RE: Bremslokomotiven - wie funktionierte das?

#1 von Michael K , 15.03.2009 14:05

Hallo zusammen,
für die Messungen an neuen Loks wurden ja oft sogenannte Bremslokomotiven verwendet. Warum ist mir eigentlich klar - um eine konstante und wahrscheinlich einstellbare Belastung zu erreichen.

Nur, wie funktionierte das bei den Dampfloks als Bremslok? Haben die die Zylinder rückwärts mit Dampf beaufschlagt oder die Kolben Luft komprimieren lassen, oder wie? Immerhin wird dabei ja einiges an Energie (Wärme) frei, die muss irgendwo hin.

Wie macht machte man das in der Nach-Dampflok-Zeit und vor der Rückspeisung-ins-Netz-E-Loks?


Viele Grüße
Michael


 
Michael K
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RE: Bremslokomotiven - wie funktionierte das?

#2 von Laenderbahner ( gelöscht ) , 15.03.2009 15:44

Hallo Michael,

Als Bremslokomotiven wurden beim LVA Grunewald (Epoche II) üblicherweise Güterzugdampfloks der preuß. Baureihen G 8.2 oder G 12 verwendet, bei Schnellfahrten die S 10.2 und S 10.1.
Bei dem BVA Minden (Epoche III) waren es die BR 44 und 45 oder die großrädrigen Dampflokomotiven der Baureihen 18.3, 18.4.
Später kam dort für diesen Zweck auch die V 300 zum Einsatz.
Erst, als die Drehstromlokomotiven mit Rückwandlung der Bremsenergie zur Speisung der Fahrnetzes in Dienst gestellt wurden (AFAIR BR 120.0), konnten auch Elloks als Bremslokomotiven verwendet werden.

Grund war, dass die Bremslokomotiven neben ihrer Masse als Zugersatz auch über leistungsfähige Bremsanlagen verfügen mußten, die auch über längere Zeit wirkungsfähig blieben, ohne zu Überhitzen.
Bei den Bremsanlagen der Dampfloks war das kein Problem, die Widerstandsbremsen der älteren Elloks dagegen waren dem nicht gewachsen.

Die Übergangszeit gab es bei der DB so nicht, ich kann mich an die Testfahrten der 120 001 erinnern, da diente eine BR 44 als Bremslok.


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RE: Bremslokomotiven - wie funktionierte das?

#3 von Michael K , 15.03.2009 16:00

Hallo Thomas,
hab ich das jetzt richtig verstanden. Die Bremsloks bremsten mit ihrer normalen Reibungsbremse der Räder? Ich dachte immer, es gäbe sowas wie eine "Motorbremse". Also Gegendruck auf die Zylinder oder vielleicht den Schieber so stellen, dass der Kolben komprimiert.
Ob sowas funktioniert, oder obs sowas gegeben hat weiß ich nicht.
Aber mit der normalen Bremsanlage - das hätte ich nicht gedacht...


Viele Grüße
Michael


 
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RE: Bremslokomotiven - wie funktionierte das?

#4 von Laenderbahner ( gelöscht ) , 15.03.2009 17:24

Hallo Michael,
ja das hast Du richtig verstanden, die Bremslokomotiven der Versuchsämter bremsten mit ihrer "normalen" Bremsanlage, bei den Dampfloks mit den Scherenbremsen.
Die Bremsen der "Bremslokomotiven" dienten nur höchst selten zur Lastsimulation - dazu wurde einfach ein Zug angehängt - sondern zum sicheren Abbremsen des Versuchszuges, wenn die Bremsen der Versuchslok versagen sollten.
Das war gar nicht so selten, denn bei diesen Versuchen wurden die Bremsen der zu testenden Lokomotiven ja im Grenzbereich belastet oder in Dauerbremsversuchen sogar absichtlich überlastet.

Was Du ansonsten gemeint hast, wäre eine Riggenbach-Gegendruckbremse. Damit wurden viele Güterzug- und Tenderdampflokomotiven ausgerüstet - hauptsächlich auf Rampen- und langen Gefällstrecken (BR 59, BR 96, bay. D VIII, bay. PtzL 3/4, etc.). Die Einbau der Gegendruckbremse ist am Schalldämpfer hinter dem Schornstein erkennbar.
Das Prinzip war tatsächlich die Umkehr der normalen Zylinderfunktion. Dazu wurde die Dampfzufuhr abgestellt, der Zylinder saugte Frischluft ein, die darauf komprimiert wurde und dann über Schieberkasten und Schalldämpfer entweichen konnte. Da das Komprimieren der Luft auch zur starken Erhitzung der Luft führte, mußte gleichzeitig mit dem Einsaugen der Luft Wasser in den Zylinder gespritzt werden, um das Verbrennen der Dichtungen in Zylinder und Schieberkasten zu verhindern.


