Hallo, liebe Freunde der BVRL
An Ostern und in der Woche danach wollen wir bei der BVRL wieder umfangreiche Fahrsessions veranstalten. In diesen Osterferien passiert aber etwas Besonderes: Fahrplanwechsel. Eine neue Generation der automatischen Ablaufsteuerung geht nach langer Testphase nun endlich in Betrieb. Die fortschreitende Digitalisierung macht auch vor der BVRL nicht halt.
Unser automatischer Fahrdienstleiter erhält eine Speichererweiterung von 4 auf 8 Bit Arbeitsspeicher und kann nun eine Abfolge von 434 Zugfahrten und Schaltereignissen erzeugen statt nur 30 wie bisher. Theoretisch sind es sogar 510. Die Züge fahren nicht nur in abwechslungsreicher Folge, sondern auch mit unterschiedlicher Wahrscheinlichkeit ab und halten verschieden oft auf den Gleisen des Güter- und Personenbahnhofs. Bisher waren als längste Folge 30 Zugfahrten möglich, bevor sich der Fahrplan wiederholte. Die neue Version ermöglicht für einzelne Züge zudem gelegentlich längere kontinuierliche Fahrten und längere Aufenthalte.
Die Zugfolge wird mit einem Schieberegister generiert, das bisher 4, in Zukunft 8 Bit Länge haben wird. Dieses Register enthält eine Bitfolge, zum Beispiel 1011. Jeder abfahrende Zug schiebt den Inhalt des Registers um eine Stelle nach links, wobei das führende Bit links herausfällt und rechts ein neues Bit hinzugefügt wird. Aus 1011 wird 011x, wobei x das neue Bit ist und 0 oder 1 sein kann.
Dieses Bit wird ermittelt, indem zwei der vier Bits im Schieberegister mit einem logischen exklusiven Oder-Gatter verknüpt werden. Nehmen wir z.B. an, Bit #4 (das höchstwertige) und Bit #1 (das niedrigste) werden zur Ermittlung des neuen Bits ausersehen. Diese Schaltung wird bei der BVRL als „Fahrplan 41“ bezeichet. Beim Speicherwert 1011 sind diese Bits beide gleich 1. Das exklusive Oder-Gatter sagt nun: 1 xor 1 = 0. Also ergibt sich als Resultat der Operation als neuer Inhalt des Schieberegisters der Wert 0110. Im Verlauf des Fahrbetriebs entsteht nun eine sich zunächst nicht wiederholende Zahlenfolge:
1011 → 0110 → 1100 → 1001 → 0010 → 0100 → 1000 → 0001 → 0011 → 0111 → 1111 → 1110 → 1101 → 1010 → 0101 → 1011
Erst nach 15 Fahrten ist das Register wieder in der Anfangsstellung. Tatsächlich wiederholt sich der Fahrplan aber erst nach 30 Fahrten, weil nach 15 Fahrten die Züge auf vertauschten Gleisen stehen.
Es gibt auch kürzere Sequenzen. Bei „Fahrplan 42“, der die Bits #4 und #2 verwendet, erhält man:
1011 → 0110 → 1101 → 1011
Schon nach drei Fahrten sind wir wieder am Anfang. Was nützt uns das jetzt ? Nun, das ist der BVRL-Fahrplan! Das höchste Bit entscheidet nämlich, ob als nächstes der Zug von Gleis 2 (das ist vorn am Bahnsteig) oder von Gleis 12 (das ist im Güterbahhof) losfährt. Dieses Gleis wird dann für den einfahrenden Zug auch frei.
Diese beiden Kontrollleuchten zeigen das Gleis an, von dem als Nächstes ein Zug abfährt. Der zuständige Lokführer, Manu oder ich selbst, müssen sich dann bereit machen, das heißt, an der CU die Lokadresse für die Dekoderfunktionen eingeben, Rauchsatz starten, SIgnalhorn einschalten. HP1 kommt dann alsbald.
