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Der Fluch der Akribik, Teil 327
LATEX UND BONDAGE AUF DER MODELLBAHN
Eltern, sperrt eure Kinder weg, heute wird’s hier hoch-erotisch für Latex-Fetischisten und Bondage-Anhänger!
Spaß beiseite: um der Wahrheit die Ehre zu geben, es geht heute um die Wahl meines Schotterklebers.
Der vielgerühmte Holzleim schied von vornherein aus. Nicht nur, weil man ihm nachsagt, dass er Schall überträgt. Denn als ich noch ein blondgelockter Jüngling war (schwer vorstellbar, ich weiß, aber diese Zeit gab's mal wirklich), baute ich ein Diorama für Roco-Armeefahrzeuge. Damals trug ich dicke Sandschichten auf, um Schotterstraßen darzustellen, und verklebte den Sand mit einem Holzleim. Meine Schotterstraßen waren nach dem Trocknen des Leims von tiefen Rissen durchzogen. Seitdem gilt meine Sympathie mehr den Flex-Klebern, weil sie in der Lage sind, solche Spannungen auszugleichen. Es musste also unbedingt ein Flex-Kleber sein.
Natürlich gibt es etliche hervorragende Markenprodukte, aber schließlich erregte dann doch dieses Billigprodukt hier (ca. Euro 4,00 je Liter) meine besondere Neugier:
Es wurde in diversen Foren mehrfach seeeehr geheimnisvoll und ohne Namensnennung gelobt, vermutlich weil man befürchtete, der unlauteren Werbung bezichtigt zu werden.
Werbung ist aber immer eine gewinnorientierte Maßnahme des Erzeugers, eines Händlers oder ihnen nahestehender Personen und Organisationen. Zitat aus der Wikipedia:
Zitat
Als Werbung wird die Verbreitung von Informationen in der Öffentlichkeit oder an ausgesuchte Zielgruppen durch meist gewinnorientierte Unternehmen verstanden
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Berichtet hingegen jemand, der nicht diesem Kreis angehört, ohne jede Gewinnabsicht über seine persönlichen Erfahrungen mit einem Produkt, so sollte die Bekanntgabe der Produktbezeichnung kein Problem sein.
Beim Entfernen eines Klebebandes von meinem Behälter ging ein Teil der Beschriftung verloren. Diese lautete:
Zitat
Baufan® Latex-Bindemittel für transparente seidenglänzende Beschichtungen - für die Versiegelung von Tapeten - ergibt scheuerbeständige Oberflächen - auch zur Verbesserung von Kalk- oder Leinfarben.
Hmmm. Seltsam. Was hat das alles mit "Binden" zu tun?
Kommt der etwas sperrige Name dieses Produktes eventuell aus dem Englischen? Ist er auf ein Missverständnis bei einer Übersetzung zurückzuführen? „Latex-Bindemittel“ könnte im Englischen „Latex Bond“ geheißen haben, und das ist kein Latex-Bindemittel, sondern ein Latex-Kleber. Genauso wie „Plastic Cement“ nichts mit dem Baustoff Zement zu tun hat, sondern ebenfalls ein Kleber ist, wenn auch für Plastik.
Dieser als Bindemittel getarnte Kleber also wurde angesichts seines unschlagbaren Preis-Leistungsverhältnisses in diversen Foren mehrfach über den grünen Klee gelobt. Obwohl das Produkt vom Hersteller bzw. Distributor als „seidenmatt“ beschrieben wird, wurde übereinstimmend berichtet, dass dies nur für den unverdünnten Kleber zutrifft. Mit Wasser verdünnt büßt er seinen Glanz ein und trocknet ganz matt auf. Also Schotter her, zu Vergleichszwecken einen Marken-Latexkleber, und zwei gleichartig geschotterte Gleisabschnitte!
Das Ergebnis bestätigt den guten Ruf, der diesem Produkt vorauseilt. Der verdünnte Kleber verliert tatsächlich seinen Glanz und ich konnte nach dem Trocknen visuell keinen Unterschied im Aussehen des Schotters meiner beiden Test-Schotterflächen wahrnehmen. Auch die Klebekraft lässt nichts zu wünschen übrig. Ich konnte einen mit diesem Produkt verklebten Sand sogar schleifen – ich habe darüber bereits berichtet.
Anders als in manchen Forumsbeiträgen empfohlen habe ich diesen Kleber nicht 1 : 5 verdünnt (ein Teil Kleber, 5 Teile Wasser), sondern 1 : 3 und weniger. Wie schon in der Vorwoche erwähnt, bin ich der Meinung, dass ein Kleber umso schneller trocknet und umso besser hält, je weniger man ihn verdünnt. Meine Verdünnung war völlig ausreichend, um den Kleber mit meiner Spritze ins Schotterbett einbringen zu können.
Ich sollte allerdings erwähnen, dass ich diesen Kleber vor der weiteren Bearbeitung nicht 24 Stunden trocknen ließ, wie von einigen Hobbykollegen an anderer Stelle empfohlen, sondern 48 Stunden. Nach 24 Stunden war er manchmal noch nicht ausreichend ausgehärtet.
In Österreich habe ich keine Bezugsquelle für dieses konkrete Produkt gefunden, daher habe ich es für meine Tests aus Deutschland bestellt. Beim Öffnen des Behälters verströmte es sogleich einen charakteristischen Geruch, der mich stark an Rauhfasertapeten-Kleber erinnerte. Gut möglich, dass man dieses sogenannte „Latex-Bindemittel“ mit anderen Namen auch in österreichischen Baumärkten in den Regalen findet, wo die Rauhfasertapeten-Kleber stehen. Viele Firmen, die wie Erzeuger auftreten, erzeugen ja manche ihrer Produkte nicht selbst, sondern handeln lediglich damit.
Wer nur ein einzelnes Modul mit einem einzelnen Gleis einschottern und nicht unnötig Ressourcen vergeuden will, der nimmt besser eine kleine Flasche Flex-Kleber von einem der bekannten Schotterkleber-Händler. Wenn man aber, wie ich, größere Mengen braucht, um gleich ein paar Dutzend Laufmeter Gleis einzuschottern, der ist mit diesem 5-Liter-Kübel mit seiner vergleichsweise recht großen Kleber-Menge gut bedient.
So, Schluss für heute. Irgendjemand muss diesen Riesenkübel jetzt verarbeiten. Und weil sonst keiner da ist, wird der Job wahrscheinlich an mir hängenbleiben...
Liebe Grüße
Euer Karl
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