Moin,
so langsam ist es an der Zeit, dass ich mal meine "Modellbahngedankenwelt" nach außen dringen lasse. Es geht hier nicht um Hirngespinste, sondern über die Kombination bereits erprobter Komponenten in einer sehr speziellen Aufgabenstellung, die bisher weder in Fachpublikationen noch in Foren Erwähnung fand, wenn ich meine eigenen Äußerungen einmal außenvorlasse. Was prinzipiell und in der Theorie völlig banal zu sein scheint, wird, wenn man einmal ernsthaft an eine Umsetzung herangeht, eine Herausforderung allerersten Grades. Aber beginnen wir einfach mal mit der fast banalen Aufgabenstellung. Ich will meine Modellbahnanlage unter Glas bauen und auch betreiben. Klingt noch simpel, wenn man nur Züge fahren lassen will. Nur ist dafür leider kein Platz vorhanden, weil mit drei Erwachsenen und drei Katzen auf 75 qm in der Wohnung doch etwas Platznot herrscht. Die Anlage soll als Schaukasten ins Wohnzimmer. Also bleibt nicht mehr als eine Anlagenfläche von etwa 220 cm x 40 cm, was in H0 aber durchaus ausreichen kann, sofern man sich etwas beschränkt und etwas Hirnschmalz zu investiert. Das bedeutet, dass wir über ein Rangierspiel wohl kaum hinauskommen werden. Macht aber nichts, weil ich mit der Konzeption, dem Bau und dem Betrieb solcher Anlagenthemen schon einige Erfahrungen in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren sammeln konnte. Aber Erfahrung ist ja nach Kurt Tucholsky relativ, weil man eine Sache auch 35 Jahre falsch machen kann. In meinem Fall waren die gemachten Erfahrungen allerdings überaus fruchtbar für meine etwas schräge Gedankenwelt. Also beginne ich am Anfang, damit kaum Fragen übrigbleiben.
The Beginning:
Seit früher Kindheit fand ich ferngesteuerte Sachen interessant. Besonders die Tatsache, dass man Züge mittels ferngesteuerte Weichen lenken konnte, fand ich interessant. Auch ferngesteuerte Entkuppler fand ich toll. Knöpfchen drücken hier, Knöpfchen drücken dort und schon war eine ganze Menge mehr Spielspaß als auf einem einfachen Gleisoval mit Ausweichgleis und ein paar Abstellgleisen mit Handweichen. Ok, Spur N war für meine weitergehenden Ambitionen irgendwann eher hemmend als erfolgversprechend, also ging es mit H0e weiter. Mit der Spurweite war ich ja bereits vertraut. Nach dem ersten Rangierspiel (Timesaver in H0e) in dieser Baugröße stand aber schnell fest, dass mit elektromotorischen Weichen vieles besser wurde, anderes aber in Sachen Komfort auf der Strecke blieb. Das galt speziell für die Entkupplung der H0e-Standardbügelkupplungen von Roco, die mittes Entkuppelwerkzeug entkuppelt wurden. Ein paar Jahre später versuchte ich mich an einem weiteren Rangierspiel (Inglenook in H0). Mit Tillig Elite EW 3 sah das schon viel besser aus. Die ursprünglich eingebauten Fulgurex Weichenmotore wurden aber schnellstmöglich ersetzt, als ein Kunde in fortgeschrittenem Alter im Modellbahnladen, wo die Anlage im Schaufenster stand, einen Weichenschalter umlegte und ich fast den Notarzt verständigen musste, weil die erhebliche Geräuschentwicklung ihn fast zum Hyperventilieren erschreckte. Durch einen glücklichen Zufall bekam ich zwei NMW Weichenmotore in die Finger und tauschte die Fulgurex-Dinger aus. Nun ist Ruhe beim Weichenschalten. Als Entkuppler kamen die bewährten "REPa" Entkuppler zum Einsatz, die es sowohl von Herkat als auch von Uhlenbrock gibt. So toll die Dinger sind, sind sie aber nur für Kupplungen geeignet, die auf einen Druck von unten entriegeln. Ich entschied mich aufgrund der gemachten Erfahrungen beim Fremo für die Standardbügelkupplung (SBK) von Fleischmann (#6511). Die Kupplung funktioniert von allen SBK am besten, weil sie sanft einkuppelt und ohne großes Verhakeln entkuppelt. Beim Fremo geht es in etwa wie auf meinem Timesaver zu. Weichen werden vom Stellpult bzw. von der Anlagenkante fernbedient, die Kupplungen werden aber nach Altvätersitte mit einem Entkupplungswerkzeug per Hand gelöst. Das mag ja noch so vorbildentsprechend sein, komfortabel stelle ich mir aber anders vor. Zudem ist es für mein Projekt völlig induskutabel, wenn durch Fremdkörper, die aus der Schienenebene