Hallo zusammen,
im Nachbareintrag hat Stephan Leist einen sehr lesenswerten Gedanken geschrieben, auf den ich noch einmal eingehen möchte - aber nicht dort im Thread, weil es nicht unbedingt mit dem aktuellen LokPilot 5 zu tun hat.
Zitat von StephanLeist im Beitrag Bedienungsanleitung Lopi5
Deine Kritik daran, dass man beim heute "modernen" Betreiben einer Moba relativ viel Zeit am PC verbringt, mag daran liegen, dass der Computer grundsätzlich als Allzweckwaffe des Alltags angekommen ist. Nahezu alles wird heute Smart (Smartphone, SmartTV, SmartHome, SmartCarInfotainment, ... ) bis hin zur smarten Kloschüssel. Das mag hier und da nützlich und sinnvoll sein, aber grundlegend finde ich nicht.
Das dieser Trend auch vor der Moba keinen Halt macht, ist leider so. Es gibt auch anscheinend genug Mobahner die das wünschen und wollen, was man hier in den einschlägigen Foren so lesen kann. Kritiker werden schnell als "nicht zeitgemäß" oder Software / PC-Phobist abgestempelt.
Will man heute als DCC oder mfx Fahrer die Möglichkeiten des Digitalbetriebs mehr als nur rudimentär ausschöpfen, so gelingt das hier nur unter Zuhilfenahme von "PC" und Software. Sozusagen als "Vollendung" der digitalen Modellbahnsteuerung. Aber ist es das wirklich?
In meinen Augen nein - es ist eher der Tod derselbigen. Eine PC-Softwaresteuerung gibt und gab es auch schon ohne Digitalisierung der Moba und sollte gesondert betrachtet werden. Zweckmäßig v.a. für große Schauanlagen - manch einer möchte das auch für sich zuhause, dann nur zu.
Aber allein der Gedanke, dass eine Digitalsteuerung erst durch eine PC-Software komplettiert wird ist schon traurig. Anscheinend sind die Digitalsteuerungen selbst so mangelhaft und unvollständig, dass es einen Rechner mit Software braucht, die Mängel zu kompensieren.
Dem möchte ich absolut zustimmen - bis auf den letzten Satz vielleicht; ich fasse ihn auch als kleine Spitze auf, die zu Reaktionen animieren kann.
Und möchte es ein wenig tiefer nachdenken.
Tatsächlich gibt es - nicht nur auf dem Modellbahnsektor - eine Neigung, alles mit einer Computersteuerung zu versehen. Da frage ich mich beispielsweise, wie sinnvoll und notwendig es ist, Heizungsventile mit einem "Offenes-Fenster-Sensor" zu versehen, der dafür sorgt, daß der Heizkörper abgeschaltet wird, wenn ein starker Temperaturabfall festgestellt wird. Natürlich ist es ein Leichtes, so etwas in eine elektronische Thermostatsteuerung einzubauen, denn alles, was man dafür braucht, ist ja hardwareseitig vorhanden. Aber ist es ernsthaft nötig und wünschenswert, daß wir die Fenster aufreißen, ohne uns über die Heizung Gedanken zu machen?
Die Digitaltechnik bietet eine Reihe von Möglichkeiten für die Modellbahn, die zu nutzen man sinnvoll finden kann oder auch nicht. Beliebte Streitthemen in der Hinsicht sind allerlei Soundschnipsel, Führerstands-, Fahrwerks- und Maschinenraumbeleuchtungen, befehlsgesteuerte Stromabnehmer und dergleichen. Oder auch die Spielewelt von Märklin.
All das ordne ich ein in "es gibt Menschen, die es mögen; wer es nicht mag, benutzt es nicht", und denke auch, wer es absolut nicht haben will, kauft eben nicht. Darüber meckern lohnt nicht. Ebensowenig wie über die "Fußball"-Einstellung meines Flachbildfernsehers, die ich garantiert im Leben nicht nutzen werde, aber mit bezahlt habe.
