RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1651 von Ermel , 31.12.2016 13:26

Mal wieder eine beeindruckende Feinstfrokelei. Ich weiß nicht, ob ich mich das trauen würde; vermutlich werde ich meine Kesselwagen einfach als die berühmten Ausnahmen deklarieren, an denen dieser Handlauf kriegsunterhaltungsbedingt entfallen sei.

Zum Villach...

Zitat von notbremse
Was mir im Zuge meiner Gegenüberstellung erstmals besonders auffiel, ist die vergleichsweise enorme Höhe des äußeren Langträgers des Liliput-Modells. Mit den Jahren bin ich mit wertenden Äußerungen zu vermeintlich „falschen“ Modell-Ausführungen vorsichtig geworden, denn es scheint kaum etwas gegeben zu haben, was es beim Vorbild nicht gab. Diesen auffällig hohen Träger am Liliput-Modell habe ich bisher jedoch auf keinem Plan oder Foto belegt gefunden.


... habe ich dann doch noch mal ein bißchen meinen Forscherdrang ausgelebt und eine wie ich finde plausible Erklärung nebst gangbarem Lösungsansatz gefunden. Nachzulesen und anzukucken seit eben gerade im neuen Nachtrag zur Rahmenhöhe in der gestrigen Modellkritik auf Modellbahnfrokler.

Dir auch einen gelungenen Jahreswechsel und alles Gute!

Liebe Grüße, Ermel.


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1652 von Schwelleheinz , 31.12.2016 22:44

Hallo Karl,

auch aus dem Süden der Republik einen guten Rutsch und ein frohes neues Jahr


Grüße vom Hochrhein,

Hans-Dieter

Vorbild als Modell: Betriebsdiorama Bhf Säckingen

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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1653 von notbremse , 05.01.2017 09:26

@ Rene, Michael, Ermel und Hans-Dieter: Vielen Dank für eure netten Kommentare und eure Neujahrswünsche!

@ Ermel: Deine Modellkritik verfolge ich natürlich besonders aufmerksam weiter!


Wer schnell fertig werden will, sollte nicht Modellbau betreiben, sondern sich mit losen Damen vergnügen...

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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1654 von notbremse , 06.01.2017 15:37

.

Der Fluch der Akribik, Teil 161

KEINE ANGST VOR KLEINEN ÖSCHEN!


Eigentlich wollte ich ja schon längst dutzende Waggons anmalen. Aber dann kam mir dieses urige Teil hier in die Quere:




Der MUSSTE einfach schnell noch sein, bevor die große Mal-Orgie richtig losgeht.

Diese carri pianale (Flachwagen) der FS waren nämlich keine Exoten, wie man meinen möchte. Vielmehr waren sie bis zur Modernisierungswelle Ende der 50er Jahre DER italienische Automobil-Transportwaggon schlechthin. Mit diesen P-Wagen kamen 1955 zum Beispiel Fiat Topolino, 600 Multipla und 1100 in die nördlichen Nachbarländer. Auf dem Rückweg nach Süden hatten sie zum Beispiel Steyr-Traktoren geladen. Vielleicht nicht zuletzt deshalb, weil Steyr damals eng mit Fiat kooperierte und Fiat-Fahrzeuge in Lizenz baute.

Soviel mir bekannt ist, wurde dieser Typ ab 1937 gebaut. Die Entwicklung des Fahrzeuges dürfte stark von militärischen Vorgaben beeinflusst gewesen sein, denn 1936 blies der Duce zum Angriff gegen Abessinien, das heutige Äthiopien. Das schmale Bremserhaus (garrita) war am Rand über dem Puffer platziert. Kraftfahrzeuge konnten anstandslos an diesem Bremserhaus vorbei auf den Waggon fahren, er konnte somit von beiden Stirnseiten her beladen werden. Das Bühnengeländer waren zu diesem Zweck offensichtlich abnehmbar, die Bordwände überfahrbar.

Das hier gezeigte Modell ist ein etwas verfeinerter Bausatz von TTM:




Die Anleitung ist auch ohne Italienisch-Kenntnisse verständlich, denn sie ist vorbildlich illustriert:




Hinsichtlich der Passgenauigkeit und der einfachen Montage gilt analog und uneingeschränkt das Lob, das Ermel bereits einigen anderen Modellen von TTM angedeihen ließ.

Schon vor der Montage brachte ich etliche zusätzliche Bohrungen an und lackierte ich die Teile des Bremserhauses innen. Ich ergänzte den Bausatz mit Messing-Achslagern, mit RP25/88-Rädern mit 24,7mm Spitzenweite, mit Federpuffern, Originalkupplungen, Rangiergriffen und Bremsschläuchen. Die Bremsbacken wurden mit 0,5mm Draht verbunden, ebenso kam ein 0,4mm Draht zwischen die Bremsumsteller. Das Bremserhaus erhielt zwei Griffstangen.


Der ansonsten sehr filigran ausgeführte Bausatz enthielt einen recht stämmig geratenen Spritzling für das Bühnengeländer:




Auf dem Vorbildfoto auf der Verpackung ist erkennbar, dass das Geländer ein relativ filigranes, abnehmbares Rohr war. Ich habe das dicke Kunststoffgeländer abgeschnitten, die Halterungen aufgebohrt und ein neues Geländer aus 0,4mm Draht eingefügt.




