Hallo liebe dreidimensionale DruckexpertInnen (m/w/d),
nachdem ich mir vor gut einem Jahr einen Ender zugelegt hatte, war mein Resindrucker - ein wackerer Anycubic Photon der ersten Serie - ein bißchen in die zweite Reihe gerutscht. Man kann ja über die Würstchenleger sagen was man will, aber sie drucken brauchbare (wenn auch nicht immer ästhetisch optimale) Teile. Und natürlich musste ich auch hier erstmal wieder einige Lernkurven durchfahren, bis ich nun ganz gut mit dem FDM-Gerät klarkomme. Wobei ich im Gegensatz zu einigen Spezialisten hier in diesem Unterforum natürlich noch immer auf der untersten Flugfläche unterwegs bin und mir auch niemals auch nur im Ansatz Expertentum anmaßen würde. Ich wurschtel halt so rum. Macht Spaß.
Zurück zum eigentlichen Thema: Der Photon kam im Schatten des Ender im letzten Jahr eher sporadisch zum Einsatz, erst bei der Produktion meiner Zahnradlokomotive rückte er mal wieder in den Fokus. Wie gut unterrichtete Forumskollegen und -kolleginnen wissen, arbeitet dieser Drucker mit einem RGB-Screen. Damals (vor satten drei Jahren!) gabs nix anderes, wobei die Drucker der ersten Consumer-Generation ja schon recht ordentlich funktioniert haben. Nun hat das Farbdisplay so seine Nachteile, die es ständig mit sich rumschleppt: Eigentlich muss es ja nur schwarz oder durchsichtig darstellen, es ist aufgrund des Schichtaufbaues der verschiedenen Farben (da, wo es belichten soll) nicht gerade ein Muster an Lichtdurchlässigkeit und es hält nur 500 Stunden, bis es - genervt von der ständigen Bestrahlung mit UV-Licht - seinen Geist aufgibt.
Mein Drucker arbeitete sich langsam auf diese Grenze zu. Ein Ausfall des vom künstlichen Sonnenschein zermürbten Screens war täglich zu erwarten.
Außerdem arbeiten die aktuellen Modelle inzwischen mit Monochrom-Screens, die schärfer, dünner, erheblich besser durchleuchtbar und vor allem mit fünffacher Lebenserwartung gesegnet sind. Zeit für einen - schnelleren, besseren - neuen Drucker? Ich knipste also Youtube an und machte mich schlau, was sich da aktuell so am Markt tummelte.
Aber irgendwie tat mir der kleine schwarze Kasten auch leid. Eigentlich doch ein stabil konstruierter Geselle mit Blech an Stellen, wo seine Enkel mit Kunststoff aufwarten. Einer ordentlichen Tür statt eines umgedrehten durchsichtigen Eimers. Außerdem eigentlich völlig in Ordnung. Board, LED, Resinbehälter, alles noch tippi-toppi. Ein Forumskollege hat mal aus einem Photon ein Vogelhäuschen gebaut. Nette Idee. Aber da muss es doch noch andere Möglichkeiten geben. Ein Austausch-RGB-Screen kostet um die 40 Euro. Aber ist halt doch wieder nur ein Farbscreen mit allen seinen Nachteilen.
Bei meinen investigativen Reisen durch YT stolperte ich dann über einen ganz leicht skurrilen, aber sehr sachverständigen jungen Mann, der schonmal einen Photon auf aktuellen Stand "aufgebohrt" hatte. Das wäre aber vom Kosten-/Nutzenverhältnis vollkommen deppert, weil es vom Preis der Teile (Board, Screen, Lichtquelle) schon relativ hart an den Neupreis eines aktuellen Druckers rankommt. Das hat er auch erkannt. Und vor allem die Firma Chitu wurde darauf aufmerksam. Der Name ist bekannt von dem Slicer "ChituBox", den viele Resin-Aficionados benutzen (und der dafür den FDM-Slicer Cura auf dem selben Rechner automatisch zerschießt, aber das ist eine andere Geschichte...)
Notabene: Ich kriege nichts von Chitu für die Vorstellung dieses Kits, meins habe ich brav selber bezahlt und wenn es Murks gewesen wäre, hätte ich es hier in aller Form kundgetan. Ich finde es eine gute Idee, um ein bißchen nachhaltiger zu arbeiten und möchte es euch deswegen gerne hier vorstellen.
Nun machen die Chitu-Jungs/Mädels/Diversen ja deutlich mehr als einen guten Slicer mit unerwarteteten Nebenwirkungen. In vielen Resindruckern ist nämlich Chitu drin, weil die Mainboards und auch die Screens von diesem Zulieferer kommen. Und da wird es schlagartig interessant. Yasu, der junge Mann mit der markanten Brille, hat die Chitu-Leute nämlich auf die Idee gebracht, preislich sehr überschaubare Upgrade-Kits auf den Markt zu bringen, die lediglich den Screen gegen eine Monochrom-Version austauschen und damit erheblich weniger finanziellen und arbeitsmäßigen Aufwand fordern als die Totaloperation, die Yasu mit seinem ersten Photon gemacht hat.
