DB-Oberleitung - buntes Durcheinander? Ja, bitte! 😉

#1 von floete100 , 27.06.2023 14:52

Mahlzeit,

vor einiger Zeit las ich hier im Forum den Beitrag eines Stummis, der Sommerfeldt-Masten aus der Bucht gefischt hatte. Er stellte dann fest, dass die Neuerwerbungen sich von seinen vorhandenen Masten unterschieden. Und er fragte, ob er die unterschiedlichen Masten wohl zusammen verbauen könnte, oder ob das vorbildwidrig sei? Am Ende hat er sich, soweit ich mich erinnere, nicht getraut ...

Schon damals musste ich an eine Strecke denken, an der ich häufig (i. d. R. mit dem Rad ) entlangfahre. Meistens mit meiner Frau, die das nicht so interessiert. Heute war ich mal allein dort - und habe die Gelegenheit für ein paar Fotos genutzt.

Es handelt sich um die Strecke der RE8/RB27 zwischen Stommeln und Pulheim. Und da findet sich - auf einer Strecke von nur gut einem Kilometer (!) - das schon im Titel genannte "bunte Durcheinander":



Reichsbahn-Einheits-Gittermasten mit DB-Regelauslegern; kurzer Seitenhalter in Seilausführung



Reichsbahn-Einheits-Gittermasten mit DB-Regelauslegern; kurzer Seitenhalter in Rohrausführung



Reichsbahn-Einheits-Gittermast und direkt gegenüber DB-Regel-Flachmast



DB-Mast rechts (noch) grün, links völlig verrostet; am rechten Mast zwei deutlich unterschiedliche Seitenhalter (der linke - nicht so gut erkennbar - ist in einem Viertelkreis abwärts gebogen)



Direkt daneben (selber Foto-Standort wie beim vorigen Bild): Wieder andere Seitenhalter-Ausführung

Und die Moral von der Geschicht': Geht nicht, gibt's nicht - buntes Kombinieren durchaus vorbildgerecht!

Gruß Rainer


Am Ende wird alles gut.
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zuletzt bearbeitet 27.06.2023 | Top

RE: DB-Oberleitung - buntes Durcheinander? Ja, bitte! 😉

#2 von Elch , 27.06.2023 15:50

Die Bahnstrecke Olching - München Nord Rbf neben der Eschenrieder Spange (A99) zeigt ähnliches buntes Verhalten und kann von der Autobahn sehr gut gesehen werden, bzw. fällt dann erst richtig auf. Hier hast du sogar noch die alten Reichsbahn-Ausleger stellenweise dazwischen.


Gruß

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RE: DB-Oberleitung - buntes Durcheinander? Ja, bitte! 😉

#3 von mobaz , 27.06.2023 17:57

Moin, alles leicht erklärbar. Da wird immer das verbaut, was gebraucht wird oder ersetzt werden muss.
Bild 1: Nur Seitenführung notwendig, deshalb nur Seilhalter zur Seitenführung
Bild 2: Mastabstand zum Gleis höher, auch Höhenführung notwendig. Deshalb der lange kurze Seitenhalter mit Hänger
Bild 3: Da musste ein(!) Mast ersetzt werden
Bild 4: da greift ein Seitenhalter über die Fahrleitung die dahinter liegende tiefere Fahrleitung, deshalb ist diese gebogene Form notwendig
Bild 5: hier sieht man die Seitenausleitung einer Zwischenabspannung. Da sind wegen der wirkenden Kräfte wieder andere Seitenhalter notwendig.
Wie man sieht, ist es keine wilde Kombination, sondern immer der Situation angepasst. Da kann man bei der Nachbildung viel falsch machen. Oder man macht es gemäß dem Motto: Erlaubt ist, was gefällt.
Schönen Gruß
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RE: DB-Oberleitung - buntes Durcheinander? Ja, bitte! 😉

#4 von Tom_B82 , 29.06.2023 09:22

Wenn man bedenkt, dass auf der Strecke Würzburg - Nürnberg alle Betonmasten fast schon wieder gegen Stahlmasten ersetzt wurden, dann ist alles möglich.


Gruß Tom

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RE: DB-Oberleitung - buntes Durcheinander? Ja, bitte! 😉

#5 von floete100 , 18.08.2023 13:54

Mahlzeit,

ich war heute wieder unterwegs - und hab neue Fotos mitgebracht.

Aber zuerst ein paar Worte zur Post.

Zitat von mobaz im Beitrag #3
Moin, alles leicht erklärbar. Da wird immer das verbaut, was gebraucht wird oder ersetzt werden muss.