Charakteristisch für diesen Wagen sind seine zahlreichen Zurrösen. Der Entschluss, diese Zurrösen nachzubilden, kostete mich zunächst einmal einiges an Überwindung. Die hierfür notwendigen 25 Bohrungen waren aber bald angezeichnet und in dem weichen Kunststoff überraschend schnell und komplikationslos ausgeführt. Obwohl ich alle Weinert-Ösen zusätzlich mit einer Reibahle ein wenig aufweitete, war diese Arbeit in weniger als drei Stunden abgeschlossen. Also: Keine Angst vor kleine Öschen!




Eine weitere Besonderheit dieses Fahrzeuges ist, dass es gebogene Pufferbleche unter den Scharnieren besaß. War die Ladung etwas breiter als der Wagen, fuhr man einfach mit heruntergeklappten Bordwänden. Diese Puffer verhinderten vermutlich, dass die Bordwände gegen den Rahmen schlugen, und stabilisierten sie.

Ich schnitt passende Neusilberblechstreifen aus der Bastelkiste spitz zu, rundete die Spitze mit der Feile ab und bog die Spitze um eine kleine Rundzange:



Abschließend längte ich die Blechstreifen passend ab.

Die bei uns üblichen Spillösen waren in Vor-UIC-Zeiten bei italienischen Fahrzeugen nicht gebräuchlich, vielmehr hatten sie Spillhaken, wie man auch auf dem Vorbildfoto auf der Verpackung dieses TTM-Bausatzes deutlich sehen kann.

Nun fehlte dem Modell noch etwas Gewicht. TTM bot für diesen Bausatz unter der Artikelnummer 003Ac ein Weißmetall-Gewicht an, welches den Bretterboden und die Bremsanlage andeutete. Dieses Gewicht ist leider derzeit nicht erhältlich. Ich griff daher zu Bleigewichten, mit denen das Fahrzeug von ursprünglich 12 Gramm auf 41 Gramm gebracht werden konnte. Für meine großen Radien sollte das ausreichen. Schließlich erhielt der Carro tipo P noch eine Bremsanlage und die typischen dreieckigen Bremsauffanglaschen:




Auf diesem Bild sieht man im Vordergrund auch schön die Zurrösen und die Bordwand-Puffer.

Damit ist auch dieser wirklich letzte Wagen meiner ersten Güterwagenserie fertig zum Bemalen.

Liebe Grüße

Euer Karl


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1655 von mehrdampf ( gelöscht ) , 07.01.2017 08:20

Hallo Karl,

mir gefällt sehr gut, wie du die Bauten an den verschiedenen Wagenmodellen hier vorstellst. Neben den zu erwartenden Wagen tauchen immer wieder auch Modelle auf, wie dieses nun, an die man nicht sofort denkt. Fallen dir diese beim Lesen/Blättern in Büchern/Online-Archiven zufällig auf, oder suchst du gezielt danach?

Grüße aus dem eisigen München
Wolf


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1656 von cachy , 07.01.2017 12:12

Servus Karl,


ein schöner Baubericht zu einem der Bausätze, die bisher eher an mir vorübergegangen sind (hab bisher nur die F und G bzw. einen Kesselwagen gebaut).

Ist der Wagen mit den mitgelieferten Beschriftungen für das Ausland verwendbar (RIV)?


Grüße,
Harald


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1657 von notbremse , 07.01.2017 14:49

@ Wolf: Ich habe es mir beim Sichten von alten Fotos angewöhnt, nicht nur das zu betrachten, was dem Bildautor damals interessant erschien, sondern auch an den Lokomotiven vorbeizusehen und die Umgebung genauer zu fokussieren. Auf diese Weise tauchen dann ab und zu interessante Fahrzeuge am Bildrand auf, die ich zu identifizieren versuche. Ich ergründe ihre Geschichte und versuche, brauchbare Modelle zu finden.

@ Harald: Mir geht es umgekehrt - ich habe über diesen Bausatz den Weg zu TTM gefunden und werde sicherlich später einmal noch weitere Fahrzeuge dieses Herstellers auf die Schiene bringen. Die Wagen sind allesamt in den Hauptabmessungen stimmig und auch fürs kleine Geldbörsel erschwinglich. Nur die beiliegenden Kunststoffräder muss man unbedingt gegen solche aus Metall austauschen.

Und RIV-Zeichen muss man sich bei den "einschlägig Verdächtigen" wie Gaßner oder Nothaft beschaffen, die gehören bei diesem Wagen leider nicht zum Decal-Satz. Da ich sowieso meine österreichischen G10 teilweise neu beschriften muss, habe ich mir ÖBB-Siebdruck-Decals von H0fine besorgt, dort sind auch RIV-Zeichen drauf.

Liebe Grüße

Karl


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1658 von cachy , 07.01.2017 16:59

N'Abend!

Zitat von notbremse

Die Wagen sind allesamt in den Hauptabmessungen stimmig und auch fürs kleine Geldbörsel erschwinglich. Nur die beiliegenden Kunststoffräder muss man unbedingt gegen solche aus Metall austauschen.



