Hallo,
Da es sich um eine grundsätzliche Verständnisfrage des Thread-Erstellers zum Thema Digitalsignal und Bremsstrecken handelt, möchte ich auch noch einmal versuchen das Thema ganz grundsäztlich und allgemein gültig zu erklären.
Bei digitalen Mehrzugsteuerungen werden Informationen zusätzlich zur Energieversorgung über irgendein Medium (Schiene, Punktkontakte, Luft(Funk)) mit den sog. Decodern ausgetauscht. Es gibt Befehle die alle Decoder betreffen sollen (z.B. Notstopp) und Befehle, die selektiv nur für einen ganz bestimmten Decoder oder ein Decoder-Gruppe gedacht sind. Die Selektion geschieht über das Senden einer Adresse, mit der sich besagter Decoder identifiziert. Die Befehle die selektiv also adressspezifisch erfolgen sind z.B. : Soll-Fahrstufe, Fahrrichtung, Funktionen, u.s.w.
Im gegensatz dazu ist der Haltebefehl durch ein rot zeigendes Signal ein globaler Befehl für alle Decoder. (Außnahme Rangierfahrt)
Warum überhaupt "Bremsstrecken"/ getrennte Gleisabschnitte im Digitalbetrieb?
Stellt man sich an seiner Bahnstrecke ein Signal auf, so ist es häufig gewünscht, dass der "Lokführer" in einer Lok dieses auf irgendeine Weise wahrnimmt und auch darauf entsprechend reagiert.
Wenn man selbst der Lokführer einer Lok ist, kann man das an viele Stellen noch, jedoch nicht, wenn Signale an Stellen stehen, die vom Rand der Anlage schlecht einsehbar sind. Man befindet sich ja faktisch nicht wirklich auf dem Führerstand der Lok, sondern als externer Betrachter außerhalb der Anlage mit einem Steuergerät in der Hand.
Bei Loks, die automatisch, also nicht aktiv gesteuert, unterwegs sind, gilt das natürlich sowieso.
Also muss jetzt die Information über die Stellung der Signale irgendwie zum "Lokführer" gelangen. Das könnte dadurch geschehen, dass man als Lokführer immer an der gleichen Stelle vor einem Bildstellwerk, Bildschirm o.ä. sitzt und dort die Stellung der Signal an den Schaltern o.ä. sehen kann, mit welchen die Signale geschalten werden. Wenn man sich aber mit einem mobilen Steuergerät auch einmal bewegt und seinen Zug zu Fuß verfolgt, ist das nicht mehr so einfach.
Was man nun macht ist, dass man zu jedem Signal mindestens einen Abschnitt im Gleis vorsieht, der diesem Signal zugeordnet ist. Dieser Abschnitt kann nun mit einem Rückmelde-Modul/Gleisbesetzt-Modul (auch nur punktuell / Kontaktgleis), Brems-Modul ausgestattet sein oder zur getrennten Einspeisung eines Halte-Datensignals dienen.
Auf diese Weise, kann dem Lokdekoder selektiv eine Information zum Anhalten mitgeteilt werden.
Wobei nur die letzte Möglichkeit mit der Einspeisung eines Halte-Datensignals nicht zwingend auf zusätliche Hardware am Abschnitt angewiesen ist.
Anmerkung: Die Gleisbesetz-Module können auf viele verschiedene Arten funktionieren. Optisch (z.B. Lichtschranke, Barcode-Leser), magnetisch (z.B. Schaltmagneten mit Reedkontakt), Verbrauchsmessung (Stromfühler) oder sogar mechanisch. Deren Zewck ist zunächst jedoch überall der gleiche.
"Der Teufel Steckt im Detail."
Die oben erwähnten drei Möglichkeiten zur selektiven Mitteilung einer Halte-Information, sind jedoch nicht alle gleich komfortabel und gleich unkompliziert in deren Handhabung.
So ist das Einfahren in einen "haltzeigenden" Abschnitt meist problematisch. Unterscheidet sich die von der Zentrale erzeugte Information außerhalb des Abschnitts zu der in einem Abschnitt, so wird beim Überfahren genau dieser Unterschied kurzgeschlossen. Das kann dann systembedingt einen Kurzschluss von minimal 16V bis max. 44V nach DCC-NEM entsprechen.
Da die meisten modernen Zentralen einen Kurzschlussschutz eingebaut haben, würden die Zentralen hier korrekterweise aus Sicherheitsgründen abschalten.
Also benötigt man hier im einfachsten Fall einen Bremsabschnitt, der so lang ist, dass der längste Zug vollständig eingefahren ist, wenn auf die Halte-Information umgeschalten wird. Das alleine ist schon recht unkomfortabel.
Dazu kommt aber noch, dass es dadurch auch nicht möglich ist mit einer zweiten Lok nun nachträglich (bspw. um eine Doppeltraktion zu bilden) von der Strecke in den Bremsabschnitt einzufahren. Generell das Ausführen einer Rangierfahrt ist in auf Halt stehenden Bremsabschnitten so nicht möglich.
Ob sich die Lok/Decoder im Abschnitt noch bedienen lässt ist davon abhängig, ob überhaupt noch ein Datensignal in dem Abschnitt vorhande ist, oder wie beim Märklin DC-Bremsen, die Bremsinformation durch das Anlegen einer negativen Gleispannung geschieht.
Bei Systemen die zwar keinen Kurzschluss beim Einfahren in einen Bremsabschnitt sorgen, die Bremsinformation jedoch trotzdem aus einer Potentialänderung herrührt, wird während des Einfahrens auch diese Information kurzgeschlossen. So bei Lenz ABC bremsen. Dadurch ergeben sich deutliche Schwankungen und Unsicherheiten bei der Anhalteweglänge und es ist nicht unwahrscheinlich, dass eine Lok mit Zug (v.a. mit beleuchteten Wagen) durch den Abschnitt rutscht.
Der Hersteller empfiehlt auch hier die Abschnittlänge so lang zu gestalten, dass der längste Zug komplett in einen Abschnitt passt und als Absichterung evtl. gleich noch einen zweiten Abschnitt (-> Lenz BM2).
Liegt die Information zum Halten im Datensignal / im Protokoll und ist die Übertragungstechnik gleichzeitig so gewählt, dass unterschiedliche Informationen in verschiedenen Abschnitten nicht zu einem Kurzschluss führen können, so braucht es nicht nur nicht zwingend irgendeine Baugruppe am Bremsabschnitt, es sind auch alle oben genannten Probleme nicht mehr vorhanden. (so z.B. beim C-Digitalsystem)
Das gleiche gilt fast für alle Methoden mit Rückmeldern / Gleisbesetzt-Meldern außer, dass man hier zwingend zusätzliche Hardware am Gleis braucht. Der große Nachteil ist allerdings, dass man dann auf eine Auswertung und Steuerung der rückgemeldeten Daten angewiesen ist. Es ist eine Software-Steuerung oder eine "Mini-Computer-Zentrale" a la EcoS, CS2, CS3, Z21 notwenidig. Möchte man dann noch ein paar einfache Abläufe so wie Blockstrecken-Steuerung umsetzen, ist man schnell bei der globalen Rückmeldung praktisch der kompletten Anlage. So kann die Software dann natürlich alles erledigen. Der benötigte Aufwand ist aber auch mit Abstand der größte und es spielen dann irgendwann andere Dinge wie die Latenz auf den verschiedenen Bussystemen eine Rolle, denn alle Steuerungs-Informationen gehen hier durch die Software.
Einen schönen Sonntag wünsche ich noch.