Laenderbahner

RE: Bremslokomotiven - wie funktionierte das?

#5 von Michael K , 15.03.2009 17:37

Danke Thomas, für die fundierte Antwort.
jetzt weiß ich endlich, was die Riggenbach Bremse ist (geahnt hab ichs schon... )


Viele Grüße
Michael


 
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RE: Bremslokomotiven - wie funktionierte das?

#6 von Railion ( gelöscht ) , 15.03.2009 17:52

Tachauch....

Ähm ich wage mal anzuzweifeln, das bei Beharrungsfahrten die BETRIEBSBremse (Klotzbremse) benutzt wurde.

Diese Versuchsfahrten zogen sich sicherlich über mehrere Kilometer hin, danach dürfte die Bremsanlage der Bremslok Schrott sein weil A: die Bremssohlen überhitzen; B: die Rad(reifen bei Speichenrädern) die Wärme nicht schnell genug abführen konnten (nicht umsonst kam es in Folge von Überbremsungen/Dauerbremsungen zu Radreifenverdrehungen)

Sicherlich wurde das in der Anfangszeit des Versuchswesens so gehandhabt, aber nachdem die Loks immer leistungsfähiger wurden; suchte man logischerweise nach verschleissfreien/ärmeren Bremsen

dies waren einerseits die Riggenbach Gegendruckbremse (bei Dampflok zb Br 44 45 50 (jeweils nur einige) die auch bei Steilstrecken Loks gefordert war (lange Talfahrten in Beharrung, würde Dauerbremsen und kontraproduktiv Schmierdampf erfordern!)

Bei Ellok dann die Widerstandsbremsen/Fahrdrahtbremsen/Rekuperationsbremsen (wo die Bremsenergie entweder in Wärme umgewandelt wird , oder in den Fahrdraht zurückgespeist) (Einschränkung hier die Aufnahme des FD bzw die Belastbarkeit der Widerstände)
Bei Diesellok dann die Hydrodynamische Bremse (wo Bremsenergie im Hydrogetreibe "vernichtet" wurde; hohe Kühlleistung erforderlich! Bsp: Br 213)

Neuere Drehstromloks könne aufgrund ihrer Bauart jede Bremsleistung problemlos aufbringen, da bei diesen Bremse in etwa "umgekehrtes Fahren" bedeutet.
Daher wurden und werden diese Loks nun bevorzug dafür eingesetzt:
V Lok: Br 202 in den 70ern
240 in den 80ern
Ellok:
Br 120.0 und .1 (heuer nur noch 005)
Neuere Bauarten je nach Leistungsbedarf

dazu ne Anekdote: Als in der Schweiz eine 52.80 zu einer neuen umweltfreundlichen Dampflok umgebaut wurde; wurden vor und nach dem Umbau Meßfahrten mit einer Re 4/4 V durchgeführt. Derem Bremskraft reichte schon bei der Urversion nicht aus.. die 52.80 schob bzw zog die Lok einfach weg .. mit durchdrehenden Rädern..


Railion

RE: Bremslokomotiven - wie funktionierte das?

#7 von Laenderbahner ( gelöscht ) , 15.03.2009 19:12

Hallo,

Zitat von Railion
Tachauch....

Ähm ich wage mal anzuzweifeln, das bei Beharrungsfahrten die BETRIEBSBremse (Klotzbremse) benutzt wurde.




hab ich was von Beharrungsfahrten geschrieben?
Das wäre in der Tat Zerstörungswut auf hohem Niveau.

Vielleicht hätte ich es gleich richtig schreiben sollen:
Die Klotzbremsen zur Lastsimulation wurden verwendet, um festzustellen, welche Anzugfahrmasse von der zu testenden Lokomotive maximal zu bewältigen war.


Laenderbahner

RE: Bremslokomotiven - wie funktionierte das?