Ich weiß. Außerdem kann man durch die Bausatzform ja auch Varianten bauen ... ein wenig dazu findet man ja auch auf modellbahnfrokler.de (und davon sogar ein wenig von mir).

Zitat von notbremse

Da ich sowieso meine österreichischen G10 teilweise neu beschriften muss, habe ich mir ÖBB-Siebdruck-Decals von H0fine besorgt, dort sind auch RIV-Zeichen drauf.



Danke mir

Die Beschriftungen hat Manfred mit ein wenig Drängen in mancher Hinsicht ("Mach' einfach ein paar RIV's ...", "EUROP-Rahmen wären doch auch ganz nett...") gezeichnet und drucken lassen. Wenn Du als Ösi die Deutsche Post nicht auch noch sanieren willst, kannst Du die günstiger beim Erzeuger direkt kaufen.

Wenn ich mir Deine Umbauten so ansehe, würde der hier wohl auch gut dazu passen ...


Grüße,
Harald


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1659 von notbremse , 07.01.2017 18:18

Hallo Harald,

danke für deine Hinweise. Ich dachte bislang, es sei anders rum, nämlich dass fedes.at aus Deutschland zukauft.

Mit dem hier haust du allerdings mit dem Vorschlaghammer auf meinen Tränendrüsen herum,...



... denn der reizt mich sehr, aber den gab es 1955 sehr wahrscheinlich noch nicht. Teils wird 1960 oder 1961 als erstes Auslieferungsjahr genannt, auf Fotos taucht er ab 1959 auf. Ein sehr gelungenes Modell, das dennoch etwas Umbauspaß erlaubt, wenn man Türen geöffnet darstellt und wenn man ihm Inneneinrichtung und Beleuchtung spendieren will.

Ich werde mich, meinem Thema entsprechend, mehr mit altösterreichischen Conducteurwagen und mit ÖBB-Umbauten auf Basis Pwg Pr 14 beschäftigen.

Liebe Grüße

Karl


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1660 von cachy , 07.01.2017 19:56

N'Abend!

Zitat von notbremse

Ich dachte bislang, es sei anders rum, nämlich dass fedes.at aus Deutschland zukauft.



Man kriegt die H0fine-Sachen in der Regel auch über Fedes, stimmt. Aber die österreichischen Beschriftungen z.B. kommen von Fedes

Zitat von notbremse

Ein sehr gelungenes Modell, das dennoch etwas Umbauspaß erlaubt, wenn man Türen geöffnet darstellt und wenn man ihm Inneneinrichtung und Beleuchtung spendieren will.



Ich bin mir nicht sicher, wie es sie jetzt gibt, aber ich konnte als einer der Erstkäufer wählen, ob ich ein Modell mit geschlossenen oder geöffneten Türen (ich meine, es gab sogar eine Tür offen und eine zu?) haben wollte ...

Mit der Jahreszahl hast Du wohl aber recht ... wenn's natürlich damit zu spät für Dich ist: So hast Du Zeit für andere Projekte


Grüße,
Harald


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1661 von Ermel , 08.01.2017 13:26

Feine Flachwagen-Frokelei, ferbindlichste Ferehrung!

Ähem. Sorry.

Gefällt mir jedenfalls ausgesprochen gut, der Carro P. Und jetzt, wo ich von Dir weiß, was man da drauf verladen kann, muß wohl doch mal einer her -- mit Fiat wird der zwar kaum bis nach Norddeutschland gekommen sein, die wurden ja auch in Heilbronn lizenzgebaut, aber es gab ja auch noch Alfa und Lancia und so ...

Wieso werden das eigentlich immer mehr Projekte?

Egal. Die Ösen sind vielleicht nicht unbedingt nötig, aber diese Klappenanschläge allein schon, lecker! Allein deswegen will man so einen Wagen ja haben. Ich freu mich jedenfalls darauf, Dir da (in gebührendem Abstand freilich, zeitlich wie qualitativ) hinterherzufrokeln

Liebe Grüße, Ermel.


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1662 von notbremse , 13.01.2017 16:55

.

Der Fluch der Akribik, Teil 162

WAS ZUM TEUFEL HEISST “DRECKSPATZI” AUF ITALIENISCH?


Irgendwann in den letzten Wochen kriegte ich folgenden Gedanken nicht mehr aus dem Kopf: Warum besteht man eigentlich hartnäckig darauf, dass Fahrzeuge exakt im Farbton des Lieferzustandes produziert werden, wenn man sie hernach sowieso altert?

Folglich ziehe ich es vor, meinen Bausatz gleich mit einer fleckigen, alt wirkenden, teilweise durchscheinenden Farbschichte zu grundieren. Die Airbrush bleibt in ihrer Box. Die kleinen Blechflächen dürfen ein wenig ramponiert wirken, das gestalte ich mit dem Pinsel, indem ich die Farbe in mehreren Schichten unregelmäßig dick auftrage. Hier die allererste Schicht:




Dieser piccolo Italiano hier war um 1955 schon knapp 20 Jahre im Einsatz. Das darf man ihm schon ein wenig ansehen. Natürlich, viele Fahrzeuge werden in den 40er und 50er Jahren gründlich ausgebessert und vielleicht auch neu lackiert worden sein, aber hinter Dampfloks sah man ihnen das nach relativ kurzer Zeit sicherlich nicht mehr an.

