Hallo Stummis,
mit diesem Umbaubericht möchte ich euch auf eine Reise in meine Kindheit mitnehmen. Die größte Faszination löste zur damaligen Zeit mein fünfteiliger TGV Sud Est auf mich aus. Bis in die frühen 90er dominierte der signalorangefarbene Zug das Anlagenbild.
Zitat von raily74 im Beitrag Das 3-Generationen-Projekt
Knapp 20 Jahre später (also circa 2009) hatte ich den irrwitzigen Plan, dieses heiß geliebte Spielzeug der frühen 80er von Grund auf neu aufzubauen. Am Ende wäre es aber ein Spielzeug geblieben. Also machte ich mich Ende 2009 auf die Suche nach einem TGV der letzten Generation, gebaut zwischen 1995 und 1999. Diese Garnitur überzeugte mit Mittelmotor und Kardanwellenantrieb auf beide Drehgestelle, Kulissenführung, detaillierten Dachaufbauten und einer sauberen Beschriftung.
Hier sieht man den Zustand des Kinderspielzeugs nach erfolgtem Umbau auf weiße LEDs. Das Foto entstand witzigerweise eine Woche, bevor die automatische eBay-Suchabfrage den ersten Treffer meldete.
Anfang 2011 konnte ich also bei eBay Frankreich endlich eine zehnteilige Garnitur ersteigern. Voller Eifer machte ich mich an den Umbau der Garnitur und spendierte dem Triebwagen eine 8-polige Schnittstelle nach NEM652, stattete zwei Waggons mit Innenbeleuchtung und Reisenden aus und verband die ersten drei Teile elektrisch miteinander. Dann kamen mein Sohn, ein Haus, meine Tochter und schlussendlich die MobaLedLib dazwischen.
So verbrachte die zehnteilige Garnitur die letzten 13 Jahre in seine Einzelteile zerlegt im Schrank, während sich auch auf der Modellbahn die Welt weiter drehte. Mit neuen technischen Möglichkeiten fange ich also noch mal von vorne an.
Alles begann mit dem experimentellem Umbau auf LEDs für die Spitzenbeleuchtung, da der Lichtleiter des Triebwagens durch die Wärme der ab Werk verbauten Glühlampen bereits geschmolzen war. Der Halter zur Abschirmung entstand als 1:1 Nachbau des Originals im 3D Druck.
Nach mehrmaligen Versuchen sitzen die LEDs endlich auf der richtigen Höhe. Allerdings lässt die Lichtausbeute noch etwas zu wünschen übrig. Sehr wahrscheinlich ersetze ich die LEDs noch gegen den Typen PLCC2. Lange Zeit hat mich an diesem Anblick immer gestört, dass die letzte Version des TGV Sud Est ohne den typischen Kühlergrill auf Basis des TGV Reseau produziert wurde. Die beiden Einsätze meines 80er Jahre Spielzeugs liegen immer noch in der Bastelkiste. Doch vielleicht ist es auch ein Segen, dass Lima das aus Kostengründen weggelassen hat, denn später (so ab 2007), als die meisten TGVs dieser Generation schon ausgemustert wurden, gab es immer mal wieder Anlässe, zu denen man einen blauen TGV Reseau wieder in historischem signalorange lackiert hat.
Zum Beispiel hier auf Abschiedstournee in 2020. Ich kann damit die Brücke schlagen, warum ein Zug aus den 80ern auf einer Epoche V-Anlage seine Kreise zieht und muss nicht an den Triebköpfen fräsen.
Wo ich gerade schon dabei war, die Beleuchtung auf Vordermann zu bringen, schmiss ich als nächstes die selbst gebastelten Innenbeleuchtungen auf Steifenplatinen mit überall angelöteten und angeklebten Kabeln raus. Es betraf zum Glück ja nur die ersten beiden Wagen. Um trotz der beiden Zapfen mitten im Gang eine gleichmäßige Beleuchtung von vorn bis hinten zu erzielen, konstruierte ich mir zunächst in easyEDA Pro eine 8-fach Lichtleiste mit entsprechenden Bohrungen für diese Zapfen. Glücklicherweise passt dieses Länge auch in die untere Etage meiner Doppelstockwagen, sodass ich mir direkt 15 dieser Platinen bestellt habe (acht landen im TGV).
Erfahrungsgemäß flackert das Licht in den Personenwaggons gern mal. Bisher habe ich mir zu diesem Zweck immer eine Schaltung - bestehend aus einem 1000nF 16V Kondensator, einem 15V Spannungsregler, einem 100 Ohm Ladewiderstand, einer Freilaudiode und einem Gleichrichter bzw. vier 1N4148 Dioden - zuammengefrickelt. Das hat mich immer so genervt, dass ein Umbau eines Waggons meist an fehlender Lust gescheitert ist. Da ich diesmal zügig voran kommen will, habe ich auch hierfür eine Schaltung entworfen, die hoffentlich in jeder Toilette eines Waggons Platz findet. Die äußeren Abmessungen betragen 20x14x10,8mm.
Die nächste Herausforderung war die Stromübertragung durch die Jakobs Drehgestelle. Vor 13 Jahren habe ich das noch mit zwei kleinen Buchsen im 2,54er Rastermaß gelöst, die ich in die Innenseite des Faltenbalgs eingebohrt habe. Allerdings musste man den Stecker mit viel Licht und Pinzette einsetzen. Ich befürchte, dass ich die Buchse heute gar nicht mehr sehen würde. Also habe ich die positiven Erfahrungen mit der stromführenden Magnetkupplung auf die Jakobs Drehgestelle übertragen. Für die exakte Positionierung im Faltenbalg habe ich eine Bohrschablone gedruckt.
Beim Anlöten der LEDs und der stromführenden Kupplung an die umgebaute Hauptplatine konnte mein innerer Monk einfach nicht widerstehen. Nun hatte ich für alle Fälle eigene Platinen entwickelt und sollte das nun an eine Hauptplatine anschließen, die gefühlt aus 30 Kabelbrücken bestand? Ich hab es nicht über's Herz gebracht, das so zu lassen. Also habe ich heute Abend einen Ersatz für die Originale Hauptplatine entworfen. Die neue Platine hat zwei integrierte Ladeschaltungen für einen externen 2200uF Elektrolyt-Kondensator zur Pufferung des Motors und für den integrierten 470uF Tantalkondensator zur Pufferung des Decoderprozessors, der nur im Fall eines ESU Lopi V3 benötigt wird. Darüber hinaus gibt es vier Widerstände (zwei für die LEDs im oben gezeigten Halter, einen für das Spitzensignal und einen für die Führerstandsbeleuchtung an AUX2. Über die dreipolige Buchsenleiste kann das Gehäuse des Triebwagens angschlossen werden, damit Spitzenlicht und Führerstandsbeleuchtung im Gehäuse fest verbaut werden können. Um die benötigten Litzen auf ein Minimum zu reduzieren, habe ich der Hauptplatine eine 21polige Schnittstelle nach NEM660 spendiert.
Fortsetzung folgt...