Hallo liebe Moba-Freunde
Nein, Emma und Molly sind und bleiben die einzigen von Anfang an verkehrstüchtigen Lokomotiven im unvergessenen Lummerland. War die "Wilde 13" nicht irgendwas Verhextes von jenseits des großen Meeres ?
Ich möchte Euch den nicht ganz kurzfristigen Umbau eines alten Dampflokmodells berichten, die ich vor einigen Jahren günstig auf einem Modellbahn-Flohmarkt gekauft habe. Das Modell hat Fleischmann wohl um 1960 für den US-Markt herausgebracht, eine Pacific (oder 4-6-2) mit dem Aufdruck "1366" und "Union Pacific". Nach dem genauen Vorbild dieser Lok darf man nicht fragen. Nach heutigen Maßstäben ist das Modell natürlich sehr grob detailliert: massiver Metallguss, dafür aber mechanisch sehr solide. Beste Bedingungen für ein nettes Bastelprojekt.
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Der Vorbesitzer, der mir die Lok verkaufte, hatte die Fleischmann-Lok übrigens selbst schon vor Jahren auf 3-Leiter umgebaut, mit Schleifer versehen und einen Märklin-Dekoder vom Typ 6080 eingebaut. Er hat das Gehäuse auch wieder eher in Richtung "Bundesbahn" umgestaltet, aber irgendwie war das Resultat nicht zufriedenstellend. Nun gut, deshalb war's auch ein günstiger Einkauf.
Äußerlich sieht die Lok tatsächlich nicht wie ein US-Dampfer, sondern wie eine BR 03 aus, wenn man mal vom Tender und von der Frontpartie absieht. Meine erste Umbauidee war, die Lok in Richtung einer "K4" zu gestalten. Das ist eine in den 1930er Jahren in Amerika bei vielen Bahngesellschaften zu findenden Schnellzuglok. Oder sollten die Amis am Ende des Krieges eine erbeutete 03 aus Deutschland zu sich hinüber in die USA verschifft und für ein geheimes Versuchsprojekt zum Thema Atomantrieb ausersonnen haben ? Alles scheint hier dem Modellbahner möglich.
Der Umbau der Lok hat zunächst einen technischen Aspekt, d.h. Elektrik, Motor, Dekoder, Licht. Damit bin ich soweit durch. Daneben gibt es einen gestalterischen Teil, also wie die Lok überzeugend auf der Anlage eingesetzt werden kann. Da bin ich erst zur Hälfte zufrieden und werde sicherlich noch das eine oder andere dran ändern.
Zuerst aber zum Umbau der Innereien:
Bei diesem Modell ist zwischen den Treibachsen für einen normalen Märklin-Schleifer mehr als ausreichend Platz, und es gibt auch ein Schraubloch. Musste mir sogar aus Hartplastik einen Abstandshalter zurechtfeilen, um den Schleifer tiefer zu legen. Wer sonst kennt bei einem 3-Leiter-Umbau solchen Luxus ? Masse kriegt die Lok über 13 von 20 Rädern, auch nicht schlecht.
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Bei meinen ersten Fahrversuchen fuhr die Lok erfreulicherweise auf Anhieb, aber leider schon bei niedriger Stufe mit atemberaubend hoher Geschwindigkeit an. Dafür blieb sie mit 3 oder 4 Güterwagen in der erstbesten Kurve summend und brummend stecken: keine Zugkraft, und der Motor wurde bald ziemlich heiß. Habe die Lok zunächst einmal mechanisch überarbeitet: Das Triebgestänge gerichtet, Räder und Getriebe gründlich geputzt und leichtgängig gemacht, den Dekoder gegen einen Lopi 3.0 getauscht, Anker (großer Rundmotor) und Motorschild auf elektrischen Durchgang bzw. richtige Isolation geprüft.
Das Ergebnis des nachfolgenden Probelaufs blieb weiterhin ernüchternd und das Geschoß schien so nicht zu bändigen, trotz umfangreicher Versuche mit den Motoreinstellungen am Dekoder. Heute weiß ich, dass der Feldmagnet im Motor einen Fehler, das heißt seine Magnetisierung teilweise verloren hatte. Kein Wunder, dass das alles nicht geklappt hat.
Nach etwa 1 Jahr Denkpause habe ich mich dann entschlossen, der Lok einen Faulhaber-Flachmotor zu spendieren, Typ 2607-T012-SR. Den Tip habe ich vor Jahren mal hier im Forum gelesen. Weiß nicht mehr bei wem, aber jedenfalls nachträglich nochmals vielen Dank für den echt guten Rat. Den Motor gab es dann für knappe 40 Euro bei Bürklin.
