Moin zusammen,
Neulich hatte ich eine Rivarossi HR2817 AC Baureihe 58 zum Testen. Eigentlich ein sehr schönes Modell zu einem noch annehmbaren Preis.
positiv:
+ toller Detailreichtum, sogar die gekröpfte Treibachse ist nachgebildet mit angedeutetem Innentriebwerk
+ hohes Gewicht, Kessel und Tenderaufbau, Chassis und Räder aus Metall
+ recht robuste Konstruktion trotz der vielen Einzelheiten
+ Lackierung und Beschriftung optisch einwandfrei
+ Kurzkupplung zwischen Lok und Tender
+ befährt auch 360 mm Radius
+ befährt K-Gleis schlanke Weichen und DKW einwandfrei
+ befährt K-Gleis Bogenweichen Außenbogen einwandfrei, Innenbogen hupft sie manchmal
+ befährt K-Gleis normale Weichen auch Abzweig einwandfrei
C-Gleis konnte ich nicht testen.
+ eigentlich ein recht ordentliches Fahrverhalten
(doch dazu siehe unten)
negativ:
- keine Kurzkupplung an Lok vorne und Tender hinten
- die Kupplungsaufnahme hinten ist nur beweglich durch eine dünne "Sollbruchstelle" zwischen der Schwalbenschwanzaufnahme am Fahrgestell und dem NEM-Schacht; hier befürchte ich keinen lange Lebensdauer im Betrieb
- die rechte Seite der Radsätze am Tender besitzt zwar Radsatzschleifer (gemäß der 2L=Version), diese sind aber nicht angeschlossen, deren Kabel wurde aber offensichtlich für den Skischleifer verwendet. Da alle Radsätze (gemäß der 2L=Version) isoliert sind, trägt somit die Hälfte der Tenderräder nicht zur Stromabnahme bei
- die Radsatzschleifer der Treibräder sind entweder zu weich oder schlecht vorgebogen montiert, eine sichere Stromabnahme bieten diese auch nicht unter allen Fahrbedingungen
ein Nachjustieren ist ohne Zerlegung der Lok kaum möglich
- die Räder des Vorlaufradsatzes tragen nicht zur Stromabnahme bei
Folglich bleibt das Modell gelegentlich unverhofft mal stehen.
- die kleine Stahldrahtfeder an der Tenderkupplung hängt in der Luft, es ist nicht klar, ob diese die Kupplung in Mittelstellung halten soll oder welche sonstige Funktion sie hat
Wozu sind sonst die Plastiknippel an der Kupplungsdeichsel, wenn nicht zum Halten dieser Feder?
- entgleist auf M-Weichen im Abzweig meistens mit dem Vorlaufgestell
- entgleist auch unmotiviert an anderen Stellen bei M-Gleis, wobei erstaunlicherweise die DKW und die Bogenweiche innen+außen einwandfrei befahren wird
- es fehlt eine Anleitung zur Demontage der Lok, eine Explosionszeichnung liegt zwar bei, ist aber bei dieser komplexen Konstruktion nicht ausreichend
- es fehlt ein Schaltplan (Liliput z.B. legt so etwas bei)
Zu den Entgleisungen:
Erstaunlicherweise befährt das Modell die mit Vorlaufgestell kritischen Punkte ohne die Vorlaufachse einwandfrei. Das Vorlaufgestell entgleist bei M-Normal-Weichen im Abzweig immer kurz vor dem Bereich der Weichenzunge, indem das kurvenäußere Rad quasi "ein Beinchen hebt". Ursache könnte die recht labberige Ausführung der Deichsel sein. Diese ist im Bereich der Schraube (Schwenkachse) recht stabil, teilt sich dann nach vorne gabelähnlich und hat ganz vorne nochmals eine dünne Querstrebe. Die Stelle, wo sich die Gabel teilt, ist aus unbekannten Gründen extrem dünn konstruiert, so dass sich die Deichsel hier verwinden kann. Andere Modelle anderer Hersteller ähnlicher Konstruktion, die ich mir darauf genauer angesehen habe, sind hier steif, so dass ein Verkanten der Achse nicht möglich ist, die Vorlaufachse bleibt immer in der Höhe parallel zu den anderen Achsen, während sich bei der HR BR58 die Gabel verwinden kann. Dies mag ein Grund für das Entgleisen sein.
Das Radsatzinnenmaß ist mit 14 mm noch korrekt (andere meiner Loks haben das zum Teil auch). Ein härterer Andruck der Vorlaufachse (Feder nachbiegen) hat nichts gebracht. Dieses "Federchen" ist in meinen Augen aber auch ein Schwachpunkt, da nur etwa 2 mm lang; es drückt Z-förmig die Deichsel nach unten. Ein Verkanten / Verwinden der Achse und der Deichsel verhindert diese Konstruktion auch nicht, sie unterstützt das eher.
Ich hatte schon überlegt, die Deichsel bei Kauf durch ein eingeklebtes Stück Metall quer zu stabilisieren, aber ob das Erfolg bringen würde, ist offen. Nur für die Vitrine (ich habe keine!) ist mir das Modell zu teuer.
Mag sein, dass meine Anlage nicht perfekt ist - mag sein, dass meine Gleisverlegung Schwachstellen hat, aber keine andere Lok von Märklin, Gützold, Roco, Fleischmann, Liliput entgleist bisher, auch nicht an den Stellen, die die BR58 aus der Spur bringt. Selbst eine alte Rivarossi (Italien) BR77, die nicht gerade ein Glanzpunkt an Laufkultur ist, entgleist dort nicht!
Nach diesem enttäuschenden Test - denn ich hätte die BR58 gerne gekauft! - habe ich nochmals alle meine Loks getestet, die ähnlich konstruiert sind (alle AC ab Werk):
BR93 Roco - 1'D1'
BR95 Piko - 1'E1'
BR94 Fleischmann - E
BR85 Märklin - 1'E1'
BR56 Fleischmann - 1'D
BR64 Fleischmann - 1'C1'
BR70 Fleischmann - 1B
BR98.0 Gützold - B'B' (Kreuzspinne)
BR77 Rivarossi (Italien) 1'C2'
BR73 Trix - 1'B2' (Umbau auf AC) mit Original-Radsätzen und -Radsatzmaß
und auch die sonst etwas kritische Märklin "K" BR59 fahren brav über die mit der Hornby BR58 1'E nicht befahrbaren Stellen.
Ich habe statt der Hornby BR58 nun eine Fleischmann BR76 - 2'C gekauft, die völlig problemlos fährt. Auch diese hat niedrige Spurkränze.
Getestet habe ich nur den Analogbetrieb, über das Verhalten im Digitalbetrieb kann ich nichts aussagen. Verbaut ist laut Beschreibung ein LokPilot 2.0 für MM- und DCC-Format.
Mag sein, dass die BR58 auf anderen Anlagen, z.B. nur K- oder C-Gleis einwandfrei fährt. Bis auf einige Montagefehler bei der Stromabnahme ist das Modell sehr ordentlich, allerdings sollte man bei diesem Preis und einer Neukonstruktion zumindest am Tender eine Kupplungskullisse erwarten können, zumal der Tender Platz genug hat, denn der Antrieb sitzt in der Lok.
Gruß klein.uhu