RE: Was verstehst du unter "Betrieb machen"

#76 von BR 213 ( gelöscht ) , 13.11.2014 17:41

Zitat von rainerwahnsinn
ist es sogar viel sinniger nicht zu wissen, ...
es bleibt etwas Rätselhaftes zurück, weil man es eben nicht weiß...
Die Kenntnis ... ist doch irrelevant und lässt so ein Zauber doch erst gar nicht aufkommen.


Der Unkenntnis wohnt also ein Zauber inne?
Nun weiß ich, wonach ich streben sollte.
Danke.


BR 213

RE: Was verstehst du unter "Betrieb machen"

#77 von Djian , 13.11.2014 18:24

Hallo!

Also, ich meine wir sollten zuallererst mal diese wertenden Adjektive, wie "sinnlos" etc. weglassen. Dann kann man ganz einfach und sachbezogen diskutieren und jeder kann seine Meinung vertreten.
Mich langweilt z.B. das Rangieren, deshalb lasse ich es. Ich bin an der Rollbahn Bremen - Osnabrück aufgewachsen. Damit bin ich sozusagen mit vorbeifahrenden Zügen sozialisiert worden. Da war nix mit Bahnhof, da war nur Strecke. Wir sind als Kinder mit den Fahrrädern zum Bahnübergang gefahren und haben gewartet, bis sich die Schranke schließt, den Zug vorbei fahren lassen, rüber, die Räder gewendet und das Ganze Spiel von vorn; slange bis der Schrankenwärter kirre wurde. Da fuhr in der ersten Hälfte der 70er noch alles, was man sich an Hauptstreckengarnituren so vorstellen kann (außer Altbaueloks). Eigentlich mache ich jetzt nichts anderes. Ich habe mir ein Stück Hauptstrecke nachgebaut und gucke von der imaginären Schranke zu, wie die Züge vorbei fahren. Man kann somit folgendes Definieren. Das von Punkt zu Punkt fahren, da ist man in erster Linie Lokführer und fährt die Strecke ab, oder man ist Zuschauer und steht an einem bestimmten Punkt der Strecke und sieht, was so alles vorbeifährt. Alles eine Frage der Perspektive. Ich weiß, ein Perspektivwechsel ist nicht Jedermans Sache.

Wenn man jetzt böse ist, dann ist das eine so sinnlos wie das Andere. Man könnte in der Zeit z.B. Physik studieren, Ebola bekämpfen, oder sonst so Themen angehen, die gesellschaftlich einen höheren Stand genießen als Entspannung

Und ich vermute auch mal, dass sich manche Modellbahner deshalb auch mit dem Begriff "Betrieb machen" behelfen. Wir alle kennen das: solange wir noch Kinder waren, war es völlig ok, sich mit der Modelleisenbahn zu beschäftigen. Als wir Jugendlich wurden war Modellbahn relativ uncool und man musste sich von Gleichaltrigen manchmal ganz schön was anhören. Und manche Mädchen guckten einen an, wie einen aus der Geschlossenen entfolhenen, wenn sie in deinem Zimmer die MoBa sahen. Die Eltern haben das wohl in etwa so gesehen, dass sich das in ein paar Jahren auswächst, "der Junge ist halt etwas spät dran." Als wir erwachsen wurden und uns immer noch mit der MoBa beschäftigt hatten, galten wir mindestens als ein wenig skuril... auf jeden Fall bekommt man es mit einem Rechtfertigungsdruck zu tun. Und damit geht man eben unterschiedlich um. Die einen sagen: "Klar, ich spiele!", die Anderen verwenden Synonyme. In meinen Augen ist beides OK, denn es beschreibt letzlich ein und denselben Sachverhalt in der ganzen Breitbreite der damit verbundenen Möglichkeiten und Weisen. Dei Frage ist nicht, was ist richtig oder falsch, sinnstiftend oder sinnlos, sondern was entzündet das Feuer der Leidenschaft deines Hobbies! Das ist weder wertend, noch polarisierend, sondern letzlich der Grund, weshalb wir uns als kleinsten gemensamen Nenner mit der Modellbahn beschäftigen.