Bei den automatisch generierten Fahrplänen kommt es auf die Deteils an, denn die teilnehmeden Züge werden keineswegs gleich oft auf die Strecke geschickt und fahren auch nicht immer zum selben Ziel. Bei Fahrplan 41 fährt in 53 % der Fälle ein Zug von Gleis 2 ab, in 47 % von Gleis 12. Bei Fahrplan 42 erhält in 67 % der Fälle der Zug an Gleis 2 die Streckenfreigabe, nur zu 33 % der Zug an Gleis 12. Fahrplan 42 hat noch zwei weitere Untervariaten, die durch einen besonderen Anfangswert im Register ausgewählt werden können. Dadurch lassen sich weitere, relativ kurze Zugfolgen mit eigener Statistik generieren.
Der früher schon einmal erwähnte „Priviledged train mode“ entspricht beispielsweise Fahrplan 21. Daran nehmen drei Züge teil. Der „privilegierte“ Zug hält dabei immer an Gleis 2 und hat 50 % der Streckenfreigaben für sich reserviert, die beiden anderen Züge halten abwechselnd an Gleis 2 und Gleis 12, erhalten aber nur je 25 % der zu vergebenden Abfahrten. Fahrplan 0 ist dagegen der normale, fest verdrahtete Blockbetrieb, wo die Züge in strikt abwechselnder Reihenfolge fahren.
Neben dem höchstwertigen Bit des Schieberegisters lassen sich selbstverständlich auch alle übrigen Bits für Steuerungsaufgaben verwenden, zum Beispiel, um die Fahrstraßen zu modifizieren.
Die nunmehr erweitere Version hat 8 Bit Speicher. Das erlaubt nicht nur längere Fahrpläne, sondern auch solche, die zwar relativ kurz sind, aber zwischen den beteiligten Zügen ein starkes Ungleichgewicht in der Häufigkeit der Streckenfreigaben erzeugen. Beispielweise umfaßt Fahrplan 82 zwölf verschiedene Abläufe mit einer Länge von je 60 Abfahrten, bei denen sich die Abfahrtshäufigheiten von Gleis 2 zwischen 26 und 53 % erstrecken. Fahrplan 83 enthält die zur Zeit längste Sequenz mit 434 Fahrten, wobei aber über längere Perioden an Gleis 2 und dann an Gleis 12 ziemlich wenig, an anderen Gleisen dafür um so mehr Betrieb ist.
Das Kernstück der Steuerung ist natürlich das Schieberegister. Das ist wie alle Elektronik der BVRL von Hand zusammengelötet.
Echt „Made in Germany“. O.k., die Transistoren kommen aus China. Es sind bastlerübliche BC 547 und 557 und ihre Äquivalente für 9 Cent pro Stück. Und es ist noch ein wenig mehr Elektronik von Nöten, zum Beispiel fürs Gatter, hier und da für einen Schaltverstärker und um den Reedkontakten am Gleis das Kontaktprellen abzugewöhnen.
In der bisherigen Ausbaustufe des automatischen Fahrdienstleiters mit 4 Bit Speichertiefe waren die Abläufe übersichtlich. Die Zugfolge ließ sich mit ein wenig Übung in Kopfrechnen ganz gut vorhersagen. Bei nunmehr 8 Bit ist das aber völlig unmöglich. Wenn wir eines Tages vielleicht auf 128 oder gar 1024 Bit aufrüsten, dann wird selbst die NSA-Behörde in den USA mit ihren Supercomputern vor dem BVRL-Fahrplan kapitulieren müssen. Daher gibt es bei uns jetzt ähnlich wie bei der Deutschen Bahn und im RMV auch eine BVRL-Fahrplan-App, mit der meine Frau und ich sich die bevorstehenden Abfahrten vom Sofa aus ansagen lassen. Die App ist noch etwas rudimentär, und es gibt auch noch kein hübsches GUI, aber das wird schon. Sie ist in Python programmiert und läuft auch auf dem Smartphone.
Grüße
Hans Martin & Manu