Hallo,
nach langer Zeit melde ich mich nun mit ersten Testergebnissen nach einem knappen halben Jahr.
Optik:
Der Gesamteindruck der Lok ist stimmig, auch die Proportionen, insbesondere die Rundungen stimmen. Hier ein paar Eindrücke, auch vor den passenden Wagen:
Da die Maschine den Betriebszustand der frühen 70'er Jahre wiedergibt, fehlt der Handgriff und die Lok ist noch mit Schürzen und Pufferverkleidungen ausgestattet. Ebenso verfügt die Lok noch über die Scherenstromabnehmer, die sie bei der Auslieferung trug. erst später erhielt sie die Einholmstromabnehmer. Geschlossene Schürzen und Bremsschläuche liegen bei. Ebenso eine Lokführerfigur, die selber eingesetzt werden muss.
Den positiven Gesamteindruck stören jedoch die falschen Führerstandstüren. Weiterhin hatten m. W. die 103'er hellgrüne Führerstände bzw. zumindest Führerpulttische. Der der märklinschen ist hellgrau.
Hier vor dem Rheingold:
Der Farbton ist passend zu den Wagen und Loks und Wagen harmonieren perfekt miteinander. M. E. sind die Farbtöne passen getroffen. Evt. sind die Trittbretter auf dem Dach nicht korrekt lackiert. Diese sind in beige lackiert. Bei den H0-Loks sind diese silberfarben.
Weiterer Kritikpunkt ist die Anschrift des BW's: Ein BW 1 Frankfurt/M ist mir nicht bekannt. Ich kenne nur das BW Frankfurt/M 1 im Vorfeld des Frankfurter Hauptbahnhofs. Interessant zu hören wäre mal, ob die Münchener 103 mit der Bestellnummer 55107 den gleichen Fehler hat. Ansonsten ist die Bedruckung sehr sauber ausgeführt.
Im Bereich des Fahrwerks ist sie äußerst fein detailliert. Ein wirklicher Augenschmaus , was aber der Betriebstauglichkeit abträglich ist (s. u.).
Fahreigenschaften:
Die Lok lässt sich unter mfx mit 128 Fahrstufen fein regeln. Sie fährt ohne Ruck an und stoppt auch ohne diesen. Im Vergleich zu anderen Lokomotiven, bspw. die V100 1040 oder die 38 1803 ist sie deutlich schneller, so dass sie (die anderen Loks auf voller Fahrt) zwischen Fahrstufe 80 bis 90 eingeregelt werden muss. Der Motor ist deutlich zu hören wie bspw. bei der BR 218 oder der V100. Vom Klang her klingt er identisch zur BR 218. Die Kurvengängigkeit ist für einen Sechsachser kritisch. Der Hersteller nennt den 1020mm Radius als Mindestmaß. Den braucht sie auch. Wird der Strom etwas schwächer, bleibt sie gerne mal stehen, insbesonder wenn sie den 5-Wagen-Rheingold am Haken hat. Auch so ist sie sehr anfällig i. S. Stromschwankungen. Die Fahrten erfolgten auf einem "fliegend" aufgebautem Oval mit einer Ringleitung (Boxenkabel) mit einer ESU Ecos II mit 4A. Die Schienen sind mit den Schienenverbinderklips verbunden. Im Vergleich zu den anderen Loks bleibt sie hängen trotz Stromversorgung (Lichter brennen voll) während andere Loks die Stelle problemlos meistern. Auch wird sie deutlich langsamer. Diesbezüglich ist sie eine "Diva" Sie hat zwar eine Pufferung, doch anscheinend reicht die nicht aus.
Digitale Eigenschaften:
Das Fazit vorab - Hier bin ich deutlich enttäuscht vom angeblich neuen Decoder.
Die Lok meldet sich automatisch unter mfx bzw. M4 automatisch an der Ecos II an. Wie oben beschrieben sind die Fahreigenschaften prima.
