Hallo zusammen,
angeregt durch einige Threads der letzten Wochen habe ich jetzt als DC-Analog-Fahrer einmal meine einzige (arbeitslose) Märklin-Lok genommen und in der bekannten 2-Dioden-Methode auf Gleichstrom-Ansteuerung umgerüstet (kein Bocksprung bei FRU und Erhalt des Auslaufs durch die Feldspule). Dies hatte den Zweck, den Märklin-Reihenschlussmotor auf seine Eigenschaften bei unterschiedlichen Gleichstrom-Ansteuerungen (geglättet, Vollwelle, Halbwelle, „Mischwelle“, Impulsbreitenansteuerung in unterschiedlicher Höhe) anzusehen. Auf meiner Universal „an der Wand lang“-Anlage (hohe Schiene, Mittelleiter) war dies gut machbar. Die Beurteilung erfolgt vorrangig hinsichtlich dem Anfahr- und Langsamfahrverhalten (Mindestgeschwindigkeit).
Unterschiedliche Stromarten bedeutet hier unterschiedliche Fahrpulte bzw. Trafos zur Ansteuerung. Im Folgenden die wesentlichen Ergebnisse mit den unterschiedlichen DC-Ansteuerungen im Originalzustand (ohne Dioden) sowie mit Dioden für den Gleichstrombetrieb. Die Lok wurde zuvor überprüft (Widerstand am gereinigten Trommelkollektor zwischen den Segmenten 3 x ca. 13,2 Ohm; Getriebe leichtgängig; Motorlager geölt).
Die wesentlichen Ergebnisse:
1.) Gleichstrom geglättet:
Die Ansteuerung erfolgte mit dem Fahrpult SB 81004 (eigentlich für Faulhaber-Antriebe gedacht). Wenn man an diesem Regler gaaanz langsam die Spannung hochdreht, bis die zunächst ohne Dioden noch originale Märklin-Lok (hier eine E 04) losfährt und dann ohne Regler-Zurückdrehen die Geschwindigkeit messen will, erhält man von Messung zu Messung extrem unterschiedliche Werte. Eine gute Reproduzierbarkeit ist in keiner Weise gegeben. Der Mittelwert aus vielen Messungen liegt bei fürchterlich hohen 46 km/h (und dass, obwohl die Spannungs-Konstanthaltung diesem Regler sogar hilft; ohne die Konstanthaltung wäre es noch schlimmer). Bezeichnend ist, dass man nach Zurück-Drehen des Reglers einigermaßen vernünftige 13 km/h als Mindestgeschwindigkeit einstellen kann. Die Differenz ist also gravierend.
Nach Einbau der Dioden (zunächst normale Silizium-Dioden mit mindestens 0,7 V Spannungsverlust) muss erwartungsgemäß lediglich der Regler etwas weiter hoch gedreht werden, dann ist alles gleich (nun können mit den Dioden an den Feldspulen also beide Fahrtrichtungen genutzt werden).
2.) Gleichstrom Vollwelle:
Gemeint ist die normale Gleichrichtung einer Sinus-Wechselspannung ohne sonstige Maßnahmen. Dem entsprechen die typischen DC-Trafos der Sechziger wie z. B. ein alter Trix-Express Trafo 5599, der hier verwendet wurde. Die Mindestgeschwindigkeit nach dem langsamen Hochdrehen lag mit einigermaßen akzeptabler Reproduzierbarkeit bei 25 km/h.
Es zeigt sich hiermit bereits, dass für ein vernünftiges Anfahren eine pulsierende Spannung erforderlich ist. Die Spitzenspannung bei Vollwelle liegt immerhin schon um den Faktor 1,41 höher als der effektive Spannungsmittelwert. Einziger Unterschied vor/nach Diodeneinbau: auf der Skalierung geht es nicht mehr „schon“ bei Skalierungswert 4,2 los, sondern bei 4,6 (Anmerkung: diese Trafos waren natürlich nicht für die höheren Spannungen der Märklin-Motoren gebaut, also muss hier relativ weit hoch gedreht werden).
3.) Gleichstrom-Mischwelle:
Ab den 70ern kamen einige unterschiedliche Mischwellen-Trafos auf den Markt, die in den Katalogen und sonstigen Bezeichnungen etwas missverständlich als Halbwellen-Trafos bezeichnet wurden. Gemeint war aber nur das Anfahren; dass nämlich beim Anfahren mit niedriger Spannung von den beiden durch den Gleichrichter gleich gepolten Wellen nur 1 genutzt wurde. Hierdurch entsteht also eine Spannungslücke über 10 ms (bei 50 Hz), welche bei angenommen gleich hoch eingestellter Spannungsspitze (der Welle) die mittlere Spannung halbiert. Der Gedanke: die Lok fängt bei gleicher Spitzenspannung mit Bewegung an, fährt nach dem Anfahren bei unveränderter Reglerstellung dann aber viel langsamer weiter.
