Ich möchte Euch die Gedanken präsentieren, welche zum Konzept meiner sich im Bau befindlichen Anlage geführt haben. Ich gehe dabei bewusst nicht auf detaillierte Gleispläne, Hersteller, Digitalsysteme, Gleissysteme, Komponenten und ähnliches ein, sondern beschreibe ein nur mit einer computergesteuerten digitalen Modelleisenbahn realisierbares Anlagenkonzept. Für mich habe ich es «Virtueller Hundeknochen» getauft.
Betrachten wir zuerst den "traditionellen" Hundeknochen:
Züge fahren vom unsichtbaren grünen Bereich über den sichtbaren Teil in den unsichtbaren gelben Bereich und wieder zurück. Idealerweise ordnet man im grünen und gelben Bereich einen Schattenbahnhof an, so entsteht ein abwechslungsreicher Betrieb. Damit der Betrieb nicht ins Stocken gerät, sollten beide Schattenbahnhöfe etwa gleich gross sein und möglichst immer ein Gleis frei haben, damit ein Zug nicht vor dem Schattenbahnhof auf ein freies Gleis warten muss.
Komplizierter wird es, wenn im sichtbaren Bereich eine Nebenstrecke abzweigt:
Züge können von der gelben Schleife sowohl in die grüne als auch in die magentafarbene Schleife fahren. Für einen flüssigen Betrieb sollte der gelbe Schattenbahnhof etwa gleich gross sein wie der grüne und der magentafarbene zusammen.
Für meinen Teil hatte ich mir in den Kopf gesetzt, dass sich die Nebenbahn auch noch einmal verzweigen soll, dies ergibt das folgende Bild:
Von Gelb können die Züge nach Grün, Magenta und Blau fahren. Für einen flüssigen Betrieb muss also der Schattenbahnhof Gelb gleich gross sein wie Grün, Magenta und Blau zusammen. Für einen abwechslungsreichen Betrieb stellte ich mir den Schattenbahnhof Grün mit fünf Gleisen vor, die Schattenbahnhöfe Magenta und Blau mit je drei Gleisen und den Schattenbahnhof Gelb mit neun Gleisen.
Das nachfolgende Bild zeigt dies noch einmal in der Übersicht und rechnet auch den Bedarf an Weichen für die Schattenbahnhöfe und Schleifen aus:
Bei der praktischen Umsetzung eines solchen Anlagenkonzeptes ergibt sich eine Reihe von Problemen:
Der sichtbare Bereich soll möglichst gross werden, als führt die Strecke rechts und links so nah an den Anlagenrand wie möglich, die Schattenbahnhöfe werden nach einer 180° Kurve erreicht und diese unter dem sichtbaren Bereich angeordnet. Dieser Zwang ergibt sich eigentlich bei allen Anlagenbauformen, egal ob Rechteck, Hufeisen, L-Form und allen weiteren Varianten. Nur wenn man die Schattenbahnhöfe ausserhalb der eigentlichen Anlage anordnet, kann dieses Prinzip durchbrochen werden. Das würde aber sehr viel Platz verbrauchen, der bei mir trotz eines Raumes von 30m2 nicht vorhanden ist.
Ich möchte mit langen Wagen fahren und den unterirdischen Betrieb möglichst sicher gestalten, also kommen nur grosse Radien in Frage. Dies ergibt eine Mindestbreite pro Schleife von mindestens 1.30m. Für 3m lange Gleise des neungleisigen Schattenbahnhofes ergibt sich mit 8 Weichen am Ende ein minimale Entwicklungslänge von 5 Metern, dazu kommen noch zwei 180° Kurven zu ca. 65cm, so ergeben sich gut 6 Meter Länge. Mein Anlagenraum ist zum Glück gross genug diese Länge aufzunehmen. Bei einer Hufeisenanlage könnte ich unter jedem Schenkel einen Schattenbahnhof anordnen, das Problem wäre gelöst.
Leider ist mein Raum zu schmal für eine Hufeisenanlage. Bei meiner L-förmigen Anlage müssten sich die Schattenbahnhöfe überlappen können und ich benötige vier davon. Zusammen mit dem sichtbaren Bereich müsste ich also die Gleise auf fünf Ebenen anordnen. Der überwiegende Teil der Gleise müsste so in den Schattenbahnhöfen und in deren Zufahrten verlegt werden. Der unterste Schattenbahnhof käme so niedrig zu liegen, dass man praktisch nur flach auf dem Rücken liegend an einer Verkabelung darunter arbeiten kann.
Vorteilhaft ist hier natürlich, dass die Züge am rechten und linken Anlagenrand in die Schattenbahnhöfe verschwinden können. Trotzdem kam dieses Konzept auf Grund der erwähnten Nachteile nicht in Frage.
Ich habe folglich nach einer Lösung gesucht, in welcher ich die Anzahl Ebenen reduzieren konnte ohne die Vorteile eines Hundeknochen (die Züge kommen auf der Strecke zurück, auf welcher sie in den Schattenbahnhof gefahren sind) aufzugeben.