Aber die Frage nach dem Computer an der Modellbahn ist ja wohl doch ein anderes Niveau.
Geht Modellbahn nicht mehr ohne? Braucht man einen Computer, um wirklich mit der Modellbahn das zu machen, was man damit machen will?
Die Frage mag provokant sein. Ich stelle sie auch mit einem Seitenblick auf einen Thread, in dem es um zielgenaues Bremsen geht, und wo - wieder einmal - die Kritik an den veralteten und nicht zukunftsfesten Digitalprotokollen aufgekommen ist.
Meine Antwort darauf ist: nein, man benötigt keinen Computer. Ich verstehe "benötigt" dabei im Sinn von "es geht nicht ohne".
Natürlich geht alles, was wir heute mit dem Computer so schön machen können, auch ohne. Vielleicht ein bißchen weniger schön. Vielleicht mit sehr viel mehr technischem (Hardware-) Aufwand. Vielleicht ist es auch sehr viel schwieriger, einige Dinge hinzukriegen, die beim PC nur an drei oder vier Konfigurationsvariablen hängen.
Aber es geht ohne.
Und vor allem: die PC-Steuerung ist nur für bestimmte Grundtypen des Modellbahnens sinnvoll.
Da wäre zum einen die Großanlage mit Vollautomatik. Hier im Forum gibt es ein paar höchst bemerkenswerte Beispiele. Nach Fahrplan werden Züge eingesetzt, inklusive Lokwechsel oder Umsetzen im Endbahnhof, es fahren Busse nach Plan und LKW von A nach B. Auch das kann man analog herstellen, und ich habe da mal eine bemerkenswerte Anlage in der Schweiz gesehen, die all das analog schaltete. Und es gab genau eine Person, die das Wunderwerk bedienen konnte. Bei PC-Steuerung ist, zumindest wenn die einschlägigen Programme genutzt werden, manches einfacher zu übersehen.
Dann ist da die Anlage, die zwar manuell bedient wird, aber auf ein Gleisbildstellwerk zurückgreift. Das ist mit dem PC viel einfacher herzustellen als mit Hardwarecodierung.
Aber für ein Fremo-Treffen oder eine Nebenbahnanlage mit nur wenigen Fahrzeugen, vielleicht gar ein Schmalspurthema, dessen Bahngesellschaft nur einen Triebwagen und eine Dampflok besitzt, mit kleinen und überschaubaren Bahnhöfen - wozu soll da der PC dienen? Welchen Nutzen soll er bringen? Umgekehrt ist gerade in solchen Themen die Digitalsteuerung der Triebfahrzeuge ein wichtiges Element, weil man hier rangiert, kuppelt und entkuppelt, Triebfahrzeuge abstellt und wieder aufruft und dafür nicht in den Grenzen der analogen Technik gefangen sein will.
Man könnte es auf einen Punkt bringen - aber wie alle Zuspitzungen ist das auch wieder nur bedingt richtig:
Der Computer ist eine gute Hilfe für den Modellbahner, der sich als Fahrdienstleiter betätigen will. Der Modellbahner, der als Lokführer seinen Zug selbst fahren will, benötigt ihn nicht.
So weit meine Sicht; wie seht ihr das?
Und weil meine Gedanken hier stehen geblieben sind, während die Diskussion weiterging, hänge ich noch eins dran.
Zitat von Tenderschieber im Beitrag Bedienungsanleitung Lopi5Zitat von StephanLeist im Beitrag Bedienungsanleitung Lopi5Zitat von e656 im Beitrag Bedienungsanleitung Lopi5
Das Modellbahnhobby findet nur noch am PC statt
…
Ich finde die Kritik und die damit verbundene Frage, ob zu viel Computer und Software mittlerweile im zeitgemäßen Modellbahnhobby einzug gehalten haben, durchaus berechtigt und diskussionswürdig. Es wäre auch die Frage angebracht, warum das so sein "muss" oder zumindest, was man sich davon verspricht.
