Hallo zusammen!
Vorneweg: Es ist eine Riesenehre und eine wunderbare Art der Wertschätzung mitansehen zu dürfen, wie Modelle aus "Märkronomicon" Wirklichkeit werden. Was Bart mit der "Pop-103" geschaffen hat ist mehr als nur bemerkenswert und ich hoffe er weiß am besten, welche Wertschätzung ich meinerseits seinem Schaffen entgegenbringe. Von mir eine ganze tiefe Verbeugung in Verbindung mit einem aufrichtigen "Chapéau!" - zumal die Pop-103 mittlerweile ja nicht nur in diesem Forum Kreise zieht..!
Und doch möchte ich noch einmal zum Ursprung des Threads zurückkommen, nämlich nach der Frage zu alternativen Farbgebungen der Baureihe 103. Mittlerweile sind nicht nur hier, sondern auch woanders alle möglichen mehr oder weniger sinnhafte Vorschläge über optionale Farbkleider für die legendäre Schnellläuferin gemacht worden, von "ÖBB Eurofima" bis hin zum belgischen "Memling"-Anstrich; lediglich "Käselok 103" hat, glaube ich, noch keiner vorgeschlagen (Gottseidank!).
Aber es gibt einen großen Unterschied zwischen all' diesen Entwürfen und der "Pop-103": Ihre hohe Plausibilität nämlich. Und das war es auch, was mich - und möglicherweise Bart auch - an der Umsetzung dieser Maschine so gereizt hat. Denn hätte die DB ihr Pop-Konzept konsequent umgesetzt wären früher oder später zwangsläufig auch "Pop-Loks" auf Bundesbahn-Gleisen erschienen. Selbst die Farbe der "Bauchbinde" lässt sich - wie in den "Märkronomicon"-Begleittexten ja auch geschehen - logisch herleiten: Die 103 mit ihrer Höchstgeschwindigkeit von über 160km/h in Rubinrot, E-Loks mit einer Höchstgeschwindigkeit größer 120 aber kleiner als 160km/h blau (110, 110.3, 111), Maschinen mit elektrischer Traktion und einer Höchstgeschwindigkeit bis 120km/h (140, 141, 151, 150) grün usw.
Genau dieses - das Kriterium, von einer möglichen Realisierung vielleicht nicht allzu weit weg gewesen zu sein - gilt auch für den nächsten Entwurf, den ich Euch gerne im Zuge dieses Threads zeigen möchte. Er ist weder meines Geistes Kind, noch möge man in meinen Beitrag Aufforderungscharakter hineininterpretieren. Ich meine einfach, dass er inhaltlich hierher gehört.
Mitte der 80er, nachdem die DB mehr als ein Jahrzehnt lang geglaubt hatte mehr oder weniger alles in oceanblau-beige ertränken zu müssen, machte sich die "neue Bahn" Gedanken über ein zeitgemäßes Farbkonzept; die dabei entstandenen Farbstudien - vorneweg die 111 068 und 069 - setze ich einfach mal als bekannt voraus.
Im Zuge dieser Bestrebungen startete der Eisenbahn-Kurier Verlag Freiburg im Dezember 1985 zusammen mit der Deutschen Lackindustrie einen Malwettbewerb für Eisenbahnfreunde. Den 6. Preis erhielt Albert Stukenbröker aus Salzkotten mit diesem kongenialen Entwurf für die 103:
Mit freundlicher Genehmigung von A. Stukenbröker
Ich habe das Bild lediglich etwas digital aufgehübscht. Aber die "Stukenbröker-103", die schon vor über einem Vierteljahrhundert ihre Wirkung auf mich nicht verfehlte, gehört meines Erachtens einfach in einen Thread über alternative Farbgebungen der Baureihe 103 hinein.
Wer sich fragt, warum ich Euch den 6. Platz und nicht den 1. zeige, dem sei als Antwort der Siegerentwurf präsentiert:
Quelle: Bildzitat Eisenbahn-Kurier 5/ 86, S.39
Harmoniert die "Stukenbröker-103" nicht wunderbar mit dem Erstplatzierten; insbesondere dann, wenn man die beiden direkt nebeneinander sieht? Ich denke, die Verantwortlichen beim EK dachten damals genauso als sie sich dafür entschieden, diesem Entwurf und nicht den Rängen 2, 4 und 5, die ebenfalls eine 103 zeigten, den meisten Platz neben dem Sieger-ICE einzuräumen.
Aufmerksamen Lesern wird bereits aufgefallen sein, dass unter dem Bild der Satz "Mit freundlicher Genehmigung von ... " fehlt. Diese konnte ich leider nicht mehr einholen. Denn der Gestalter des Siegerentwurfes, Rainer Rehse aus Hameln, ist im April 2012 verstorben. Von Seiten des EK - der nichts gegen die Veröffentlichung hat da er die Entwürfe nicht honorierte und damit die Rechte an den Illustrationen auch nicht an die Freiburger übergingen - wurde mir daher empfohlen die Bildunterschrift wie sie obenstehend zu finden ist abzufassen, um hinsichtlich des Copyrights auf der sicheren Seite zu sein.
Sehe ich mir die beiden Entwürfe an und stelle mir die dazu farbig passenden Wagengarnituren vor muss ich sagen, die Bahn hat eine Chance verpasst. Ohnehin habe ich bei dieser Kohorte von BWLern, die durch keinerlei eisenbahnspezifische Kenntnisse angekränkelt ist und mit Brachialgewalt die Bahn zur Deutschen Bodenhansa umfrokeln möchte das Gefühl, dass sie schlicht und einfach nicht erkennt dass ihre größten Öffentlichkeitsarbeiter das zahlreiche Heer der deutschen Eisenbahnfreunde ist. Nie kämen die Bahnoberen von heute auf die Idee, dieses gewaltige Potential der Bahnbegeisterten abzuschöpfen, von denen wohl nicht wenige praktisch für "lau" ihr Können und ihre Kreativität zur Verfügung stellen würden um ihre geliebte Bahn attraktiver und publikumswirksamer zu machen. Stattdessen erhalten sogenannte Designexperten Horrorhonorare für ein einheitsbreiiges und formsprachezerstörendes Farbkonzept, das nicht einmal ob seiner undifferenzierenden Eintönigkeit das Attribut "Konzept" verdient.
Früher, wusste schon Karl Valentin, war sogar die Zukunft besser. Und diese möglichen Zukunften haben mich immer gereizt. Die "Stukenbröker-103" war nahe daran, die "Pop-103" noch näher. Und jede dieser beiden möglichen farbigen Zukunften hätte dem Paradepferd der Bundesbahn besser gestanden als das, was dann kam. Sodenn: Gönnen wir unserm Schnellläufer doch wenigstens virtuell und, wer möchte, auf der Modellbahn die Farbenpracht, die sie nie bekommen sollte!
Grüße!
Christian
der sich gerade fragt, wie wohl eine Pop-Bügelfalte oder eine Pop-151 ausgesehen hätten...