Hallo Paul und andere Norddeich-Freunde,
Weihnachtsferien - und ich habe mal in meinem Archiv gestöbert:

Leider habe ich wenig aus früheren Jahren, etwa der Epoche III, da diese Zeit für mich als Jugendlicher in den 80er Jahren schon vorbei war. Etwa seit 1988 habe ich dann versucht, systematisch zu sammeln, was zu sammeln war. Damals war ja alles noch "analog", also auf Papier, dennoch war es enorm schwierig, an bahninterne Dokumente zu kommen ("Nur für den Dienstgebrauch" wurde von der Behörde durchaus ernst genommen). Nun denn also, hier ein wenig zu einem Thema, das mich besonders fasziniert, nämlich dem Expressgut- und Postdienst auf der Schiene und nach den Inseln.
Aus der späten Epoche IV, dem Jahresfahrplan 1990, sind mir folgende Unterlagen zu zwei Expressguteilzügen überliefert, die bis Norddeich fuhren, das sind der
ExprE 14217 und
ExprE 14219.
Ich möchte die beiden hier gerne vorstellen; sie können die Grundlage für das Nachspielen von Post- oder Stückgutverkehr auf die Mole sein.
Vorauszuschicken ist, dass es für den Expressgutdienst verschiedene schnelllaufende Zuggattungen gab, nämlich ExprIC, ExprD und ExprE. IC, D und E bedeuten nicht, dass diese Züge für den Personentransport freigegeben waren (das galt nur für einzelne Züge, wie wir noch sehen werden), sondern die Schnelligkeit und die Häufigkeit von Zwischenhalten im Netz der DB. ExprD oder gar ExprIC wären natürlich nicht nach Norddeich gefahren.
ExprE 14217

Der Zugbildungsplan C der BD Essen verrät uns alles über diesen Zug. Ich erläutere das mal, damit diejenigen, denen das Zugbildungsplanlesen nicht so geläufig ist, den Zug "verstehen" können.
Übrigens lasse ich die rechten Spalten unberücksichtigt. Da stehen de Nummern der Reihungs- bzw. Umlaufpläne, man sieht da, aus welchen Zügen und in welche Züge die Wagen übergehen.
Dieser ExprE beförderte auch Reisende! Er fuhr werktags außer montags mit bis zu 120 km/h (Sternchen in der Titelzeile), ab Leer (HLEE; die Abkürzungen entsprechen der DS 100/2. Erster Buchstabe: Direktion, d.h. hier "Hannover"; dann Bahnhofskürzel) allerdings nur noch mit 100 km/h; die Last betrug 400 Tonnen. Interessant ist, dass der Zug ab Leer langsamer war. Warum? Man müsste die Bespannungsübersicht konsultieren. Aber in Leer war ein langer Aufenthalt von 21 Minuten. Ob gar auf eine 140 umgespannt wurde? Die war dann ja nun mal langsamer.
Einige Ausschluss- oder Sonderverkehrstage sind erwähnt, dann folgt der Lauf und die Wagen (fast alle Wagen fuhren von Hamm (EHM, E=Direktion Essen) nach Norddeich Mole (HND):
- Außer samstags (Tag in Klammern) waren es zwei Bm, d.h. 2. Klasse-Schnellzugwagen der 26,4m-Bauart. Meiner Erinnerung nach waren das Bm 231/232, das sind solche Schnellzugwagen mit Klapptüren statt Drehfalttüren. Die waren damals auf der Emslandstrecke vorrangig unterwegs.
- Samstags dann gab es mehr Reisezugwagen. Ein Bm (s.o.), dann ein 1./2.-Klasse Wagen (ABm 221 o.ä., ebenfalls mit Klapptüren), ein weiterer Bm und ein Halbgepäckwagen BDms, wohl ein BDms 271. Hier reisten wohl mehr Leute an für das Wochenende auf den Inseln.
- Ein Packwagen der Schnellzugbauart Dm und unser Liebling, der MDyg, kommen als nächstes.
- Für Norddeich leider irrelevant, aber unerlässlich für einen Expressgutzug der Epoche IV ist der Goss-uv. Er fuhr nur bis Lingen (HLIG). Hinter dem Kürzel verbirgt sich ein gedeckter Güterwagen mit zwei Achsen (G) und 30,5qm Ladefläche (o), der bis zu 120 km/h schnell fahren durfte (ss). Der Wagen hatte sowohl Dampfheizleitung (u) als auch elektrische Heizleitung (v). Das war wegen der Freizügigkeit für den Einsatz mit Dieselloks mit Dampfheizkessel immer noch relevant damals.
Gezogen wurde der Zug von einer 110 jedenfalls bis Leer, es darf auch für 1990 gern noch eine blaue Lok sein. Hier ist der Fahrplan aus dem Kursbuch, in dem der Zug wegen der Reisezugwagen auch stand:

