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Der Fluch der Akribik, Teil 140
BAHNHOF VON GRÜNEM MONSTER GEFRESSEN
Diese Woche war anfangs extrem Moba-feindliches Badewetter , dann schlug mich das Grüne Monster in Bande , und als dann endlich prachtvolles Schlechtwetter aufzog, erschien der Elektriker und arbeitete mit seiner Hilti, als wäre er von der Sorge geplagt, dass wir wahrscheinlich viel zu wenig Bauschutt wegzuräumen hätten .
Dennoch gab es gegen Ende dieser missratenen Woche ein sehr erfreuliches Ereignis, denn der Briefträger überbrachte mir diese mir bisher unbekannte Postkarte, die ich „in der Bucht“ ersteigern konnte:
Das kolorierte Foto wurde 1910 gedruckt.
Links erkennt man die Globitschbremse, einen Schrägaufzug, mit dem ursprünglich das Erz des Hüttenberger Erzberges zu Tal und Material und Personal nach oben in die Stollen gebracht wurden. Die Globitschbremse wurde mehrmals modernisiert. 1939 wurde rechts daneben eine Seilbahn errichtet, die den Erztransport übernahm. Danach diente der Aufzug nur noch dem Personen- und Materialtransport. Anfang der 60er Jahre wurde ein Schacht fertiggestellt, der annähernd bis auf Bahnhofsniveau herunterreichte. Damit wurde auch die Seilbahn obsolet.
Am unteren Ende der Globitschbremse sind noch die Röstöfen im Betrieb. In diesen Röstöfen wurde das Erz erhitzt, um ihm Wasser und Kohlensäure zu entziehen. Als Brennstoff diente Kohle, die vom Bahnhof her mit einer Grubenbahn zum Schrägaufzug gebracht wurde. Das Foto zeigt eine untypische Situation, denn es ist überliefert, dass die Röstöfen gewöhnlich enorme Abgasmengen ausströmten und entsprechend in Rauch gehüllt waren. Von hier brachte eine Abfuhrbahn die Erze zur Verladeanlage am Bahnhof (langgestrecktes Gebäude rechts unten). Von dort wurde das Erz mit der Bahn zur Verhüttung nach Donawitz in der Steiermark transportiert. Die Röstung des Erzes vor Ort wurde 1942 eingestellt.
Die hölzerne Verladeanlage fiel 1928 einem Brand zum Opfer und wurde durch einen stählernen Neubau ersetzt, welcher ca. 1960 modernisiert wurde. Die Anlage wurde fortan "eine Etage höher" über einen Turm beschickt, die weitere Verteilung des Erzes in die einzelnen Bunker erfolgte mittels Förderbänder. Bis dahin erfolgte die Befüllung der Erzkästen der Verladeanlage durch Hunte, die man manuell nach unten hin öffnete.
Das kleine Gebäude unterhalb der Röstanlage ist ein Dispositionshäuschen, das noch heute dort steht.
Ganz links am Bildrand sieht man den Gschirrnhof, früher Sitz eines Gewerken. Zu Zeiten, als die Tiefkühltruhe noch nicht erfunden war, gehörten zu diesen Verwaltungsgebäuden stets Stallungen und große Gartenflächen, um die Lebensmittelversorgung zu erleichtern. Das Gebäude ist bis heute erhalten geblieben.
Im Vordergrund des Bildes sieht man das einständige Heizhaus (Lokschuppen), dahinter Erzwagen, links davon die Drehscheibe und Kohlenwagen. Ursprünglich waren die Erzwagen mit Trichtern versehene Kohlenwagen, die später durch zweiachsige Spezialwagen ersetzt wurden, wie sie auch auf der steirischen Erzbergbahn fuhren. Einmal täglich wurde ein Ganzzug über Launsdorf nach Donawitz überstellt. Dem entsprechend fuhr einmal täglich ein Leerzug retour. Wurde mehr produziert, folgten noch eine Anzahl Erzwagen mit einem "normalen" Güterzug. Leider wurden diese Wagen, die nicht nur auf dem steirischen Erzberg daheim waren, sondern auch täglich zwischen Hüttenberg und Donawitz "durch halb Österreich" fuhren, nie als Großserienmodelle produziert. - Ende der Dreißigerjahre gab es Pläne, vierachsige Erzwagen analog jenen der DRG einzusetzen und die Erzverladeanlage entsprechend zu adaptieren, die jedoch nicht realisiert wurden.
Es handelt sich bei dieser Postkarte übrigens um die einzige mir bekannte Aufnahme, welche die später zugeschüttete 12m-Drehscheibe deutlich erkennbar zeigt.
Das Dach rechts vorn im Bild gehört zum Kohlenmagazin der Bahn. Da auch das Bergwerk viel Kohle brauchte, war man wahrscheinlich sowohl seitens der Bahn als auch seitens des Bergwerksbetreibers darauf bedacht, über die Eigentumsverhältnisse der Kohlenvorräte keine Unklarheiten aufkommen zu lassen, daher bevorzugte man offensichtlich eine sorgfältig geschlossene Aufbewahrung.
Links vorne befindet sich neben dem von Bäumen gesäumten Görtschitzbach ein Lagerplatz für Grubenholz. Angeliefert wurden offensichtlich ganze Stämme, die man vor Ort passend zuschnitt.
1978 wurde der Eisenabbau am Kärntner Erzberg eingestellt.
So sahen Erzverladeanlage und Heizhaus nach dem Umbau der 60er Jahre aus (Foto: Sammlung Seebacher):
Heute findet man am ehemaligen Bahnhofsgelände diese Situation vor (eigene Aufnahme von 2015):
Das Dispositionshäuschen steht noch, die Grundmauer der Verladeanlage ist noch erkennbar. Der Lokschuppen ist geschleift, die Drehscheibe zugeschüttet. Aus der Gegenrichtung - 2014 von mir von oberhalb des Gschirrnhofes fotografiert – hat man heute diesen Anblick:
Von den ehemaligen Bahnanlagen stehen nur noch ein Gebäude der Landwirtschaftlichen Genossenschaft, einige Laternen und die Grundmauer der Erzverladeanlage. Alles andere hat sich die Natur zurückgeholt. Auf dem Gelände des Lokschuppens wachsen Bäume. Jemand hat südlich des Lagerhauses der landwirtschaftlichen Genossenschaft ein Wohngebäude errichtet.
Und auf der Moba hat sich diese Woche gar nichts getan? Naja, ich gebe es zu, ich habe natürlich ein wenig am Pwgs44 weitergearbeitet. Dazu nächste Woche mehr.
@ Gerhard:
Zitat
Na, da freue ich mich ja schon fast auf den Winter.
Da sind wir dann schon zwei! Aber erzähl' das bitte nicht meiner Frau...
Liebe Grüße
Euer Karl