Zitat von Litra_EG
Nun ja. Die 42 in dieser "Tarnlackierung" ist eher unwahrscheinlich.
Zum Hintergrund: bereits im Sommer 1944 (!!!) begann eine Arbeitsgruppe unter Leitung des später wegen seiner Kriegsverbrechen hingerichteten SS-Gruppenführers Otto Ohlendorf mit Planungen für die deutsche Wirtschaftsordnung nach einem verlorenen (!!!!!!!) Krieg (u.a. war auch Ludwig Erhard, der spätere Bundeskanzler, Mitglied dieser Gruppe).
Auf Grundlage der Planungsergebnisse dieser Gruppe wurde unter anderem damit begonnen, Vermögensgegenstände und Produktionsgüter ins damalige Reichsgebiet, bevorzugt in die späteren Westzonen - die Beschüsse der Alliierten bezüglich der Aufteilung Deutschlands waren bekannt - zu vershaffen. Hierzu zählten u.a. auch die neuwertigen Lokomotiven der Baureihe 42.
Diese hatten jedoch ein Problem: die Rauchfahnen. In den letzten Kriegstagen wird, so ich meiner Literatur glauben kann, der Restschienenverkehr bevorzugt mit Kondenslokomotiven aufrechterhalten. Und, es machte im Reichsgebiet keinen Sinn, Feldtarn anzubringen. Eine "bunte" Lok in einem Restlokschuppen ohne Dach, da hätte man auch gleich einen Neonpfeil mit der Aufschrift "bomb me" anbringen können. Aus diesem Grunde halte ich die "Buntschecktarnung" kraft Logik für Mumpitz.
Die 05 003 wurde aus Propagandagründen "getarnt" und mit Splitterblechen versehen. Ihre einzige Fahrt führte sie auf Umwegen nach Neumünster iirc, wo sie dann kalt abgestellt wurde.
Die Planungsgruppe um Otto Ohlendorf wird in diversen Publikationen von Bernt Engelmann behandelt, falls jemand eine Quellenangabe möchte.
Hallo Litra,
die Aussagae stelle ich so nicht in Frage. Doch etwas in den Heften und Buechern zu wuehlen bringt etwas.
Es gibt ein Foto, das belegt, dass dieser Tarnanstrich doch angewandt wurde, sogar direkt im Reichsgebiet.
Autor: Walter Hollnagel
Eisenbahnraritaeten - Von den zwanziger Jahren bis 1945
ISBN 978-3-88255-306-2
EK-Verlag
Seite 97
Dort wird ein Foto des BW Hanau aus dem Jahr 1945 gezeigt,
das folgende Loks in diesem Tarnanstrich deutlich zeigt:
44346 - Tenderrueckseite - Tarnanstrich nach Musterblatt
44341 - von vorne mit Zugehoerigkeitsschild Han - Tarnanstrich nach Musterblatt
39009 - von vorne mit Zugehoerigkeitsschild Han - abgewandelter Tarnanstrich
90° - von vorne mit Zugehoerigkeitsschild Han - Tarnanstrich nach Musterblatt
Es soll sich um den Tarnanstrich Musterblatt IIIb handeln.
Wenn man dazu die Zeitung "Der Lok-Vogel - Sonderausgabe -
Farbgebung deutscher Triebfahrzeuge Teil 1 Laenderbahn und
Deutsche Reichsbahn 1835 - 1949" nimmt, steht dort folgendes:
Zitat Seite 91:
"Waehrend die Formtarnung durch Umbauten im RAW zu erfolgen hatte, war der Tarnanstrich bei Neuanstrich der Lokomotiven anzubringen. Zusaetzlich sollten die Betriebswerke den Tarnanstrich auf den vorhandenen Anstrich aufbringen, wobei Loks mit grauem Lack (dunkelgrau RAL 7021 oder eisengrau RAL 7011) kein Tarngrundanstrich notwendig war.
Durch die Tarnung sollten Jaeger- oder Jagdbomberpiloten die Lokomotiven und
Wagen schwerer auffinden koennen.
!!!Anstriche durften dabei nicht willkuerlich veraendert werden, sondern sollten sich hinsichtlich der Flaechenanordnung und -verteilung sowie der Farbtarnung und Farbgebung nach den Musterplaenen richten. Eine exakte Nachbildung war aber nicht erforderlich.!!!