hochfahren, die Betriebssicherheit beeinträchtigt wird. Das gilt auch für Entkuppelbohlen. Ergo ist ein komfortabel zu bedienendes Rangierspiel mit den hier üblichen Kupplungen nicht machbar. Angesichts des Angebotes der in Europa üblichen Kupplungsbauarten wird man für dieses Projekt nichts geeignetes finden. Die Lösung gibt es aber in Übersee bei den US-Amerikanern, die mehrheitlich Kadee Kupplungen verwenden. Diese Kupplungen entkuppeln berührungsfrei über Magnetfeldern und kuppeln zudem extrem sanft ein, sofern man dieses in der Geraden macht. Zu allem Überfluss bringen die Kupplungen sogar noch eine Vorentkupplung mit und es gibt sie in drei Längen für NEM-Kupplungsschächte. Diese vielen Argumente sprechen absolut für die Kadee. Ich gebe allerdings zu, dass es eine der teuersten Kupplungen ohne Stromführung auf dem Markt ist. Bleibt nur ein kleines Problem, welches es zu lösen gilt. Bei Mittelpufferkupplungen sind Zug-und Stoßvorrichtungen in einem Bauteil vereint, bei unserem Vorbild sind sie konstruktiv getrennt (Puffer und Zughaken mit Spindel). Wenn wir uns ein europäisches Regelspurvorbild zum Nachbau vornehmen, müssen wir also auch diesen Umstand beachten. Enge Radien mögen sowohl weder meine Augen noch Fahrzeuge ohne KKK mit Kadee Kupplungen in Verbindung mit starren Seitenpuffer bei minimalem Pufferabstand. Es werden Fahrzeugumbauten unumgänglich, weshalb ich von diesen anfangen werde zu berichten.
Wie man eine Roco V 60 mit Federpuffer von Weinert versieht sollte jedem klar sein, der schon mal einen Wagen mit gesteckten Puffer damit ausgerüstet hat. Man braucht nur die Aufnahmelöcher vorsichtig auf 2,2 mm aufweiten und schon lassen sich die gefederten Pendants (Weinert #86141/86151) in die Pufferbohle drücken. Meist ist dafür noch nicht mal Klebstoff nötig, weil sie - sofern man sorgfältig vorgeht - stramm auf Passung halten. Meine gebraucht beschaffte Roco V 60 hatte beim Einkauf bereits feine Radsätze aus Neusilber in der richtigen Radsatzdimension drauf. Zu dem ebenso bereits eingebauten Tran Decoder wurde in eigener Werkstatt noch ein Glockenankerumbausatz von SB Modellbau wie auch die Federpuffer eingebaut. Nun fährt die Lok unhörbar leise und gibt im Endeffekt den benötigten Standard für das Projekt vor. Ihr fehlt momentan noch die angedachte LED Beleuchtung, die aber auch noch kommen wird. Hinzu gesellten sich ein Fleischmann GGvwehs 44 (Stallungswagen) sowie noch ein paar Roco Kesselwagen, die nach ihrem Umbau meine Gedankengänge im Zusammenspiel von feinen Rädern, Federpuffer und Kadee Kupplungen in einem Laborversuch mit Radien ab etwa 90 cm bestätigen konnten. Die Wirkungsweise von Kadee Kupplungen setze ich einfach mal voraus, wer sie noch nicht kennt, dem kann auf YouTube geholfen werden. Diese waren übrigens auch für mich Anregung, meinen Kopf etwas anzustrengen.
Es geht um das Gesamtkonzept einer Modellbahn, die sowohl staub-wie katzensicher, so komfortabel wie möglich, möglichst leise im Betrieb und bei Nichtbetrieb einen Eye-Catcher im Wohnzimmer sein soll. Dazu gehören auch die Fahrzeuge, weil diese erst für diesen sehr speziellen Einsatz hin ertüchtigt werden müssen.
Nach einigem Suchen konnte ich ein größeres Konvolut gebrauchte Peco C83 Weichen zu einem sehr fairen Preis erstehen. Restbestände von Tillig Elite Flexgleis sind auch noch vorhanden. Damit ist zumindest schon mal die Gleisfrage geklärt. Einen klaren Gleisplan habe ich leider noch nicht. Aber das ergibt sich schon noch. Als Digitalzentrale habe ich eine Roco z21 mit wlan Paket und wlan Maus und einem älteren Lenovo ThinkPad mit einem noch nicht festgelegten Steuerungsprogramm. Die Weichen werden von Servoantrieben bewegt, die an bis zu drei ESU SwitchPilot servo hängen. Die Servoantriebe haben jeweils zwei Microschalter, mit denen sich Herzstückpolarisierung wie auch Rückmeldeanschlüsse bewerkstelligen lassen.
Das sind jetzt erstmal meine grundsätzlichen Überlegungen zu einer Anlage aus einem Guss. Vielleicht hat einer von euch noch eine Schwachstelle entdeckt oder Anregungen, die wir hier diskutieren können?
mfg
acecat