Guten Abend liebe Forenmitglieder,
nachdem nun die Retro-01 in der Auslieferung ist, möchte ich hier meine Testergebnisse präsentieren. Da das ganze etwas langwierig ist, mache ich die in mehreren Abschnitten.
Verpackung
In der Gestaltung ist die Verpackung an die alten Faltschachteln angelehnt mit einem Seitenbild entsprechend den 60'er Jahren. Das Modell selbst ist in Klarsichtfolie eingepackt zusammen mit einem Filztuch, um Kontakt mit dem Styroporkern zu vermeiden. Im Gegensatz zu den damaligen Verpackungen ist die heutige jedoch viel zu groß, geschuldet den veränderten Versandbedingungen und zusätzlich befindet sich der Faltkarton in einer Klarsichthülle.
Unterhalb des Styroporkerns liegen die Garantiekarte und die Anleitung.
Anleitung
Die Anleitung beschreibt in mehreren Sprachen zuerst ein paar Aspekte des Vorbilds, anschließend die Rahmenbedingungen zum Betrieb. Es folgen die Einstellungen der wichtigsten CV's mit verschiedenen Geräten, die notwendigen Service-Arbeiten (Bürstenwechsel, Schleiferwechsel, Gehäuseabnahme) und am Schluß ist eine Verschleißteilliste enthalten.
Auf den ersten Blick eine vollständige Dokumentation, die bei genauer Betrachung jedoch erhebliche Mängel aufweist:
- Die angegebenen CV's sind nicht alle die, die mit der 6021-Zentrale zugänglich sind,
- es sind keinerlei Standard- oder Werkswerte der CV's angegeben (Erhebliche Erschwernis für Nutze der 6021!)
- die Ersatzteileliste ist unvollständig (z.B. gibt es noch nicht mal eine Angabe zur Schnittstellenplatine!)
Bewertungen gemäß Bewertungsgrundlagen.
Für Verpackung folglich 0 Punkte; (ungenügend)
Für Anleitung 9 Punkte (davon 2 jeweils für Anleitung und Ersatzteileliste); (befriedigend).
Insgesamt bei der Dokumentation also 4,5 Punkte; (ausreichend)
Nachtrag Anleitung (CV-Standard-Einstellungen) (06.11.2012 20:58):
CV1=1 (Adresse)
CV2=8 (vmin)
CV3=15 (Anfahrverzögerung)
CV4=15 (Bremsverzögerung)
CV5=155 (vmax)
CV7=135 (Märklin)
CV29=0
CV49=23
CV52=1(DC)
CV53=140 (Uref)
CV54=64 (KP)
CV55=64 (KI)
CV56=24 (Regelungseinfluß)
CV73=7 (Speicher)
CV74=1 (Fahrtrichtungsinversion)
CV75=255
CV76=255 (vminDC)
CV77=0 (vmaxDC)
CV78=85 (vminAC)
CV79=80 (vmaxAC)
DC standardmäßig nicht aktiviert, lineare Kennlinie
Die Getriebeuntersetzung ist 1:24 und besitzt vom Ritzel bis zum Treibrad 4 Stufen. Daraus ergibt sich ein Getriebewirkungsgrad (0,94^4) für das Haftreifentreibrad. Alle Treibräder werden von Zahnrädern angetrieben. Insgesamt ein getriebewirkungsgrad von 0,738. Gemäß den Bewertungsgrundlagen sind die 14 Punkte (sehr gut).
Die mechanisch kleinst mögliche Geschwindigkeit (normiert auf eine Läuferdrehzahl von 1Hz) beträgt (Treibradradius 11mm) aufs Original umgerechnet 0,902 km/h. Dies sind entsprechend den genannten Bewertungsgrundlagen 03 Punkte (mangelhaft).
Jedes Modell muß früher oder später gewartet werden (z.B: Reinigung, Schmierung) in ungünstigen Fällen müssen defekte Teile ausgetauscht werden (Service). Für diejenigen, die nicht einfach nur im Kreis/Oval oder was auch immer, fahren sondern auch die Interna untersuchen wollen, gibt es noch die Rubrik Didaktik (man kann aus jedem Modell etwas lernen).
Wartung: hier geht es um die Schritte, die zum Aufrechterhalten der Betriebstauglichkeit dient. Es sind keine Schwierigkeiten vorhanden, alle notwendigen Schritte sind dokumentiert: 5/5 Punkte.
Service: Ersatz von Einzelteilen, die ggf. defekt sind. Leider ist hier keinerlei Dokumentation zum Dekoder und/oder der Schnittstellenplatine. Dies sind gem. Bewertungsgrundlagen 0/5 Punkte.