Das ist zwar richtig. Aber es ändert überhaupt nichts an der Tatsache, dass die Oberleitung z. T. ein ziemlich buntes Bild abgibt.
Zitat von mobaz im Beitrag #3
Bild 1: Nur Seitenführung notwendig, deshalb nur Seilhalter zur Seitenführung
Bild 2: Mastabstand zum Gleis höher, auch Höhenführung notwendig. Deshalb der lange kurze Seitenhalter mit Hänger

Diese Aussagen halte ich schlicht für falsch. Der Seitenhalter hat m. E. nichts mit der Höhenführung des Fahrdrahts zu tun - dafür sind Tragseil, Y-Beiseil und Hänger zuständig.

Hier nochmal die beiden fraglichen Fotos im direkten Vergleich:


Ich denke vielmehr, dass die Seilversion noch ein Überbleibsel von ganz früher ist - aus der Reichsbahnzeit, wie die Masten.
Zitat von mobaz im Beitrag #3
Oder man macht es gemäß dem Motto: Erlaubt ist, was gefällt.

Selbst das wäre in Ordnung - es gibt genügend Spaßbahner, die nach diesem Motto verfahren. Ich selbst bin da auch eher "engstirnig" - zum großen Bedauern meines Sohnes kommt mir kein ICE auf's Gleis. Den gab's 1968 noch nicht ...

Aber nun zu den neuen Fotos. Im weiteren Verlauf passiert die RE8/RB27 das weitläufige Gelände der Firma Segmüller in Pulheim. Ein Rad- und Fußweg stößt vor Segmüller im 90°-Winkel auf die Bahnstrecke, verläuft dann ein gutes Stück unmittelbar neben der Bahn, bevor er nochmal 90° abknickt und die Bahn durch eine Unterführung quert.

Dieser Streckenbereich hat zwei interessante Details.
Das Gleis der linken Spur ist vor wenigen Monaten komplett erneuert worden - nicht zu übersehen:



Ich hatte das Vergnügen, Zeuge dieser Renovierung zu sein.

Dagegen ist die Oberleitung der rechten Spur vor einiger Zeit komplett erneuert worden - jedenfalls die Ausleger und das Kettenwerk. Die Ausleger glänzen z. T. wie neu (ich bin mir nicht sicher, ob's das gibt - aber von der Optik würde ich bei diesen neuen Auslegerrohren auf Aluminium tippen). Grundsätzlich ist die OL deutlich "eintöniger" als auf dem zuerst geschilderten Abschnitt - nur DB-Masten, keine Reichsbahn-Spuren mehr.

Die Fotos, die ich heute mitgebracht habe, drehen sich um Isolatoren.

Bei der neuen OL rechts ist das recht langweilig: Auf der gesamten Strecke - auch hier wieder gut 1 km - gibt's nur rostbraune Isolatoren mit etwas "fusselig" aussehenden Vogelabweisern:



Nur braune Isolatoren? Nee, keine Regel ohne Ausnahme: An zwei, drei Masten hat sich oben ein grüner Isolator eingeschlichen.



Wesentlich bunter dagegen die Isolatorenparade an der alten OL links: Braune, grüne, grobe, feine, stufige - und auch hier einige wenige mit Vogelabweisern. Und oft verschiedene Versionen am selben Mast. Ich lass die Bilder mal für sich wirken.








Gruß Rainer


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RE: DB-Oberleitung - buntes Durcheinander? Ja, bitte! 😉

#6 von Tom_B82 , 18.08.2023 19:15

Ist normal, dass es zu einem Durcheinander kommt, es wird nur ersetzt, was ersetzt werden muss, und wenn es ein nur ein Gleis auf einem Abschnitt ist, weil durch Witterung der stärker betroffen ist als der andere und der noch geht.

Zu der Seilhalterung: Die wird da angewendet, wo die Oberleitung zum Mast hingezogen wird, auf der anderen Seite wird die Oberleitung vom Mast weggezogen. Also ist dort ein fester Seitenhalter notwendig.


Gruß Tom

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RE: DB-Oberleitung - buntes Durcheinander? Ja, bitte! 😉

#7 von floete100 , 18.08.2023 19:58

Zitat von Tom_B82 im Beitrag #6
Zu der Seilhalterung: Die wird da angewendet, wo die Oberleitung zum Mast hingezogen wird, auf der anderen Seite wird die Oberleitung vom Mast weggezogen. Also ist dort ein fester Seitenhalter notwendig.

Glaub nicht, dass das heute noch so gilt: Auf den 2 km Strecke, die ich jetzt verfolgt habe, gibt's nur etwa 5 Seil-Seitenhalter - und alle an Reichsbahn-Masten.