Nach dem Grundieren der Bordwände und des Untergestells setze ich mit dem Wagenboden fort:




Die Farbe trage ich nicht großflächig auf, sondern ich bemale jedes Brett einzeln, immer von der Bordwand zur Mitte hin. Das Modell drehe ich unablässig um 180°. Überschüssige Farbe wird sofort mit dem trockenen Pinsel aufgesaugt.

Als Grundfarbe nehme ich Revell Beige 36189, das der Farbe eines frischen, hellen Holzes recht nahekommt. Darauf lege ich stark verdünnte Schichten mit Erdfarbe (36187), wieder Beige, Hellgrau (36176,) wieder Beige, Lederbraun (36184). Danach verschieden stark verdünnte Schwarz-Schichten und ein wenig Ocker. Klingt furchtbar kompliziert, ist aber in einem Abend erledigt.

Ich experimentiere bei dieser Gelegenheit ein wenig mit den Fugen. Die früher häufig gelesene Empfehlung, einfach eine dunkle Brühe in die Rillen laufen zu lassen, halte ich nicht für einen guten Rat. Die Rillen sehen dann so aus, als hätte es geregnet und als wäre der Wagenboden noch feucht. Ich versuche es mit einem Beige-Weiß-Gemisch – schon besser. Aber nicht überall, auch ein bisschen dunkler Dreck darf sein.

Dann wieder die Bordwände und das Bremserhäuschen. Ich habe dafür nicht „Rosso vagone“ RAL 8004 genommen, und schon gar nicht seidenmatt oder gar glänzend. Aus Revell 36137 Ziegelrot und 36184 Lederbraun habe ich mir einen Farbton gemischt, der etwas dunkler ist als RAL 8004 und außerdem durch den Pinselauftrag viel stumpfer und somit älter wirkt als ein Auftrag mit der Airbrush. Die Oberkanten der Bordwände helle ich ein wenig auf, hier sind sie Wind und Wetter besonders ausgesetzt.

Die braune Farbe lasse ich erst einmal gut trocknen. In der Zwischenzeit streiche ich das Fahrgestell nochmals schwarz. Pufferbohlen und Puffer waren laut Vorbildfotos aus den 50er Jahren braun, den Farbunterschied sieht man auch auf Schwarzweißfotos recht gut.

Eines der grauslichsten Monster der Akribik: nicht nachbehandelte Decals. Man schaut versehentlich hin und muss sofort erbrechen und bekommt Durchfall. Vielleicht kommt man sogar auf den Meeresboden der Akribik und hat plötzlich Seeschlangen im Bart. Also schaut euch das folgende Foto besser nicht an:




Es gibt mehrere Methoden, derart aufdringliche Decals unschädlich zu machen, die mittlerweile häufig darauf fußen, dass man mit glänzendem Lack grundiert, bevor man das Decal aufbringt.

Wenn ich einen Wagen sowieso mit dem Pinsel lackiere, dann spare ich mir allerdings das Grundieren mit glänzendem Lack. Ich lackiere einfach über das Decal drüber und spare die Beschriftung aus. Dabei geht es darum, dass das Decal eine Materialstärke hat, die bei seitlicher Betrachtung stark ins Auge fällt. Trägt man rund um das Decal die Farbe etwas dicker auf, wird diese aufdringliche Stufe ausgeglichen. Bei einem Wagen wie diesem, der 1955 schon knapp 20 Jahre im Einsatz war, darf dabei die Beschriftung ruhig ein wenig beschädigt werden. Zum Schluss überziehe ich das ganze Decal nochmals unregelmäßig mit stark verdünntem, rostigem Braun. Dann ist auch der Decal-Glanz endgültig weg:




(Edit/Nachtrag Die Position der Wagennummer entspricht nicht der Bauanleitung, sondern einem 1955 in Villach fotografierten Wagen.

Ein paar Kleinigkeiten noch, dann kann der Wagen in den endgültigen Fuhrpark wechseln: Räder nachbehandeln, Federn, Achshalter und Achslager farblich variieren, abgegriffene Stellen nachbehandeln.

Aber nicht jetzt. Jetzt heißt es bei mir: Schnee schaufeln!!!! – Der Kärntner Schi-Winter ist hereingebrochen.

@ Harald: Danke für deinen netten Hinweis.
@ Ermel: Viel Spaß mit dem originellen Wagerl!

Liebe Grüße

Karl


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1663 von UPBB4012 , 13.01.2017 17:16

Hallo Karl!

Ich muß doch auch mal wieder was bei Dir da lassen, wenn Du dich hier
Woche für Woche dermaßen interessant und unterhaltend akribisch ausläßt . . .

Gefällt mir ausnehmend gut Dein kleiner "sciattone" *

Auf die folgenden farbbehandelten Wagen aus dem karl´schen Oeuvre bin ich
weiterhin sehr gespannt! Freue mich echt jede Woche wieder auf Deinen Beitrag hier!

