Hallo liebe Modellbahnfreunde,
schon lange verfolge ich als stiller Leser die erstklassigen und auch anregenden Beiträge bei euch im Stummiforum. Nun habe ich mich nach langer Überlegung auch entschlossen, meine im Bau befindliche Anlage zu präsentieren. Zunächst möchte ich aber noch etwas zu meiner Person erzählen und mich somit kurz vorstellen.
Mein Name ist Sebastian und ich bin seit meiner Kindheit mit dem Modellbahnvirus infiziert. Damals hat mein Vater regelmäßig seine Märklinbahn auf dem Boden aufgebaut und ich durfte mit den unzähligen Lokomotiven und Wagen spielen. Wenig später folgte dann die erste Anlage im Bettkasten. Auf die Dauer, war diese Anlage aber etwas zu klein und so begannen wir gemeinsam eine größere Anlage in einem unserer Kellerräume zu bauen. Meine „Modellbahnlehrjahre“ folgten. Regelmäßig wurde hier und da etwas verändert, abgerissen und wieder neu aufgebaut. Die Anlagen wurden mit der Zeit immer detaillierter und mein Anspruch an eine möglichst realistische Szenerie auf der heimischen Modellbahnanlage immer ausgeprägter. Schließlich war für mich der Punkt erreicht, an dem ich dem Wechselstrom-System nichts mehr abgewinnen konnte, da (unabhängig welches Märklingleissystem zum Einsatz kam) immer der unrealistische Mittelleiter zu sehen war. Des Weiteren störten mich damals die deutlich schlechteren Fahreigenschaften der Wechselstromloks gegenüber ihren Gleichstrom-Pendants (das hat sich aber heute zum Glück geändert und so zeigen die Lokomotiven aus dem Hause Märklin zunehmend bessere Fahreigenschaften). So war für meinen persönlichen Fortschritt ein Wechsel zum Gleichstromsystem unabdingbar. Und auch hier wurden Dioramen gebaut, wieder umgebaut oder verkauft, wenn sie den Ansprüchen nicht mehr genügten. Schon sehr früh hatte ich gefallen an einem möglichst realistischen Zugbetrieb gefunden. Deshalb finde ich auch „Kreisanlagen“ total langweilig. Ich bin ein absoluter Fan des Rangierens, was letztlich bedeutet, dass ich einen absolut hohen Anspruch an die Fahreigenschaften meiner Lokomotiven habe. Mein Motto lautet hier: je langsamer, desto besser.
In den letzten Jahren hat mich mein Chemiestudium doch mehr oder weniger stark eingespannt und dadurch hatte ich zum einen wenig Zeit und zum anderen ein nur geringes Budget für dieses doch recht kostspielige Hobby. Zurzeit bin ich an der Universität als Doktorand angestellt, wo ich seit 2012 promoviere. Naja, zumindest mit dem Faktor Geld sieht es jetzt etwas besser aus (auch wenn man als Doktorand so ziemlich am unteren Ende der Nahrungskette steht). Seit meiner Jugend bin ich bei den Eisenbahnfreunden Biblis und Umgebung e.V. aktiv. Dort haben wir uns zum Ziel gesetzt die Bahnhöfe Hofheim, Bürstadt, Groß-Rohrheim und Biblis im südhessischen Ried nachzubauen (ein Mamutprojekt also). Bei mir privat geht es dagegen etwas überschaubarer zu. Ich habe im Laufe meiner Modellbahner-Evolution schon früh gelernt mich auf das Wesentliche zu beschränken. Während Modellbahnkollegen im fortgeschrittenen Alter geradezu zwanghaft damit beschäftigt sind utopische Anlagen zu bauen und fertigzustellen, andere auf möglichst kleinem Raum (zu)viel unterbringen wollen, beschränke ich mich auf eine überschaubare Nebenstrecke in der Epoche II (DRG) in einem bescheidenen Kellerraum von gerade mal 4 x 2m (naja, das kann auch irgendwann mal erweitert werden). Da ich ein begeisterter Fan der Modellbahnanlagen von Josef Brandl bin, teile ich auch zu 100% seine Einstellung. Für mich steht in erster Linie die Landschaft im Vordergrund, die Eisenbahn ist dagegen zunächst einmal nur zweitrangig. Denn auch beim Vorbild kam die Eisenbahn erst nach der Schöpfung der Erde und ihrer Flüsse, Seen, Berge und Täler. Aber so weit zu meiner Modellbahnphilosophie, die ich natürlich keinem aufzwingen will. Mir ist es letztendlich egal, was andere in Ihrem Hobbyraum erschaffen, solange jeder Spaß daran hat und dabei, und darauf kommt es ja an, eine Abwechslung und Regeneration zum Beruf erfährt.