So kam ich auf die Idee, alle Strecken in einem einzigen Schattenbahnhof zusammenzuführen. Der Computer soll sich merken aus welcher Richtung ein Zug gekommen ist und ihn auch in diese Richtung zurückschicken, sobald der Zug abgerufen wird:
Die Strecken Grün, Gelb, Blau und Magenta laufen in einer unterirdischen Wendeschleife mit Schattenbahnhof zusammen. Mit der gleichen Anzahl Weichen kann ein 15-gleisiger Schattenbahnhof realisiert werden. Anders als bei einem normalen Hundeknochen muss der sichtbare Gleisplan alle Strecken an den gleichen Rand der Anlage führen. In der oben gezeigten Skizze reichen drei Niveaus aus, um alle Strecken an einen Anlagenrand zu führen, zwei Ebenen können dabei in die Landschaft integriert werden. Geschickt gemacht können damit auch gleich die notwendigen 180° Kurven im sichtbaren Bereich kaschiert werden.
Ein wesentlicher Vorteil ist auch die sehr flexible Nutzbarkeit der Kapazität des Schattenbahnhofes. Von jeder Strecke werden genau so viele Gleise belegt werden, wie im Augenblick gerade benötigt werden. Ich musste mir bei der Planung nie genaue überlegen welcher Strecke ich wieviel Schattenbahnhofgleise zuordne.
In der praktischen Ausführung der Lösung gab es noch einige Details mehr zu bedenken:
- Die Strecke Gelb ist am stärksten belastet, da über sie Züge aus Grün, Blau und Magenta zurück zum Schattenbahnhof verkehren.
- Ich habe einige Wendezüge, dieses sollen bitte schön in der einen Richtung mit der Lok voraus,
in der anderen Richtung mit dem Steuerwagen voraus verkehren.
- Oft verkehren Züge auf den Nebenstrecken nur bis zum Hauptbahnhof und wieder zurück, diese sollen die Wendeschleife nicht unnötig belasten.
- Die Gleise der Gleisharfe sollen flexibel aus allen Richtungen genutzt werden.
- Kurze Nebenbahnzüge sollen sich ein langes Gleis in der Gleisharfe teilen.
Schliesslich habe dieses Prinzip im Schattenbahnhof umgesetzt:
Die Pfeile markieren die Richtungen Gelb, Grün, Blau und Magenta aus dem Hundeknochen.
Die dunkelblaue Gleisharfe ist bei mir 15 Gleise «dick» und als Parallelogramm ausgeführt. So sind alle Gleise gleich lang. Jedes der gut 3m langen Gleise ist in drei Abschnitte à 1m aufgeteilt. Diese Gleisharfe könnte theoretisch 45 Züge aufnehmen, in der Praxis sind es meistens so um die 20 Züge.
Abfahrbereite Züge können zum braunen Pfeil vorziehen, zwischen Gleisharfe und Weiche haben zwei 3m lange Züge Platz.
Die roten Gleise dienen Wendezügen, diese Gleisharfe umfasst fünf Gleise. Hier wenden vor allem lange Züge aus den Richtungen Grün und Gelb, der Hauptstrecke.
Der hellgrüne Spurwechsel wird von Zügen aus Richtung Magenta und Blau genutzt, welche in die dunkelblaue Gleisharfe fahren.
Die orange Gleisgruppe dient kurzen Wendezügen aus Richtung Blau und Magenta, diese behindern die ausfahrenden Züge in Richtung Gelb nicht, aus Platzgründen konnte Grün nicht auch umfahren werden. Diese Richtung ist aber auch schwächer belastet.
In der PC-Steuerung habe ich jeder Halteposition in der Gleisharfe und jedem Wendezugsgleis ein vierbegriffiges Signal zugeordnet. Dieses übernimmt jeweils, ausgelöst durch die entsprechende Einfahrfahrstrasse, die Farbei der jeweiligen Zulaufstrecke. Wird ein Zug abgerufen, ist die «richtige» Farbe an diesem Signal eine Bedingung, ob der Zug in die jeweilige Strecke abgerufen wird oder nicht.
Da die Steuerungssoftware sich beim Ausschalten den Zustand der Signale merkt, bleibt die Richtung der Züge auch bei ausgeschalteter Anlage gespeichert.
Auch wenn alle Strecken zusammenlaufen, bleibt bei mir ein flüssiger Betrieb bei bis zu ca. 6 gleichzeitig verkehrenden Zügen möglich. Bei mehr als 6 Zügen fangen sie sich an zu behindern. Da ist allerdings auch schon längst der Punkt überschritten, an dem ich alle Züge im Auge behalten kann.
Jetzt bin ich auf Eure Kommentare und Euer Feedback gespannt. Wie habt Ihr das Hundeknochenproblem bei Abzweigestrecken gelöst? Helfen meine Gedanken bei Euren Überlegungen?