Hallo an alle, vor allem an interessierte Mitleidende zum Thema „Entgleisen von Wagen“
Nachdem ich die letzte Zeit (= die letzten Monate) damit verbracht habe, unzählige Züge Probe zu fahren, um entgleisende Wagen zu identifizieren und den Fehler zu beheben, schreibe ich im Nachfolgenden einmal meine bisherigen Erfahrungen nieder; vielleicht können durch andere Leser weitere Erfahrungen beigesteuert werden, sodass dann andere Leidgeplagte hier den einen oder anderen Tipp aufschnappen können.
Vorausschicken möchte ich, dass ich vor allem Güterzüge getestet habe, die rund 4,5 m lang sind und eine festgelegte Probestrecke mit Kurven und Steigungen zu durchfahren haben. Dabei wurde jeder Wagen in beiden Fahrtrichtungen hinter der Lok eingereiht, d.h. ein Zug mit 20 Wagen hat die Probestrecke mindestens 40x absolviert. Sobald ein Wagen an irgendeiner Stelle entgleist ist, begann die Fehlersuche ….
Bevor ich jetzt auf diese möglichen Entgleisungsfehler im Detail eingehe, noch eine wichtige Warnung: Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, dass bei einem Wagen mehr als zwei Fehler vorliegen, die sozusagen parallel geschalten sind, d.h.: Versucht man den erkannten/vermuteten Fehler 1 zu beheben, entgleist der Wagen weiterhin – weil es einen unbeachteten Fehler 2 gibt, der das Entgleisen verursacht, während man weiterhin am längst behobenen Fehler 1 herumtüftelt …
Achsen: Achsen können durch unrunden und/oder schwergängigen Lauf zu Entgleisungen führen. Anfällig sind hier meist ältere Achsen. Auch ein veränderter Räderabstand oder starke Verunreinigungen der Lauffläche können ein Problem werden. Aufgefallen ist mir dies oft bei alten ROCO 40198 Achsen, deren Räder noch auf Plastikscheiben aufgebracht sind. Diese Plastikscheiben können nach Jahren verrutschen oder die Lauffläche eiern lassen. Schwergängig laufende Achsen erkennt man rasch beim manuellen Schieben des einzelnen Wagens auf einem Gleis – der Wagen rollt nicht aus, sondern bleibt unverzüglich stehen. Im Extremfall blockieren sogar Achsen. Fehlerquelle sind hier möglicherweise defekte Achslager oder ein unpassender Abstand der Achslager zueinander; das tritt z.B. oft bei den 2-achsigen ROCO Schüttgutwagen auf. Abhilfe kann ein vorsichtiges Zurückbiegen der Achsaufhängung schaffen, ggf. unterstützt durch heiße Luft (Föhn!). Auch können zuzurüstende Bremsbacken eine Blockade verursachen.
Kurzkupplungskulisse: Grundsätzlich ja eine tolle Erfindung, nur kann es hier auch zu schwerfälligen oder ruckenden Bewegungen kommen. Abhilfe schaffe ich mir durch genaue Kontrolle von „Widerstandspunkten“ – wenn vorhanden kann man vorsichtigst selbst den Widerstand abschleifen, bis die Kurzkupplungskulisse eine weiche, ruckfreie Bewegung zulässt. Achtung: Dies nicht nur bei „am Rücken liegenden Wagen“ überprüfen, auch bei normal aufgegleisten Wagen und ggf. unter Berücksichtigung von steileren oder flacheren Zugrichtung auf die Kupplungsdeichsel! Auch auf die Feder achten – zu schwach, zu stark?
Drehgestell: Ähnlich der Kurzkupplungskulisse kann es beim Drehgestell zu unrunden/blockierenden Bewegungen kommen – wiederum vorsichtiges Abschleifen, hier auch immer auf Zusammenwirken mit der Kupplungskulisse achten!
Kupplung und Puffer: Je nach Kupplungsmodell kann es hier durch schlechte/falsche Kupplungsverbindung zu einem Fehler kommen. Aber auch bei richtiger Kupplung kann es zu Störungen kommen – aufgefallen ist mir dies vor allem bei der ROCO Universalkupplung, die gerne mal bei Kurvenfahrten ein Problem mit den Puffern haben kann (aufgefallen bei ROCO Gbs-Modellen). Hier habe ich zwei Lösungen für mich gefunden: Einkleben der Universalkupplungen in den Schacht so, dass die Kupplung nicht ganz einrastet = weiter vom Wagen entfernt ist; Abflachen der Puffer in dem Bereich, in dem die Universalkupplung auf den Puffer trifft. Sind natürlich keine optisch schöne Lösungen, aber dann ist Entgleisungsruhe …
Gewicht: Bei längeren Zügen können zu leichte Wagen vor allem bei Kurven zu Entgleisungen führen. Hier ist das Gewicht zu erhöhen; ideal eignen sich hier Schraubenmuttern, die im Wagen oder unter der Ladung eingeklebt werden – Dosierung ist somit gut möglich. Je nach Modell habe ich die Erfahrung gemacht, dass 60 bis 100 g Gewicht meist ideal sind. Zu schwere Wagen belasten natürlich die Zuglok und verunreinigen die Schienen durch vermehrte Haftreifenabnutzung zusätzlich.
„Umfeldbedingungen“: Möglicherweise weist ein Wagen einen oder mehrere der bisher beschriebenen Fehler auf, aber nur so gering, dass es noch zu keiner Entgleisung kommt. Kommt nun aber noch eine „negative Umfeldbedingung“ dazu, ist der Wagen auch schon heraußen … Der Fehler liegt hier damit auch bei diesen „Umfeldbedingungen“, z.B. Fehler am Gleis, an der Weiche, oder am benachbarten Wagen. Beispiel: Wagen 1 läuft scheinbar immer problemlos; auch Wagen 2 läuft scheinbar immer problemlos. Werden aber Wagen 1 und 2 gekuppelt, laufen sie im Zug weiterhin problemlos. Aber: Sind sie unmittelbar hinter der Lok eingereiht, entgleisen sie immer an der Stelle X der Anlage …
Soweit einmal in aller Kürze meine Erfahrungen und Lösungsvorschläge
Rückmeldungen und Erfahrungen eurerseits würden mich sehr interessieren!
mfG
Martin