Guten Abend Freunde der Modelleisenbahn,
in aller Herrgottsfrühe ging es am vergangenen Mittwoch umweltfreundlich (zumindest verspricht mir DB Fernverkehr 100 % Ökostrom) mit der Bahn nach Mannheim.
Schon im Badnerlied wurde die Industrie Mannheims besungen und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass das größte Kraftwerk Baden-Württembergs mit einer Bruttoleistung von 2.146 MW, das Grosskraftwerk Mannheim (Eigenschreibweise), in Mannheim steht.
(Bild: Patrick Lenz)
Üblicherweise besichtigt man das Großkraftwerk, um zu erfahren, wie aus Steinkohle Strom, Fernwärme und sogenannter Prozessdampf (Industriebetriebe benötigen Dampf zur Produktion) für Millionen Menschen und für die Wirtschaft entsteht. Wobei ich zugeben muss, dass mich das auch interessiert hätte, zum einen ist das Großkraftwerk Mannheim mit dem Block 9 einer der modernsten Kohlekraftwerke in Europa, zum anderen entsteht dort auch der sogenannte Bahnstrom mit seiner speziellen Frequenz von 16,7 Hz.
Nein, wir fuhren nach Mannheim, denn dort wird der schienengebundene Werksverkehr nicht mit konventionellen Dieselloks oder Loks mit neuartigen Antrieben (Batterie oder Hybrid) abgewickelt, sondern von eigentümlich aussehenden Dampfspeicherloks durchgeführt! Bundesweit sind nur noch wenige Loks dieser Art im Einsatz, das Grosskraftwerk Mannheim besitzt mit vier Loks den größten Fuhrpark.
Dieses Bild entstand, bevor man vor lauter Dampf nichts mehr gesehen hat.
Steinkohle ist ein Gut, das klassischerweise mit dem Binnenschiff angeliefert wird. Doch etwa 10 % der benötigten Steinkohle (bei Hoch- und Niedrigwasser auch mehr) werden über die Schiene angeliefert. Das geschieht drei Mal pro Woche, die Dampfspeicherloks bringen die Güterwagen dann zu den Steinkohlelagern.
Das Prinzip einer Dampfspeicherlok ist recht einfach. Die Loks werden mit Dampf befüllt und bei einem Druck von 20 bar kondensiert das Wasser zum größten Teil wieder. Wird Dampf in die sehr groß ausgeführten Zylinder für den Antrieb geleitet, sinkt der Druck im Kessel und es siedet sofort Wasser nach. Bei einer Mitfahrt fiel uns die sehr hohe Anfahrzugkraft der Dampfspeicherlok auf.
Zur besseren Gewichtsverteilung liegen die Zylinder hinten.
Das Grosskraftwerk Mannheim hält aus wirtschaftlichen Gründen weiter an Dampfspeicherloks fest. So kostete der Kauf und die Aufarbeitung des letzten Neuzugangs weniger als 400.000 Euro, die Instandhaltung der einfach konstruierten Lok ist günstig, aber auch der Betrieb der Loks ist ausgesprochen günstig. Der Eisenbahnbetriebsleiter erzählte uns, dass eine Füllung, die für etwa sechs Stunden Betrieb reiche, etwa 2,70 € kostet. Angesichts der Tatsache, dass Dampf in Kraftwerken stets im Überfluss vorhanden ist, ist diese Zahl nicht weiter verwunderlich.
Auch zwei Modelleisenbahnhersteller nahmen sich die Mannheimer Loks zum Vorbild: Märklin setzte dabei die vierachsige Henschel-Lok um, Liliput-Bachmann setzte hingegen einen Dreiachser aus Meiningen um.
Auf jeden Fall sind Dampfspeicherloks ein interessantes Kapitel der Werkbahnen und dürfen bei der Darstellung des badischen Schienenverkehrs im Modell nicht fehlen. Nur sind die aufgerufenen Preise für die beiden Modelle nicht gerade gering.
Grüße aus dem Feinstaubkessel
Viet