Der Clou war dann, dass bei weiter aufgedrehtem Regler (und schnellerer Lok) vor allem die zunächst fehlende Welle immer weiter aufgebaut wird, bis irgendwann beide Wellen gleich hoch liegen. Dieses „Irgendwann“ lag bei verschiedenen Herstellern sehr unterschiedlich und führt zu entsprechend unterschiedlichen Ergebnissen. Bei einem Trix-Trafo 5503 wird bereits sehr früh der Punkt erreicht, bei dem beide Wellen gleich hoch liegen (ab Ueff = 4,7 V; zu niedrig für einen Effekt bei Märklin-Motoren). Ab dann liegt also in der Praxis ein Vollwellen-Trafo vor, der von diesem Kriterium her dann zu gleichen Ergebnissen führt wie der alte Trix 5599 mit seiner Vollwelle von vorneherein.
Die notwendigen Spannungen am Märklin-Reihenschlussmotor liegen also so hoch, dass der Trix 5503 bereits in Vollwelle ist. Betrachten wir ihn oder ähnliche Fahrpulte mit zu niedriger Schwelle der Wellen-Gleichstellung also nicht weiter.
Ein Titan 816 liefert auch bei höherem Ueff immer noch Mischwelle (möglich, da auch die stärkere Welle mit Regler-Hochdrehen etwas ansteigt; somit kein Plateau der stärkeren Welle wie am Trix 5503) mit dem Ergebnis, dass wir nun an der originalen E 04 eine Mindestgeschwindigkeit von 14 km/h sehen (Regler langsam hochgedreht) bzw. 11 km/h (Regler zurück gedreht).
Was passiert nun nach dem Dioden-Einbau?
Es gibt eine Verschiebung der Mischwelle bzw. des Pulsationsfaktors (Uspitze/Ueff), da nun aufgrund des Dioden-Spannungsabfalls weiter aufgedreht werden muss, bis es losgeht. Denn die Spitzenspannung steigt mit dem Hochdrehen prozentual weniger an als die mittlere Spannung. Ergebnis: die Spannungspulsation sinkt und damit steigt leider die erreichbare Mindestgeschwindigkeit beim langsamen Regler-Hochdrehen. Den ganz genauen Unterschied über viele Messungen zu ermitteln habe ich mir erspart, denn das nächste Fahrpult zeigt den Effekt einer Pulsationsfaktor-Verschiebung viel besser. Festzuhalten bleibt aber am Titan 816 noch, dass man auch ohne Dioden sehr unkomfortabel bis ungefähr zur Hälfte des Reglerbereiches hochdrehen muss, bis es losgeht (er ist eben mit seinem niedrigen Start-Ueff eigentlich nicht für Märklin-Motoren gedacht).
4.) „Mischpulsation“:
Ein Fahrpult MRC Tech 4 (260) zeigt im untersten Bereich eine Spitzenspannung noch unter 9,9 V, um dann ab Ueff = ca. 3 V in einem sehr weiten Bereich mit 9,9 V (Spitze) konstant zu bleiben (ein Plateau); bis ab 9,9 V vollständig geglättete Spannung vorliegt. „Irgendwo“ in einem Bereich, in dem die Spitzenspannung also bei den 9,9 V liegt, fährt die Testlok an.
Die Mindestgeschwindigkeit der originalen Lok (ohne Dioden): 9 km/h zu 7 km/h. Das ist also das bisher beste Ergebnis.
Auch hier wieder der Einbau der Dioden. Nun kommt es zu einer klaren Verschlechterung. Nicht nur, dass die Lok erst bei Skalierung 25 (von 100) statt zuvor bei 20 anfährt; das wäre erträglich, sondern es kommt zu einem drastischen Anstieg der Mindestgeschwindigkeit ohne Zurückdrehen des Reglers auf 17 km/h (statt den 9 km/h vor Umbau). Ich habe daraufhin den Spannungsverlust an der Diode 1N4001 gemessen: 0,9 V (eigentlich hätte ich 0,7 V bis 0,8 V erwartet). Nachmessung mit 2. Gerät liefert das Gleiche. Auch die Pulsationsspitze ist von 9,9 V auf 9,0 V gesunken. Ein Nachsehen im Datenblatt der Diode zeigt aber ebenfalls, dass mein gemessener Spannungsverlust realistisch ist. Der Pulsationsfaktor (Spitzenspannung zu mittlerer Spannung) ist also gesunken mit diesem Ergebnis der doch deutlichst erhöhten Mindestgeschwindigkeit.
Nun wurden Schottky-Dioden statt der Silizium-Diode eingebaut. Der Spannungsverlust liegt bei 0,35 V statt zuvor 0,9 V. Die Mindestgeschwindigkeit liegt nun irgendwo zwischen 10 und 13 km/h (eine ganz genaue Ermittlung wäre extrem zeitaufwendig und war aufgrund der Eindeutigkeit des Ergebnisses auch nicht mehr nötig).
