Hallo Randolf,
ich habe mich gegen eine Hervorhebung einzelner Ziegelsteine entschieden, aus folgenden Gründen:
Die Kontrastwirkung solcher Arbeiten, die ich schon gesehen habe, ist mir aus normalem Betrachtungsabstand zu groß, es geht die Wirkung einer Ziegelwand verloren, weil diese zu unruhig wirkt. Das mag aus "Makro-Betrachtung" im Foto alles noch sehr gut aussehen mit den unterschiedlichen Farben der Ziegel, aus größerem Betrachtungsabstand ist (mir) das aber zu unruhig. Dafür ist eine optische Gegebenheit verantwortlich: Wenn Du ein in Klinkerbauweise errichtetes Haus oder gar eine ganze Häusergruppe betrachtest, wirkt diese weitgehend rot (heller oder dunkler je nach Ort, Brand und Rohstoff). Dafür sorgt unter anderem die natürliche Luftfeuchtigkeit und andere Schwebstoffe in der Luft. Im auf 1:87 verkleinerten Betrachtungsabstand (50cm bis 1m) fehlt diese natürliche Lufttrübung, der "Weichzeichner" in der Luft fehlt.
Um das zu umgehen, müsste man diesen Kontrast mit den verwendeten Farben durch Abmildern kompensieren, das geht nur mit Anmischen untereinander sehr ähnliche Farbtöne und das nur mit flüssigen Farben. Ich glaube nicht, dass es so schwach nuanciert-unterschiedliche Aquarellstifte zu kaufen gibt, die Hersteller werden sich auch an irgendeiner Farbscala orientieren. Zu ähnliche Farbnuancen wären kaum wirtschaftlich zu vermarkten (außer vielleicht bei einigen wenigen von uns).
Also viel Arbeit nur für Makrofotos, denn aus normalem Betrachtungsabstand nivelliert sich das dann wieder in die Rotwirkung von oben.
Einzige Ausnahme bei mir ist die Hafenmauer in Klingsiel direkt am "Betrachtungsrand" und mit größeren Vorbildziegeln (Klosterformat, stand durch das Schleifen von katholischen Kirchen und Klöstern in Ostfriesland nach dem dreißigjährigen Krieg in riesiger Anzahl zur Verfügung). Aus anderthalb Metern Abstand ist die aber auch wieder nur rot.
Die späteren normalformatigen Ziegel wurden in Ostfriesland, in der Weser- oder Elbmarsch vor Ort in größeren Brennereien, nach 1850 meist mit Hoffmann'schem Ringofen auch schon in "Epoche -1 oder 0" industriell, d.h. in riesigen Stückzahlen hergestellt. Farbunterschiede ergaben sich durch die Nähe zur Hitze, je dichter dran, desto dunkler. Der Rohstoff liegt noch heute in einer mehreren Meter dicken Tonschicht unter Moor und Marschboden, nur auf der Geest muss man etwas tiefer buddeln.
Wer bestimmte Farbtöne brauchte, konnte schon damals die Farben "vorbestellen", nach dem Brand wurde entsprechend der Bestellung bei Bedarf farblich sortiert. Viele historische Gebäude z.B. in Bremen tragen solcherlei Zierrat, indem z.B. Friese oder einige Ziegelreihen dunkler gehalten wurden, als die normalen Wandflächen.
Natürlich ist auch unter diesen Gesichtspunkten die MKB-Ziegelwand zu homogen, aber es fällt aus normalem Betrachtungsabstand nicht mehr auf. Wir alle bauen ja nicht nur für die Makrofotos hier oder anderswo, sondern um ein stimmiges Gesamtbild zum Basteln und Spielen bei sich zuhause zu erschaffen. Die Präsentation im Web ist ja nur Beiwerk, nicht Zweck meines Bastelns.
Literaturtipp: "Simon, der Ziegler" von Elke Loewe, historischer Roman. Die Geschichte eines bäuerlichen Ziegeleibesitzers um 1870 in der Elbmarsch, der im Sommer mit Gastarbeitern aus Westfalen, dem Bergischen Land und aus anderen Gegenden Deutschlands sowie deren Know-How einen großen Ringofen errichten möchte. Sein jetziger Ofen wird für den lokalen Bedarf (vor allem Hafenbauten im nahen Hamburg) mit nur acht Bränden zu je 50.000 Stein pro Saison zu klein.
(Die Autorin hat auch zwei weitere lesenswerte historische Romane herausgebracht: "Sturmflut" über die Weihnachtsflut 1717 und "Teufelsmoor", ihr Debütroman über mehrere Generationen Moorsiedler, der auch von der ARD verfilmt wurde.)