Ich reagiere allerdings genervt und voller Fremdscham, wenn ein erwachsener Mensch ähnlich einem trotzernden Kinde mit dem Fuß aufstampft und Kraft seiner Stimme von sich gibt: "ich aber nicht!" Bei Kindern mag es ein gängiges Verhaltensmuster sein, bei Erwachsenen löst es bei mir Befremden aus. Es hat für mich eine gewisse Tragik, wenn die in Kern wohlmeinenden Hinweise auf das Verhalten nicht angenommen werden WOLLEN. Es erfüllt mit mit Traurigkeit, wenn sie nicht angenommen werden KÖNNEN. Dass der Ton dann an Schärfe zunimmt ist die logische Konsequenz, denn hier gilt: "wie es in den Wald hinein ruft, so schallt es hinaus".

Es geht hier nicht um Inhalte; die sind unter Wegnahme der Adjektive plausibel und nachvollziehbar. Es geht um die Art und Weise. Abraham Lincoln sagte einmal: "wenn du jemanden von etwas überzeugen willst, dann gewinne ihn zuerst als Freund." Wenn allerdings meine eigene Haltung abgewertet wird, der Hinweis, dass ich dieses Verhalten nicht toleriere (da ist die Grenze meiner Toleranz) nicht aufgenommen wird und ich nicht den kleinsten Funken an Einsichtsfähigkeit bemerke, begehre ich auf. Und setze mich entsprechend zur Wehr.

Schöne Grüße aus Ostholstein
Matthias


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Taunusbahner hat sich bedankt!
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RE: Was verstehst du unter "Betrieb machen"

#78 von minimax13 , 13.11.2014 20:58

Hallo Zusammen,

die Emotionen in diesem Strang haben sich ja wieder einigermaßen gefangen.

Ich denke mal, es gibt einfach total verschiedene Herangehensweisen an die Modelleisenbahn, die trotz ihrer Verschiedenheit alle ihre Berechtigung haben und nebeneinander stehen können, ohne dass die eine auf- und die andere abgewertet werden muss. Beispiele:

Man kann eine Anlage aus Sicht eines Lokspähers bauen und betreiben, der an einer Strecke sitzt und die vorbeifahrenden Züge beobachtet. -> dazu wäre eine Paradestrecke mit einem Zugspeicher (Abwechslung) ausreichend.

Eine Anlage kann einen "Ausschnitt" des Bahnnetzes enthalten, z. B. einen Bahnhof zwischen 1-2 Schattenbahnhöfen.
Auf dieser Anlage stellt man alle Zug- und Rangierfahrten nach, die man für realistisch hält. Außerdem ist man Stellwerker, Bahnhofsvorsteher, etc.

Will man sich als Lokführer auf einer Anlage betätigen, empfiehlt sich eine (möglichst lange) Strecke, die man befahren kann und ggf. Bahnhöfe und Anschlüsse, die es zu bedienen gilt.

Fotografiert man gerne besondere Situationen und Modelle, baut man sich eine Anlage wie sie z. B. Otto Humbach in seinen wundervollen Heften vorstellt.

Bestimmt gibt es noch zahlreiche weitere Motive, wie man an "seine" Anlage herangehen kann.

Alle Anlagen können frei "bespielt" werden. Oder können nach dem von OOK definierten "SPUK"-Modus betrieben werden (spontaner wollte und könnte Modus: Na, dann stelle ich jetzt mal aus dem Zug den Langholzwagen an die Holzrampe zu - oder besser den Kohlewagen zum Brennholzhändler...).
Man kann sich Fahrpläne ausdenken oder nachstellen. Wenn man will kann man auch die Verkehrsbedürfnisse definieren, welcher Anschließer welche Transportaufgaben erfordert... und dies über Fracht- und Wagenkarten definieren.
Man kann auch die unterschiedlichen Aufgaben verschiedenen Personen übertragen, dann gibt es Lokführer, Fahrdienstleiter, Rangierer, Dispatcher,...
Man könnte, wenn man das gerne wollte, sogar den Preiserleins die Fahrkarten lochen, bevor ein Zug abfährt. Je tiefer man in das Drumherum einsteigt, umso einfacher müssen die Fahrzeugbewegungen werden oder man braucht umso mehr echtes Personal (oder den Computer). Die Art der Herangehensweise und die Art und Tiefe der Nachbildung oder Neuschöpfung von Aufgaben kann jeder von uns betreiben, wie es ihm beliebt. Das ist ja die wundervolle Freiheit unseres Hobbys