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Wenn man Anker, Motorschild und den Feldmagnet ausbaut, passt dieser Motor in den Blechring des alten Fleischmann-Motors. Das hintere Motorlager habe ich auf 8 mm Durchmesser aufbohren müssen. Fixiert wird der Motor mit einem Stück flachen Verpackungsgummis, wie man ihn zum Zusammenbinden von Stangengemüse verwendet (der grüne Ring auf dem Bild). Man sieht es hier zwar nicht, aber innen steht auf dem Gummi "Deutscher Spargel" drauf. Der Faulhaber-Motor bekam ein 12-zähniges Messingritzel mit Modulus (= Zahnabstand geteilt durch Pi) 0,5 mm und Achsenbohrungs-Durchmesser 1,5 mm. Habe ich nach dem Aufschieben auf die Achse mit einem winzigen Tröpfchen Superkleber fixiert. So passt alles genau zum Getriebe und zur Motorwelle.
Den Lopi 3.0 hatte ich mittlerweile anderswo verbaut. Dafür gab es jetzt einen Lopi 4.0 mit der neuesten Firmware-Version. Der passt auch wunderbar in den Raum hinter dem Getriebe in der Lok. Für den alten 6080 und den Lopi 3.0 mit seinem 8-poliger Schnittstellestecker war da nicht ausreichend Platz. Die saßen im Tender. Außerdem habe ich die Beleuchtung auf LED umgestellt und eine Anschlußbuchse für einen Rauchsatz vorgesehen (dazu werde ich allerdings eine Arbeitkollegen bitten müssen, Rahmen und Gehäuse passend auszufräsen).
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Weil jetzt der anfängliche Kabelsalat aus dem Führerhaus verschwunden ist, wollte ich den Raum auch nutzen. Ich habe die milchigen Führerhausfenster gegen klare ausgetauscht (ein Stück von einer PET-Flasche). Dazu kam dann noch eine Führerstandseinrichtung mit Lokführer, Heizer und diversen Armaturen, und eine schaltbare Feuerbüchsenbeleuchtung.
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Auch die Tenderdeichsel musste ich erneuern. Die Originaldeichsel ist lokseitig ganz am hinteren Ende des Rahmens befestigt. Dadurch wurde bei Belastung am Zughaken (vor allem seit dem Motortausch) die Lok bei Kurvenfahrt häufig aus der Kurve herausgedreht. Auch abzweigende normalgekrümmte K-Weichen wurden häufig ignoriert. Die neue Deichsel aber führt weiter nach vorn bis zum Aufhängepunkt des Nachläufergestells knapp hinter der letzten Treibachse. Dadurch ist der Hebelbarm, der die Lok in engen Kurven zum Entgleisen bringt, nun deutlich kleiner. Die neue Tenderdeichsel habe ich aus einer Schnellhefter-Blechzuge zurechtgebogen und -geschnitten. Auch der Lok-Tender-Abstand ist jetzt etwas kleiner als zuvor.
Die Dekoder-Programmierung bei der exotischen Kombination aus Lopi 4.0, Faulhaber-Motor, 60er-Jahre-Lokomotiv-Fossil und 6021-Zentrale war zunächst auch für mich, der nach vielen Decodern auf der 6021-Tastatur in aller Bescheidenheit flink und sicher ist wie Lang Lang auf dem Klavier, ein Improvisationsabenteuer. Vor allem gilt das für die Motoreinstellungen. Da habe ich von Hand keine wirklich brauchbaren Werte finden können, die ein ruckfreies Fahren erlaubt hätten. Immerhin kann der Dekoder die Motorparameter CV 53-56 (glaube ich) automatisch ermitteln. Das hat dann auf Anhieb ein sehr gutes Resultat ergeben. Die Lok fährt nun ausgezeichnet und hält vor allem auch in Kurven und auf Steigungen die Geschwindigkeit. Auch die Zugkraft ist jetzt mehr als ausreichend. Obwohl sie keine Haftreifen besitzt, neigen die Räder nicht zum durchdrehen. Nur in der niedrigsten Fahrstufe, und wenn kein Zug am Haken hängt, ruckelt die Lok noch ein wenig. Auslesen kann ich die CVs mit meiner alten 6021 leider nicht, sonst würde ich sie Euch gern mitteilen. Als Dekoderadresse hat es jedenfalls die "13" gegeben. Die war erstens noch frei und außerdem nehme ich für diesen Zweck immer die ersten zwei Ziffern der Loknummer.
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So, nun noch ein Foto, mit den Drehmel- und Pinselarbeiten werde ich ein ander Mal fortfahren.
Grüße
Hans Martin
(Edit 12.6.2014: Habe den Betreff gekürzt)