Viele liebe Grüße
Dein (auch liebend gern mal wieder Schnee schaufeln wollender)
Axel

* habe den Dreckspatz einfach mal im www übersetzen lassen


Mein "Zuhause":
http://www.bahnhof-odendorf.de
Der "Zweitwohnsitz":
viewtopic.php?f=51&t=48501

"Bevor ich mich jetzt Aufrege, isses mir lieber egal!"


 
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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1664 von Kohlenbahner , 13.01.2017 18:05

Salü Karl

Wie jede Woche ein Lichtblick auf der Hälfte des Arbeitsfreitags. Merci dafür!

Zauberhafter carro. Ich überlege schon, wie ich den aus ein paar Plastikschnipseln in N hinfriemeln könnte...

Ich will ja nicht ärgern angesichts der schon angebrachten Decals, aber fragen möchte ich doch: Bist Du Dir sicher mit dem schwarzen Längsträger? Viele (die meisten?) FS-Wagen hatten ja braune Längsträger oder gar komplett braune Untergestelle. Auf SW-Bildern lassen sich Braun und Schwarz allerdings kaum unterscheiden...

Warum ich frage: Ich habe hier einen aufgehübschten UIC-Gs der FS, Epoche III, liegen und bin farblich unschlüssig - Längsträger in Braun? In Schwarz? Oder was? Und was ist mit den Achshaltern?

Hier jetzt auch Schneeschippen...

Liebe Grüsse
Andreas


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1665 von notbremse , 13.01.2017 18:37

@ Axel: laut http://www.leo.org sciattone m. | sciattona f. [peggio.] der Schlamp | die Schlampe  Pl.: die Schlampen [ugs.] [pej.]   - ungepflegt

...das trifft den Kern der Sache nicht ganz. Wahrscheinlich müsste man eher "maialino" o.ä. sagen, denn die Ornithologen lehnen es bekanntlich ab, den Dreckspatz den Vögeln zuzurechnen. Vielmehr handelt es sich nach Ansicht der Vogelkundler um einen kindlichen Paarhufer, nämlich ein kleines Schweinchen...




@ Andreas: Hinsichtlich der Farbe des Längsträgers ist die Bauanleitung widersprüchlich. Während das Farbfoto einen Epoche IV-Wagen mit schwarzen Längsträgern zeigt, vor welchem die braunen Ösen perfekt zur Geltung kommen, haben sowohl das Epoche 3-Modell, das die Lage der Decals zeigt, als auch das in der Bauanleitung gezeigte Epoche 4-Modell braune Längsträger.

Der in Villach fotografierte Wagen von 1955 zeigt im Vergleich mit den ebenfalls im Schatten liegenden Bordwandpuffern einen recht deutlichen Hell-dunkel-Kontrast. Aus diesem Grund habe ich mich schließlich entschlossen, die Langträger schwarz zu streichen.

Da aber bei den FS - und nicht nur bei diesen - in den 50er Jahren zahlreiche Varianten der Positionierung der Schriften nachgewiesen werden können, ist es wahrscheinlich, dass auch die Farbgebung nicht ganz einheitlich war.

Die wenigen mir bekannten Farbfotos aus den 60er Jahren, auf denen bei gedeckten italienischen Wagen die Langträgerfarbe zweifelsfrei identifiziert werden kann, zeigen allerdings alle braune Langträger. Manche sind jedoch so verschmutzt, dass man fast glauben könnte, die Grundfarbe sei schwarz.

Andererseits habe ich hier ein von mir 2006 in Triest aufgenommenes Foto eines Gs mit schwarzen Langträgern - aber das beweist natürlich gar nichts. Ich zeige das Foto dennoch, weil es vielleicht beim Altern (Dach, abgesprungene Farbe auf den Brettern...) hilfreich sein kann:




Einmal öfter gilt: färbe ihn, wie es dir gefällt, und du wirst bestimmt irgendwann ein passendes Vorbild dazu finden.


Liebe Grüße

Karl


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1666 von cachy , 13.01.2017 20:09

Servus Karl!


Menno ... jetzt muss ich ja erst recht auch so einen Wagen bauen. Man, der sieht gut aus!

Bezüglich Langträger: Ich habe damals bei den F, FF und G länger umhergeschaut. Es gab wohl braune und schwarze, wobei ich das Gefühl hatte, dass in der Epoche III eher mal ein schwarzer Rahmen auf Fotos zu sehen war, in der Epoche IV fand ich dann eher braune Rahmen.

Heißt natürlich nicht, dass es bei anderen Wagentypen ebenso gewesen sein muss ...


Grüße,
Harald


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1667 von notbremse , 13.01.2017 21:35

Hallo Harald,

gute Idee. Vielleicht helfen ein paar zusätzliche Bestellungen den TTM-Leuten bei ihren Entscheidungen und es gibt weitere coole Projekte oder wenigstens Wiederauflagen derzeit nicht erhältlicher Produkte.

Viel Spaß beim Zusammenbau - und lass uns ein wenig daran teilhaben!

Was die Farben betrifft, sind italienische Fahrzeuge der Epoche III ein richtiges Ratespiel. Es gibt im Internet nur sehr wenige aussagekäfige alte Farbfotos. Das Fotografieren von Eisenbahnfahrzeugen soll in Italien früher verboten gewesen sein. Vielleicht ist das der Grund?

