Hallo allerseits,
ich verfolge diesen Thread schon seit einiger Zeit und finde die verschiedenen Ansichten und Standpunkte durchaus interessant. Ich selbst bin von den berichteten Qualitätsproblemen glücklicherweise nicht betroffen, möchte aber trotzdem hierzu einige Anmerkungen meinerseits geben, wenn es denn erlaubt ist.
Zum Thema Zertifizierung:
Zitat von Stahlblauberlin im Beitrag #301
...Wenn Märklin nach DIN ISO 9000/9001 zertifiziert ist dürften keine entsprechenden Mängel mehr auftreten... Sowas wie fehlende Lötstellen, eingeklemmte Kabel und was hier sonst noch aufgelistet wurde können bei zertifizierter Produktion gar nicht entstehen, sofern man die Doku befolgt. Da ist dann bei einzeln zu erstellenden Lötverbindungen die Position, Reihenfolge, Kabelfarbe und Sorte sowie Prüfung beschrieben, ebenso Verlegung und ggf . Befestigung. dazu gehört ein Laufzettel (natürlich auch elektronisch) auf dem alle Prüfpunkte angehakt werden müssen.
Hier muss man die Betonung auf "dürften" legen, denn eine Zertifizierung nach DIN ISO 9000/ 9001 kann nicht ausschließen, dass es zu Mängeln kommt, sei es durch Konstruktionsfehler oder durch Fehler im Produktionsprozess (inklusive Qualitätskontrolle). Mit der Zertifizierung wird bestätigt, dass das Unternehmen über ein Qualitätssicherungssystem (QM-System) verfügt mit definierten Prozessen, d. h. salopp gesprochen, dass in der Firma strukturiert gearbeitet und nichts dem Zufall überlassen wird. Darin müssen auch Prozesse für den Umgang mit Mängeln und Reklamationen und entsprechenden Vorgehensweisen zur Behebung enthalten sein.
Dies schließt aber leider nicht aus, dass trotzdem Fehler gemacht werden (in der Konstruktion, in der Produktion oder in der Qualitätsüberwachung), wie ich aus eigener Berufserfahrung weiß, wo der Begriff "Qualität" sogar noch einen ganz erheblich höheren Stellenwert hatte als bei unserem (bitte nicht missverstehen!) "Spielzeug".
Mit der Straßenverkehrsordnung StVO haben wir ja auch eine ziemlich umfangreiche Prozessbeschreibung, nach der es eigentlich keine Verkehrsunfälle mehr geben sollte! Das "wahre Leben" lehrt uns etwas anderes! Und ein großer deutscher Automobilkonzern, der selbstverständlich auch nach DIN ISO 9000/ 9001 und darüber hinaus zertifiziert ist, hat trotzdem ja auch vorsätzlich in betrügerischer Weise seine Produkte unters Volk gebracht (und wird von seinen Kunden sogar heute noch hofiert!)
Prozesse müssen tagtäglich gelebt werden und Fehler müssen bei Erkennen aufgezeigt und durch geeignete Maßnahmen zeitnah behoben werden. Es ist Sache der Firmenkultur, wie gut das funktioniert.
Zum Thema Qualitätsmängel an sich:
Nachweisliche und reproduzierbare Mängel (nach objektiven Maßstäben) wie z.B. bei den Laufeigenschaften oder der Zuverlässigkeit darf ein Kunde selbstverständlich beanstanden können und auf Behebung bestehen. Und eine Firma wie Märklin, die sich aus Tradition einer hohen Qualität verpflichtet fühlt, die auch ihr Renommée begründet, tut gut daran, derartige Mängel abzustellen.
Natürlich ist das mitunter schwieriger in den Griff zu bekommen, z.B. bei den Motoren. Während früher die alten, von Märklin noch selbst und mit hinreichender Präzision produzierten Allstrommotoren als unverwüstlich galten (die meiner alten Loks laufen immer noch anstandslos und werden es auch noch nach meinem Ableben tun), ist Märklin heutzutage letztlich auf die Qualität der zugekauften Motoren angewiesen und muss gegebenenfalls den oder die Zulieferer in die Pflicht nehmen (wobei die Abnahmemengen von Märklin für den Zulieferer womöglich nur kleine Fische sind...).
Was ich letztlich damit sagen will: Das ganze Thema ist sehr komplex und hat viele Facetten. Man sollte von Märklin schon annehmen, dass sie qualitativ gute Modelle auf den Markt bringen wollen. Und wenn Mängel auftreten, dann sollte man schon, ggf. unter Einbeziehung seines Händlers, in angemessener Form und sachlich reklamieren. Fehler können überall passieren, man erinnere sich nur an Konstruktions- oder Softwarefehler in der Luftfahrtindustrie, die sogar viele Menschenleben forderten! Dagegen sind diese Probleme hier doch - um es mal polemisch zu sagen, "pillepalle".
Viele Grüße
Klaus-Dieter