Die Idee, Lokomotiven als Triebköpfe zu gestalten ist gar nicht so selten wie man denkt. Triebkopfentwürfe gab es unter anderem für die 232 (wie gezeigt), die 120, die 128 - und die 101. Realisiert wurde freilich keiner. Aber diesen Entwurf hier fand ich so interessant, dass ich ihn dem geneigten Auditorium nicht vorenthalten wollte.
Im Zuge der Beschaffung der 101 machte man sich natürlich auch beizeiten Gedanken über das Design des 103-Nachfolgers. Ein Entwurf war - bis auf einen weißen Zierstreifen - von der 120 praktisch nicht zu unterscheiden; ein weiterer sah für die Führerstände die Verwendung des Interregio- bzw. Intercity-Steuerwagenkopfes vor. Nicht zu vergessen die immerhin von Märklin in 1:87 realisierte Design-Variante.
Doch am spannendsten unter den Alternativ-Entwürfen zur 101, die mir netterweise User "Europalok" zukommen ließ, fand ich diese Triebkopf-Variante, die sich ebenfalls des IR-/ IC-Steuerwagenkopfes als dominierendem Gestaltungselement bedient:
Retusche nach einem Originalfoto mit freundlicher Genehmigung der Fa. Roco/ Modelleisenbahn Holding GmbH
Dank ihm und dem "dynamisch endenden" Farbband wäre diese 101 wohl ein echter Hingucker geworden, auch, wenn der vordere Pantograph die ICE-ähnliche Erscheinung etwas trübt. Allerdings hätte man die Attraktivität teuer erkauft - durch äußerst geringe Flexibilität im Fahrzeugeinsatz nämlich. Die 101-Triebköpfe hätte man - entweder als Tandem Triebkopf-Zug-Triebkopf oder in der Kombination Triebkopf-Zug-Steuerwagen - nur in festen Garnituren einsetzen können; offensichtlich war nicht einmal ein Einfachfahrstand am zugseitigen Ende um Bewegungsfahrten im BW, AW oder Bahnhofsbereich durchführen zu können vorgesehen.
Trotzdem - schade! Im Hinblick auf das Design stellt die 101 - so, wie sie realisiert wurde - die Verbindung zwischen unattraktivstem Lokkasten einerseits und phantasielosester Lackierung anderseits dar. Das Resultat ist ein Lokomotive, die in ihrer Werbewirksamkeit und Formensprache um Längen hinter ihrer Vorgängerin zurückbleibt. Die 103 war die visuelle Ikone der Deutschen Bundesbahn über ein Vierteljahrhundert hinweg, jedes Kind kannte dieses Lokgesicht. Eine 101 zieht optisch keine Wurst vom Brot, die kann - Einheitsrotbrei überall - ja nur noch der Fachmann von einer Güterzuglok unterscheiden. Kein Wunder, wenn selbst Eisenbahnfotografen ihre 101-Galerien mit "Die Unbeliebte" betiteln.
Aber - wozu sich den Kopf anderer Leute zerbrechen? Diejenigen, die dafür sorgen dass die Bahn heute so aussieht wie sie aussieht, sind hochbezahlte "Creative Designer", "Master's Degree Design Experts" oder "Styleguides", die ganz sicher viel mehr Ahnung haben von der Materie als wir und - zusammen mit irgendwelchen "Marketing-Communication-Managern" - sicherlich einen Haufen Geld damit verdient haben, dass eine Lok heute die Werbewirksamkeit eines rot folierten Marzipanbrotes hat. Dabei haben die sich sicherlich was gedacht...
Grüße!
Christian