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Der Fluch der Akribik, Teil 157
WARUM DER BRAWA AN ALLEM SCHULD IST
Zunächst habe ich diese Woche noch schnell einen weiteren offenen Wagen aufs Gleis gestellt – einen Omm 37 aus der leider nicht mehr existierenden hervorragenden Waggonschmiede des Mag. Klein:
Die Bremsecken dieses Wagens werden noch zu korrigieren sein, denn ich habe einen Leitungswagen daraus gemacht. Laut Carstens wurde eine erkleckliche Anzahl dieser Fahrzeuge ungebremst geliefert. Vielleicht, weil wie bei mir im Modell, das Tempo der Herstellung erhöht werden sollte.
Der Wagen hatte schon früher einmal die obligatorischen Federpuffer, Originalkupplungen, Griffe und Tritte, Bremsschläuche sowie Signalhalter erhalten. Nun wurde noch die Bremsanlage entfernt, insbesondere wurden die Umschalthebel vorsichtig vom Sprengwerk abgeschabt.
Fertig.
Dachte ich.
Denn als ich zur Hand nahm die heiligen Schriften des Stefan Carstens, fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren und ich wurde gewahr, dass ein Omm 37 kein Omm 34 ist, und dass ihm der Herr, der für diese Konstruktion verantwortlich war, nebst Sprengwerk auch stärkere senkrechte Kastensäulen geschenkt hatte, woraufhin die beim Omm 34 über den Türen angebrachten Obergurte entfielen…
Also: noch einmal her mit dem Modell, Obergurte vorsichtig abschneiden, nachfeilen, Verriegelung in Form eines 0,3mm-Drahtes einkleben. Carstens bietet in seinen Zeichnungen generell leider keine Draufsicht an, mir fehlen die Maße für die Querschnitte der senkrechten Kastensäulen. Ich sah mir Vorbildfotos an und klebte schließlich „nach Gefühl“ Streifen aus 0,25 x 0,5mm Polystyrol auf. Die senkrechten Steher waren sicherlich etwas stärker als beim Omm 34, aber klobig waren sie nicht.
Abschließend wollte ich noch das Blech unter der Türe um ein Drittel niedriger schneiden. Tatsächlich aber gab es von diesem Blech unterschiedlich hohe Ausführungen und die von Mag. Klein gewählte Höhe hat konkrete Vorbilder.
Damit war das Modell nun wirklich fertig und es kam ein weiterer offener Wagen zu jenen, die auf ihre abschließende farbliche Behandlung warten.
Da nun eine ausreichende Anzahl von offenen und gedeckten Wagen zugerüstet auf dem Gleis steht, ist es mir endlich gestattet, zum Abschluss dieser ersten Wagenserie über einen Privatwagen nachzudenken.
Juhuuuuu - ein Bierwagen??? rost: rost: rost: ???
NEIN, KEIN BIERWAGEN.
Definitiv nein. Man macht sich nicht schwindlig im Kopf, indem man mit vorbildfreien, quietschbunten Bierwaggons im Kreis fährt, bis einem schlecht wird. Der Bierliebhaber leistet sich vielmehr richtiges, gutes Bier, das er mit Maß genießt, indem er nur so viel trinkt, wie er mit aller Gewalt in sich hineinschütten kann, bis er schließlich Karussell fahrend sanft entschlummert. Und auf frei erfundene Bierwagen kann der wahre Bierliebhaber gerne verzichten, die stünden bei seinem Gelage nur der Kellnerin im Weg herum.
Es musste vielmehr ein erster Mineralölwagen her.
Und damit sind wir beim Thema der Überschrift. Es handelt sich nämlich um den 22 hl-Kesselwagen von Brawa in der VTG-Version, der bei mir zum Referenzmodell wurde. Auf das Niveau dieses Wagens wollte ich alle meine anderen Fahrzeuge bringen.
Ein Blick auf das Fahrwerk im Bereich der Bremsanlage sagt in diesem Zusammenhang mehr als tausend Worte:
Selbst die Lösezüge sind ab Werk vorhanden. Ich fixiere sie nur mit winzigen Loctite-Pünktchen, fertig.
Wer allerdings mit Echtkupplungen fährt, muss auch dieses brillante Beispiel industriell gefertigter Modellbaukunst noch ein wenig ergänzen. Dabei ist Vorsicht angesagt, denn die unglaublich filigranen Teile möchten behutsam gehandhabt werden, um nicht beschädigt zu werden. Bei diesem Wagen ist es mir auf Anhieb „gelungen“, ein Trittbrett abzubrechen. Brawas famoses Ersatzteilservice bewährte sich erneut: das Ersatz-Trittbrett war in wenigen Tagen bei mir.
Der Originalkupplungsfahrer benötigt nicht-durchstoßende Puffer, Originalkupplungen und Bremsschläuche. Weiters habe ich diesen Wagen mit den bei mir obligatorischen schmalen, hinterdrehten RP25/88-Rädern ausgestattet. Obgleich ich zugeben muss, dass sich auch die originalen hinterdrehten NEM-Räder dieses Fahrzeuges recht gut machen im Vergleich mit den in meiner Jugend üblichen „Pizzaschneidern“...
Als die Kurzkupplungskinematiken entfernt sind, wird am der Bremserbühne entgegengesetzten Ende offenbar, dass Teile der Träger des Fahrgestelles fehlen:
Ich ergänze die Träger mit passenden Polystyrolstreifen.
Ingo hat sich in seinem hervorragenden Blog noch viel intensiver als ich mit diesem Fahrzeug auseinandergesetzt. Er hat z.B. meinen Blick drauf gelenkt, dass die Rangierergriffe unter den Puffern aus 0,5mm-Draht sind und ein wenig klobig wirken. Ich habe diese Griffe, die sich übrigens leicht abziehen ließen, durch solche aus 0,3 mm Draht ersetzt.
Auch bei der Anbringung der Bremsfangschlingen bin ich Ingos Methode gefolgt. Da Bohrungen in den zarten Trägern nicht gefahrlos machbar waren, habe die Neusilberstreifen zurechtgebogen, auf die Bremsdreiecke aufgelegt und ihre Enden verlötet. Anschließend habe ich sie an den Trägern angeklebt.
Die originale, zierliche Handbremse folgte den Erfordernissen des NEM-Schachtes und war unten abgeschnitten. Ich habe sie durch eine Weinert-Handbremse ersetzt.
Im Laufe dieses Wochenendes bekommt der Wagen noch Griffstangen an den Aufstiegsleitern und die Ersatz-Trittbretter - dann war das das allerletzte Fahrzeug dieses nicht nur für manche von Euch schon kaum mehr zu ertragenden, quälend langen Güterwagen-Zurüst-Marathons.
In Kürze kommt Farbe ins Spiel!
Liebe Grüße
Euer Karl
@ Martin und Transalpin: Danke für eure netten Kommentare!