Die Kürzel geben noch über die Aufenthalte Auskunft. OK, die Fahrzeit von Hamm nach Norddeich Mole war mit 3:51 Stunden nicht sehr attraktiv (der D 2110 München-Norddeich z.B. fuhr dieselbe Strecke (Hamm ab 7:53h, Norddeich Mole an 10:54) in knapp drei Stunden), aber so früh war man immerhin für das Acht-Uhr-Schiff nach Norderney am Hafen!
Interessant übrigens der Hinweis im Kursbuch, dass der Zug nur an Freitagen Gepäck befördert. Das ist dann nicht im BDm, der ja nur samstags verkehrte. Also hatte man mit früh Anreisenden wohl immerhin ein Einsehen und lud das Gepäck in einen der Expressgutwagen?
Im ZP der BD Hannover übrigens sind die Angaben abweichend, aber so voller handgeschriebener Korrekturen, dass sie schwer zu entschlüsseln sind.
Zuletzt noch ein wenig papierene Nostalgie, nämlich das alte Städteverbindungsheft von 1989. Für Norddeich/Emden war es hellblau und verzeichnete hier z.B. für die Verbindung von Münster auch unseren ExprE 14217, allerdings noch als E 14205 mit leicht abweichenden Zeiten:

Das A im Kreis bedeutet "werktags außer samstags".
ExprE 14219
Dieser ExprE nun beförderte keine Reisenden, hatte demzufolge auch keinen Eintrag im Kursbuch. Dafür aber beförderte er Post und mit ein wenig Schummeln könnte man das ja auch bis auf die Mole so durchführen... schauen wir auch hier auf die Details und die Zugbildung:
Der Zug verkehrte werktags außer montags, auch er war bis zu 120 km/h schnell. Hier wurde nicht ab Leer langsamer gefahren! Die Last betrug 200 Tonnen.
Ebenfalls wieder Ausschlusstage - und dann das interessante Detail, dass der Zug bis auf die Mole fuhr! Obwohl keine Reisenden aussteigen würden! Es war offenbar das Expressgut vorrangig für die Inseln. Die Reihung:
- Ein MDyg von Hamm bis Norddeich.
- Ein weiterer MDyg bis Emden (HE), der dann mit dem N 7465 nach Emden Außenhafen weiterfuhr (auch so eine interessante Strecke mit haufenweise Kurswagenläufen).
- Wieder ein Goss-uv, wieder nur bis Lingen.
- Für Norddeich wiederum leider irrelevant, aber äußerst interessant der abschließende Postmrz. Es handelt sich um einen der langen Postwagen in Schnellzugbauart, tauglich für bis zu 200km/h.
Tatsächlich kam der Wagen von weither:
- ab 21:30h in Stuttgart (Kürzel TS) im ExprD 14110 Ulm - Mainz (an 0:16h). Übergang dann:
- ab 0:25 in Mainz im ExprD 14126 Frankfurt - Hamm (an 6:19). Dann Übergang:
- ab 7:03 in Hamm auf unseren ExprE 14219 Hamm - Norddeich (dort an 10:30h) und schließlich
- an 7:24 in Münster, wo sechs Minuten Zeit für das Ausrangieren des Postwagens bestanden.
Nun ja, immerhin könnte man ja den Wagen einfach im Zug lassen und so tun, als hätte es 1990 noch Postverkehr per Bahn bis auf die Mole gegeben... Ansonsten wäre der ankommende Zug ideal für die Parkettbahn: Nur eine E-Lok BR 110 und ein MDyg kommen tatsächlich auf der Mole an! Kürzer geht's nicht und auch noch vorbildgerecht! Solange kein MDyg zur Verfügung steht, kann man ja gern einen anderen Wagen verwenden.
Übrigens Postverkehr, hier noch etwas aus dem Postkursbuch von Sommer 1990:

