Zitat von 2043er
Schönen guten Abend,
[...] Welche lötstationen könnt ihr empfehlen? Für meinen Anforderungskatalog muss es wohl eh die Eierlegende Wollmilchsau werden
Lg Markus
Hallo Markus,
ich empfehle grundsätzlich eine Lötstation. Wer einmal mit bestimmten Dingen anfängt, beschäftigt sich irgendwann automatisch intensiver mit der Sache. Wer dann billig einstieg, kauft teuer nochmal - das ist Blödsinn.
Mein Favorit ist eindeutig Weller; bei e*Ba*y z.B. zu finden:
ältere Weller-Magnastat-Station TCP
neuere Weller-Magnastat-Station WTCP-S
Et voilà: schon hast Du die gewünschte eierlegende Wollmilchsau !
Aus praktischen Gründen ist die ältere Station TCP die bessere - das Innenleben ist identisch mit der moderneren WTCP, aber sie hat ein stabiles kompaktes Gehäuse und keine wackelige angeklipste Kolbenablage, die abbrechen kann (so wie mir passiert, weil gestolpert und fallengelassen). Laß Dich nicht allzu sehr vom schmutzigen Zustand gebrauchter Geräte abschrecken; wenn die ersteigerte Station da ist, gründlich (!!) saubermachen, mit etwas Cockpitreiniger vom Auto abreiben, einen neuen Schwamm einlegen und ggf. eine neue Spitze einsetzen - und Du kannst loslöten.
Achte darauf, daß die Station komplett ist - also mit Lötpencil und ggf. Kolben-Ablage. Das Zubehör Schwamm, Zinn, Entlötpumpe und -litze sowie Spitzen kostet bei den Elektronikversendern (Reichelt, Conrad, etc.) nicht die Welt. Alles in allem kommst Du mit einem Einsatz von weniger als 100 Euro (Station plus Zubehör) schon sehr weit, bei Schnäppchen geht es durchaus viel günstiger.
Die Station selbst kommt bei e*Ba*y mit etwas Glück auf 50 Euro. Für das Zubehör (2-6) veranschlage ich nochmals etwa 35 Euro, wobei das Lötzinn natürlich Verbrauchsmaterial ist. Was brauchst Du alles?
1.) die Station
2.) eine kurze Punktspitze
3.) eine kurze Flachspitze 2 mm breit
4.) Lötzinn der Sorte "Sn60Pb38Cu2" - 60% Zinn, 38% Blei und 2% Kupfer; das ist gutes Standardlot für alle Fälle
5.) Entlötlitze 2 mm breit
6.) einen immer (!) nassen Schwamm
FEDDICH !
Alles andere ist Spielerei. Vor allem die ganze sogenannte "Pflege"-Sch%*#%ße. Und deshalb überflüssig wie ein Kropf.
* * * * *
Der große Vorteil dieser Weller-Stationen ist das Magnastat-Prinzip: die Heizung wird über einen Magnetschalter gesteuert. Unkaputtbar! Die Dinger laufen ewig. Selbst in Elektroniklabors die erste Wahl, für interessierte Laien erst recht.
Außerdem kannst Du die Arbeitstemperatur einfach wählen: Lötspitzen mit Kennzahl "7" für 370 Grad bei altem bleihaltigem Lötzinn, Kennzahl "8" = 420 Grad für bleifreies Lötzinn. Mit verschieden breiten Spitzen bist Du für alle Eventualitäten gewappnet. Zum Austausch eine Rändelmutter ab, Spitze raus und rein, zuschrauben, fertig. Alle wichtigen Ersatzteile, also Spitzen und das Heizelement, sind heute noch lieferbar.
Ganz wichtig: Entscheidend ist eine hohe Heizleistung an der Spitze, damit beim plötzlichen Abkühlen während des Lötens (das Lötzinn nimmt ja viel Hitze auf) sofort nachgeheizt werden kann!
Der große Denkfehler ist: "Ich löte nur kleine Sachen, die dürfen nicht heiß werden"
Pustekuchen! Eben weil es nicht heiß wird, fängt die Braterei an. Und dann ist das Werkstück garantiert im Eimer.
Wie es richtig ist: hohe Heizleistung, kurz-und-knackiges Löten. Mindestens 50-60 Watt. Finger weg von 15-Watt-Gerümpel!
Warum?
Wenn Du die Lötspitze an die Lötstelle hälst, berührst Du eine kalte Leiterbahn, ein kaltes Stück Draht und kaltes Lötzinn - gleichzeitig! Das alles muß in Sekundenbruchteilen von der Lötspitze heißgemacht werden, damit nach einer (in Zahlen: 1 !) Sekunde alles vorbei sein kann, Du den Kolben wieder wegziehst und das Zinn mit glänzender Oberfläche erkaltet.
Und genau dafür - diesen "Rrrrummmms!" an Hitze - braucht der Lötkolben seine Heizleistung, damit er den Wärmeverlust in Sekundenbruchteilen "nachschieben" kann. Wer an der Heizleistung spart, hält länger drauf - und das heißt "braten", also Plastik schmelzen statt Lötzinn. Denn Plastik wird bei niedrigerer Temperatur flüssig als Metall. Lötzinn ist aber Metall.
Genau deshalb sind hohe Heizleistung und kurze Lötzeit so wichtig! Diese - und zwar exakt diese! - Kombination macht's!
* * * * *
Ich persönlich löte seit 20 Jahren mit solchen Geräten und möchte nichts anderes haben. Sieh Dir vielleicht einmal Bilder von Werkstätten oder Elektroniklaboren an. Da stehen durch die Bank Weller, und die Dinger laufen den ganzen Tag im Non-Stop-Dauerbetrieb; die sind dafür ausgelegt. Und gelötet wird im Bereich der normalen Platinenelektronik, wozu auch SMD gehört, so ziemlich alles, was auf den Tisch kommt, ohne falsche Scheu. Bei der Bauteilgröße kommt es halt auf eine entsprechend feine Spitze an, das ist schon alles. Allerdings merke ich an, daß auch Ersa-Lötkolben sehr gut sind.
Bei dieser Sachlage kannst Du getrost auf Billigstationen irgendwelcher Handelsketten verzichten. Da ist die Ersatzteilfrage garantiert ein Problem, Du stehst nach wenigen Jahren im Regen, und Spielereien wie z.B. eine digitale Temperaturanzeige sind nutzlose Gimmicks, die im normalen Alltag ganz einfach überflüssig sind.
Ach ja: die offene Flamme ist nur noch für Spezialfälle interessant, wie Klempner oder Juwelier. Aber nicht mehr in der Elektronik.