Hallo Michael,
Du fragtest:
Zitat
habe ich von Statik wenig Ahnung. Wenn jemand in dem Thema bewandert ist, wäre es schon interessant, ob das Teil überhaupt hält.
Ich habe in meinem Studium als Bauingenieur natürlich auch meinen Teil Statik lernen dürfen. Deshalb mache ich ja lieber Wasserbau ... Aber vielleicht werden ein paar Ausführungen helfen. Letzlich kommt es auf den Spannungszustand in allen Bauteilen an. Diese setzt sich aus den Belastungen der drei Raumrichtungen und der wirkenden Momente um alle Raumachsen zusammen. Diese müssen natürlich alle betrachtet werden. Aber die Hauptbelastung sind die entstehenden Momente aus den Vertikalbelastungen Eigengewicht und Verkehrslast zusammen. Und nur die betrachte ich im folgenden.
Zum Vergleich mit einer Originalbrücke: Es ist zwar nicht genau zu erkennen, aber es scheint mir, dass die Tragkonstruktion über mehrere Felder durchlaufend ist. Das ist statish etwas anderes als ein Einfeldträger, wie Du ihn baust. Die auftretenden Momente werden in den Spitzen dadurch kleiner und die Brücke kann niedriger ausfallen. Nebenbei: wichtig neben der Durchbiegung aus den Momenten sind auch die Nachweise gegen Beulen und Knicken. Mit Beulen meint man das Verwinden des Stegs zwischen Ober- und Untergurt des Metallträgers. Um das zu verhindern, sind bei der Vorbildbrücke kleine Stege zwischen Ober- und Untergurt genietet. Je höher der Träger, um so größer die Gefahr des Beulens.
Zur Statik:
Das statishe System Deiner Brücke ist sehr einfach. Es ist ein Einfeldträger mit einem beweglichen und einem festen Lager und somit statisch bestimmt. Das zugehörige Gleichungssystem ist bestimmt und kann relativ einfach berechnet werden. Da wir nur die Momentenbelastung betrachten, haben wir auch nur eine Gleichung. Wir reduzieren das System auch eauf zwei Dimensionen. Die Breite betrachten wir nicht.
Die Belastung ist auch relativ einfach. Sie setzt sich aus der Eigenlast (Träger und Fahrbahn) sowie der Verkehrslast zusammen. Die Eigenlast kann man aus den Dimensionen der Bauteile und ihres spezifischen Gewichts ansetzen. Sie sind als gleichmäßige Last qE anzusetzen. Die Verkehrslast ist in den einschägigen Werken enthalten. Bei einem Einfeldträger brauchen wir auch keine Lastspiele zu machen um die Maximalbelastung zu ermitteln. Auch sie ist eine gleichmäßige Last qV auf dem Balken. Die Gesamtbelastung lautet also q=qE+qV.
Das größte Moment tritt beim Einfeldträger in der Mitte auf. Beim Mehrfeldträger ist das nicht so. Für uns bedeutet es, das das größte Moment sich berechnen lässt als M=q*l²/8 Die Durchbiegung in der Mitte beträgt
d=q * l^4 * 5/384 *1/E*I.
Formeln lassen sich hier nur schlecht darstellen. Du findest sie z.B. auch unter https://www.w-hs.de/fileadmin/public/dok...rmeln-fest3.pdf, hier: Verformung durch Biegung I, S. 88, erste Zeile.
E ist der s.g. Elastizitätsmodul oder E-Modul und ist eine Materialeigenschaft. Träger werden in in Standardkonfigurationen angeboten. Hinweise findet man im s.g. "Stahlbaukalender". Dort findet man die wichtigsten Infos zum Thema. Zu meinen Studienzeiten konnte man den locker in die Tasche stecken, heute ist das ein relativ umfangreiches Werk für viel Geld. Früher nannte man die z.B. St 37 oder ST52. Heute ist das komplexer, da kenne ich mich nicht mehr aus.