Liebe Grüße

Karl


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1668 von Kohlenbahner , 15.01.2017 17:12

Salü Karl

Merci fürs Gs-Bild - das ist ja mal eine Herausforderung für die Alterung... Meiner bekommt braune Langträger - schaut spezieller aus.

Gut, war fotografieren 2006 nicht mehr verboten.

Liebe Grüsse
Andreas


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1669 von Trapeztafel , 15.01.2017 21:02

Servus Karl!

Die Pinsellackierung ist sehr gut gelungen, Kompliment! Insbesondere die "Lebendigkeit" finde ich sehr überzeugend

LG Rene


 
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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1670 von monteur-joerg , 16.01.2017 17:41

Zitat

Hallo Jörg,

vielen Dank für dein extradickes Lob. Geh' mit meinen Berichten aber bitte kritisch um und teste, bevor du etwas für dich übernimmst.

Du hast dir ein nicht gerade kleines Projekt vorgenommen - ich wünsche dir viel Freude damit und die nötige Ausdauer!

Liebe Grüße

Karl



Hallo Karl

Da ich es beruflich gewohnt bin das meiste in Frage zu stellen, ich höre oft "...so müsste es eigentlich funktionieren..." und "...du wirst das schon machen...", und nach diesen Aussagen dann Anleitungen für die mir vor Ort anvertrauten "Experten" machen muss, teste und prüfe ich immer alles vorher.

Mein Projekt spielt sich mindestens im gleichen Zeitraum wie deins ab, es wird Ende November fertig werden, das Jahr steht aber noch nicht fest. Inzwischen hab ich mir selber noch ein wenig mehr Raum zugesprochen, der wird aber zur Auslagerung von Gleiswendel und Schattenbahnhof genutzt, nicht für die eigentliche Moba.

Gruss

Jörg

der sich im Moment hier rumtreibt: irgendwo zwischen Norwegen und England


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Rundreise im Westen der USA, California Zephyr, Dampfzüge

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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1671 von notbremse , 20.01.2017 13:37

.

Der Fluch der Akribik, Teil 163

SKANDAL IM SPERRBEZIRK – EIN TRAKTOR IM STUMMIFORUM!!!






„A klasa Trakta“, meinte der Toni anerkennend. „Und goa nit teia. So an kaf i ma hiaz a. Lei a bisle futuristisch isa holt.“ „A wos isn dos, ‚futaristisch‘“, wollte die Mitzi wissen. „Futuristisch haßt, dosa nua so tuat, wia wonna hiazan schon do steahn tatat. In Wirklichkeit gips ihn eascht nexts Joa!“

[Ein hervorragender Ackerschlepper. Und durchaus erschwinglich, wenn man genug schlägerungsreifen Forst besitzt. Einen solchen gedenke auch ich in naher Zukunft zu erwerben. Bloß ein wenig futuristisch mutet er an. – Was ist denn das, „futaristisch“? – „Futuristisch“ bedeutet, dass er lediglich den Anschein erzeugt, als befände er sich schon jetzt hier vor uns. Tatsächlich wird er erst im kommenden Jahr produziert!]

Tatsächlich, wir befinden uns im Jahr 1955, und die Mo-Miniatur-Packung gibt 1956 als Baujahr an. Sind Mitzi und Toni zum Zwecke grässlicher Experimente am lebenden Preiser von Aliens in die ferne Zukunft entführt worden?

Wie auch immer, ich kann diese Jahreszahl für mein Projekt getrost ignorieren. Diese Steyr-Traktoren wurden schon etliche Jahre früher gebaut, ohne dass sie wesentlich verändert wurden.

Aber was hat dieser kleine Traktor mit meinen Waggons zu tun? Nun, der Anlass für die Beschaffung dieses Modelles war folgendes Bild:




Foto: ÖBB-Archiv, Sammlung Thomas Daxbeck, www.leobersdorferbahn.net


Der vordere Wagen hat Bordwände aus Holz, der hintere hingegen solche aus Metall. Demnach könnte der hintere Wagen ein Tipo P von 1937 oder von 1942 sein, ein Exemplar „senza garitta“, also ohne Bremserhaus – beide Wagen sind offensichtlich Leitungswagen.

Auf den ersten Blick sehen die Traktoren auf diesem Foto wie Steyr 80 aus. Ich gelange aber schließlich zur der Auffassung, dass es sich zumindest bei den vorderen eher um 80a handeln müsste.

Rund 60.000 Stück des Steyr 80 wurden gebaut, etwa ein Viertel davon als 80a, eine Hackfrucht-Variante mit deutlich mehr Bodenfreiheit als die Standardversion. Der 80a hatte wesentlich höhere und schmälere Hinterräder als der 80er und charakteristische, ganz anders aussehende Felgen. Vorbildfotos und Grafiken, die den Unterschied verdeutlichen, gibt es auf www.zuckerfabrik24.de.

Ein Großteil dieser Traktoren ging in den Export. Nicht wenige davon nach Italien, weil Steyr und Fiat eng kooperierten und mangels Devisen regen Tauschhandel betrieben – zum Beispiel Traktoren gegen Komponenten für in Österreich in Lizenz gebaute Fiat-Automobile.