Und dass es für jede Herangehensweise einen Fanclub gibt, zeigt sich ja an den verschiedenen Zusammenschlüssen und Vereinen (Fremo, MAPUD, H0-Pur,...) und dass jeder natürlich von seiner eigenen Herangehensweise überzeugt ist, zeigt sich ja gerade auch in diesem Strang.

Muß da wirklich jemand, der es anders macht abgewertet werden? Oder ist das im Gegenteil nicht eher eine Bereicherung?

Viele Grüße Frank


Neustadt-Burghausen


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RE: Was verstehst du unter "Betrieb machen"

#79 von BR 213 ( gelöscht ) , 14.11.2014 07:25

Zitat von Djian
Mich langweilt z.B. das Rangieren, deshalb lasse ich es. Ich bin an der Rollbahn Bremen - Osnabrück aufgewachsen. Damit bin ich sozusagen mit vorbeifahrenden Zügen sozialisiert worden. Da war nix mit Bahnhof, da war nur Strecke.

@ Dijan: Danke für Die Information. Bei einer solchen Strecke ist es sicher unmöglich, einen Tag oder auch nur eine Stunde nach Fahrplan zu fahren. Jetzt kann ich nachvollziehen, warum man ein Stück freier Strecke mit einer Vielzahl von Zuggarnituren aus dem Schattenbahnhof heraus bedient.

Meine Nebenbahn war mit ihren bis zu dreizehn Zügen pro Tag recht übersichtlich, den Fahrplan hatte ich im Kopf, die Zugzusammenstellungen ebenso. Jede Abweichung vom gewohnten Bild fiel sofort auf und bei Verspätungen wusste man, dass es höchste Eisenbahn war.


BR 213

RE: Was verstehst du unter "Betrieb machen"

#80 von minimax13 , 14.11.2014 14:43

das wäre dann diese Herangehensweise:

Zitat von minimax13
...
Man kann eine Anlage aus Sicht eines Lokspähers bauen und betreiben, der an einer Strecke sitzt und die vorbeifahrenden Züge beobachtet. -> dazu wäre eine Paradestrecke mit einem Zugspeicher (Abwechslung) ausreichend.


bei der auch dieser Effekt zutreffen kann:

Zitat von rainerwahnsinn
ist es sogar viel sinniger nicht zu wissen, ...
es bleibt etwas Rätselhaftes zurück, weil man es eben nicht weiß...


Als Lokspäher an einer Strecke, deren Fahrplan ich nicht kenne, ist jeder Zug für mich eine neue Überraschung. Wahrscheinlich ist das so gemeint...

Deine Herangehensweise, Haakon, wäre wohl dann die des Lokführers, der eine Strecke bedient, wie du oben von deiner Nebenbahnstrecke schreibst.

Viele Grüße Frank


Neustadt-Burghausen


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RE: Was verstehst du unter "Betrieb machen"

#81 von rainerwahnsinn ( gelöscht ) , 14.11.2014 23:09

Zitat von minimax13

Zitat von rainerwahnsinn
ist es sogar viel sinniger nicht zu wissen, ...es bleibt etwas Rätselhaftes zurück, weil man es eben nicht weiß...


Als Lokspäher an einer Strecke, deren Fahrplan ich nicht kenne, ist jeder Zug für mich eine neue Überraschung. Wahrscheinlich ist das so gemeint...



Ja Frank, so ungefähr schon. Ganz konkret meine ich die sinnliche Wahrnehmung.

