Moin Mitreisende,
bei diesem Beitrag habe ich mich wirklich lange Zeit gefragt, wann schreibst Du über dieses Projekt. Schließlich beschäftige ich mich schon einige Zeit damit. Aber, wann ist eine Idee soweit sinnvoll umgesetzt, wirklich darüber zu berichten und damit sicher auch eine Diskussion los zu treten, die dann Einfluss auf die weitere Entwicklung haben könnte.
Ich denke, jetzt ist es soweit.
Ausgangslage:
Betrachten wir den Markt der Berliner S-Bahn Modelle in H0, blicken auf wir einen überschaubares Angebot - zumindest bei Serienmodellen. Wobei mit Blick auf die hier angestrebte Lösung sinnvollerweise eine Trennung zwischen Altbau- und Neubaureihen vorgenommen werden muss. Wichtigstes Unterscheidungskriterium im Sinne dieses Beitrages ist der Achsabstand der Züge innerhalb der Drehgestelle. Da sprechen wir bei den BR 480 und 481/482 von 2.200mm, bei den davor liegenden Baureihen bis auf wenige Sonderausführungen i.d.R. aber von 2.500mm. Umgesetzt ins (H0) Modell sind das ungefähr 3mm Unterschied. Für mich eine Differenz, die man nicht einfach übersehen kann.
Der Modellbereich der Altbaureihen wird dominiert von dem alten, aber nach wie vor recht schön umgesetzten Modell von Lima i.w. des Stadtbahners in allen möglichen Varianten – selten antreffen auch in der Abwandlung als 476er. Die Modelle werden – bis auf die Neuauflage von Hornby - seit längerer Zeit nicht mehr produziert, sind aber im Zweitmarkt durchaus in größeren Mengen erhältlich. Der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, dass auch Märklin – besser Primex – den Zug im Angebot hatte. Für meinen Geschmack eher unterdurchschnittlich umgesetzt.
Daneben tummeln sich einige Kleinserienanbieter wie Woytnik, Gutschow oder der Verbrecher Janzen (ich darf das sagen, ich habe einen Titel gegen ihn), die aber meines Wissens die Modelle auch nicht mehr aktiv im Vertrieb haben. Auch auf Shapeways findet man 3D gedruckte Modelle. Bis auf Woytnik allerdings meistens nur die Gehäuse ohne jedes Innenleben und eben ohne Antriebe.
Was aber den Ausschlag für meine Idee gegeben hat, ist durch Lima umgesetzte Motorisierung der Züge. Die mag von den Fahreigenschaften her so eben noch akzeptabel sein (selbst darüber kann man streiten), was mich extrem stört, ist die klobige Ausführung und Anordnung mitten im Fahrgastraum. Ein von mir als realistisch angesehener Durchblick durch die angetriebenen Modelle ist schlicht nicht möglich
Die Idee:
Ich habe bereits für das OpenCar-System einige Fahrzeuge mittels selbst konstruierter Fahrwerke / Antrieb umgebaut. Bspw. stammt auch das im Fichtelbahn-Shop angebotene Modell eines Mercedes Sprintershttps://www.fichtelbahn.de/car_kit12577.html stammt aus meiner Feder (besser meinem CAD Programm), auch wenn der Anbieter diesen Aspekt verschweigt.
Die grundsätzliche Idee lässt sich auch auf Modellbahnen übertragen, wobei die zu lösenden Probleme die gleichen sind.
Zu einem ist das Fahrwerk als solches zu konstruieren. Hier orientiere ich mich zwangsläufig an den vorhandenen Gegebenheiten, berücksichtige in meinen Zeichnungen aber bereits sehr frühzeitig die Erfordernisse des grundsätzlich angestrebten abweichenden Antriebskonzeptes. Hier insbesondere dem tief liegenden Motor.