Nun möchte ich euch doch endlich meine im Bau befindliche Anlage vorstellen. Wie schon erwähnt bin ich ein großer Fan der Epoche II und somit befinden wir uns im Zeitraum zwischen 1920 und 1930. Die Anlage selbst hat kein konkretes Vorbild und zeigt einen kleinen, beschaulichen Ort namens Buchenbach, der irgendwo in Bayern angesiedelt sein soll und den Endpunkt einer fiktiven Nebenbahn darstellt. Größtes Exportgut sind die zahlreich anfallenden Fichtenstämme, die in den einheimischen Wäldern geschlagen und dann mit der Eisenbahn abtransportiert werden. Entsprechend sind im Bahnhofsumfeld zahlreiche Fichtenstämme anzutreffen die auf ihre Verladung warten. Neben dem florierenden Holzhandel beschränkt sich der Güterverkehr auf landwirtschaftliche Erzeugnisse, die entweder per Bahn nach Buchenbach geliefert, oder von dort abgefahren werden (Bsp. Rinder, sonstige Nutztiere und landwirtschaftliche Erzeugnisse). Im Dorf gibt es noch die Küferei Ringeisen, in der Fässer unterschiedlicher Größe hergestellt werden, deren Hauptabnehmer vor allem die ansässige Weinbrand- und Essigfabrik Jakob mit eigenem Gleisanschluss ist. Der Bahnhof verfügt ebenfalls über einen zweiständigen Lokschuppen mit kleinem BW, in dem die verkehrenden Dampfrösser ihre Vorräte auffüllen und über Nacht abgestellt werden können. In einem Nebenraum des Lokschuppens haben Heizer und Lokführer die Möglichkeit zu übernachten.
Ich habe mal versucht die Anlage auf Papier zu bringen, damit ihr zunächst mal einen groben Überblick bekommt. Daneben gibt es noch die wichtigsten Informationen in einem Anlagensteckbrief zusammengefasst:
Spurgröße: H0
Epoche: II (DRG)
Gleissystem Tillig Elite Code 83
System: Zweileiter-Gleichstrom digital
Zentrale: Intellibox (Uhlenbrock)
Schattenbahnhof: 6-gleisig + 2 Abstellgleise (Besonderheit: komplett ohne Weichen)
Anlagenmaße: 4.00 x 2.00 m
Anlagenhöhe: 125 cm (Schienenoberkante)
Segmentbauweise: 8 Segmente (beliebig erweiterbar, wenn vielleicht mal der Keller wachsen sollte)
kleinster Radius: 90 cm (hätte gerne etwas mehr gehabt, ging aber nicht anders. Ist aber noch absolut
akzeptabel. Ein Thema, das mir eh sehr am Herzen liegt, da ich es überhaupt nicht schön finde,
wenn Wagen mit Überhang durch zu enge Kurven fahren und somit das Bild einer an sich schön
gestalteten Anlage versauen)
Besonderheit: Da ich leidenschaftlich gerne Rangiere und ich ein absoluter Computeraffe bin (naja, so schlimm
auch wieder nicht), sind bei mir nur die Lokomotiven digitalisiert. Weichen und evtl. Signale
werden bei mir per Stellhebel direkt vor Ort geschaltet. Also nichts über den PC. In einem so
überschaubaren Bahnhof bietet sich das eigentlich auch an. Außerdem macht es mir unglaublich
viel Spaß allá Fremo mit meinem Handregler neben dem Zug herzulaufen (viele Kilometer lege ich
dabei ja nicht zurück).