Aber lassen wir ihn doch einfach selbst das Ganze erklären:
Tatsächlich ist man mit dem selben Preis wie der RGB-Screen - um die 40 Euro - (Free Shipping!) dabei, die Lieferung des Kits erfolgt innerhalb weniger Tage aus Tschechien. Und das Kit sieht so aus:

Was da so nonchalant obendrauf gepappt wurde, ist ein wichtiges Teil speziell für den Photon 1: Ein Adapter für den Anschluss des Screens. Hier liegt nämlich der einzige kritsche Aspekt des Umbaus: Steckt man den Screen falsch herum oder ohne Adapter aufs Board, gibt's lecker gegrillte Spannungsregler und eventuell getoasteten Screen als Beilage. Eher unverdaulich.
In der Kiste ist nicht viel drin, außer dem Screen und einer neuen Acrylscheibe für darunter. Außerdem noch ein paar Doppelklebestreifen zur Befestigung des neuen Screens:

Vom Umbau selbst habe ich keine Fotos, das sieht man im Video von Yasu aber ganz gut. Eigentlich sind es nur 6 Schrauben - wobei ich die Belichtungseinheit auch abgeschraubt habe, was die Demontage des alten und die Montage des neuen Screens sehr erleichtert. Also dann 10 Schrauben. Alter Screen raus, Klebereste abfieseln, neue Klebestreifen drauf, neuer Screen rein (Abbildung auf der Chitu-Webseite zur richtigen Anbringung des Adapters beachten!), alles wieder festschrauben.
Dann Drucker an, die neue Firmware gibt's zum kostenlosen Download bei Chitu. Das sind zwei Files, die man auf den USB-Stick kopiert und dann am Drucker wie Druckjobs startet. Einiges an Gepiepe, Display geht aus, Drucker aus- und wieder einschalten. Fertig.
(OK, ich habe natürlich vergessen, eines der beiden Files auszuführen und dann hat der nagelneue Screen beim ersten Test nur grau geflimmert... Nachdem ich aus der schlagartig einsetzenden tiefen Gemütsverfinsterung wieder aufgetaucht war und zwischenzeitlich den Adapter nochmal sinnloserweise kontrolliert hatte, erkannte ich in einem seltenen lichten Moment meinen Fehler und dann war alles knorke.)
Und? Das wirkt auf Oppa Photon wie ein schöner Doppelherz-Speed-Cocktail. Plötzlich läuft der gute alte Resinplantscher zu ungeahnter Form auf. Ich drucke gerade mit 2,5 Sekunden Belichtungszeit pro Schicht! Das hat sich mehr als gelohnt.
Jetzt erhebt sich in den einschlägigen Expertentreffs im Internet ein verächtliches Lachen: Dieser Screen hat ja nur Full-HD-Auflösung, also 1920x1080 Pixel! Das ist in der Tat ein erstmal saftiger Rückschritt in der Auflösung gegenüber dem mit 2560x1440 auflösenden Originalscreen. Aber man bedenke, in welchen Dimensionen wir uns hier bewegen. Der Full-HD-Screen hat eine Pixelgröße von 63 µm gegenüber 47 µm beim Original. Das haut rein rechnerisch rein, in der Realität bewegen wir uns aber dabei immernoch im Bereich eines viertel Menschenhaares. Ich habe keinen sichtbaren Unterschied bei den Drucken erkennen können. Yasu stellt in seinem Video auch Drucke vor/nach dem Umbau gegenüber. Man muss ja auch bedenken, dass der Monochrom-Screen mit höherer Schärfe punktet, wo der Farbscreen alleine wegen seiner höheren Dicke und der notwendigen Belichtungszeiten Auflösung "wegbügelt".
Fazit: Ich finde das Upgrade lohnend. Es ist mit überschaubaren Kosten und einer entspannten Dreiviertelstunde an Bastelei verbunden. Die Belichtungszeiten vierteln sich dafür. Der Auflösungsverlust ist m.E. zu verschmerzen. (By the way: Die aktuellen 2K-Auflösungsdrucker haben aufgrund ihrer zum Teil erheblich größeren Screens auch keine wirklich höhere Auflösung als der erste Photon! Sie liegen im 2K-Bereich bei um die 50 µm.)
Also: Full-HD statt Futterhäuschen und ein paar Ressourcen geschont. Natürlich bleibt das andere Problem des Photon - seine nicht besonders intelligent konstruierte Z-Achse - bestehen. Aber für die meisten Teile reicht das aus - oder man hängt noch 80 Euro für ein Linearrail-Kit dran, da wird's aber natürlich schon langsam wieder grenzwertig.