Spur G-Lok "direkt aus dem Führerstand" fahren (Projektende)

#1 von Thomas_H , 01.09.2023 14:04

Moinsens,

ich hatte hier im Forum ja mal von meiner Idee berichtet, dass ich eine Lok gern aus dem Führerstand fahren möchte und nach Erfahrungen gefragt. "Gibt es doch schon..." war die Antwort und ich recherchierte. Alles was ich fand waren teilweise schöne Videos gefilmt von Kameras auf einem Waggon.

Genau das wollte ich nicht. :) Ich will die Lok aus dem Führerstand heraus (virtuell) fahren. Drauf sitzen... mittendrin. An einem (oder zwei) Monitoren sitzen, vor mir die Regler für die Steuerung der Lok, und über die Technik die Lok von Ferne steuern.

Heute möchte ich den gelungenen Ansatz, quasi das Kernstück ohne das alles weitere scheitert, hier präsentieren.

Aktuell zu Hilfe genommen ein Microcomputer mit Kamera, ein ESP32 mit OV2460 Cam, eingebaut in eine BR204 (Harzkamel). Mittels Arduino IDE mit einem CameraWebserver bespielt, welcher einerseits die Konfiguration der Kamera zulässt, andererseits auch einen Port ausschließlich für den Stream zur Verfügung stellt.

Eine ESP32 Cam bekommt man für ein paar Euro beim freundlichen Ali oder bei dem Elektronikladen Eures Vertrauens. Weil die eingebaute WLAN-Antenne für unsere Zwecke viel zu schwach ist, braucht es auf jeden Fall noch eine extene Stummelantenne, die kurz genug ist, dass wir sie unsichtbar im Gehäuse einbauen können und die Camera selbst muss mit einem entsprechend langen Datenflachbandkabel ausgestattet sein, damit wir die eigentliche Elektronik unsichtbar verstecken können. Auch sollte diese Kamera eine Art "Weitwinkel" haben, damit sie möglichst viel und auch den vorderen Bereich noch scharf einfängt.

Bei der BR204 sitzt der "Mommphred" auf dem einen Platz, der andere Stuhl ist frei und geradezu prädestiniert als Kameraträger zu fungieren. Und weil man das Interieur komplett aus der 204 ausbauen kann kommt man gut an alle zu bearbeitenden Teile heran.

Die Kamera selbst habe ich auf die "Kopfstütze" geklebt, auf gleicher Höhe wie Mommphred's Kopf. Damit ich das Flachbandkabel direkt führen kann, habe ich mit einem Dremel einen Schlitz in den Sitz gemacht, genau dort, wo Rückenlehne und Sitzfläche zusammenkommen (Merke: die Säge/Trennscheibe sollte einen möglichst geringen Durchmesser haben. Ausreichend, um durchschneiden zu können, aber nicht zu groß, dass der Schlitz breiter ist als notwendig... )

Gleiche Prozedur im Boden. Passend: das Flachbandkabel liegt sowohl an der Rückenlehne als auch an der Säule des Sitzes an. Perfekt!

Der ESP32 muss etwas vorbereitet werden. Nicht nur, dass er über DHCP von Eurer Fritz-(oder was auch immer)box eine feste IP-Adresse zugewiesen bekommen muss, sondern Ihr müsst auch einen der vorhandenen Reset-Microschalter mit verlängerten Kabeln ausstatten, damit ihr irgendwo versteckt am Chassis der Lok einen Taster anbringen könnt. Manchmal brauchen die ESP32 einen Reset um ordentlich zu laden. Dafür dann die Lok aufzuschrauben ist kontraproduktiv. Ich werde ein Relais verwenden, welches über F-Taste bedient wird. Das Relais schließt den Stromkreis und resettet damit den ESP32.

Bleibt noch die Stromversorgung. Klar könnte man mit den Pins des ESP32 herumexperimentieren, bis der Microprozessor Strom bekommt. Ich habe mich für die einfachere Variante entschieden und Micro-USB-Stecker gekauft, die nur einseitig bestückt sind und am anderen Ende hängen zwei Kabel heraus. :) So kann ich über den Decoder die Cam mit 5V versorgen und per F-Taste einschalten.