Gruß Rainer


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RE: DB-Oberleitung - buntes Durcheinander? Ja, bitte! ��

#8 von Bahnwölfchen , 10.05.2024 14:25

Hallo zusammen,

lese gerade zufällig den Beitrag. Vielleicht kann ich ein wenig Licht ins Dunkel bringen. Beschäftige mich seit 30 Jahren mit diesem für mich immer noch hochinteressanten Thema und konnte daher schon einiges hierzu "sammeln".
Die Montage des Leichtbau-Seitenhalters an einem einfachen Drahtseil anstelle des ansonsten benutzten Rohrs entsprach dem seinerzeitigen ebs-Regelwerk für die Bauart Re160 (die heute so als Neubau so nicht mehr zulässig ist). Dies wurde bei bestimmten Gleisbogenhalbmessern in Kombination mit einer definierten Gleisüberhöhung im Außenbogen tatsächlich so vorgeschrieben, ist also keine Improvisation. Die gleiche Konstruktion gab es z.B. auch in Merzenich an der Strecke Köln-Aachen (quasi vor meiner Haustür) vor dem Streckenumbau auf Re200 und Re250 im Jahr 2001.
Die verschiedenen Isolatoren rühren von Ausbesserungen her, der abgebildete Glasisolator z. B. wird einen beschädigten Keramikisolator ersetzt haben. In den Siebzigern und Achtzigern verwendete die DB gerne Glasisolatoren, da diese bei Funkenüberschlägen nur die Glasschirme abwarfen, aber mechanisch weiter funktionierten, wenn auch mit schlechteren Isolationswerten. Keramikisolatoren können bei Überschlägen brechen. Die heute vielfach eingebauten, rotbraunen, blauen oder grauen Isolatoren sind etwas anders aufgebaut. Sie bestehen zumeist aus GFK-Stäben, auf die Silikonschirme aufgeschrumpft werden. Sie sind leichter und daher besser geeignet, um sog. harte Punkte in den Fahrleitungen zu minimieren. Außerdem vertragen sie Biegungs- und Torsionskräfte besser. Ob die allerdings auch 5-6 Jahrzehnte halten, bleibt mal abzuwarten.

Zu den Masten sei zu sagen, dass oftmals Reichsbahn-Maste mit neuen Stützpunkten versehen wurden. Besonders in Süddeutschland ist dies oft zu sehen. Im Inntal kann man z.B. daneben noch sehen, dass sogar Abspannmaste der ehemals zweifeldrigen Nachspannung der DRG jetzt als regulärer Zwischenmast einer jetzt dreifeldrigen Abspannung verwendet werden. Es folgen dann quasi immer zwei Abspannmaste aufeinander, einer davon halt mit Doppelausleger. Somit gibt es schön viele Spielarten zum Nachbilden. Bei der Oberleitung zwischen Pulheim und Stommeln müssen die abweichenden Maste aber andere Gründe haben, da die Strecke Köln-Ehrenfeld-Rheydt erst 1968 elektrifiziert wurde, zu Reichsbahnzeiten war da noch nichts. Evtl. hat man aus Kostengründen einen neuen Masttyp anstelle des üblichen Rahmenflachmastes entwickeln wollen. Einen ähnlichen Masttyp findet man auch stellenweise zwischen München-Pasing und Geltendorf, übrigens ebenfalls 1968 elektrifiziert. Ein Zusammenhang ist aber nur eine Vermutung meinerseits. Von den DRG-Masten unterscheiden diese Maste sich in den Zickzack-Streben. Diese waren bei den DRG-Versionen massiver.

Die glänzenden Auslegerrohre der Neukonstruktionen sind übrigens wirklich aus Aluminium. Den früher verwendeten Stahl nimmt man aus Korrosionsschutz- und Gewichtsgründen nicht mehr. Der Durchmesser der Rohre ist um einiges dicker als bei den früheren Stahlrohren, bei der Nachbildung kann man daher ruhig dickeren Draht nehmen. :-)

Es wird seitens der Bahn auch gerne in der Neuzeit "recycelt". Als meine "Hausstrecke" 2001 ausgebaut wurde (viergleisiger Ausbau Düren-Köln, zwei Schnellfahrgleise und zwei S-Bahn-Gleise), verwendete man einen Winkelmast als Abspannmast aus 1966 einfach weiter. Neue Farbe drauf und fertig. Fundament und Standort blieben wie gehabt. Der Mast steht jetzt allein zwischen ansonsten ausschließlich an der Stelle verbauten Betonmasten.

Für interessierte Bastler zur Thematik Oberleitung: Die Buchbände von Georg Schwach, die man frei aus dem Netz herunterladen kann, sind super interessant und beantworten viele Fragen, die man sich dazu stellt.

Viele Grüße
Wolfram


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