Auch wenn man die vorhandenen ‚Altteile‘ vergleichsweise genau vermisst, sind zahlreiche Anpassungen der Konstruktion nicht zu vermeiden, bis so ein Fahrwerk vernünftig bündig in die vorhandenen Gehäuse passt. Eigentlich hilft da nur try and error. Zeichnung anpassen, neu drucken – immer wieder.
Etwas einfacher wird dieser Schritt, wenn auch das Gehäuse selbst gezeichnet ist. Wie bspw. bei meinem 485er https://stummiforum.de/viewtopic.php?t=146859. Da hat man zwangsläufig die Daten, die beiden Teile sinnvoll zusammen zu bringen. Das war im konkreten Fall auch eine weitere zentrale Motivation, denn der 485er schreit noch nach einer Motorisierung.
Zweiter zentraler Punkt wie realisiert man die Antriebstechnik. Vordefiniert war – wie schon geschrieben - der Achsabstand mit 2.500mm. Woran kann man sich orientieren ? Denn es braucht ja für die angetriebenen Einheiten ein funktionsfähiges Getriebe. Zahlreiche Modell wurden dafür betrachtet und wieder verworfen. Hängen geblieben bin ich dann bei den Drehgestellen der Baureihe 420. Diese passen vom Achsabstand her. Vor allem, Zahnräder sind bei Roco durchaus als Ersatzteile erhältlich.
Und der Motor, puh flaster: Wie wichtig der ist sieht man ja an den Neubaufahrzeugen von Halling (481/482) bzw. Lemke / Hobbytrain (480). Beide können aus meiner Sicht hinsichtlich der Fahreigenschaften überhaupt nicht überzeugen.
Ganz gute Erfahrungen hatte ich beim Umbau einer Halling 481 mit dem großen Motor Nr. 113092 von Roco gemacht. Der passt von der Breite her in die Berliner S-Bahnen auch unterflur rein. Und hat – nicht zuletzt durch zwei große Schwungmassen - richtig schön Zugkraft. Malus, der Motor ist für meinen Geschmack recht teuer. Von daher habe ich zunächst Motoren ebenfalls mit Schwungmassen in Asien bestellt. Einige mache auf meinem Teststand einen ganz guten Eindruck. Ob die es wirklich werden, wird sich aber spätestens bei Fahrversuchen in meinem Wendel noch zeigen müssen.
Die Umsetzung:
Ich will Euch gar nicht mit den verschiedenen Entwicklungsschritten der Zeichnung langweilen. Da wurde so einiges gezeichnet, dann wieder verworfen. Momentaner Stand der Entwicklung ist dieser passend für den Lima Stadtbahner.
Wichtig war mir die Trennung des eigentlichen Fahrwerkes sowie der Motorhalterung. Das hat neben drucktechnischen Aspekten (physikalische Anordnung im Druckraum) den elementaren Vorteil, Änderungen in der jeweils anderen Komponente vornehmen zu können, ohne immer wieder allzu tief in die andere Komponente einzugreifen. Schließlich kann es sein, dass mich der momentane Motor am Ende doch nicht überzeugt und durch einen anderen ersetzt wird. Und beim Fahrwerk machen spätestens die ‚Abwandlungen‘ für die Baureihen 125, 166, 167, später dann 477 bzw. Panoramazug oder eben die 485 ohnehin jeweils individuelle Anpassungen erforderlich.
Nach einigen Stunden weiterer 3D Druckzeit und erneuten Anpassungen im 1 – 2/10 mm Bereich lassen sich die Fahrwerksaufnahme – mit zuvor eingeclipsten Motor - und das (165er-) Fahrwerk tatsächlich gut ineinander stecken.
Im nächsten Beitrag schreibe ich dann etwas zu den Drehgestellen samt zugehöriger Drehgestellblenden. Bis dahin freue ich mich auf eine lebhafte Diskussion, gerne auch mit kritischen (aber sachlichen) Anmerkungen.
LG Oliver