Die Stummelantenne wird in der Richtung befestigt, in der am meisten Platz ist. Bei meiner 204 ist das nach "hinten". Da ich den Führerstand sowieso drehen werde, "Mommphred" also künftig rückwärts fahren wird, wird auch die Antenne an Mommphreds Konsole außen befestigt.

Unter dem Führerstand habe ich dann den ESP32 mit Heisskleber fixiert, nachdem ich die Kamera angeklemmt habe.

Und so schaut das Ganze aus

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Anschließend habe ich testweise den Führerstand wieder in das Chassis eingebaut und die Cam mal mit Strom versorgt und war sehr angenehm überrascht:

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Das Bild ist etwas dunkel, sorry. Die Kamera schaut ins "Gegenlicht", ich musste die Jalousien meines Arbeitszimmers herunterlassen.

ich warte nun noch auf passende Module, insbesondere das 6V-Modul, welches eine sichere Stromversorgung mit 6V gewährleistet. Dann wird man das Ganze puffern müssen(!!), damit die Cam nicht jedesmal einen Reset braucht, weil sie sich aufgrund kurzfristiger Stromlosigkeit abgeschaltet hat.

Es ist natürlich noch lange nicht fertig, aber wie nenne ich diese Phase? "Kernsystem installiert und funktioniert".

Nun bin ich auf Eure Verbesserungsvorschläge gespannt, ehe ich die BR204 irgendwann endgültig zuschraube.

ich denke, auch der Führerstand muss optisch nun etwas aufgepimpt (wie sagt ihr hier? "Gesupert"?) werden. :)

Gruß

Scotti


 
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zuletzt bearbeitet 06.11.2023 | Top

RE: Spur G-Lok "direkt aus dem Führerstand" fahren (Fortsetzung)

#2 von Thomas_H , 01.09.2023 14:21

Hier noch ein Bild auf dem Gleis bei einem ersten Fahrtest. Am Ende der Teststrecke nicht nur mein Moorhuhn, sondern auch ein Signal, welches leider schlecht zu sehen ist. Also doch noch eine andere Kamera?

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RE: Spur G-Lok "direkt aus dem Führerstand" fahren (Fortsetzung)

#3 von Thomas_H , 07.09.2023 14:07

Ja, so richtig hat mir das Ergebnis nicht gefallen, dass mit der eingesetzten Technik zu erreichen war. Ich habe nun einen Raspberry Pi Zero W eingesetzt, einen Microcomputer auf Linux-Basis mit dem Betriebssystem "MotionEyeOS". Das Kabel der mitgelieferten Kamera ist ziemlich kurz und eine passende Verlängerung zu finden gestaltet sich schwierig. Zum Glück lassen sich an den Raspberry Pi Zero W auch andere Kameras mit längerem Kabel anschließen, dumm nur, dass die meisten auf eine größeren Platine aufgelötet sind und diese nicht mehr so unauffällig im Führerstand eingebaut werden können.

Ein vorläufiger Test, bei der die Kamera nur provisorisch eingebaut wurde (mit ein wenig Doppelklebeband, darum hängt sie etwas schief) zeigt eine wesentlich bessere Bildqualität bei einer Liveübertragung fast ohne Verzögerungen und das bei einer Auflösung von 1024x768. Mehr wäre möglich, aber dann fängt das Video zu ruckeln an. Und: man muss den Prozessor auf maximale Leistung einstellen, dh. 1GHz.

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Das Problem der Unterbringung der Platine (die im Provisorium im Führerstand liegt) löst sich, wenn eine andere Kamera mit einem längeren Flachbandkabel verwendet werden kann, vielleicht auch hier wieder mit einem anderen Sichtwinkel zB. von 160°.

Fortsetzung folgt.


 
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RE: Spur G-Lok "direkt aus dem Führerstand" fahren (Fortsetzung)

#4 von Thomas_H , 14.09.2023 15:48

Die neuen Cameras mit längerem Flachbandkabel sind angekommen. Sogleich habe ich die Kamera in den Führerstand eingebaut und musste feststellen, dass die größere Bauart gar nicht so schlimm ist, wie ich zunächst angenommen hatte.
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Ein erster Test mit der neuen Kamera zeigt ein sehr gutes Bild und erste Gehversuche auf der Teststrecke sind als sehr positiv zu bewerten: das Video ist flüssig. Auch das in der Ferne erscheinende Signal (und das Moorhuhn mit seinem Teddykollegen) sind gut zu sehen.