I (eigentlich Iy) ist das Trägheismoment. Es ist eine Größe, die sich aus den Dimensionen des Trägers ableiten lassen. Sie sind für die Standardträger in Tafelform angegeben, lassen sich aber auch einfach berechnen, Infos z.B. hier: http://www.innorat.ch/Fl%C3%A4chentr%C3%...ente_u2_51.html
Einen Eindruck von einer Bemessung einer Stahlbrücke findest Du hier: https://www.gmg-ing.de/Publications/FB_103.pdf. Da kommen viele Punkte zusammen. Die Lebensdauer einer Brücke hängt natürlich auch von den Lastwechseln ab. Je mehr sie sich bewegt, um so so eher kommt es zum Versagen der Bauteile. Da bei uns der LKW-Verkehr so massiv in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat, müssen die Brücken viel häufiger saniert werden. Grund sind u.a. die angesprochenen Lastwechsel, die zur Materialermüdung führen.
Neben der Durchbiegung gibt es auch die bereits erwähnten Spannungszustände. Das ist wahrscheinlich der interessanteste Teil im Hinblick auf die Moba. Das max. Moment haben wir bereits berechnet. Die Spannungen im Träger ergeben sich durch das s.g. "Freischneiden". Es besagt, dass ein Körper, der sich nicht bewegt, im Kräftegleichgewicht befindet. Schneiden wir also Deine Brücke in Gedanken in der Mitte durch, müssen wir äußere Kräfte anbringen, damit sie nicht herunter fällt. Bei dem wirkenden Moment entstehen Kräfte im Träger in Horizontalrichtung wirken. Im Obergurt ist das eine Druckkraft, im Untergurt ist es eine Zugkraft. Beide sind in der Größe gleich groß, denn sonst würden wir die Brücke verschieben. Das Moment ist nichts anderes als eine Kraft mal einem Hebelarm. Es gilt also
M=Foben * hTräger/2 + Funten * hTräger/2
daraus folgt
Foben = Funten = F = M/hTräger
Wenn die Flächen (A) des Ober- bzw. Untergurts bekannt sind, kann man daraus die Druck- bzw. Zugspannung (sigma) berechnen. Es gilt
Sigma = F/A
Für das gewählte Material gibt es Grenzspannungen, die nicht überschritten werden dürfen, sonst kommt es zu plastischen Dehnungen bzw. Brüchen.
Klar wird, dass die wichtigste Einflussgröße die Spannweite ist. Das Moment und damit die Spannung geht im Quadrat, die Durchbiegung hoch 4 mit der Länge ein. Man wird also alles versuchen, die Spannweite so klein wie möglich zu machen. Da helfen Mittelpfosten doppelt, wenn es Durchlaufträger sind. Sie reduzieren neben der Spannweite auch die maximalen Momente. Deshalb ist auch der Vergleich mit Deiner Vorbildbrücke nur bedingt tauglich. Eine Verdopplung der Spannweite führt zu einer rechnerischen Vervierfachung der Trägerhöhe und zu einer Verachtfachung der Durchbiegung. Dem wird man natürlich durch eine Verstärkung (Vergrößerung der Querschnittsfläche) von Ober und Untergurt entgegenwirken. Es gibt also viele Stellgrößen, an denen man drehen kann und muss.
Die Kunst des Statikers besteht darin, eine möglichst optimale Zusammenstellung der einzelnen Konstruktionselemente zu finden, so dass kein Teil über- oder unterdimensioniert ist. Per se kann man nicht sagen, ob Deine Brücke im Vorbild zusammenbrechen würde. Jetzt hast Du alle erforderlichen Größen für eine Bemessung zusammen und kannst Deine Statik selber machen
Ich würde jedenfalls sagen, dass Deine Brücke auf Grund der schlanken Bauteile sehr elegant wirkt und dass der Konstrukteur einen guten Job gemacht hat. Aber es ist zu befürchten, dass bei entsprechender Belastung auf Grund der Bewegungen relativ schnell eine Sanierung ansteht. Hier kann man z.B.auch daran denken, dass die Lackierung schnell zu Rissen neigt und mit entsprechender Korrosionsneigung führt. Das wäre jedenfalls auch ein interessantes Motiv ...
Das war nur ein winziger Einblick in die Welt der Statik mit einigen Randaspekten. Tatsächlich ist die Materie sehr komplex und es gibt an sehr viele Dinge zu denken.
Viele Grüße
Jürgen