Didaktik: Alle zur Didaktik gehörenden Teile (Motor, Verschleißteile) sind leicht zugänglich und folglich leicht erlenbare Zusammenhänge. gem. Bewertungsgrundlagen 5/5 Punkte.
Zusammen WSD also 10/15 Punkte (gut).
damit ein einheitliches Bild ermöglicht wird, müssen die CV-Einstellungen ab Werk den Rahmenbedingungen angepaßt werden. Zu diesem Zweck wurde auf folgende Einstellungen geachtet:
CV2=2
CV3=0
CV4=0
CV5=255
CV76=2
CV77=255
CV78=2
CV79=255
lineare Kennlinie; also optimiert auf maximale Leistung.
Im Analogbetrieb ist damit eine Rennsemmel entstanden
![](https://files.homepagemodules.de/b851973/smiley_64.gif)
Bei der ersten Inbetriebnahme war ein auffallend kratzendes Geräusch zu hören, welches nicht vom Läufer ausging, sondern vom Getriebe.
Nach einer Abschmierung mit Knochenöl ist das Modell jetzt sehr leise.
Im Langsamfahrbereich ist im Analogbetrieb mit o.g. Einstellungen kein Betrieb möglich, denn das Modell wird unter ca. 6,5V nicht mehr sinnvoll steuerbar. Eine exakte Einstellung des Analogbetriebs auf v_vorbild bei 12V erfolgt noch. Und den Umschaltimpuls mit dem 6173-Trafo hat der Dekoder auch überstanden (wobei ich auch eine analogtypische Spannungsreduktion nutze, indem ich nicht nur den Fahrkreis am Trafo angeschlossen habe; Nachvollzug auf eigene Gefahr!)
Unter Belastung fällt beim Testexemplar leider auf, daß bei großen Lasten (bei mir Testzug2, ansonsten viele Wagen mit Innenbeleuchtung und Schleifern, ggf. auf Steigungen) die hintere Laufachse über den Weichen gerne entgleist und so alles in der Weichenumgebung in Mitleidenschaft zieht: das Lenkgestell geht auf Abbiegen, der vordere Rest will geradeaus. Dies ist unabhängig von der Geschwindigkeit. Die alten Modelle zeigen das Verhalten bei gleichen Lasten nicht.
Beim Aufsetzen des Lokgehäuses muß man unbedingt darauf achten, daß die Stifte innerhalb des Gehäuses hinter den Treppen in den Führungen sind, sonst klemmt die Schraube. Auch dies ist im vergleich zu den alten Modellen etwas diffiziler.
Zur Konstruktion gehört auch der elektromechanische Teil. Dazu ist es notwendig die Anschlußwerte des Motors zu ermitteln (Widerstand und Induktivität bei abgelöteten Anschlüssen zum Dekoder) sowie die Stromaufnahme bei Bemessungspannung im Leerlauf. Daraus berechnet sich nach der unter Online-Rechner elektrischer Wirkungsgrad angegebenen Formel für Imin=143mA und 12V (9,52 Ohm) in elektrischer Wirkungsgrad von maximal 0,47 (also 47%). Nach dem Punktekatalog in o.g. Bewertungsgrundlagen sind dies 8 Punkte. Insgesamt für die Konstruktion also 35 von 60 Punkten (fast 09 Punkte, also befriedigend). Also deutlich besser also Dokumentation.
Unter Komfort sind die Eigenschaften zu verstehen, die den Betrieb bequem und leicht einstellbar gestalten. Hierzu gehören die Kompatibilität, vmin, vmax und Gleichlaufeigenschaften.
Die Kompatibilität läßt hier als einziger Punkt sehr viel zu wünschen übrig, da nur AC analog und MMS (Märklin Digital) möglich ist. Bei 2 von 8 Systemen ist dies 1 Punkt (mangelhaft).
Die anderen Eigenschaften sind erwartungsgemäß sehr gut mit voller Punktzahl:
Gleichlaufeigenschaften mit einer Schwankung von 0,36% (also besser als die geforderten 1%) 15 Punkte
Vmin mit 8 km/h für Streckenfahrt als Durchschnittswert (besser als die geforderten 20 km/h) 15 Punkte
v_Vorbild mit 166 km/h (noch innerhalb des zulässigen NEM-Bereichs von 120 bis 168 km/h) 15 Punkte.
Zu v_Vorbild muß noch erwähnt werden, daß bei den gewählten Einstellungen der Analogbetrieb viel zu schnell ist, das sich aber mit den Digitalbetriebsarten herausmittelt (wegen der geforderten maximalen Leistung in den CV-Einstellungen).
