bei geringster Fahrtgeschwindigkeit ausreicht, das Relais zum Kippen zu bringen. Sonst würde es nicht funktionieren? oder?

- Die Kurschlussschaltung mittels SWpwr ist auch komisch. Selbst wenn ich die Schleiferumschaltung ausschalte, ist damit das Relais nicht ausgeschaltet. Es schaltet nach wie vor mit wechselnder Richtung. Und damit gibt es auch bei ausgeschalteter Schleiferumschaltung die kurze Zeitspanne, in dem das Relais schaltet und das ganze System im stromlosen Zustand ist. (Wobei mir bei der Kurzschlussschaltung auch keine bessere Lösung einfällt.)

Hui, viele Fragen. Aber das beschäftigt mich. Das kann ich mir gerade nicht erklären. Habe ich einen Fehler beim reverse-engineering der Schaltung gemacht? Übersehe ich da was?

Bin gespannt auf eure Meinungen und weitere Einsichten.

Besten Dank.


Gruß
Pero


 
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zuletzt bearbeitet 29.05.2021 | Top

RE: Schleiferumschaltung beim Roco Velaro D

#2 von Helgasheimkeller , 24.03.2020 16:51

Hallo Pero Eine so ähnliche Schleifer Umschaltung hat mir auch schon mal einer geschickt. der Nachbau hat aber nicht richtig funktioniert. Ich mache folgendes. Das Relais wird vom Decoder mit den Lichtanschlüssen umgeschaltet. Ein Funktionsdecoder wird immer vom hinteren Schleifer angesteuert er übernimmt den Lichtwechsel und bei dem von mir verwendeten Tams FD-R Basic 2 auch die Innenbeleuchtung über F1. So brennt auch vor einem geschlossenem Signal die Beleuchtung und die Frontbeleuchtung. Als Relais verwende ich je nach Spannung am Decoder ein Kleinsignalrelais von Reichelt Elektronik HFD"/12 oder /24 . Gruß Werner


SabrinaMirijam


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RE: Schleiferumschaltung beim Roco Velaro D

#3 von volkerS , 24.03.2020 19:54

Hallo Pero,
zu dem Relais muss man wissen wie es funktioniert. Es handelt sich um ein "1 Coil Latching" Relais. Dieses hat als Antriebsteil der Umschaltkontakte ein Magnetsystem welches sich im Ein-Zustand selbst halten kann. Die Haltekraft ist aber so gering, dass durch ein entsprechend gepoltes Magnetfeld der Spule die Selbsthaltung des Magnetsystems aufgehoben wird und das Relais abfällt. Umgekehrt gepolt erzeugt die Spule ein Magnetfeld das sich zu der Magnetkraft des Magnetsystems hinzuaddiert und so das Relais anziehen kann. Selbst ohne weitere Magnetkraft durch die Spule bleibt dann das Relais angezogen. Trotz der geringen Magnetkraft ist das Relais extrem Schockresistent, dies hängt mit der bewegten Masse zusammen. Dass das Relais nur 6V Spulenspannung hat erscheint mir auch verwunderlich. Die von dir angesprochene Zeit in der die Umschaltkontakte "in der Luft" hängen (4msec lt. Datenblatt) hat auf die Funktion keinen Einfluß, da im Decoder immer ein Kondensator vorhanden ist der für die Millisekunden der Umschaltung die Spannung puffern kann. Natürlich hat die Induktivität der Spule einen Einfluß auf die Lastregelung, dies kann man aber kompensieren, da über den Spannungsverlauf die Spule des Relais eine immer wieder reproduzierbare Kennlinie hat im Gegensatz zu sich ständig ändernden Verhältnissen im Motor.
ESU und Märklin verwenden zur Schleiferumschaltung ein Relais mit 2 Spulen, das vom Decoder meist über Aux3/Aux4 bei Fahrtrichtungswechsel angesteuert wird. Es gibt bei Märklin auch Lösungen mit "1 Coil Latching" Relais, über Aux3 + Zusatzelektronik die Schleiferumschaltung realisiert.
Volker