Es geht darum, dass er die Schuld für seinen Zeitaufwand den Herstellern gibt.
Das ganze Wochenende nehme ich eine Lok aus der Packung, scanne sie mit JMRI, stelle ein paar CVs ein, setze sie auf die Testanlage, justiere Vmax und die Railcom-Rückmeldung dazu mit dem BiDiB-Wizard, teste ein paar Einstellungen und korrigiere sie, falls nötig, scanne sie wieder mit JMRI, damit die auf dem Rechner abgespeicherten Einstellungen korrekt sind und packe sie wieder ein.
Kostet Zeit, ja, aber ist meine Entscheidung, nicht die der Hersteller.
Bei meinen 35 Digitalfahrzeugen habe ich noch nicht ein Mal die Motor-CVs anfassen müssen.
Übrigens kann ein hundertstel Millimeter Spiel im Motor-Getriebe-Block einen infernalischen Krach erzeugen, den man nicht weg bekommt, wenn man an einem Dutzend CVs dreht.
Natürlich liegt das bei jedem selbst. Ich baue einen Decoder ein - ohne Geräuschgenerator - und führe eine Einmeßfahrt durch. Wenn das Ergebnis zufriedenstellend ist, kommt die Lok auf die Anlage; wenn nicht, wird noch mal eingemessen. Ich habe allerdings auch schon mal einen Nachmittag damit verbracht, einem Märklin/ESU-OEM-Decoder Manieren beizubringen. Vielleicht wäre das mit einem Lokprogrammer schneller gegangen, ich weiß es nicht; sicher ist jedenfalls, daß ich zwar einerseits nun belegen kann, daß diese Decoder zu erstaunlich guter Motorregelung mit einem HLA in der Lage sind - aber auch, daß es eine Arbeit für einen ist, der Vater und Mutter erschlagen hat, den Decoder auf den Motor richtig einzustellen. Warum haben die das eigentlich nicht ab Werk gemacht? Ähnliches habe ich an einem Uhlenbrock durchgeführt, der freundlicherweise aber mit DCC programmiert und eingestellt werden kann und darum nicht dauernd von der Anlage auf die Programmierschiene mußte.
Wer Spaß dran hat - ich hab es nicht. Das Ergebnis hat mich halbwegs entschädigt. Nachdem ich die Zentrale gewechselt habe und die Betriebsspannung geringer ist, müßten allerdings ein paar Parameter ajustiert werden... und weil ich keinen Spaß dran habe, schiebe ich das nun das dritte Jahr vor mir her.
Also, Zustimmung. An dieser Stelle (Fettdruck) werde ich allerdings stutzig. Ich mach mir diese Arbeit nur, um hernach auf der Anlage was davon zu haben. Eine Lok, die schachtelverpackt im Schrank steht, braucht keine Decodereinstellung, auch keinen Decoder, wenn ich es genau sehe. Ich will fahrn, fahrn, fahrn auf der Eisenbahn.
Wenn die Decoderabstimmung also nur noch dazu dient, daß ich am Ende weiß, ich hab eine Lok im Schrank, die perfekt fahren würde, wenn sie denn fahren würde, aber sie fährt nicht (ich muß gerade an die Protestanten in Monty Python's Sense of Life denken: "wir dürfen es mit Präservativ tun." - Aber wir tun es doch gar nicht! - "Ja, aber wenn wir es täten, dürften wir es mit Präservativ."), dann ist tatsächlich die Modellbahn in den Computer abgerutscht. Und dann ist in meinen Augen (jeder mag das anders sehen) auch eine Grenze überschritten, ab der ich nicht mehr von Modelleisenbahnerei sprechen würde, sondern vom Sammeln von Präzisionsmodellen. Das ist keine (Ab-) Wertung, lediglich eine andere Art des Umgangs mit Modell-Bahnfahrzeugen.