Im Abschnitt Komfort erhält das Modell also 46 von 60 Punkten (gut).
betrieblich sinnvolle Einstellungen der Geschwindigkeit
Für alle, die einen kompatiblen Betrieb mit alten Modellen im AC-analogbetrieb durchführen möchten, ist eine andere Einstellung für CV78 und CV79 zu wählen, als in diesem Test. Nach meinen Erfahrungen sind dies CV78 = 70 und CV79 = 120. Damit kann man Kriechfahrten bis zu 6V herunter ruckelfrei erreichen und die Vorbildgeschwindigkeit wird auch bei 12V erreicht.
Eine weitere Beobachtung, die die Testreihen etwas verzögerten: auf der rechten Seite hat sich die Mutter am mittleren Kurbelzapfen gelöst und das Gestänge eierte in der Gegend herum. Natürlich wieder dort, wo keiner hinkommt. Etwas nervig ist das schon und sollte so nicht sein
![](https://files.homepagemodules.de/b851973/smiley_29.gif)
Fahrleistungen sind jene Eigenschaften, die für den Betrieb unter verschiedensten Bedingungen bedeutsam sind. Zum einen betrifft dies den Geschwindigkeitsbereich, innerhalb dessen man das Modell steuern kann oder innerhalb dessen das Modell sich bei Belastung bewegt. Andererseits aber auch die Zugmassen und die dazugehörigen Wirkungsgrade.
Zuerst kommen die Geschwindigkeitsbereiche (da auch die Getriebeuntersetzung bekannt ist, kann man auch von Drehzahlbereichen sprechen):
Im Leerlauf ist es möglich, das Modell in einem sehr großen Drehzahlbereich zu steuern, womit dieser Teil volle Punktzahl (15) erhält.
Unter Belastung (also konstante Gleisspannung bzw. Fahrstufe) ist dieser Bereich leider nicht so groß, womit gerade noch 3 Punkte vergeben werden können.
Bei den Zugmassen und Wirkungsgraden kommen aufgrund der Regelung irrwitzig große Werte bei der Standardauswertung heraus. Ursache ist hierfür, daß die Regelung die Klemmenspannung des Motor entsprechend vergrößert. Wird dies entsprechend berücksichtigt, ergibt sich eine Zugmasse von 278g für das Modell (Mittelwert), das sind 41,7% der Lokeigenmasse. Für diese Massenausnutzung gibt es gem. Bewertungsgrundlagen 5 Punkte.
Als maximaler Wirkungsgrad wurden 3,6% bestimmt (theoretisch möglich unter den Bedingungen sind 7,55%). Folglich sind die 3,6% ein Anteil von 0,579. Dies entspricht einer Bewertung von 6 Punkten. Im Abschnitt Fahrleistungen erhält das Modell somit 29 von 60 Punkte, was einem Durchschnittlichen Bewertung von 7 Punkten entspricht (Befriedigend).
Die bereits vorgenommenen Bewertungen werden nun zusammengefaßt und ein Resumee gezogen:
Verpackung und Dokumentation zusammen 9 (von 30) Punkte.
Konstruktion 26 (von 60 Punkte)
Komfort 46 (von 60 Punkte)
Leistungen 29 (von 60 Punkte).
Zusammen sind dies 110 (von 210 Punkte). Dies entspricht einem Schnitt von 7,9 (aufgerundet
![](https://files.homepagemodules.de/b851973/smiley_17.gif)
Vor allem beim Komfort konnte das neue Modell Punkte sammeln, lediglich die Kompatibilität ist deutlich ausbaubar (nur 2 Systeme ist zu wenig).
In der Konstruktion liegt das Modell mit den alten Modellen gleich auf (identisch). Bei den Fahrleistungen ist das Retromodell punktuell besser, es wäre dennoch möglich gewesen, mehr aus dem Modell herauszuholen. Insgesamt wurden nach meiner Einschätzung unnötiger Weise Pluspunkte verschenkt, was so nicht hätte sein müssen. Im Vergleich mit den ehemaligen Katalogartikeln (HR800, 3008/F800 und 304
![](https://files.homepagemodules.de/b851973/smiley_17.gif)
Trotz aller Kritik ist das Modell eine sinnvolle Ergänzung zum evtl. bereit vorhandenen Rollmaterial, da ein kompatibler Betrieb mit den alten Modellen problemlos möglich ist. Und dies ist besonders zu loben!
mit freundlichen Grüßen,
Stephan-Alexander Heyn