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RE: Schleiferumschaltung beim Roco Velaro D

#4 von persus , 25.03.2020 22:06

Hallo Volker,

vielen Dank für die Aufklärung. Du hast das richtig gut erklärt.

mit der Schleiferumschaltung beschäftige ich mich, weil ich aktuell eine Platine für meinen ICE 3 entwerfe und da auch eine Schleiferumschaltung drauf haben möchte. Also schaute ich mir mal an, wie das Roco so macht. Das Sympathische an der Lösung von Roco (bzw. von GFM seinerzeit) ist die geringe Größe des Relais aber auch die bestechende Einfachheit der Lösung. Ebenfalls sympatisch ist, dass man keine AUX-Ausgänge dafür verbraucht.

Was denkst du, sollte ich die Lösung auf meiner Platine nachbauen oder sollte ich eine andere Lösung in Augenschein nehmen?


Gruß
Pero


 
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RE: Schleiferumschaltung beim Roco Velaro D

#5 von moppe , 25.03.2020 22:21

Zitat

Das Sympathische an der Lösung von Roco (bzw. von GFM seinerzeit) ist die geringe Größe des Relais aber auch die bestechende Einfachheit der Lösung. Ebenfalls sympatisch ist, dass man keine AUX-Ausgänge dafür verbraucht.



Was ich am besten finden, ist das es auch in Analogbetrieb funktioniert.


Klaus


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RE: Schleiferumschaltung beim Roco Velaro D

#6 von volkerS , 27.03.2020 06:09

Hallo Pero,
dass diese einfache Schaltung funktioniert ist ja bewiesen. Ich vermute allerdings dass es noch irgendwo ein strombegrenzendes Bauteil in Reihe zur Relaisspule geben muss. Möglich ist da ein Widerstand und zur Sicherheit parallel zur Relaisspule eine bidirektionale Überspannungsdiode z.B. P6KE 6,8CA.
Die Motorspannung kann durchaus höher als 12V sein! Solange du deinen Zug, für den du die Platine planst, nur digital fährst und genügend Aux am Decoder vorhanden sind würde ich ein 2 Coil Latching Relais verwenden, hat die gleiche Baugröße wie das obige Relais.
Alternativ versuchen layout mäßig beide Lösungen auf der Platine unterzubringen. Welche Version dann zum Einsatz kommt hängt vom eingebauten Relais und ein paar Lötjumpern zur Relaisansteuerung ab. Der Lastteil des Relais ist immer gleich.
Volker


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RE: Schleiferumschaltung beim Roco Velaro D

#7 von PhilippJ_YD , 28.03.2020 12:39

Zitat

Hallo Pero,
dass diese einfache Schaltung funktioniert ist ja bewiesen. Ich vermute allerdings dass es noch irgendwo ein strombegrenzendes Bauteil in Reihe zur Relaisspule geben muss. Möglich ist da ein Widerstand und zur Sicherheit parallel zur Relaisspule eine bidirektionale Überspannungsdiode z.B. P6KE 6,8CA.
Die Motorspannung kann durchaus höher als 12V sein! Solange du deinen Zug, für den du die Platine planst, nur digital fährst und genügend Aux am Decoder vorhanden sind würde ich ein 2 Coil Latching Relais verwenden, hat die gleiche Baugröße wie das obige Relais.
Alternativ versuchen layout mäßig beide Lösungen auf der Platine unterzubringen. Welche Version dann zum Einsatz kommt hängt vom eingebauten Relais und ein paar Lötjumpern zur Relaisansteuerung ab. Der Lastteil des Relais ist immer gleich.
Volker



Auf der Platine des Velaro sind definitiv keine weiteren Bauteile diesbezüglich verbaut. Zusätzlich zu Dekoderausgang, Relais und Motor findet sich nur die Entstörung des Motors mittels LC Filter.

Bislang hat mein Zug damit auch völlig problemlos funktioniert. Ich vermute einfach aufgrund der Kombination 150% Spannungsfest und der Motor eh quasi nie dauerhaft auf Volllast.


Gruß, Philipp


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