Also: es müssen Steyr 80a sein, die über meinen Taggenbrunn-Viadukt nach Italien in den Export gehen.

Ein nicht ganz billiges Unterfangen, denn auf einen Carro tipo P ohne Bremserhaus lud man dazumal 5 Stück quer, auf einen Wagen mit Bremserhaus passten 4 Stück. Den Steyr 80a bekam man bis vor kurzem als phantastisch detailliertes Modell bei MO-Miniatur, und weil niemand so ein Idiot ist, dass er stundenlang ohne Entgelt arbeitet, nur weil irgendein anderer sich ein möglichst billiges Modell wünscht, hatte diese exzellente Detaillierung selbstverständlich ihren Preis.

Angesichts der hervorragenden Detaillierung blieb da jedenfalls nicht mehr viel zu tun: MO-Miniatur-Trecker auf den Wagen draufstellen, ein paar Holzkeile anbringen und fertig!

Dachte ich. Indes, so einfach geht das in der Akribik selbst mit einem so brillanten Modell nicht.

Es musste natürlich zuerst einmal das weiße Vöcklabrucker Kennzeichen weg, das es in dieser Ausführung erst ab 1988 gab. Vor 1988 waren österreichische Kennzeichen bekanntlich schwarz. Vielleicht wollte man bei MO-Miniatur jüngeres Publikum ansprechen, indem man das Fahrzeug als wunderschön restaurierten Oldtimer anbot? - Weg muss auch die österreichische 15km-Tafel, die ebenfalls nicht so recht zu einem für den Italien-Export vorgesehenen Traktor von 1955 passen will:




Wie man am besten unpassende Decals auf einem Traktorkotflügel entfernt? Darfür gibt es z.B. bei Andreas Nothaft eine sehr gute Anleitung.

Ich habe es mir allerdings viiiieeel einfacher gemacht: ich habe kurzerhand die Kotflügel weggeschnitten!



Bei genauerer Betrachtung des Vorbildfotos sieht man, dass nur Schutzbügel montiert sind, aber keine Kotflügel. Und dann die Ackerschiene des Modells: sie steht unzulässig weit über die Bordwand. Es ist also wahrscheinlich, dass die frühen, zu Gunsten eines erschwinglichen Preises sehr spartanisch ausgestatteten Steyr-Traktoren ohne Ackerschiene ausgeliefert wurden. Daher muss auch die Ackerschiene weg. Und Rückspiegel waren so etwas wie Science Fiction, denn sie zählten damals ganz offensichtlich ebenfalls noch nicht zum Lieferumfang der Basismodelle. Also muss auch der Rückspiegel des Modells weg.

Es ist äußerste Vorsicht angesagt, denn das Modell ist aus Resin und entsprechend spröde. Bei jeder unvorsichtigen Berührung fällt ein kleines Teil ab – und meistens genau nicht dasjenige, das man gerade entfernen möchte. Bei mir sind es das linke Hinterrad, ein Pedal und das Lenkrad, welche sich außerplanmäßig verflüchtigen. Die in der Folge hergerichteten weiteren Modelle habe ich deshalb auf der schwarzen Kunststoffplatte, auf der sie für den Versand festgeschraubt waren, belassen. So musste ich sie nicht mehr direkt anfassen und so gingen meine weiteren Arbeiten weitgehend beschädigungsfrei voran.

Nun schneide ich die Ackerschiene und die Kotflügel weg. „Schneiden“ ist allerdings ein Ausdruck, der dieser Fizzelei nicht recht entsprechen will. Es ist eher ein wenig so, als ob man einem Floh eine Pudelfrisur schert…

Im Bereich der Hinterachse sind nun Nacharbeiten mit dem Messer notwendig:





Wie winzig und filigran der kleine Trecker ist, verdeutlicht der Cutter rechts im Bild. - Mit viel Geduld bringe ich diesen „mikrochirurgischen Eingriff“ zu einem guten Ende.

An den Sitz kommt noch ein Blech für die Nummerntafel. Die Säule des Lenkrades war mir etwas zu dick geraten. Das Lenkrad wurde gegen ein geätztes aus dem Weinert-Programm ausgetauscht, die Lenksäule durch 0,4mm MS-Draht ersetzt. Das Blech an der Vorderachse wurde geglättet und angebohrt. In das Bohrloch wurde eine Starterkurbel gesteckt – genau wie auf dem Foto.

Allerdings: so unglaublich detailliert das MO-Miniatur-Modell auch gelungen ist, einen schweren Mangel hat es dennoch, und zwar sogar einen geradezu lebensgefährlichen - das Auspuffrohr ist nämlich an seinem Ende verschlossen!!!



Weil gerade ein 0,6mm-MS-Mikroröhrchen herumlag, hat das Modell nun ein richtiges Auspuffrohr - oben offen, wie es sich gehört. Jetzt müsste Seuthe bloß noch einen Mikro-Rauchgenerator bauen, dann könnte man es auch noch richtig rauchen lassen…

Das abgegangen Pedal und die Hinterräder konnten jetzt wieder angeklebt werden.