Der Sound ist laut und deutlich. Insbesondere das Starten der Lokomotive mit dem Sound beim Heben der Stromabnehmer ist grandios . Allerdings lassen sich mit der Ecos nicht alle in der Anleitung beschriebenen Soundfunktionen schalten. Das größte Manko ist, dass hier die Pufferung auch nicht reicht. Auf dem oben beschriebenen Oval mit Ringleitung und entsprechenden Einspeisungen ist ein Fahren mit Sound praktisch nicht möglich. Andauernd hat man Aussetzer bis hin zu einem dauerhaften Knacken. Im Vergleich dazu hat meine 218 mit ESU Loksound 4 keine Aussetzer. Auch die anderen Loks mit Loksound laufen prima.
Die Stromabnehmer lassen sich digital über Servomotoren heben und senken. Sie federn wie beim Original nach und ein passendes "Knistern" als Sound wird abgespielt. Allerdingss sind sie sehr empfindlich. Teilweise muss man sie mehrfach heben und senken bis sie sauber funktionieren. Sonst fahren sie nur halb ein. Auch ein Ziehen (bei mir ausgeführt vom zweijährigen Sohnemann) verzeihen sie nicht, so dass sie dann nicht mehr ganz einfahren - sie bleiben ca. 1 cm gehoben, so dass man die Lok öffnen muss, um sie zu justieren. Weiterhin hat die Lok Führerstands- und Maschinenraumbeleuchtung, die sich leider nicht getrennt schalten lassen. Gerade beim Original wurde in der Anfangszeit aus Werbezwecken während der Fahrt das Maschinenraumlich angelassen um einen entsprechenden Illuminationseffekt durch die Maschinenraumfenster zu erzielen. Das Zugschlusssignal lässt sich vorbildgerecht abschalten.
Die verbauten Digitalkupplungen sind praktisch gesehen unbrauchbar und Kuppeln nicht richtig ab. Man muss zur Hand greifen. Aber das ist ja bei einer Schnellzulok zu verschmerzen, da nur selten rangiert wird und wer hat schon einen Kopfbahnhof mit Lokwechsel von 103 auf 103 in Spur 1?
Auch hatte ich mir aus versehen einmal die Lok in der ESU zentrale gelöscht. Eine automatische Wiederanmeldung via mfx klappte nicht, ebenso nicht die manuelle. Ich hatte nur ein Rucken und Blinken. Erst ein Reset mit dem Lokprogrammer half.
Betriebstauglichkeit:
Hier empfehle ich, mit der Lok zusammen gleich einen entsprechenden Vorrat an Klebstoff zu erwerben .
Nach der ersten Entgleisung war schon die erste Stange unterhalb der Lok abgeschert. Die restlichen fand ich auch nach und nach auf meinen Gleisen. Da sie aus Metall sind, ist eine Wiederanbringung äußerst schwierig, so dass ich darauf verzichtet habe. Ebenso sind im Nu die Sandfallrohre und diversen Leitungen zu den Achsen abgefallen. Zu meinem Glück konnte ich sie alle wiederfinden und dann mit Klebstoff fixieren. Klebstoff ist sowieso mein wichtigstes Werkzeug bei Märklin Spur 1 Produkten geworden - auch bei den Wagen. Mehr dazu später in einem anderen Thread.
Wie schon gesagt ist der 1020mm Radius grenzwertig. Hier merkt man einen Geschwindigkeitsrückgang bei voller Fahrt. Auch bei abzweigenden Weichen ist sie äußerst sensibel und reagiert gerne mit einer Entgleisung. Ebenso ist sie bei Stromschwankungen äußerst sensibel (s. o.) bis hin zum Stehenbleiben. Bei unsauberen Schienen (auf einer Außenanlage tw. schon nach 2 Tagen - auch hierzu mehr später) fährt sie kurz an, bleibt dann aber stehen. Der Decoder puffert zwar, die Lichter brennen noch mindestens 5 Sekunden, aber der Motor läuft nicht weiter, so dass sie stehenbleibt. Das macht der ESU-Decoder deutlich besser in meinen anderen Loks. Mal schauen wie das wird, wenn ich meine stationäre Außenanlage aufgebaut habe.