#8 von contrans , 15.03.2009 20:32

Hallo,

im Gegensatz zu den Ausführung von Länderbahner wurden sehr wohl die Riggenbach-Gegendruckbremsen zur Lastsimulation verwendet. Diese Versuche wurden z.B. in den 70er Jahren vom BZA München durchgeführt, auch in Zusammenarbeit mit der Elektrotechnischen Anstalt in Freimann.
Dazu waren extra 50 975 und 44 234 / 44 1204 in Nürnberg stationiert. 44 234 erleidet einen Schaden und wird 1972 ausgemustert, dafür erhält die Ottberger 44 070 extra deren Gegendruckbremse und wird nach Nürnberg umstationiert. Am 1. 10 1972 gehen die Lok nach Weiden, da der Nürnberger 44er-Bestand aufgelöst wird.
44 070 dient 1973 der Vorserienlok 151 001 als Bremslok, dann erleidet auch sie einen Schaden. Wieder wird die Gegendruckbremse umgebaut, diesemal in die Ottberger 44 427, und auch diese Lok geht in den Bestand des Bw Weiden über. Laut EK wurden die Versuche oft ab Bw Augsburg durchgeführt.
50 975 z. 16.2.75, + 26.6.75; Erhalten im DDM

Mitte 1975 wurde mit 44 404 (auch mit Gegendruckbremse) und 44 427 - sowie 202 004 und einem Messwagen - die neue 181 207 getestet.

Ende 1975 wurden auf der Strecke Passau-Regensburg die neuen 111 bei Beharrungsmessfahrten getestet. Der Zug bestand aus 044 427-3, 044 404-2, 111 012-1, 111 001-4, dem obligatorischen Messwagen und der "Testlok" 111 007-1 (Bild im EM 2/1975).

Im Dezember gingen die beiden 44 in den Bestand des BW Crailsheim über, standen aber dort auch dem BZA München für Versuche zur verfügung.

Der letzte Einsatz der Bremsloks 44 404 und 427 fand dann am 11./12. Juni 1976 statt. Bei E 103 102 wurden Zugkraftwerte ermittelt. Diesmal waren auch die beiden Vorserien-Mehrsystemlok 181 103 und 104 dabei, die als einzige 181 beide über eine elektrische Netzbremse verfügten und deshalb auch ideal als Bremslok für Beharrungsmessfahrten dienen konnten.
Am 1.7.1976 verliessen die beiden 44er Crailsheim und wurden zum Bw Gelsenkirchen-Bismarck umstationiert.

Als Ersatz für die beiden 44 wurden schon etwa 1975 die beiden Vorserien V 217 001 und 002 umgerüstet. Kurz gesagt erhielten sie ein hydraulisches Getriebe mit integrierter hydrodynamischer Bremse und eine neue Kühlanlage sowie weitere Modifikationen, etwa zum Testen elektrischer Heizanlagen.
Viele Fotos zeigen die beiden 217 bei den Versuchen mit den 1979 abgelieferten E 120, die natürlich nicht mehr mit Dampfloks geprüft wurden (Dampfverbot ab 1977!). Mit von der Partie waren oft auch die oben genannten Vorserien 181 oder etwa die 103.0 Vorserienloks.

Gruss contrans

Edit. Stationierungsdaten


 
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RE: Bremslokomotiven - wie funktionierte das?

#9 von Laenderbahner ( gelöscht ) , 15.03.2009 21:00

Hallo contrans,

entschuldige, Du hast natürlich recht, bei der 120 001 können keine Dampfloks mehr im Spiel gewesen sein. ops:
Als Entschuldigung habe ich was für Euch - die 230 001-0 als Bremslok hinter dem Gasturbinen-Triebkopf 602. Das Gespann hatte sich gerade auf der Schiefen Ebene "ausgetobt".


Laenderbahner

RE: Bremslokomotiven - wie funktionierte das?

#10 von contrans , 15.03.2009 21:17

Whow,

ein sehr "starkes" Bild! Muss 1972 sein, da der 602 noch nicht über die seitlichen Lufteinlässe verfügt.
Um beim Thema zu bleiben: Im März 1973 war 602 002 / 901 307 / 602 004 im Allgäu mit den Bremslok 044 070 + 050 975 sowie 2 Messwagen unterwegs. Für den Literaturfreund: Bild in "Die Lokomotive 4", Podzun-Verlag = "Die Gasturbinen-Fahrzeuge der Deutschen Bundesbahn"

Danke!

andi_z


 
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RE: Bremslokomotiven - wie funktionierte das?

#11 von Laenderbahner ( gelöscht ) , 15.03.2009 21:26

Hallo contrans,
vollkommen richtig - das Bild entstand am 08.03.1972 im Hbf. Bayreuth.


Laenderbahner

RE: Bremslokomotiven - wie funktionierte das?

#12 von Michael K , 18.03.2009 11:28

Zitat von Laenderbahner
Hallo contrans,
vollkommen richtig - das Bild entstand am 08.03.1972 im Hbf. Bayreuth.



Boah, meine Heimat! Aber da war ich gerade im Kindergartenalter ops:
...und den Lokschuppen gibts schon lang nicht mehr - aber die Segmentdrehscheibe ist noch da.


Viele Grüße
Michael


 
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