Abschließend habe ich noch ein paar kleine Lackschäden an der Hinterachse und an den Ätzteilen mit Revell 36143 Mittelgrau ausgebessert. Der Umbau in eine frühe Spar-Version eines Steyr 80a sieht jetzt für meine Begriffe schon recht überzeugend aus:




Die aus einem dünnen Holzbrettchen bewusst unregelmäßig geschnitzten Keile klebe ich übrigens nicht an den Boden des Waggons, sondern nur an die Reifen des Traktors. So kann man den Traktor bei Bedarf jederzeit wieder abnehmen. Sollte sich das im Betrieb nicht bewähren, kann man die Traktoren immer noch mit winzigen Sekundenkleber-Tröpfchen fixieren. Eine Verzurrung vermag ich auf dem Vorbildfoto nicht zu erkennen. Die Keile müssen genügen.

Der Rest ist für „gestandene Mobaner“ keine große Neuigkeit. Es werden zwei weitere Traktoren gleichartig hergerichtet. Anschließend kommt der Tipo P der FS mit seiner Traktoren-Ladung zu meinem endgültigen Fuhrpark:




Aber halt - wieso nur zwei weitere Steyr? Was schreibt der Karl da? Da passen doch weitere drei drauf? Ist er insgeheim vielleicht dyskalkul? Oder fällt er vorzeitig der Demenz anheim?

Nun, der Steyr 80a ist bei Mo-Miniatur derzeit ausverkauft und ich habe insgesamt nur noch drei Stück ergattert. Bleibt nur zu hoffen, dass das Modell vielleicht wieder aufgelegt wird...

Einem eventuell überzähligen Exemplar würde ich gerne schon jetzt ein neues, freundliches Zuhause mit garantiert biologischer Bodenhaltung anbieten. Selbstverständlich gegen einen angemessenen Preis. Angebote bitte per PN .

Übrigens: auch andere kleine Traktoren transportierte man auf diese Weise quergestellt. Wem also das heutige Thema gar zu grauslich ausländisch-exotisch-fremd vorkam, der stellt einfach statt der Steyr 80a z.B. kleine Allgaier-Porsche-Traktormodelle auf passende Wagen. Nicht genug Traktoren einer Bauart vorhanden? Macht nichts, auch „gemischte“ Ladungen gab es, z.B. auf einem Rungenwagen vier kleine Traktoren quer, ein großer längs.

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Schluss jetzt mit dem außerbahnmäßigen Traktorenzeug. Nächsten Freitag gibt’s wieder Waggons.

@ Andreas, Rene und Jörg: vielen Dank für eure netten Kommentare!


Liebe Grüße aus dem jetzt recht frostigen Kärnten

Euer Karl


Wer schnell fertig werden will, sollte nicht Modellbau betreiben, sondern sich mit losen Damen vergnügen...

Mein Projekt im Stummiforum: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn


 
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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1672 von 7-Kuppler , 20.01.2017 13:47

Wow Karl

Was für ein schönes Traktorenmodell!
Und besser zur Geltung als auf dem Flachwagen, so er am Anlagenrand vorbeirollt, kann er garnicht kommen!

Ich wünschte, Modelle in dieser Qualität würde es auch in 1:120 geben!


Gruß in die Runde aus der "halben Rotunde" !
....... natürlich in TT !

Dirk

Meine BW und RAW - Zangeleien:

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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1673 von Trapeztafel , 20.01.2017 15:33

Hallo Karl!

A Waunsinn! (Wieder einmal hervorragend!)

Die Sicherung mit Holzkeilen (wurden auf den Waggonboden genagelt) war in der Tat ausreichend, da wurde nichts weiter verzurrt!
Wegen der Ackerschiene könnte ich mir auch vorstellen, daß die für den E-Trsp noch abmontiert war, und erst beim Händler in Italien angebaut wurde.

So- und jetzt haben wir den Salat! Wegen dieser 1a Bastelei gefällt mir das Wiking-Modell gar nicht mehr!
Aber zum Glück nenne auch ich ein MoMiniatur-Modell mein Eigen

LG Rene


 
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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1674 von jzipp , 21.01.2017 00:55

Servas Karl,

Respekt! Ich hab nur die Wiking-Traktoren verladen, dafür aber 5 Stück
Die Holzkeile hast du übrigens sehr schön hinbekommen. Ziemliche Fuzzelei, was? Ich spreche aus eigener Erfahrung...

Schöne Grüße
Jürgen


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RE: Österreich 1955 - Die Görtschitztalbahn

#1675 von nortim , 21.01.2017 11:22

Hallo Karl,

ganz wunderbar, Dein letzter Beitrag!!!
Welch ein Segen, diese Akribik
Mich fasziniert, abgesehen von der Qualität der Ausführung, immer wieder Deine TIEFGRÜNDIGSTE Recherche!
Ganz mein Geschmack, was die Hobbyphilosophie betrifft.

Zum Thema Steyr muß ich Dir leider alles glauben, was Du schreibst in die DDR hat sich sowas eher nicht verirrt...
Aber nicht daß Du denkst, bei uns gab es keine schönen "Zugtiere" ...
Jens hat letztens in Jahnsbach paar versammelt
viewtopic.php?f=172&t=86673&start=1150 (Beitrag 1169)
Den Traktor mit dem klangvollen Namen "Pionier" kenne ich noch aus eigenem Erleben.

viele Grüße
Norman




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