Sorgen bereitet mir allerdings die aktuelle Reichweite, denn der Raspberry Pi Zero W hat keinen WLAN-Antennenanschluss. Hier wird MIR nichts anderes übrig bleiben, als einen Profi zu bitten mir diesen draufzulöten, da ich nicht über die Heisslufttechnik verfüge, wie sie für diese Art SMD erforderlich ist.

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Da der Raspi Zero W in einer eigenen verschlossenen Box in der BR204 liegen kann, ist er auch noch vor Feuchtigkeit etwas geschützt.
Das Kameramodul selbst muss ebenfalls auf seiner kleinen Platine sicher befestigt werden. Ein Tropfen Sekundenkleber wird es richten, anderenfalls fängt das Bild beim Fahren zu wackeln an. Es ist bislang ja auch nur ein Provisorium.

Fortsetzung folgt.


 
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Spur G-Lok "direkt aus dem Führerstand" fahren (Ende des Projekts)

#5 von Thomas_H , 06.11.2023 15:03

Am Wochenende bekam ich die Raspberri Pi Zero W zurück von jemandem, der SMD-Bauteile löten kann.

Ich habe mir die Arbeit nochmal angesehen und festgestellt, dass die entsprechenden Lötbrücken leider zur internen Antenne gingen. Nun gut, das konnte ich selbst schnell ändern, weil der entsprechende Platz bzw. ein sehr spitzer Lötkolben vorhanden war.

Ich versorgte den Raspi mit Strom, einem WLAN-Antennenkabel, einer Antenne und schaltete den Strom ein, nachdem ich ihm die Mini-SD-Karte mit dem MotionEye-OS wieder zurückgegeben habe. Dann packte ich den Raspi in ein so genanntes Faradaybag, welche definitiv kein WLAN der internen Antenne durchlässt. Die verlängerte WLAN-Antenne liess ich durch das Bag nach draussen und das Ergebnis war positiv. So stellte ich sicher, dass wirklich die externe WLAN-Antenne wirkte und nicht die interne.

Schließlich lötete ich an den GPIO-Port auf die Pins 4 ein Kabel für Plus (5V) und auf Pin 6 ein Kabel für den Minuspol. und verband diese beiden Kabel mit einem 22V~ auf 6V=-Wandler, welcher wiederum bereits an die Stromabnehmer der Lok angeschlossen war.

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Der Moment der Wahrheit: würde ich nun meinen Traum in Rauch aufgehen sehen? Ich schaltete den Strom ein.

Nein. Erwartungsgemäß fing die grüne LED des Raspi an zu flackern. Über meinen DHCP-Server konnte ich schnell die IP-Adresse des Raspi finden und rief die Webseite von MotionEye auf.

Ein glasklares Bild, nach dem Login sogar in 1024x786, wie ich es zuvor eingestellt hatte. Der Blick aus dem Führerstand! Ich liess die Lok anfahren. Kein ruckeln mehr, kein Zittern. Durch die aufgeklebte Kamera ein sauberes Bild.

Auf der Teststrecke fuhr ich einen Umbauwagen langsam an, um ihn anzukuppeln. Das ist natürlich aufgrund der anderen Perspektive zunächst gewöhnungsbedürftig, da man ja nicht wie sonst zwischen Lok und Waggon schauen kann. Es wird ein Umgewöhnen werden, wenn man endlich auf der großen Strecke (die ich leider noch nicht habe) fahren kann.

Von aussen ist die Kamera, wie schon oben gezeigt, nicht so offensichtlich.

Der Raspberry Pi Zero W fand seinen Platz hinter dem Führerstand im Maschinenraum und wurde innen oben am Gehäuse mit Klettband befestigt. Die WLAN-Antenne verblieb wie oben schon gezeigt direkt am Führerstand.

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Kann man denn nun eine Spur G-Lok aus dem Führerstand fahren? Ja, definitiv.