Wenn man z.B. in die Ruhmeshalle schaut, dann sieht man da keine Fahrpläne oder logistische Aufgabenstellungen. Man erfreut sich an der Eindrücken, die einen diese Anlagen spendieren (der Anlagenbauer). Und so gehts es mir auch, wenn ich die reale Bahn betrachte. Die Kraft der Loks, das vielfältige Bahnhofsgeschehen, die enorme Menge an Fahrzeugen, Gleisen und Bahnanlagen. Das ist einfach kolossal, beinahe unfassbar. Unsereiner hat da schon mit einer kleinen Heimanlage zu kämpfen.

Oder die Sinneseindrücke die z.B. Bilder von alten Bahnhofsanlagen vermitteln. Drum: wenn Heimbahner sich daran erfreuen können, ein paar Züge auf seiner Anlage nachzuschauen, dann spielt es doch gar keine Rolle, ob die Züge im Kreis rumfahren, ohne Fahrplan, von nirgendwo über weißnicht zu hastenichgesehen... Eben weil diese keine Aspekte des sinnlichen Schauens sind. Und desshalb dürfen die Züge auf einer Heimbahn auch so fahren, wie es dem Betrachter beliebt. Auch, und insbesondere wenn keinerlei Betriebszweck dahinter steckt.

Viele Grüße
Rainer...w


rainerwahnsinn

RE: Was verstehst du unter "Betrieb machen"

#82 von BernhardI ( gelöscht ) , 14.11.2014 23:44

Hallo Rainer,

auf der Heimanlage darf alles sein. Niemand will eine bestimmte Art Betrieb vorschreiben.

Andererseits verstauben vermutlich unzählige betriebsfähige Anlagen, weil "Fahrmöglichkeiten" und "Rangiermöglichkeiten" alleine noch keinen dauerhaft interessanten Betrieb ergeben. Viele reißen die Anlage ab und beginnen neu. Die Ruhmeshalle ist insofern kein gutes Beispiel, weil wir da Gestaltung und Geschick des Erbauers auf Fotos bewundern, die auch hervorragend sind, wenn niemals ein Zug fährt. Nicht wenige wunderschön gebauten Anlagen stehen bald zum Verkauf oder interessieren den Erbauer kaum noch, wenn fertig.

Also ist es nicht völlig sinnfrei, sich über den Betrieb Gedanken zu machen und auszutauschen.

Grüße
Bernhard


BernhardI

RE: Was verstehst du unter "Betrieb machen"

#83 von rainerwahnsinn ( gelöscht ) , 15.11.2014 00:34

Zitat von BernhardI
Also ist es nicht völlig sinnfrei, sich über den Betrieb Gedanken zu machen und auszutauschen.


Natürlich macht das Sinn sich über den Betrieb Gedanken zu machen!
Nur macht es keinen Sinn, Anlagen ihren Sinn abzusprechen, wo man dies nicht gemacht hat, wenn es z.B. nur drum ging die Sinne zu erfreuen. Wie OOK schon sagte, die Motivation für eine Anlage ist das Entscheidende.

Viele Grüße
Rainer...w


rainerwahnsinn

RE: Was verstehst du unter "Betrieb machen"

#84 von minimax13 , 15.11.2014 16:27

Hallo Berhard,

ich stimme völlig mit dir überein.

Trotzdem kann ich den Ansatz von Rainer sehr gut nachvollziehen. Er ist wohl die Ursache für die rein betrieblich betrachtet völlig "sinnfreien" Paradestrecken auf Anlagen. Obwohl ich selbst versucht habe, meine eigene Anlage nach betrieblichen Erfordernissen zu planen, habe auch ich nicht auf eine solche ganz verzichtet. Aus dem gleichen Motiv, wie Rainer es erläutert.
Einfach nur zuschauen, staunen und sich erfreuen ist auch mal ganz schön...

Viele Grüße Frank


Neustadt-Burghausen


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RE: Was verstehst du unter "Betrieb machen"

#85 von BernhardI ( gelöscht ) , 15.11.2014 17:53

Hallo Frank,

idealerweise plant man seine Anlage so, daß beides geht: Zügen zuschauen und das Transportspiel. Mit modernen Computersteuerungen geht sogar beides gleichzeitig (der Computer ist ein Mitspieler, der die anderen Züge fährt, während man sich mit Rangieren oder dem Fahren eines Zugs beschäftigt).

Grüße
Bernhard


BernhardI

   


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