Nachdem ich hier reichlich zu diesem Thema in verschiedenen Formulierungen "alle Entstörbauteile rausreißen" gelesen habe mal mein Senf dazu:
Ein Bürsten-Elektromotor produziert durch die Kommutierung praktisch unvermeidlich Funkstörungen. Wenn eine induktive Last schlagartig abgeschaltet wird will sie den Strom als Induktivität weiter fließen lassen. Wenn da nix ist wo der Strom hin kann (Bürste weg von der Kommutatorlamelle...) springt der Funke über. Dabei können Spannungen weit jenseits der Betriebsspannung entstehen. Jeder metallische Leiter (= Gleise)wirkt dann als Antenne und stört alles funkende (Radio, WLAN...) in der Umgebung. Auch können diese Spannungspitzen Elektronik (=Decoder) beschädigen oder zumindest stören. Zwar ist auf den meisten Decodern ein gewisser Schutz gegen zumindest Zerstörung vorhanden, aber der hat seine Grenzen. deshalb die Störungen so dicht wie möglich an der Quelle unterdrücken.
Wenn Entsrörbauteile in der Lok den Digitalbetrieb stören gibt es meist nur Probleme mit der Lastregelung. Diese nutzt die vom Motor in den Tastlücken produzierte Spannung zur Erkennung der Drehzahl. Wird diese durch üppige Entstörbauteile "gefressen" oder sonstwie verändert funktioniert die Lastregelung nicht (richtig). Nur wenn ausgeschlossen werden kann das nicht die decoderseitige Einstellung der Lastregelparameter Ursache für Ruckeln etc. ist an die Entstörbauteile gehen.
Übrigens: bei Änderungen an herstellerseitig in der Lok verbauten Entstörbauteilen erlischt die CE-Zulassung.
Wirklich stören tuen Entstörbauteile :
1. Am Gleisanschluss: Signal wird verfälscht, bei krassen Dimensionierungen eventuell Booster/Zentrale beschädigt
2. gibt es so nicht
Stören können Entstörbauteile direkt in der Lokomotive. Negativ beeinflusst wird in erster Linie die Lastregelung. Ebenso sind Kondensatoren die von den Motoranschlüssen über Motorgehäuse und Rahmen Verbindung zur Gleisspannung haben kritisch zu betrachten:
1. Drosseln (Spulen) auf der Strecke Radstromabnehmer - Decoder. Kommt leicht mal vor bei älteren Piko/Güzold-Modellen, BR86 z.B.
2. Drosseln zwischen Motor und Decoder: Testen ob sie stören. Bei Roco-Modellen mit Drosseln im Design eines Widerstandes auf der Platine stören sie z.B. nicht. Als Faustregel gilt: Je grösser die Drossel um so eher KANN sie stören. Zum Test kann man die Drosseln auch einfach mit einem Stück Draht überbrücken.
3. Kondensator zwischen den Motoranschlüssen: Dieser sollte immer bleiben! Bei schlecht funktionierender Lastregelung KANN ein sehr üppig dimensionierte Kondensator stören, alles unter 10nF ist unverdächtig und dient der Funkentstörung. Ohne hört man die Lok im Radio und das WLAN ist weg... Beschriftung 104 z.B. heisst 100.000 pF = 0,1yF -> üppig 223 -> 22.000 pF = 22 nF -> unkritisch
4. Kondensatoren zwischen Motoranschluss und Motorengehäuse: Zum einen gilt das gleiche wie unter 3.), zum anderen gilt: ist das Motorgehäuse elektrisch von den Gleisen vollständig isoliert (Kein Lokrahmen aus Metall, Motorhalter aus Kunststoff...) gilt nur 3.)
Hat das Motorgehäuse via Lokrahmen Kontakt zu einem der Gleisanschlüsse sollten diese Kondensatoren, und nur diese, weg. Über diese Kondensatoren kann die im Digitalbetrieb genutzte Rechteck-Wechselspannung vom Gleis die Lastregelung ziemlich aus dem Takt bringen. Ebenso kann die meist im KHz-Bereich getaktete Motorspannung für Störungen sorgen.
Ganz ohne Funkentsörung können gerade etwas grobschlächtigere Motoren auch mal den Decoder killen wenn nicht mindestens der Entstörkondensator zwischen den Motoranschlüssen vorhanden ist. Wenn man den Motor komplett unentstört und mit einfachem Entstörkondensator zwischen den Anschlüssen testet auf das Bürstenfeuer achten: je weniger umso besser! Wenn man an den Bürsten richtig Feuerwerk hat kann das auch mal einen Decoder grillen.
natürlich gilt das nur für gepflegte Motoren. Ein versiffter Kollektor mit öltriefenden Brüsten macht immer Feuerwerk, gerne auch mit Rauch..
Die Fleischmann-Flachläufer z.B. sollten den kleinen Rohrkondensator auf jeden Fall behalten, bei den neueren Lagerschilden mit den drei kleinen, braunen SMD-Kondensatoren muss der mittlere auf jeden Fall drin bleiben.
Lima-Flachläufer: Eh ein gruseliger Motor, 22-47nF zwischen den Anschlüssen, wenn etwas vorhanden ist: LASSEN!
Liliput (Bühler): Geht eigentlich, aber der originale Entstörkondensator an den Motoranschlüssen ist dringend angeraten. Die Drosseln stören nicht wirklich. Hier hat mir ein kaputter Kondensator zwei Decoder gegrillt...
Roco "Trommelmotor": der Klopper ist für die Digitalisierung grenzwertig, kann unter Last auch mal mehr als ein Amperechen ziehen. Entstörtechnisch unkritisch, was an Entstörbauteilen in der Lok ist darf bleiben (Alte E103, Alter VT601)
Roco "Flachmotor", alt, geschlossen: s.o., nur nicht so verfressen beim Strom (BR 58, BR 01...)
Roco Flachmotor neu, offen, schräggenutet: Die Lokomotiven mit diesem Motor haben eh meist schon eine Schnittstelle, da wird nix umgebaut. So doch nötig: die Entstörbauteile dürfen gerne bleiben wo sie sind. Roco hat die ordentlich dimensioniert. (E32, BR 93, BR 23...)
Piko/Gützold Topfmotor kurz: Decoder zwischen Radschleifer und Drosseln einschleifen, alle Entstörbauteile bleiben. (BR 86 z.B.)
Piko Blockmotor: Hab ich gleich ersetzt, läuft einfach gruselig. (V130, BR01...)