RE: Was für ein Gleis?

#1 von U 43 , 14.04.2019 18:54

Hallo,

beim Spaziergang habe ich ein interessantes Gleis einer stillgelegten Nebenbahn gesehen:



Auffallend sind die eingebauten Spurhalter. Schwellen sind nicht erkennbar. Weiß jemand die genaue Bezeichnung für ein solches Gleis? Ist es vielleicht ein sog. Langschwellengleis?


Gruß, Gernot.
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RE: Was für ein Gleis?

#2 von WiTo , 14.04.2019 19:15

Hallo Gernot,

interessanter Fund. Wäre interessant zu wissen, wo du das gefunden hast, denn das könnte zur Klärung deiner Frage beitragen. Ich kenne die gezeigten Spurhaltestangen nur als Notmaßnahme, nicht als Dauerlösung. Wenn es Probleme mit der Schienenbefestigung oder mit einzelnen Schwellen (meist verwitterte Holzschwellen) gibt, die dazu führen, dass es zu unzulässiger Spurweitungen kommt, verwendet man diese Stangen, um das Gleis noch ne Weile befahrbar zu halten. Wenn eh klar ist, dass die Strecke stillgelegt wird, wird man die Schwellen nicht mehr ausgetauscht. Statt dessen gibt es Spurhaltestangen und ne La 10 und dann geht das noch ne Weile so.

Nach der Stilllegung hat wohl der Streckenbetreiber versäumt, die Stangen wieder aus dem Gleis heraus zu nehmen. Ne andere plausible Erklärung fällt mir da nicht ein.

Liebe Grüße

Thomas (WiTo)


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RE: Was für ein Gleis?

#3 von U 43 , 14.04.2019 19:38

Hallo Thomas,
diese Strecke führt über ein paar km vom Bahnhof Wilhelmsdorf (Hessen, bei Usingen) durch den Wald zur sogenannten "Muna", ein ehemaliges Depot aus dem letzten Krieg, das heute vom Bundesgrenzschutz genutzt wird. Alles schwerstens mit Stacheldraht eingezäunt. Das gesamte Gleis sieht so aus! Das muß also schon eine feste Bauart sein. Wahrscheinlich in den 30ern gebaut. In den 60ern hatten die noch eine eigene V 100 in Betrieb.


Gruß, Gernot.
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RE: Was für ein Gleis?

#4 von LukasLokführer , 14.04.2019 20:24

Hallo Gernot,

das sieht so ahnlich aus wie bei der Sekundärbahn Erlangen - Eschenau. (a.k.a. "Seekuh")
Dort waren die Schienen teilweise ebenso verlegt, v.a. wenn sie in der Straße oder direkt daneben verlegt waren.
Also nix temporäres. Inzwischen ist die Stecke stillgelegt und komplett abgebaut.

Gruß,
Lukas


 
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RE: Was für ein Gleis?

#5 von WiTo , 14.04.2019 20:37

Hallo Hernot,

möglicherweise hast du recht, und es doch eine dauerhafte Konstruktion. Ich habe mich da vom Begriff Spurstange wohl etwas fehlleiten lassen.

Eine Spurhaltestange müsste so aussehen:

https://www.robel.com/de/maschinen-werkz...purhaltestange/

Und würde nicht über km dich an dicht verwendet werden.

Mal sehen, was wir hier noch herausfinden? Ist spannend.

LG

Thomas (WiTo)


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RE: Was für ein Gleis?

#6 von WiTo , 14.04.2019 21:15

Zitat

Hallo Gernot,

das sieht so ahnlich aus wie bei der Sekundärbahn Erlangen - Eschenau. (a.k.a. "Seekuh")
Dort waren die Schienen teilweise ebenso verlegt, v.a. wenn sie in der Straße oder direkt daneben verlegt waren.
Also nix temporäres. Inzwischen ist die Stecke stillgelegt und komplett abgebaut.

Gruß,
Lukas



Hallo nochmal,

tatsächlich erinnert das Gleis an Straßenbahngleise. Da hat Lukas einen guten Hinweis gegeben.

https://www.maxfrank.com/ch-de/news/meld...enbahngleis.php

Bei Anschlussgleisen gibt es erheblich größere Freiheitsgrade beim Gleisbau, als bei Staatsbahngleisen. Da die Muna ja schnell aufgebaut werden musste, hat man auch wohl nicht viel Zeit für den Gleisbau übrig gehabt. Da wurden Gleise, wie für eine Feldbahn verlegt, irgendwie Gleise auf den Erdboden bringen und die Spur halten. Die La (meist nur 10 oder gar 5 km/h) besorgt dann den Rest an Betriebssicherheit. Ob man nun für die letzten 2 oder 3 km noch ne Stunde oder nur 10 Minuten gebraucht hat, war nicht so wichtig. Hauptsache die Anbindung wurde schnell realisiert.