In der Übersicht sehen wir, dass in Norddeich nur noch die Schiffahrtslinien 10001 und 10002 postrelevant waren: die Fährlinien nach Juist und Norderney. Per Zug kam schon lange keine Post mehr. Aber ein Post-LKW auf der Mole sieht vielleicht auch gut aus?
Konkret war der Postaustausch vom LKW auf die Fähre und umgekehrt wie folgt:

Die postrelevanten Eintragungen sind in rot. Emden war die zuständige Bahnpostdienststelle. Von dort aus kam der LKW nach Norddeich, der Austausch fand mit der Fähre um 8:00h statt (rote Durchstreichung = Austausch). Auf der Rücktour gab es zwei Fähren, von denen alternativ Post abgeholt wurde.
Die roten Kürzel bedeuten:
T / = Transportbahnpost, d.h. Beförderung ohne Sortierung während der Fahrt; Schrägstrich = ausschließlich werktags
SaT = Transportbahnpost samstags
T // = Transportbahnpost werktags außer samstags
Wenn man nach Postwagen in Zügen auf die Mole sucht, muss man eine Reihungsübersicht besitzen. Wie gesagt habe ich da leider nicht so viel von früher, doch immerhin hier ein Beispiel:
D 65 Köln - Norddeich Mole 1956
Immerhin das Kursbuch mit Kurswagenübersicht habe ich da. Und hier sehen wir, dass der Zug (übrigens über den heute von den Kölner IC nicht mehr bedienten Lauf über Wuppertal) Kurswagen über Emden nach dem Außenhafen, ebensolche über Norden nach Esens und eben einen Postwagen bis auf die Mole mitbrachte. Der Punkt hinter dem Posthorn bezeichnet "werktags".
Hier zuletzt noch der Fahrplan dieses interessanten Zuges.

1956 war das Jahr der Klassenreform, es gab da keine 3. Wagenklasse mehr. Ansonsten dürfte der Zug inklusive Speisewagen aus Altbauwagen bestanden haben. Als Zuglok auf der Mole käme eine 03 in Betracht, aber auch eine 38 wäre durchaus möglich, oder eine 41 - Bespannungsübersichten wären hilfreich, aber auf jeden Fall geht man mit dem üblichen klassischen Märklin-Repertoire in Spur 1 nicht ganz fehl. Ich würde eine P8, also 38, nehmen.
Bei den Wagen würde ich für mich einfach einen Halbspeisewagen ARm nehmen, dazu einen Halbgepäckwagen BDm und vielleicht als drittes einen Postwagen (wenn ich denn einen hätte...). Reichsbahnbauarten mit Drehgestellen fuhren 120 km/h, die könnte man problemlos einstellen. Aber auch zweiachsige Postwagen mit 100 km/h Höchstgeschwindigkeit gingen gerade noch. Mein Favorit allerdings wäre dieser hier:
Zitat von berndm im Beitrag Bahnpostwagen Post-a/15 Piko 53229
Mein Post -a/15, 50 80 00-12 028-9, Piko 53229 hat einen Generator:

Aber da wäre auch schon wieder ein Selbstbau fällig...
Nun ja, so weit mein Weihnachtsbeitrag zum Verkehr auf der Mole, ich hoffe es war etwas Interessantes oder gar Inspirierendes dabei.
Schöne Feiertage noch!
Guido