Zur besseren Übersicht zeig ich euch auch nochmal den Gleisplan von Buchenbach.
Für den besseren Transport (ich nehme jährlich an den Modellbahntagen in Biblis teil) ist die Anlage in 8 Segmente aufgeteilt. Die ganze Anlage kann also leicht demontiert und an anderer Stelle wieder aufgebaut werden. Da ich auch nicht für immer hier wohnen will, gab es für mich auch keine Alternative. Wie ihr erkennen könnt handelt es sich um eine U-förmige Anlage, die in der Mitte begehbar ist. Ausgehend von dem fünfgleisigen Schattenbahnhof geht es über ein kurzes Streckenstück, bei dem zunächst der Schwarze Regen und anschließend der kleine Buchenbach überquert werden direkt in den Endbahnhof. Demnächst werde ich dann auch mal eine Zugfahrt anhand von einigen Bildern näher erklären. Soviel sei aber schon mal gesagt: es macht sehr viel Spaß in diesem Bahnhof zu rangieren und die Züge für die Rückfahrt vorzubereiten.
Auf Ausstellungen werde ich häufig wegen der Anlagenhöhe angesprochen (125cm Schienenoberkante). Das hat zwei Gründe: zum einen mag ich es die Züge aus der Perspektive zu beobachten, die ich als Betrachter auch beim Vorbild einnehme (also auf Augenhöhe) und zum anderen resultiert durch die erhöhte Position der Anlage ein enormer Stauraum unter der Anlage, der mit eigens angefertigten Rollschränken gut ausgefüllt werden kann. Ich bau nun mittlerweile etwa 5 Jahre an dieser Anlage und es macht mir immer noch riesigen Spaß, auch wenn die Fortschritte Laien häufig nicht direkt ins Auge fallen. Aber auch das gehört zu meiner Modellbahnphilosophie: je kleiner die Anlage, desto mehr kann man sich an einzelnen Szenen austoben und letztendlich detaillierter wird das Ergebnis ausfallen. Aber das nur am Rande.
So, ich denke das sollte nun erst mal reichen. Demnächst werde ich euch die Anlage Stück für Stück vorstellen. Jetzt will ich euch natürlich noch die entsprechenden Bilder liefern. Diese sind vor allem an den letzten beiden Modellbahntagen in Biblis entstanden, da ich dort die Möglichkeit hatte die Anlage aus einer Perspektive zu fotografieren, die ich in meinem Modellbahnkeller nicht habe. Einige der Bilder (vor allem die, die in meinem Keller aufgenommen wurden) haben leider nicht immer die beste Qualität, da die Beleuchtung noch recht schlecht ist. Ihr mögt mir an dieser Stelle bitte verzeihen. In nächster Zeit werde ich dann die Ausleuchtung der Anlage in Angriff nehmen.
Das Bild zeigt die Ausfahrt aus dem Schattenbahnhof mit sich anschließender Brücke über den Schwarzen Regen (Der Fuß ist soweit fertig, es fehlt lediglich das Gisharz). In einem langgezogenen Rechtsbogen geht es in den Bahnhof Buchenbach (verdeckt durch den Fichtenwald).
Hier seht ihr die Ausfahrt aus dem Schattenbahnhof von der anderen Seite her. Später soll dieser auch noch mit einem Landschaftsteil überbaut werden. Das Tunnelportal und die Stützmauern sind aus den Gipsformen von Spörle entstanden. Die Grundbegrünung dieser beiden Segmente habe ich schon soweit fertig. Jetzt folgen noch höher wachsende Pflanzen (Büsche, Bäume….).
Die Brücke über den Schwarzen Regen wurde komplett aus Gips hergestellt. Dazu wurde eine Urform erstellt, in die der Gips eingegossen wurde. Nach dem Aushärten habe ich jeden einzelnen Stein aus dem Gipsblock geritzt und zum Schluss kam dann noch das Farbfinish. Irgendwo habe ich auch noch Bilder vom Bau der Brücke (hoffe ich!). Dann kann ich demnächst auch eine detaillierte Baubeschreibung liefern. Vorausgesetzt, das wird gewünscht.