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RE: Was für ein Gleis?

#7 von U 43 , 18.04.2019 17:45

Hi,
inzwischen habe ich schon hunderte Bilder zum Thema Gleisbau gegockelt, aber nur ein ähnliches mit dem Untertitel "Museumseisenbahn Lokschuppen Aumühle - Gleisbau" gefunden. Allerdings mit Querschwellen zusätzlich. Meine Bücher zum Thema geben auch nichts her. Wenn ich das nächste Mal vor Ort bin, muss ich also nachsehen, was sich so alles umter dem Laub befindet. Aber es scheint so und so irgendwie eine Rarität zu sein, sonst würde man einfacher was finden...
Direkt Denkmal-verdächtig!
Hat zufällig jemand Einblick in das Gleisbaubuch von August Haarmann? Da könnte vielleicht noch was drin sein.🤔


Gruß, Gernot.
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#8 von WiTo , 18.04.2019 19:39

Hallo Gernot,

ich habe da noch was sehr interessantes gefunden. Schau mal hier:

http://www.lahnbahn.de/a/muna.htm

Liebe Grüße

Thomas (WiTo)


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RE: Was für ein Gleis?

#9 von U 43 , 18.04.2019 21:25

Danke Thomas,

den Bericht kenne ich schon! Da hat jemand die gleichen Fotos gemacht, wie ich !
Die Bezeichnung Feldbahngleis ist wohl eher ein Spässchen, es handelt sich immerhin um Normalspur 1435 mm!

Inzwischen habe ich das erwähnte Buch (A. Haarmann, Das Eisenbahn-Geleise) ausfindig gemacht. Es liegt bei der TU Darmstadt als Digitalversion vor zum kostenlosen Download. Für alle Interessierten hier ein Direktlink:

http://tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/48-A-1085

Antiquarisch kriegt man den 2bändigen Schinken von 1891 übrigens auch über booklooker oder zvba zwischen 79,- und schlappen 300,- Euronen.
Jetzt werde ich mir das Werk mal zur Brust nehmen. Mal sehen, ob sich da was findet.


Gruß, Gernot.
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#10 von U 43 , 22.07.2019 22:09

Hallo zusammen,

kürzlich habe ich mal wieder einen Ausflug in den Taunus gemacht und die alte Bahnstrecke besucht. Aber diesmal hatte ich einen Handfeger dabei, um das Geheimnis unter dem Laub zu lüften!

Mein Interesse galt einer besonderen Stelle. Zunächst findet man bei diesem Bahnübergang die Gleise straßenbahnähnlich im Boden versenkt:



Dahinter geht die Strecke auf dem bekannten Querschwellen-Oberbau weiter:



Die Eichenschwellen gehen besonders außen bereits in Humus über:



Jetzt kommt der interessante Teil auf der Seite vor dem gezeigten Bahnübergang. Die Gleise liegen auf Betonplatten oder –steinen (wie tief die im Boden eingelassen sind, weiß ich nicht, eine Spitzhacke hatte ich nicht im Handgepäck) und sind mit einer Eisenunterlage und einem weiteren Kleineisen darauf beidseitig angedübelt:

sorry, dieses Foto passte leider nicht ins Forum

Die Platten sind 100 x 45 cm, der Abstand zur nächsten 35 cm, während die Spurhalter einen Abstand von 92 cm zueinander haben. Das Ganze verschiebt sich also mit der Zeit:





Bei der freigelegten Stelle war der Spurhalter genau mittig, bei der nächsten Stelle schon nicht mehr. So, jetzt wissen wir, was unter dem Laub war!

In Haarmanns „Das Eisenbahngeleise“ habe ich noch kein direktes Pendant gefunden. Meine pdf.-Ausgabe ist von 1891 und natürlich könnte der gezeigte Oberbau auch „zu modern“ für Haarmanns Abhandlung sein.

Seit den 80er Jahren wird die Strecke nicht mehr gepflegt. Teilweise ist sie im Wald eingezäunt worden, damit sich Neugierige beim Rumkraxeln nicht wehtun.


Gruß, Gernot.
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