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Man benötigt dazu mindestens einen Raspberry Zero W und lässt sich von einem fachkundigen Elektroniker einen WLAN-Antennenanschluss drauflöten und die Brücke versetzen, die auf die interne WLAN-Antenne geht. Denn die interne reicht definitiv nicht aus, um größere Reichweiten im Garten zu gewährleisten.
Man sollte auch das Gehäuse des Raspberrys kaufen, es sichert eine vernünftige Unterbringung des Raspis und schützt ihn vor möglicherweise herumfliegenden stromführenden Kabeln.

Die Kamera ist eine P5V04A, auf dem langen Flachbandkabel mit dem Aufdruck HBV-Raspberry-300FPC, die man beim "schnellen Ali" für ein paar Euro bekommen kann.
Diese Kamera selbst befindet sich auf einer extra Platine und muss noch durch das Entfernen der Schutzfolie hinter der Kamera auf dieser Platine fixiert werden.

Die Stromversorgung sichert man durch einen 22V~ zu 6V= Wandler und versorgt die GPIO Pins 4(+) und 6(-), an die direkt jeweils ein Kabel angelötet wird, welches wiederum mit dem Wandler verbunden wird.
AUFPASSEN (!!!): die oben genannte GPIO-Pins sind nicht gegen verpolen oder Überspannung geschützt!

Als Betriebssystem für den Raspi verwendet man am besten das MotionEyeOS, das es kostenlos bei GitHub gibt. Dieses schreibt man auf eine Mini-SD-Card. Wie, beschreibt die GitHub-Seite sehr einfach und ausführlich.

Die IP-Adresse erhält man, wenn man in seinen Router schaut und dort den Bereich "DHCP" auswählt. dort wird sich ein Raspi melden. Diese IP-Adresse im Browser eingegeben führt nach dem Hochfahren des Raspis zur Webseite von MotionEye. Hier ist auf jeden Fall ein Login vonnöten (Benutzername "admin", kein Passwort beim ersten Mal), wenn man MotionEye konfigurieren möchte. Oberste Regel dabei: eine Einstellung, deren Bedeutung Du nicht kennst, bleibt zunächst unangetastet!

In MotionEye selbst sollte man alle Dienste die man nicht braucht abschalten, wie Samba (SMB-Verbindung, wie Windows es für Fileserver verwendet) und FTP-Server. Was auf jeden Fall eingeschaltet sein sollte ist die so genannte SSH-Verbindung. Sichert sie doch im Notfall hoffentlich die Möglichkeit zu schauen, warum man nicht auf das Webinterface kommt.

Auch sollte man die Prozessorleistung auf "Normal" schalten, damit man flüssige Bilder erhält und das Ganze nicht ruckelt. Nicht die Prozessorleistung auf Maximum bringen, das verringert die Lebensdauer des Raspi.

Alle Einstellungen hier aufzuzählen, würde den Rahmen hier sprengen. Auf jeden Fall ändert Ihr den "Hostnamen" unter "General Setting" in den Namen oder die Baureihe Eurer Lok, damit Verwechslungen möglichst ausgeschlossen sind und auch das Passwort, damit sich nicht jeder Dödel von aussen auf Eure Lok schalten kann (ein "Mitgucken" für Gäste bleibt auch ohne Login möglich, sofern gewünscht).

Fazit:

Ja, das Projket ist schon ziemlich bekloppt und es darf auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit gestellt werden. Wer aber auf seiner eigenen Strecke seine Loks fahren möchte wie ein richtiger Lokführer, wird diese Lösung lieben. Sie funktioniert, kostet nicht sehr viel Geld, ist spannend und am Ende ist man sein eigener Minikönig auf der eigenen Strecke. Und wer es noch bekloppter mag, kann über die GPIO-Schnittstelle einen Fahrtenschreiber realisieren, um sich von der besten Ehefrau von allen Schelte für jedes überfahrene HP0 abzuholen. Dafür gibt es aber noch keine richtige Softwarelösung, die muss man sich dann selbst schreiben. :)

In diesem Sinne... Steige ich nun auf meine BR204, ich hab' noch einen Güterzug wegzubringen... (tjaaa... wohin eigentlich?!)

Tschüsskens

Thomas_H


Xrot hat sich bedankt!
 
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zuletzt bearbeitet 06.11.2023 | Top

   

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