Die Antriebskraft des Motors wird über Kardanwellen auf die Achsen übertragen. Auch zwischen den Achsen befinden sich Kardanwellen. Hier hat es die Lok geschafft, eine auszukuppeln. Das Wiedereinkuppeln erfordert eine komplette Zerlegung der Lok - Dauer ca. eine Stunde. Allein das Öffnen des Gehäuses erfordert das Aufschrauben etlicher Schrauben. Ebenso das Abschrauben der Mittelverkleidung unter der Lok ist eine Krux. Bilder dazu werde ich noch nachliefern. Ich muss sie erst auf meinen Rechner herunterladen. Beim Wiederzusammenschrauben passten nicht alle Schrauben - sie waren zu kurz. Das war mir aber egal, da ich keine Lust mehr habe, beim Öffnen zig Schrauben herauszudrehen .
Zusammenfassung:
Es handelt sich um eine Wiederauflage einer 10 Jahre alten Lok mit einem neuen Decoder. Leider sind Formfehler (eckige statt runde Türen) trotz deutlicher Kritik der Kundschaft nicht ausgemerzt worden. Farb- (Führerstand, Dachtrittroste) und Bedruckungsfehler sind ebenfalls vorhanden. Die Detaillierung im Fahrwerksbereich ist toll, aber leider nicht betriebstauglich ohne Klebstoff. Allerdings ist der Gesamteindruck stimmig, so dass die Lok in der optischen Note ein klares bekommt.
Bei den Fahreigenschaften möchte sie saubere Gleise und eine ordentliche Stromversorgung haben. Dann läuft sie top - ansonsten macht es keinen Spaß. Die digitale Regelbarkeit ist prima. Von daher bekommt sie eine durchschnittliche Note.
In Sachen Betriebstauglichkeit würde ich sagen, dass sie für Spielbahner nur bedingt geeignet ist. Mit leichten Schäden muss im Voraus kalkuliert werden und man darf sie sich nicht zu hHerzen nehmen. Klebstoff ist der beste Freund der Märklin 103 im Fahrwerksbereich. Unter der Verwndung von Klebstoff bekommt sie daher von mir eine 2 Minus.
Die digitalen Funktionen sind gut, aber nicht bis ins letzte ausgefeilt. Das ist aber m. E. hinnehmbar. Der Sound ist auch toll, wuchtig und realitätsnah. Was aber eine grande Katastrophe ist, ist die Empfindlichkeit auf eine schwankende Stromversorgung - wie sie nun mal vorkommt bei Spielbahnern - insbesondere im Außeneinsatz. Als Vergleich dient mir ESU. Die machen es deutlich besser. Von daher ist trotz aller positiven Ansätze der neue Märklin Decoder ein Totalausfall für mich. Vielleicht ersetze ich ihn durch einen ESU Loksound. Die digitalen Kupplungen sind ebenfalls ein Totalausfall. Die Stromabnehmer nicht ganz. Daher Note 4 Minus mit 3 Sternchen unter der Berücksichtigung, dass man den Sound auf Dauer sowieso nicht aushält. Aber 3 Runden will man ihn doch genießen, insbesondere das tolle Anfahren.
Somit mein Fazit: Einen Listenpreis von 2.500 EUR bzw. Straßenpreis abzgl. der obligatorischen 10% (s. die E-Bucht) empfinde ich als einen stolzen Preis. Optisch toll mit leichten Abzügen in der B-Note und fahrtechnisch unter gewissen Voraussetzungen eine tolle Lok, decodermäßig aber nicht gelungen. Daher mein Rat - kauft Euch eine gebrauchte 103 - die gibt es für deutlich weniger Geld und schmeißt den Decoder raus und ersetzt ihn bspw. durch einen ESU-Decoder. Dann hat man eine tolle Lok die einen begeistert.
PS: Bilder vom "Innenleben" folgen noch.
Ich hoffe, dieser Testbericht hilft Euch weiter. Ich habe ihn im Bereich Großbahnen veröffentlicht, da die Wahrscheinlichkeit, dass er von der Zielgruppe hier gefunden wird, am größten ist. Ansonsten gerne verschieben in den Testbereich.