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Der Fluch der Akribik, Teil 333
NICHTS FÜR LEUTE MIT SCHWELLENÄNGSTEN
Liebe Sarah,
du hast kürzlich an anderer Stelle hier im Stummiforum gefragt, warum ich meinen Schattenbahnhof einschottere.
Nun, das ist so, weil es mir geradezu körperliche Schmerzen bereiten würde, müsste ich für den Rest meines Lebens den Anblick von unbehandelten Spielzeuggleisen auf einer hässlichen schwarzen Gummimatte ertragen. Darum wird mein Schattenbahnhof jetzt geschottert. Egal, wie öd diese Tätigkeit ist und egal, wie lang ’s dauert.
Dieser Eigensinn hat aber natürlich auch Vorteile. Ich habe in meinem Schattenbahnhof dutzende Laufmeter Schienen, an denen ich verschiedene Herangehensweisen ausprobieren kann. Aktuell erprobe ich verschiedene Gleisabschlüsse, denn ich bin, offen gesagt, nicht sehr begeistert von der geringen Auswahl an von der Industrie angebotenen immergleichen und teils völlig vorbildlosen Prellböcken. Das geht gaaaanz bestimmt abwechslungsreicher und vorbildgerechter...
Ich brauche nun noch etliche Schwellen, die selbst einem Anprall einer massiven Kleinserienlok aus Messing standhalten. Meine Gleisabschluss-Schwellen (wie heißen diese Gleisabschlüsse nun wirklich?) müssen daher einiges aushalten. Wie schon erwähnt, schnitze ich die Schwellen nicht aus Holz oder Polystyrol, sondern ich schneide sie aus einer glasfaserverstärkten Kunststoffplatte zu. Es hat sich gezeigt, dass sich dieses Material mit Zyanacrylatklebern besonders gut verkleben lässt. Pertinaxplatten wären wahrscheinlich eine gute Alternative, aber ich hatte gerade kein Pertinax passender Stärke zur Hand, um das auszuprobieren.
Für die Nachbildung der Metallklammern verwende ich Metall. Mir sind von den Ätzteilen meiner Brückenbauten noch einige 0,7 Millimeter schmale und 0,3 Millimeter dicke Neusilberstreifen übriggeblieben, welche diesen Job einigermaßen glaubhaft übernehmen sollen. Dazu bohre ich in Abständen von etwa 4 Millimetern 0,4-Millimeter-Löcher und löte in diese Löcher etwa 2 Zentimeter lange Messingstäbe ein, die später – unmittelbar vor dem Einbau - passend gekürzt werden:
Das wird allerdings bei meinem Schattenbahnhof nicht reichen, also löte ich gleich einen ganzen Haufen davon:
Eine gute Lötübung für Anfänger übrigens.
Die „Eisenteile“ stecke ich nun in einen Schaumstoffblock und lackiere sie teils schwarz, teils rostfarben (bei mir eine Mischung aus Revell Aqua Lederbraun und Braun), jedes Teilchen ein bisschen anders:
Die Gleisabschluss-Signaltafeln müssen natürlich ordentlich befestigt werden. Darum löte ich nicht bloß einen Stab an die Tafel, sondern ich versehe die Rückseite auch mit "Flachprofilen" aus selbstklebenden Etiketten, von denen ich etwa 0,3 Millimeter schmale Streifen abschneide. Nach dem Aufkleben beträufle ich die Papierstreifen mit winzigen Zyanacrylatkleber-Punkten. So halten sie besser und bekommen eine plastikähnliche Konsistenz. Lackiert sieht das dann so aus:
Die Schwellen für die Gleisabschlüsse streiche ich in mehreren Schichten so, dass sie mit den Schwellen unter meinen Schienen farblich harmonieren. Auch variiere ich das Aussehen der Schwellen von ganz hell bis schwarzbraun – vom Wetter gebleicht bis frisch mit Carbolineum eingelassen, sodass jede Schwelle ein wenig anders aussieht. Damit sind sie fertig zum Einbau. Für die nach unten führenden Stäbe der Metallteile bohre ich Löcher in den Schotter, die Schwellen befestige ich mit Zyanacrylatkleber auf den Schienen.
Und so sieht’s dann eingebaut aus:
Hier noch zwei weitere Eigenbauten im Vordergrund und im Hintergrund ein Länderbahn-Prellbock aus einem alten Messingbausatz von Brawa, der in ähnlicher Form auch in Österreich vorgekommen sein könnte:
Die im letzten Beitrag gezeigten bemalten Styrodurkerne der Schotterhaufen waren teilweise ein wenig zu steil und an manchen Stellen klafften noch Lücken. Es war aber auch nicht der Job dieser rosa Platzhalter, wie richtige Schotterhäufen auszusehen. Nun sind sie eingeschottert, die Lücken sind zu und der Schotter hat eine realistische Neigung erhalten.
Und so sehen meine Drehscheibengleise jetzt aus:
Was ich damit zeigen wollte: Gleisabschlüsse müssen keineswegs immer alle gleich langweilig sein.
Wie ich jetzt auf dem letzten Foto sehe, hat der Schotterkleber Ränder im Sand erzeugt. Fuuuurchtbar, alles „verhaut“? Nein, natürlich nicht. Da lasse ich zu gegebener Zeit einfach Gras drüber wachsen. Denn auch das Begrasen will geübt sein. Wo sonst, wenn nicht in meinem Schattenbahnhof...
EDIT 27.11.2020:
Die Ränder scheinen nur dort zu entstehen, wo ich ausschließlich Leim verwende und keinen Fließverbesserer. Ich bin nun dazu übergegangen, noch etwas Fließverbesserer drüberzusprühen, NACHDEM ich den Sand oder Schotter mit reinem Leim geklebt habe. Weit über den geleimten Bereich hinaus und solange der Leim noch feucht ist. Danach gibt's keine scharfen Ränder mehr, denn der Leim verläuft im Fließverbesserer stufenlos.
Liebe Grüße
Euer Karl