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Der Fluch der Akribik, Teil 124
G10-GESCHICHTEN AUS 1001 NACHT
Was der G10 mit den Geschichten aus 1001 Nacht zu tun hat?
Nun, manche Eltern halten diese Erzählungen für Kindermärchen. (Vermutlich dieselben, die den Fernseher für ein Kindermädchen halten und ihm ihren Nachwuchs stundenlang unbeaufsichtigt überlassen.)
Tatsächlich aber sprühen diese Geschichten vor Erotik, auch die Rahmenhandlung. Als Scheharazade auf Grund ihres außerordentlichen Entertainer-Talents schließlich offiziell davon entbunden wird, das Schicksal ihrer Vorgängerinnen zu erleiden und geköpft zu werden, ist sie bereits dreifache Mutter. Nach nur 1001 Nacht, also 2 Jahren und rund 8 Monaten.
Demnach hat sie nicht nur unablässig Geschichten erzählt, nein, auch der Kalif muss sehr fleißig gewesen sein und muss unablässig gebohrt haben.
Unablässig gebohrt – und damit wird endlich der Zusammenhang mit dem G10 offenbar - habe diese Woche auch ich, weil ich einen hinsichtlich der Griffe noch jungfräulichen G10 mit österreichischem Gehäuse lackierfertig vollendete:
2 Bohrungen für die „echten“ Kupplungen, 2 für die Druckluftschläuche, 4 für die Puffer, 16 Bohrungen auf jeder Seite für je 4 Griffe an den Türen, 4 Bohrungen für die beiden Griffe an den Wagenecken, 8 Bohrungen für die 4 Rangiergriffe unter den Puffern, 2 für die Rangiertritte, 3 für die Lösezüge, 8 Bohrungen für die äußeren Stangen der Bremsdreiecke, 16 Bohrungen für die Bremsfangschlingen usw. usw. – im orientalischen Erzählstil des Mittelalters geringfügig aufgerundet somit rund 1001 Bohrungen.
Zitat
Das wird mal ein Intresanter Zug. 20 x der gleiche Wagen - und doch ist jeder anders....
Wie Bauzugfahrer Andreas zutreffend bemerkte, bin ich auch noch vom Ehrgeiz besessen, aus jedem Wagen ein Unikat zu machen. Der oben abgebildete Wagen bekam in diesem Sinne schmale Speichenräder aus dem Hause Luck.
Weiters stellte ich den bereits gezeigten, teilweise zugerüsteten Wagen mit Bremserhaus lackierfertig her:
An dieser Stelle vielen Dank an Jürgen, der in diesem Zusammenhang mittels einer PN meinen Ehrgeiz heftig angestachelt hat… ! rost:
Beide Wagen bekamen Fahrgestelle des „neuen“ Roco G10. Die etwas klobigen Tritte unter den Türen tauschte ich gegen geätzte aus dem Hause AW Lingen aus.
Beide Wagen erhielten an den Stirnwänden neue Streben aus 1x1mm U-Profil (bzw. beim Bremserhaus aus 1x0,5mm Profil). Die beim „alten“ Roco-Wagen liegend angebrachten U-Profile mögen vereinzelt noch vorgekommen sein, Norm waren sie Mitte der 50er Jahre nicht mehr. Außerdem sind die Stirnprofile dieses Wagens zu kurz. Sie enden bereits oberhalb der Pufferbrust, während sie beim Vorbild bis zur Unterkante der Pufferbrust reichten. Die Wagenkästen mussten entsprechend bearbeitet werden:
Wer also von null an beginnt und alle die geschilderten Veränderungen durchführen will, kann mit vertretbarem Zeitaufwand wöchentlich etwa einen Wagen lackierfertig herrichten. Rechnet man Urlaub und andere Auszeiten ab, kann man in einem Jahr etwa 40 Güterwagen schaffen, die sich deutlich von dem unterscheiden, was man in den Schachteln von eher als „günstig“ bezeichneten Großserienherstellern üblicherweise vorfindet.
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Apropos „günstig“: ich kann die Diskussionsbeiträge mancher Modellbahn-Kollegen nicht wirklich schlüssig nachvollziehen, die sich besonders dazu berufen fühlen, in Moba-Foren exzessiv ihre Vorstellungen darüber zu verströmen, was ein preiswertes Modell ist und was nicht.
Wenn man Modelle auf die beschriebene Weise verfeinert, steigen nämlich die von solchen Kritikern pauschal als „teuer“ verdächtigten Hersteller wie Brawa vergleichsweise recht preiswert aus. Für Brawa-Wagen brauche ich meistens „nur“ Federpuffer, Originalkupplungen, RP25-Radsätze und Lösezüge. Die nicht gerade geringen Kosten für Tritte, Trittbretter unter den Türen, Profile, MS-Rundmaterial und eventuell Handbremsen und Bremsanlagen entfallen. Da so gut wie alle Griffe und Tritte bereits serienmäßig vorhanden sind, entfallen dutzende Bohrungen. Bohrungen kosten eine Menge Zeit, und meine Zeit ist mir selbstverständlich etwas wert. Auch die bei anderen Herstellern geradezu serienmäßig notwendige Neubeschriftung entfällt, die Wagen gibt es häufig auch als ÖBB-Version mit weitgehend korrekter Epoche IIIa- und/oder IIIb-Beschriftung.
Anders beispielsweise Roco: Dort sind aktuell zwei typische Vertreter der Epochen II und III als Neuheit für 2016 angekündigt, nämlich die offenen Wagen der Gattungen Villach und Linz. In der ÖBB-Version werden sie dennoch nicht entsprechend der Ära ihres häufigsten Einsatzes als Epoche II- oder III-Modelle ausgeliefert, sondern zunächst ausschließlich mit Epoche IV-Beschriftung angeboten. Das bedeutet für mich: selbst wenn die Detaillierung der Roco-Wagen an solche von Brawa heranreicht, muss ich die Wagen zumindest zeitaufwändig um teures Geld umbeschriften (teure Individualbeschriftung, da nicht bei Gaßner & Co erhältlich) oder eventuell viele Jahre warten, bis endlich die für meine Anlage richtig beschriftete Version in den Handel kommt.
Brächte Brawa in absehbarer Zeit eine Doppelentwicklung mit der für mich richtigen Beschriftung heraus, wäre das in der Anschaffung wahrscheinlich teurere Brawa-Modell für mich letztlich trotzdem billiger und wesentlich weniger zeitaufwändig. Die Entscheidung fiele für Brawa - ein Dutzend Stück des Roco-Modells blieben trotz des billigeren Anschaffungspreises im Regal.
Darüber nachsinnend, ob ich in Zeiten wie diesen für die Marketing-Strategie eines Modellbahn-Herstellers verantwortlich sein möchte oder besser doch nicht, empfiehlt sich für diese Woche
Euer Karl
@ Bauzugfahrer Andreas, Dirk und Holger: Den Alien habe ich natürlich von der Galaxie, die bei Andreas durchgebraust ist, und zwar von einem Planeten namens Mazzippan!
Falls die Fragen ernst gemeint waren und auf den Standard B abzielten: den Wagen gab's mal bei L.S. Models, und von Zeit zu Zeit taucht er „in der Bucht“ auf.
Vielen Dank für eure netten Kommentare!