Moin Moin,
manchmal denke ich mir, was würde ein in den 60er Jahren eingefrorener Modellbahner denken, wenn man ihn heute auftauen würde??
Er würde die Welt nicht mehr verstehen.
Was war das noch für eine Zeit, als man bei Märklin aus einem groben Metallklotz eine Lok herausgefräst hat, diese dann -je nach Farbverfügbarkeit - in blau oder grün lackierte, den Käufern als 3039 oder 3040 anbot?
Wenn der Modellbahner die Lok dann z.B. an Weihnachten aus der blauen Pappschachtel mit dem leicht öligen Styropor und einer gefalteten "Anleitung" herausnahmen, auf die metallischen Schotterimitatgleise stellte, den Trafo aufdrehte und sich dann über den Bocksprung aufregte?
Oder wenn die Lok die Metallsilberlinge nur mit viel zu viel Karacho ankuppeln wollte?
Dann mußte die Lok mittels einer leicht zu findenden Schraube geöffnet und der Fahrtrichtungsumschalter nachgebogen werden, damit die Lok sprungfrei umschaltete.
Wo ist die Zeit der Hartmetallkupplungen hin? Die Zeit der Kupplungslehre, um die Höhe derselben zu justieren?
Die Zeit der sichtbaren Gehäuseschraube, dem Handhebel für Umschaltung auf Oberleitungsbetrieb?
Hat sich da irgendjemand so laut über die Modelle aufgeregt???? Damals gab es auch schon die Miba...
Damals gab es auch schon Modellbahnclubs, Stammtische und jede Menge Bastler, die ihre Loks mehr oder weniger gelungen "umnummerten", damit auch das Heimat-Bw seine passende Lok hatte.
Da wurde noch richtig Betrieb gemacht, wurde nicht über jedes noch so kleine abweichende Detail oder Maßhaltung philosophiert und das Modell am Ende verteufelt.
Ich komme aus dieser Metallzeit von Märklin, erlebte die Digitalisierung der Modellbahnwelt und das rasante Wachstum der Ansprüche.
Die Hersteller kamen kaum nach, um allen Ansprüchen gerecht zu werden. Brachten immer neue technische Feinheiten auf den Markt, aber wir erleben gerade, daß zu viel des detaillierten Technikwahns wohl auch seine Grenzen hat. Der verwöhnte Märklinist wird plötzlich mit Dingen konfrontiert, die er so nicht kennt: lose Haltestangen, feine Tritte, die schon beim bloßen Betrachten abknicken und er muß lernen, Loks mit Samthandschuhen und Fingerspitzen anzufassen.
Und nun wird über billiges Plastik (okeee, okee, Öl als Grundstoff ist teuer) und leicht brechende Griffstangen oder Tritte gemeckert.
Denkt mal nur ein paar Jahrzehnte zurück. Damals gab es für den Gleichstromer u.A. Röwa und Roco. Einen zugerüsteten Wagen wollte man doch wirklich nicht dem Alltagsbetrieb auf der Moba aussetzen, denn ein winziger Unfall genügte... und die Freude war getrübt. Und wie oft hat man die grauen Stangen der Umbauwagen im Gleis gesucht...
Vielleicht sollten wir mal ein paar Gänge zurückschalten und nicht gleich alles verteufeln, was uns die Industrie vorsetzt, denn schließlich entscheidet jeder für sich selbst, ob er 400 Taler für ein Modell mit Supermegaschnick und optischem Schnack ausgeben will oder eben nicht.
Aber was manch Forum mittlerweile für Kritikpunkte hervorbringt, wundert wahrscheinlich nicht nur die Hersteller.
Und das Argument des Preises zieht nicht wirklich, denn auch 1970 war die 110 verflixt teuer.
Ich glaube, der 60er Jahre Mann würde nach dem Lesen vieler Beiträge wieder zurück ins Eis wollen...
Beste Grüße
Michael