Hallo zusammen!
Ruhig mit den jungen Preußen, so schnell schießen die Pferde nicht! Oder so. Wie auch immer, im Moment ist das "Arbeitstempo" in Sachen 603 derart hoch, dass ich kaum noch zu folgen vermag. In den letzten Einträgen zum - Achtung, running gag - "Faszinosum" war so viel Substantielles (und zwar teilweise hervorragend Substantielles) drin, dass ich gar nicht mehr auf alles eingehen kann, was gesagt wurde. In der mir eigenen Art versuche ich, mit einem Bild zu antworten.
Zwei Sachen vorneweg: GIMP ist kein Konstruktionsprogramm. Trotzdem war diesmal mein Ziel, nicht irgend etwas zu schaffen was 603-Anmutung hat, sondern wirklich - unter exzessiver Zuhilfenahme von Vektor-, Lineal- und Skalierfunktion - quasi maßstabsgetreu die Komponenten zusammenzutragen, die meiner bescheidenen Auffassung nach Grundlage eines Betriebsmodelles in HO des nie Gebauten sein könnten.
Der zweite Punkt ist die Sache der Erwartungshaltung. Wer plant sich den "Düsenjäger" in 1:87 auf die Anlage zu holen, dem bleibt wohl nur - unter Hinzuziehung möglichst aller bekannten Zeichnungen und Illustrationen - die Komplettneukonstruktion in 3D. Wenngleich dies in Anspruch und Umsetzung mir allergrößten Respekt abnötigt muss ich einräumen, dass ich einer anderen Philosophie anhänge, bin ich doch modellbahnerisch in den 70ern hängengeblieben. Von daher sei mir gestattet meine diesbezüglichen Überlegungen darzulegen, ohne dass - hoffentlich - die "What if-Nietenzählerfraktion" (wobei ich mich frage, ob es dergleichen überhaupt geben kann) über mich herfällt.
Also, 70er-Jahre Style. Wir erinnern uns: Das 603-Konzept sah - bei zwei Triebköpfen - die Verwendung regulärer Schnellzugwagen als Zwischenwagen vor. Davon, wie diese ausgesehen hätten, kündete das - extra auf Wunsch des DB-Design-Centers so gestaltete - Äußere des ABvmz 227. Just diesen aber hatte Fleischmann damals im Programm. Wer also einen Fünfteiler nachbilden möchte, kaufe sich drei Fleischmann-5183, und - zack! - sind 60% des Zuges fertig!
Nun braucht unser gedachter Betriebsbahner natürlich noch zwei Triebköpfe. Die Verwendung eines Fahrgestelles der V160-Familie wurde bereits vorgeschlagen und - zu recht - aufgrund fehlender Länge verworfen. Völlig zu recht - wenn man einen 1:87-603 sein Eigen nennen möchte. Nun sind die Fleischmänner aber im Längenmaßstab 1:100 verkürzt; d.h., will man die Proportionen wahren, bedarf es auch einer Stauchung des Triebkopfes. Sieht man sich nun noch die sehr großen Überhänge des 603 an - in Fahrtrichtung durch die "Haischnauze", zugseitig mehr als der Achsstand der beiden Drehgestelle! - ergibt sich auf dem Fahrgestell der 3075 ein kompaktes, aber stimmiges und zu den Schnellzugwagen von der Noris optisch passendes Kraftpaket. Zudem eines, das mit einem quasi unschlagbaren Maß an Betriebssicherheit aufzuwarten vermag. Probleme dürfte es bei den beidseitigen Rahmenverlängerungen der 3075 geben, und die am zugseitigen Drehgestell befestigte Kupplung dürfte weeeeeeeeit ausschwenken.
Originalaufnahme mit freundlicher Genehmigung von Fabian und Marius Rauch/ Modellbahn-Rhein-Main Team GbR
Der Körper des 603 besteht aus einem gekürzten 5183-Gehäuse. "Nur" die Führerstandspartie müsste - bei dieser Herangehensweise - in 3D erstellt werden.
Auch hier wollte ich möglichst exakt arbeiten und übernahm die Proportionen von der Karin-Vogel-Fotografie. Und siehe da: Zu meiner Verblüffung passten weder die Farbtrennkante noch die Höhe des Dachabschlusses zum ABvmz, genausowenig wie Rahmen- und Dachfarbe. Das Holzmodell hat noch mit ein paar anderen Besonderheiten aufzuwarten, als da wäre z.B. die - hier schon mehrfach erwähnte - aggregatefreie Dachpartie, das zu große Seitenfenster oder eine Beschriftung, die in Größe und Vollständigkeit nicht den Bundesbahn-Normalien entspricht; auch fehlt der untere orange Absetzstreifen des ABvmz. Nun, gönnen wir uns die so gewonnene Freiheit an Interpretationsspielraum. Die Maschinenraumfenster sind zwei Fenster, die sich beim 5183 an dieser Position befinden und einfach - im Unterschied zu den anderen - beibehalten werden, um den Aufwand in Grenzen zu halten. Irgendwas Lüftergitterähnliches wird es wohl als Ätzteil geben. Der hintere Eingang wird verschlossen, weil "brauch mer ned!". Die vordere Tür mitsamt Griffen ist Decal, die Aufstiege Draht. Die Trittstufen im 3075-Rahmen sind natürlich Tünnef und werden verspachtelt. Die Führerstandsseitenfenster sind, wie schon erwähnt, von der 103, die Frontfenster von der 111; beides ist möglicherweise etwas idealtypisch gedacht. Ebenfalls ziemlich wenig bis keine Ahnung habe ich bei den Punkten Frontbeleuchtung, Dachgestaltung (ebenfalls schon erwähnt) und Entfernen des Klimaanlagengrills des ABvmz. Auch so eine Geschichte, die Digital sehr leicht geht, wohingegen in echt...
Summa sumarum bekäme man nach dieser "kleinen" Bastelei einen Fünfteiler, der zwar optisch gestaucht, doch durch den Verkürzungsmaßstab von 1:100 von Zwischenwagen und Triebköpfen wiederum in sich stimmig daherkommt. Die fränkisch/ schwäbische Kooperation sollte eine Garnitur mit hoher Betriebssicherheit erwarten lassen, die auf Modellbahnanlagen im Stile der 70er sicherlich ein Hingucker sein dürfte. Einrichtungsfahrer tun sich ohnehin leicht; ließe sich der zweite Triebkopf doch als antriebsloser Dummy aus einem gekürzten 5183 realisieren, was uns die Notwendigkeit des Umbaues einer zweiten 3075 ersparte. Warum sich allerdings überhaupt jemand den ganzen Bohei antun sollte, steht auf einem anderen Blatt. Aber: Genau das ist ja ein großer Reiz, der diesen Thread so spannend macht, dieses gemeinsame Rezepteerdenken für die Modellbahnküche, dieses Lösungen suchen, Wege verwerfen, im Austausch mit anderen bastlerische Schätze heben. Ob dann überhaupt mal irgendwann etwas auf den Tisch kommt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Aber wer Appetit kriegt, darf gerne zugreifen!
Grüße!
Christian