....Bei der Farbtarnung blieb der vorhandene graue Grundanstrich erhalten. Zusaetzlich mussten auch die angebrachten Tarnbleche sowie die Seitenwandfenster der Fuehrerstaende unter unregelmaessiger Aussparung der fuer die Durchsicht unbedingt notwendigen Flaechen in der vorhandenen Grundfarbe des Lokkastens gestrichen werden. ......"
Zitat Seite 92:
".... In einem weiteren Schritt war dann der eigentliche Tarnanstrich unter moeglichst knapper Aussparung der Anschriften , der freien Fensterflaechen, der Klassenbezeichnung sowie der Hoheitszeichen anzubringen. Der Tarnanstrich bestand aus fuenf verschiedenen Farbtoenen, die in unterschiedlicher Intensitaet angebracht werden mussten.
Insgesamt sind wohl nur sehr wenige Lokomotiven in einem Tarnanstrich unterwegs gewesen. Bekannt ist die 05003, die ab Werk mit Form- und Farbtarnung ausgestattet wurde. Auch bei den ab Ende 1944 abgelieferten Kriegslokomotiven 42, 52, E44 sowie E94 ist ein entsprechender Anstrich denkbar.
Es scheint aber auch einige abgewandelte Tarnanstriche gegeben zu haben. Von der 39009 existiert ein Foto (siehe Hinweis auf obiges Buch) aus dem BW Hanau im Jahr 1945, das die Lok mit einer holzbretter-aehnlichen Maserung ohne Formtarnung zeigt.
Dieser Anstrich koennte im Winter im Heimat-Bw angebracht worden sein, um die Lok im Schnee unkenntlicher zu machen. Demnach sollten hier verschiedene helle Grautoene zur Anwendung gekommen sein. Aber auch ein abgewandelter Tarnanstrich aufgrund von Farbmangel ist denkbar. Ein aehnlicher Tarnanstrich ist auch bei 50002 mittels Foto belegbar.
Hinweis auf:
Raeder muessen rollen
Die Eisenbahn im Zweiten Weltkrieg Teil 1
Autor: Ron Ziel
Franckh-Verlag
Seite 218/219
Andere Phantasielackierungen sind wohl ebenfalls vorgekommen.
Dennoch duerfte diese Lackierung wohl eher die Ausnahme gewesen sein - die Lokomotiven wurden im Betrieb dringend benoetigt, so dass fuer diese aufwendigen Tarnanstriche keine Zeit blieb." Zitatende
Aber anscheinend hat man sich in Hanau die Zeit genommen und einige Loks (vielleicht auch noch mehr als auf dem Foto zu erkennen sind) mit dieser aufwendigen Lackierung versehen. Und wenn es in Hanau gemacht wurde, besteht auch die Moeglichkeit, dass in anderen BW's Loks so lackiert worden sind. Und daher besteht dann auch die Moeglichkeit, dass ein 42er oder 52er einen solchen Anstrich erhalten hat. Es gibt nicht von jeder Lok und jedem Aenderungszustand der Loks ein Foto. Es sind zu viele Zeitdokumente im Krieg und nach dem Krieg verloren gegangen oder zerstoert worden oder in irgendwelchen privaten oder staatlichen Archiven verschwunden, so dass ein solcher Tarnanstrich wie er von Liliput-Bachmann bei der 42er gezeigt wurde moeglich ist.
Oder hast Du von allen Epoche III, IV oder V-Loks vom Auslieferungstag und zu jedem Aenderungszustand ein Foto?? Das gibt's nicht.
Und daher kann man nicht pauschal sagen, dass die 42er von Liliput in der Sommertarnlackierung ein Produkt mit Phantasielackierung ist.
Oder dass es sich bei der 52er mit Wintertarnlackierung von Liliput um eine Phantasielackierung handelt. Denn genau diese Wintertarnlackierung ist
anhand eines Vorbildfotos von der Lok 421486 vom Maerz 1945 belegbar
(EJ Sonderausgabe III/99 - Die BR42 Eine Kriegslokomotive, Seite 42-43).
Ich hoffe, dies ist so fuer alle in Ordnung und wuensche noch einen
schoenen restlichen Vatertag.
Tschuess
Frank