Nun muss man allerdings leider sagen, dass dieses relativ gute Ergebnis einer solo laufenden Lok bei hohen Zuglasten für dieses Fahrpult dann nicht mehr gilt. Muss man mit steigender Last zum Anfahren immer weiter hoch drehen, dann kommt man mit diesem MRC-Fahrpult immer mehr in Richtung geglätteter Gleichstrom, und dann passiert in der Tendenz genau das, was wir zuvor mit niedrigen Pulsationsfaktoren schon gesehen haben: schlechteres Anfahren (hängt aber sicher auch von Motortoleranzen ab). Das wird natürlich verstärkt durch die „Einrastneigung“ des 3-Pol-Motorankers, allerdings kenne ich das so ausgeprägt von meinen Hamo-Loks mit Dauermagnet nicht.
5.) Vollpulsation:
Verwendet wurde das Impulsbreiten-Steuergerät Roco ASC 1000 (auf Wechselstrom-Schalterstellung für abgeschaltete Lastregelung).
Was zu erwarten war: die hohen Impulsspitzen (mindestens 17 V) ermöglichen die Mindestgeschwindigkeit von ca. 8 km/h (kein Unterschied mit Regler-Zurückdrehen). Nochmals besser also als am MRC-Fahrpult.
Vor allem ist auch mit hoher Zuglast ein sehr langsames Anfahren möglich, anders als am MRC. Insgesamt fällt aber auch bei solo laufender Lok auf, dass es „Vorzugsgeschwindigkeiten“ gibt, bei denen es offenbar einen Einrast-Effekt des 3-Pol-Motors gibt. Das bedeutet, eine Geschwindigkeitssteigerung bis auf mittlere Geschwindigkeiten erfolgt nicht ganz harmonisch. Wie schon bekannt, hat diese Steuerungsart mit hohen Impulsspitzen auch den Nachteil des deutlich hörbaren Motor-Brummens bzw. Nagelns.
6.) Halbwelle „pur“:
Mit einem gekappten Gleichrichter (Einweg-Gleichrichtung) erhält man in ALLEN Reglerstellungen die reine Halbwelle, also immer 10 ms Spannungspause. Dies ist ein eher theoretischer Versuch, denn solche Regler wurden eher gar nicht angeboten (vielleicht ist das aber bei dem einen oder anderen Fahrpult der „Rangiergang“).
Ich habe eine gute Mindestgeschwindigkeit von 7 km/h ermittelt (kein Unterschied mit Regler-Zurückdrehen). Im Rahmen von Toleranzen für Nachmessungen gibt sich das eigentlich kaum etwas zu den Angaben zuvor mit 8 oder 9 km/h. Werden hier gegenüber der originalen Lok die Dioden eingebaut, erhöht sich in diesem Fall erwartungsgemäß nur die Reglerstellung, ab der es los geht.
Fazit: ein Umbau auf DC mit den Dioden ist zwar einfach möglich, es sollten aber Schottky-Dioden (SR240) verwendet werden. Leider gibt es für einen so umgerüsteten Märklin-Motor nicht DAS Fahrpult; jedenfalls kein Großserien-Gerät. Unschön ist bei Verwendung eines gängigen DC-Fahrpultes das weite Hochdrehen am Regler bis zum Anfahren, denn diese wurden natürlich nicht für die höhere Betriebsspannung des Märklin-Reihenschlussmotors spezialisiert.
Ein Heisswolf SFR 2000 hat keine Lastregelung, was mich bei anderen Motoren stören würde, aber hier am Reihenschlussmotor würde eine Lastregelung natürlich sowieso nicht ohne Weiteres funktionieren. Alle anderen angepriesenen Eigenschaften des Reglers könnten hier aber nach meiner Einschätzung gut helfen; speziell beim Anfahren mit hohen Zuglasten (Anfahrspannung einstellbar, Impulsspitzen einstellbar, Frequenz mit der Reglerstellung mitgeführt einstellbar, Ueff-Spannungskonstanthaltung angeblich vorhanden).
Wäre ich Märklin-Fahrer, würde ich das immerhin mal versuchen. Ich habe allerdings noch nie von dieser Kombination gelesen.
Sofern ein Original Märklin-Fahrpult weiterverwendet werden soll (und nicht mit hohen Impulsspitzen des Electronic 6600 gefahren werden soll), wäre außer einem Umpolschalter natürlich ein Gleichrichter erforderlich. Wer die Lok-Umrüstung macht, kann sowieso löten. Dann bietet es sich an, von Vollwelle ein klein wenig in Richtung Mischwelle mit mehr Pulsation zu gehen, indem der Gleichrichter „asymmetrisch“ zusammen gelötet wird. In einer Stromrichtung mit 2 ZUSÄTZLICHEN Silizium-Dioden, in der anderen werden Schottky-Dioden (nicht zusätzlich) verwendet. Der Gesamtspannungs-Verlust eines solchen „Gleichrichters“ würde praktisch den handelsüblichen Gleichrichtern entsprechen (Sprachgebrauch: 1,4 V).
Das wäre also das Gegenteil von einem Glätten, aber alle obigen Ergebnisse zeigten, dass mehr Pulsation für gescheites Anfahren äußerst nützlich ist. Und es gilt wieder: Versuch macht kluch.
Viele Grüße
Uwe