Die Sache ist doch ganz einfach: wenn ich irgendetwas entwickle, was verschiedene Funktionen hat, dann stellt sich doch die Frage, ob ich nun alle Funktionen am Einzelmodell teste oder nicht, bei dem was ich entwickelt habe.
Bei einer Software ist es so: da sollte es nur eine Version für den Test geben, bei Modellen gibt es halt n-Versionen und jedes Modell sollte zwar gleich sein, ist aber nicht. Wenn ich wie üblich eine Stichprobe mache, erwische ich ein oder mehrere bestimmte Modelle (einer Charge, wenn ich mehrere mache) und da die Anweisungen gleich sind, Modelle zu montieren und auch das Material gleich sein soll (oder sogar vom Lieferanten oder vorher geprüft), kann ich mir den Luxus der Stichprobe gönnen, immer eingedenkt, daß Fehler bei der Montage oder beim Material vorhanden sind. Wenn eine ganze Charge falsch montiert ist, hat es halt eine falsche Arbeitsanweisung gegeben.
Wenn ich also eine Schleiferumschaltung vorsehe, dann wird man mit Sicherheit diese Technik bei irgendeiner Nullserie getestet haben, ob es funktioniert. Beim Test der Charge hat man es wohl nicht gemacht, sonst wäre es aufgefallen. Vorausgesetzt die ganze Charge ist falsch verdrahted. Wenn nur ein Teil falsch ist, kann die Stichprobe den Fehler nicht erkannt haben, wenn nur richtige Modelle sie durchlaufen haben.
Entweder wurde die Funktion überhaupt nicht geprüft oder die Stichprobe war in diesem Fall mangelhaft.
Wenn ich nun einen Turmtriebwagen mit 9 Funktionen habe, stellt sich doch die Frage: setze ich irgendeine Arbeitskraft dran, bei jedem einzupackenden Modell die gesamte Funktionalität zu testen.
Und wie teste ich das? Wenn ein Teil sich um 360 Grad drehen muß, teste ich dann, ob es das wirklich tut oder teste ich nur an, ob es sich 10% in die eine oder andere Richtung dreht? Wenn ich den ganzen Vorgang teste, kann das 10 oder 20 Sekunden länger dauern.
Ich denke, die Produktion wird permanernt getestet. Wenn eine Gehäuse fertig ist und wenn ein Druck fertig ist. Nur hat der Mitarbeiter offenbar Spielräume, denn ansonsten könnten z.B. einige schlecht bedruckte Modelle erst garnicht in den Handel kommen. Oder es wird angeordnet, daß gewisse Fehler eben nicht bereinigt werden (Augen zu und durch).
All diese "Testerei" ist wohl nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten organisiert. Und da ist es durchaus üblich, daß Reklamationen in Summe günstiger von der Kostenseite zu betrachten sind als aufwendige Tests, sofern die Fehlerquote gering ist (also im angenommen Rahmen).
Auch das wird genau getestet: wie hoch ist die Fehlerquote gemessen an den Rückläufen in der Produktion bis zu Rückläufen aus dem Handel.
Einen nicht funktionsfähigen Turmtriebwagen im Handel umzutauschen kommt wohl immer noch günstiger, als ein jedes Teil in 10 oder 20 Minuten auf Herz und Nieren zu testen. Wobei ich persönlich nicht weiß, ob Märklin eine solche Prüfung bei solch einem Premium Modell durchführen läßt oder nicht.
Und was nach dem Test noch alles passiert, weiß doch auch keiner. Beim Beispiel zieht dieses Argument natürlich nicht. Es verdrahted ja keiner neu. Bei meinem BEMO 624 neu aus der Schachtel war kein Strom im Beiwagen. Eine Lötstelle der stromführenden Kupplung war ab. Wo ist das passiert? Ist der Triebwagen an der Stichprobe vorbei? Oder war er OK? Ist es beim Einpacken passiert? Oder beim Auspacken? Oder beim Hinstellen aufs Gleis? Wenn einer einen Druck prüft und ihn für gut befindet und dann unvorsichtig in die Kiste legt und er ist noch nicht trocken, dann ist er ggf. verwischt. Da hat der Kunde halt Pech gehabt, wenn ein evtl. Kontrolleur des Endproduktes es nicht merkt oder toleriert, sofern es ihn gibt und er die Kompetenz hat, ein solches Modell auszusortieren.
Oft ist es aber so, daß ein Tester aus Zeitgründen nur gewisse Dinge testen darf und seine Aufgabe eng umschrieben ist und im eigenen Interesse (Durchsatz) er einen Teufel tut, sich um andere Dinge zu kümmern. Selbst wenn er es sieht. Er sieht es aber nicht, weil er dazu keine Zeit hat und er es auch ggf. nicht sehen will. Wer also die mechanischen Funktionen des Turmtriebwagen prüft, der wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf die Lesbarkeit des Druckes achten.
Wie sagt man heute so schön: andere Baustelle!
Oder am Ende: wer fühlt sich eigentlich für die ganzheitliche Funktionalität und für ganzheitliche richtige Umsetzung eines Modells noch verantwortlich? Verantwortlich in dem Sinne, daß er es überprüft.
Eine Modellbahnlok oder ein Wagen dürfte ein nicht unbedingt so komplexes Teil sein, daß die Summe von getesteten Komponenten nicht ein funktionsfähiges Ganzes ergibt, sofern die Schnittstellen im wahrsten Sinne des Wortes richtig definiert sind! Und da hat es offenbar gehakt. Kabel falsch angelötet. Wenn ich dann sehe, wie Teile so KONSTRUIERT werden, daß sie seitenverkehrt eingesetzt werden können und Schaden anrichten, fasse ich mich an den Kopf. Jeder gute Bausatz verhindert das bei wichtigen Teilen, indem es nur eine Lösung gibt, sie zu montieren.
Wieviele Modelle div. Hersteller aus jüngster Vergangenheit weisen seitenverkehrt montierte Teile auf....die wenigsten merken es.
Entwicklung ist halt auch teuer.