Hier seht ihr einen kleinen Teil von Buchenbach. Die Einfahrtweiche ist durch den Hügel im Vordergrund verdeckt. Das Gebäude rechts wird die Dorfschule (Grundschule) werden. Im ersten Stock wohnt entsprechend Lehrer Lämpel mit seiner Ehefrau. Das Haus mit der angegliederten Werkstatt in der Mitte des Bildes ist die Küferei Ringeisen. Hier werden Holzfässer in allen erdenklichen Variationen hergestellt. Einer der Hauptabnehmer ist die ortsansässige Weinbrand- und Essigfabrik Jakob. Im linken Teil des Bildes seht ihr die Rückseite des Lokschuppens. Dieses Gebäude befindet sich derzeit noch im Bau. Der Schuppen ist auf Basis eines Fallermodells entstanden und erhielt ein Fachwerk aus Balsaholz. Die Zwischenräume werden demnächst noch Verputzt. Auch eine entsprechende Inneneinrichtung wird folgen. Die Untersuchungsgrube ist auch schon vorhanden. Ansonsten kann man schon erkennen, dass noch einiges zu tun ist.
Auf diesem Bild bekommt ihr mal ein Überblick über die Gleisanlage von Buchenbach. Das Bild entstand vor einem Jahr auf den Tagen der Modellbahn in Biblis. Inzwischen hat sich doch einiges getan. Vor allem die Bahnhofseinfahrt hat deutliche Fortschritte gemacht. Die Straße im Vordergrund entstand ebenfalls aus Gips, in den nach dem Aushärten die einzelnen Pflastersteine geritzt und einzeln bemalt wurden (hier noch nicht vollständig bemalt). Im vorderen Teil des Bildes befindet sich auf der linken Seite die Weinbrand- und Essigfabrik Jakob mit ihrem Gleisanschluss. Dahinter das Ladegleis für die Stammholzverladung. Die Gebäude warten auch noch auf ihre Fertigstellung. Das Verwaltungsgebäude besitzt eine komplette Inneneinrichtung (bietet sich ja auch an, bei den schön großen Fenstern des abgewandelten Auhagenbausatzes). Das Gebäude soll auch noch verputzt werden.
Und das ganze nochmal von der anderen Seite. Links ist die Viehverladung zu erkennen und gegenüber die Holzverladung. Da liegt eine Menge Stammholz herum, dass noch per Bahn abgefahren werden muss. Im vorderen Teil kann man das kleine BW erkennen. Der Lokschuppen wurde auch mittlerweile auf Basis des Fallerbausatzes umgebaut und mit einem Echtholzfachwerk verkleidet. Im rechten Hintergrund ist wieder die Weinbrand- und Essigfabrik Jakob zu erkennen.
Hier noch ein Bild von der Stammholzverladung. Mit einer Pferdestärke werden die Stämme auf die Langholzwagen verladen. Im Hintergrund wird gerade eine Dreschmaschine angeliefert, die Bauer Rotenheber schon sehnsüchtig erwartet.
Auf diesen beiden Bildern seht ihr mal das Kopfsteinpflaster aus der Nähe, wie es im Hof der Weinbrand- und Essigfabrik Jakob liegt. Die Kanaldeckel sind Ätzteile von Bavaria, die entsprechend farblich behandelt wurden. Die Ablaufrinne ist etwas vertieft mit einer leichten Rundung. Mit entsprechendem Schnitzwerkzeug aus dem Künstlerbedarf konnte das recht einfach aus dem Gips modelliert werden. Aber auch hier kann ich demnächst noch eine genaue Bauanleitung liefern.
So, ich denke das reicht vorerst mal. Es ist ja doch schon eine Menge Lesestoff geworden. Ich hoffe nur, dass ich euch damit jetzt nicht erschlagen habe.
Liebe Grüße aus Buchenbach
Sebastian